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Full text of "Vierteljahreshefte-fuer-freie-Geschichtsforschung-2004-2"

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VffG, Jahrgang 4, Nr. 1, Juni 2000, 120 Seiten 

Verschiedene Beitrage zum ProzeE David Irving gegen D.E. Lipstadt • »Schlusseldokument« - alternative Interpretation • Vergasungsliigen 
gegen Deutschland ■ Verfahrenstechniker zu Vergasungsbehauptungen • Treblinka-Archaologie • England - Aggressorstaat Nr. 1 • Churchill 
plante 3. Weltkrieg gegen Stalin • Englands Kriegsgriinde fur WKII • Ratselhafter General Wlassow • Japan: einen Holocaust verschwindet • 
Einkreisung Deutschlands • Freispruch fur polnischen Historiker • ProzeE gegen Dr. Toben • Zweierlei Kronzeugen ■ u.a.m. 

VffG, Jahrgang 4, Nr. 2, August 2000, 120 Seiten 

Holo-Orthodoxie • Gedenken an Pfeifenberger und Elstner ■ Deutschland - Sommer-Alptraum ■ Was geschah mit unregistrierten Juden? • 
"Schon 1942 wuEte man..." • Leichenkeller von Birkenau • Serienliigner Wiesel • Uben bis zur Vergasung! • Liigner Lanzmann • Gaskammer-Besichtigung • 
Juden unter NS-Herrschaft • Tod Himmlers ■ WK II: Wessen Krieg? • Leistungen der Wehrmacht zur Fluchtlingsrettung • Galileo Galilei • Neue Weltreligion • 
Nazifizierung der Deutschen • Ideologische Versuchung • Unsere jiidischen Wurzeln? • u.a.m. 

" VffG, Jahrgang 4, Nr. 3&4 (Doppelnummer), Dezember 2000, 232 Seiten (als Einzelheft € 30,-) 

Ganzjahres-Alptraum Deutschland • 20. Jahrhundert - ein „deutsches" Jahrhundert? • Revisionistische Wiedergeburt • KongreE der Verf olgten • 
Historische Vergangenheit, politische Gegenwart • Was widerfuhr den ungarischen Juden? • Luftschutz in Birkenau: Neubewertung • Berichte zu 
Auschwitz • Amtlich sanktionierter Betrug in Dachau • Giftmordfall Marie Besnard • „Swing tanzen verboten" ■ Das Ende von U 85 • Armee von 
Nieten • Washington oder Wilson? • Entstehung des jiidischen Volkes ■ Wilhelm II. und T. Herzl • Sieg der verlorenen Revolution ■ u.a.m. 

VffG, Jahrgang 5, Nr. 1, Mai 2001, 120 Seiten 

Revisionismus und Zionismus • GroEbritannien und Palastina ■ Englands Propagandanetz in den USA ■ US-Intrigen zur Ausweitung des 2. 
Weltkriegs • Roosevelt und der Fall Kent • Plane zur Ausrottung des deutschen Volkes • Grabschandung durch Behorde ■ Vergewaltigte E. Wiesel deutsche 
Madels? • Der Holocaust begann 1648 • Die Shoah: bloEer Glaube? ■ Esquire iiber Revisionismus ■ Bedrohung und Gewalt gegen Revisionisten • »Strafbarkeit 
des Auschwitz-Leugnens« ■ Falschungen zum Holocaust • Legenden des Sklavenhandels, u.a.m. 

VffG, Jahrgang 5, Nr. 2, Juli 2001, 120 Seiten 

Beirut: Die unmogliche revisionistische Konferenz ■ Die Fiihrer der islamischen Staaten sollten ihr Schweigen zum „Holocaust"-Betrug bre- 
chen • Auswirkung und Zukunft des Holocaust-Revisionismus • Zyklon B, Auschwitz und der ProzeE gegen Dr. Bruno Tesch • Neubewertung 
Churchills -Teil 1 • J. Goebbels und die „Kristallnacht" • Die Wiege der Zivilisation am falschen Ort? • Ein Volk gibt es unter uns... • Reali- 
tat und Wirklichkeit • Der Angler, der Karpfen und der Revisionist • Jagd auf Germar Rudolf, Teil 3 • u.a.m. 

VffG, Jahrgang 5, Nr. 3, September 2001, 120 Seiten 

Folgen des GroEterrorismus ■ »den holocaust hat es nie gegebenu ■ Offener Brief an arabische Intellektuelle • N. Finkelstein iiber Juden, 
Antisemitismus, Israel • Revisionisten sind schwer zu widerlegen • Schwimmbad in Auschwitz • Marschall Petain ■ Finnischer Winterkrieg 1939 • Unternehmen 
Barbarossa und Europas Uberleben • Ardennenschlacht • Neubewertung Churchills - Teil 2 • Britische Kriegsverbrechen • WeiEe "Mumien" von tlriimchi • 
Kelten in Westchina • Pressefreiheit abgeschafft ■ Der Fall Gamlich • Die Neuseeland-Saga • u.a.m. 




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VffG, Jahrgang 5, Nr. 4, Dezember 2001, 120 Seiten 

Schiitzt unsere Demokratie! • Der Verfassungsschutz zum Revisionismus • Politische Romantik des Holocaust • J. Spanuth • Deportation 
ungarischer Juden 1944 • Mythos von Gebrauchsobjekten aus Menschenhaut • Revision zur Franzosischen Revolution ■ Wendepunkt Erster 
Weltkrieg - Teil 1 ■ Unterdriickung Lettlands, 1918-1991 • OSI - US-Nazijager • Stalins Sauberung der Roten Armee ■ Offene Fragen zu den 
'— - Terrorangriffen auf die USA • Amerika & England: Das Ende der Freiheit? ■ Gaskammern im Altreich? • Zeugen • u.a.m. 

VffG, Jahrgang 6, Nr. 1, April 2002, 120 Seiten 

Politisch verfolgte Deutsche genieEen Asyl . . . im Ausland ■ Fort Eben-Emael: Wendepunkt der Geschichte • Bombardierung von Bergen 
1944/45 • Durchbrach die Me 262 die Schallmauer? • Konzentrationslagergeld • Miklos Nyiszli • Israels Geburt durch Blut und Terror ■ Holocaust-Dynamik • 
Juden, Katholiken und der Holocaust • Revisionismus und die Wiirde der Besiegten • Globale Probleme der Weltgeschichte • N.G. Finkelstein in Beirut: Gegen- 
veranstaltung arabischer Revisionisten ■ Jagd auf Germar Rudolf • Nachrufe ■ u.a.m. 

" VffG, Jahrgang 6, Nr. 2, Juni 2002, 120 Seiten 

NaherOsten: Lunte am PulverfaE ■ Geopolitik des Af ghanistankrieges • 11. September 2001 • Helden von Bethlehem -V. Frankl iiber Auschwitz 
• „Entdeckung" des „Bunkers 1" von Birkenau • Kosten von Auschwitz • Riickblick auf GULag • Kinderlandverschickung im 2. Weltkrieg • 
Antigermanismus • Totalitarismus in der Springer-Presse • Gutachten im Asylverfahren von G. Rudolf • Geistesfreiheit in Deutschland • Japan 
knackte US-Funkverkehr im Sommer 1941 • Hitler ohne Volkermordprogramm gegen Slawen • Ausgrabungen in Sobibor? • u.a.m. 

VffG, Jahrgang 6, Nr. 3, September 2002, 128 Seiten 

IHR: Sinkt das Schiff? • Douglas: Revisionist oder Scharlatan? • »Keine Locher, keine Gaskammer(n)« ■ V.E. Frankl in Auschwitz ■ Treblinka: 
Vernichtungslager oder Durchgangslager? ■ C.A. Lindbergh: Prinzipien vor Privatleben • Triibe Machenschaften der Anti-Defamation League • Auch Kulturrevi- 
sionismus ist dringend erforderlich • Ich, der Antisemit? ■ Stalins Vernichtungskrieg - amtlicher Verleumdungskrieg • Nachruf auf Thor Heyerdahl ■ Schwimmbad 
im Ghetto Theresienstadt • Wie die USA den Vietnamkrieg vom Zaune brachen • Aus den Akten des Frankfurter Auschwitz-Prozesses ■ u.v.a.m. 

~ VffG, Jahrgang 6, Nr. 4, December 2002, 120 Seiten 

Auschwitz-Opferzahl: Zahlen-Roulette dreht sich weiter • Russen recherchieren in "Sache Holocaust" • Sowjetischen Befragung der Topf- 
Ingenieure • "Verbrennungsgruben" und Grundwasserstand in Birkenau • Die Starkebiicher von Auschwitz • Giftgas iiber alles, von Friedrich 
Paul Berg • Vrba entlarvt Lanzmanns Film Shoah... und sich selbst ■ Mondlandung: Schwindel oder Wahrheit? • Manner beiderlei Geschlechts 
und der kalte Verfassungsputsch • Von der Gefahr, Revisionist zu sein... • Hundert Jahre Leni Riefenstahl ■ Zensur im Internet, u.a.m. 

VffG, Jahrgang 7, Nr. 1, April 2003, 120 Seiten 

E. Ziindel: Kampf fur Deutschland ■ Die 4-Mio. Zahl von Auschwitz: Entstehung, Revision, Konsequenz • Zigeuner-"Vergasung" in Auschwitz 

• Lodz-Ghetto in der Holocaust-Propaganda • Neues Gesicht des "Holocaust" • Der General im Eis • Klimaforschung: Wissenschaft oder Ideologie? • Umer- 
ziehung an deutschen Schulen • Hintergriinde der 68er-Kulturrevolution • Entstehung des Dt. Reiches • Warum die USA den Internationalen Strafgerichtshof 
ablehnen • Revisionismus in Estland • Dissidentenverfolgung: Rennicke, Amaudruz, Plantin • u.a.m. 

VffG, Jahrgang 7, Nr. 2, Juli 2003, 120 Seiten 

Am Rande des Dritten Weltkriegs • Die Opiumkriege • Sind alle Menschen gleich? • Wie die Psychologie Darwin verlor • Gruppendenken • 
Dachau-Greuelmarchen bloEgelegt ■ Jiidische Mythen um die Berliner Olympiade (1936) • Walter A. Peltz als Holocaust-Falschzeuge ■ Schicksal 
der jiidischen Familie Goldsteen aus Holland • KL Sachsenhausen • Verbrennungsexperimente mit Tierfleisch und -f ett • Dissidentenverfolgung: 
Kanada, Neuseeland, Deutschland ■ Die Versenkung des Schlachtschiffes Bismarck u.a.m 

VffG, Jahrgang 7, Nr. 3&4, Dezember 2003 (Doppelnummer), 240 Seiten (als Einzelheft € 30,-) 

Bush gegen Revisionismus • Geisterreiter am Himmel: alternatives Szenario zum 11.9.2001 • Mobiltelefon-Experimente in Linienflugzeugen • Die 
Untatigkeit der US-Luftwaffe • Krieg gegen den Irak: In Israel konzipiert • Eine Ubersicht iiber den Krieg gegen den Terrorismus • USA: Entweder Weltherrscher 
oder das Nichts • Die furchtbaren Leiden der Palastinenser • Israelischer Planierraupen-Fahrer ermordet US-Friedensaktivistin • Nachruf auf Rachel • Simon 
Wiesenthals Kriegsjahre: Neues Licht in eine diistere Vergangenheit • Die Leichenkeller der Krematorien von Birkenau im Lichte der Dokumente • Auschwitz: 
Gaspriifer und Gasrestprobe • Flammen und Rauch aus Krematoriumskaminen • Humanes Toten ■ Revisionismus in Portugal • Der Holocaust-Revisionismus 
in den Massenmedien ■ Pseudowissenschaft ■ Jean-Claude Pressac und der Revisionismus ■ Leni Riefenstahl - kein Abschied • Gerechtigkeit fur Deutschland 
- vielleicht nachstes Jahr • Die "Gaskammer" im KL Mauthausen - Der Fall Emil Lachout • Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocausts 
Verfolgten ■ ErpreEte Gestandnisse: Warum Unschuldige einen Mord gestehen • Aus den Akten des Frankfurter Auschwitz-Prozesses, Teil 5 • u.a.m. 

VffG, Jahrgang 8, Nr. 1, April 2004, 128 Seiten 

R. Faurisson wird 75: Blick auf die Anfange • Profil eines integren Mannes • Buddhistisch-christliches Gleichnis • Faurisson und Revisionismus in Italien ■ Wis- 
senschaftler gegen Wissenschaft ■ Revisionismus in Karikaturen ■ Faurissons Methode der "Genauigkeit" • Dirigent der Genauigkeitssymphonie • Die Kula-Saule 

• Biographie R. Faurissons • Abgesang auf die "Offenkundigkeit" • Die Kontroverse Piper-Meyer • Geheimnis um Wallenberg geliiftet ■ Neuseeland-Saga nimmt 
ihren Fortgang • Joel Hayward: vom Holocaust-Historiker zum Holocaust? • Treblinka: Ein auEergewohnlicher Zeuge • Dekonstruktivismus • Leros - Der letzte 
Sieg • Nachrufe ■ Biologischer Kriegfiihrung wahrend des 2. Weltkriegs ■ Palmen liigen nie • Auschwitz-Prozesses, Teil 6 • Leserbriefe • In Kiirze 

15,- pro Einzelheft bei Nachbestellung (€ 13,75 im Normalabo); Sammelbande (Leinen) Jahrgange 1997 & 1998: € 60,-; 

Jahrgange 1999-2003: € 70,-; Preise zuziiglich 10% Porto & Verpackung in Europa (auRerhalb GB), Ubersee: 30% Seepost, 40% Luftpost 

Bitte richten Sie Ihre Bestellung an: Castle Hill Publishers, PO Box 118, Hastings TN34 3ZQ, GroBbritannien 






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ISSN: 1370-7507 



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8. J ahrgang • Heft 2 »J uli 2004 




Mord und Selbstmord: 
Oben: Bombenopfer 
in Hamburg 1943. 
Unten: Munchen 
2004, antifaschist- 
ische Demonstration 
zum 59. J ahrestag des 
Angriffs auf Dresden. 



Revisionismus in der Diskussion: 

Zeitschrift Holocaust and Genocide Studies 
beiRt sich die Zahne aus, S. 130 

US-Professoren 'widerlegen' Revisionisten, 
indemsie Beweise leugnen, S. 134 

Propaganda des polnischen Widerstandes: 
Entstehung des Gaskammer-Mythos, S. 150 

Echtheitdes Lachout-Dokuments: 
Das Ende einer Selbsttauschung, S. 166 

^ Holocaust am deutschen Volk: 

Wahrer Brand in deutschen Stadten, S. 178 

Stalingrad liegt an der Spree: 
Deutsche und russische Ansichten zur 6. 
Armee des General Paulus, S. 188 

Vertreibung der Deutschen aus J apan: 
Ethnische Sauberung in Fernost, S. 193 

Antisemitismus und Untermenschentum: 
Sind alle Nichtjuden Untermenschen?, S. 206 

Geaen das Wahre. Schone. Gute: 
Die Diktatur des HaGlichen, S. 219 



Erziehung zum HafS: 

Holocaust-Museen erziehen zum HaG gegen 

alles Deutsche, Europaische, Kritische, S. 225 

I uden alsTater: 

Anteil an Stalins Terrorapparat, S. 233 




Castle Hill Publishers 
PO Box 257768, Chicago, IL 60625, USA 



Vierteljahreshefte fur freie Geschichtsforschung 



Herausgeber, Verlag und Vertrieb: Castle Hill Publishers, Groftbritannien: PO Box 118, Hastings TN34 3ZQ 

USA: PO Box 257768, Chicago., IL 60625 
Gegrtindet: im Sommer 1996, Erstausgabe Marz 1997 
Chefredaktion: Dipl.-Chem. Germar Rudolf 
Lektorat: Patricia Willms 
Telefon: USA: ++1-773-769-1121 



Fremdsprachenredaktion: Jiirgen Graf 
Rezensionen: Francis Dixon 



Fax: Deutschland: ++49 (711) 50-890-53; Groftbritannien: ++44-8701-387263; USA: ++1-413-778-5749 

E-Post: Redaktion & Verlag: chp@vho.org; Bestellungen & Kundenservice: chporder@vho.org 

Internetz: http://www.vho. org/VffG 

Anzeigen: Liste vom 15.10.2001; bitte fordern Sie unsere Media-Daten an (www.vho.org/VffG/MediaDaten.pdf). 

ISSN: 1370-7507 



Erscheinungsweise: vierteljahrlich, nach Moglichkeit jeweils 

Marz, Juni, September, Dezember. 

Umfang: zur Zeit etwa 120 Seiten DIN A4 gebunden. 

Jahresbezug: 

- Normal-Abo: inkl. Versand: € 55,- (3-Jahres-Abo: € 150,-). 

- Vorzugs-Abo: Lehrlinge, Arbeitslose, Sozialhilfeempf anger, 
Wehr- und Zivildienstleistende oder Rentner mit kleinem 
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USA vgl. unseren Briefkopf oder vho.org/store/pay.html. 

Kiindigung: 3 Monate vor Ablauf des Bezugszeitraumes, anson- 
sten Verlangerung um ein (bzw. 3) Jahr(e). 
Urheberrecht: Abdruck der Beitrage nur nach Vereinbarung 
gestattet. Alle Rechte vorbehalten. 
Tantiemen: nach Vereinbarung. 

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bitten wir Sie herzlich, uns nach Kraften zu unterstiitzen, sei es 
durch Abonnements, die Vermittlung neuer Abonnenten, durch 
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fiir Informationen, wie Sie bei unserem Aufklarungsprojekt 
mithelfen konnen. Spenden flieEen zu 100% in die Erforschung 
und Veroffentlichung wichtiger geschichtlicher Fragen. 



Voraussetzungen fiir den Abdruck von Artikeln in den Vierteljahresheften fiir freie Geschichtsforschung: 



Inhaltliche Voraussetzungen: 

Themengebiete: Geschichte, insbesondere Zeitgeschichte; 

daneben auch Meinungs- und Forschungsfreiheit. Nach 

Moglichkeit neuartige, bisher unveroffentlichte Berichte, 

Ubersichtsartikel bzw. Forschungsergebnisse; 

Stil: systematischer Aufbau; sachlich; Belegung von Tat- 

sachenbehauptungen; merkliche Trennung von Meinung und 

Tatsachenbehauptungen. 

AuEere Voraussetzungen: Aus naheliegenden Griinden drucken 
wir Beitrage gegebenfalls auch unter Pseudonymen ab, die 
wir selbstverstandlich streng vertraulich behandeln. Anonym 
zugesandte Beitrage, die ebenfalls willkommen sind, konnen 
nur veroffentlicht werden, wenn sie inhaltlich annahernd 
druckreif sind. 

Es besteht keine Umfangsbeschrankung fiir eingereichte 
Beitrage. Beitrage, die merklich 10 Seiten in unserer Zeitschrift 
iiberschreiten (etwa 50.000 Zeichen, bzw. 9.000 Worter), 
miissen damit rechnen, in mehrere Teile zerlegt in aufein- 
anderfolgenden Ausgaben publiziert zu werden. In solchen 
Fallen ist dafiir zu sorgen, dafi der Beitrag eine Gliederung 
aufweist, die eine solche Teilung erlaubt. 
Beitrage von zwei Seiten Lange oder mehr sollten mit 
Abbildungen versehen sein, um den Text aufzulockern 
(Buchumschlage behandelter Werke, Dokumenten-Faksimiles, 
Portraits behandelter Personen und evtl. der Beitragsautoren, 
Autorvorstellungen, Bilder historischer Ereignisse etc.). 



Vorgehensweise: Mit Ausnahme anonym zugesandter Beitrage 
werden Korrekturbogen nach Erfassung zugesandt, ein 
Recht auf Abdruck entsteht dadurch nicht. Das eventuelle 
Erscheinungsdatum behalt sich die Redaktion vor. Ein 
Autorenhonorar wird nur gezahlt, falls der Autor unter 
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seinen MeinungsauEerungen leidet. Es wird jeweils nur ein 
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Bilder konnen sowohl in alien gangigen Bildformaten per Email, 
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VffG, Jahrgang 1, 1997 (1: 58 S.; 2: 74 S.; 3: 90 S.; 4: 82 S.) 

1\ Zyklon B • Selbstassistierter Holocaust-Schwindel • Franzosischer Hersteller von Zyklon B? • Affare Garaudy/ Abbe 
Pierre • Historiker: Keine Beweise fiir Gaskammern! • Zur Legalitat von GeiselerschieKungen • Ein anderer Auschwitz- 
ProzeB • Juden in Wehrmachtsuniform • Zur Wissenschaftsfreiheit in Deutschland • Biicherverbrennung in Deutschland 
heute ■ »Prawda«: Der Holocaust ist ein Mythos u.a.m; 2; Wannsee-Konf erenz • Wieviele Juden iiberlebten Holocaust? • 
Sonderbehandlung • Gespensterkrankheit • Loch in der Tur • Unbefohlener Volkermord • Volkermord durch Telepathie • 
^qi KGB-Novellist G. Fleming • Revisionismus im Cyberspace • Rudolf Gutachten in der Kritik • Zur Lage des Holocaust- 

■^KP"t4 .^r Revisionismus • Volkermord nicht gleich Volkermord ■ Deutschland verletzt Meinungsfreiheit u.a.m.: 3; Holocaust: 
' - Dieselmotorabgase toten langsam • Revisionisten haben Luftiiberlegenheit • Auschwitz-Kronzeuge Dr. Munch im Gesprach 

• „Wissenschaftler" am Werk • A. Bomba, der Friseur von Treblinka • Auschwitz: Die Paradoxie der Erlebnisse • fiber die 
Feigheit des Establishments • fiber den Mut von Einzelgangern • Grundlagen zur Zeitgeschichte: Gutachterliche Stellungnahme u.a.m.; 4; Rudolf 
Gutachten: »gefdhrlich<( ■ Technik deutscher Gasschutzbunker • Sauna ein »Verbrechen«? ■ Was geschah den aus Frankreich deportierten Juden? 
• Wieviel Gefangene wurden nach Auschwitz gebracht ? • Himmler-Bef ehl zum Vergasung-Stop • NS-Sprache gegeniiber Juden • Ch. Browning: 
unwissender Experte • Deutscher Soldat in Auschwitz und Buchenwald • Menschenrechtsorganisationen und Revisionismus u.a.m. 

VffG, Jahrgang 2, 1998 (alle Ausgaben 82 Seiten) 

1\ Grundwasser in Auschwitz-Birkenau • Die »Gasprufer« von Auschwitz • Zweimal Dachau • Ein Australier in Auschwitz 

• Die Affare Papon-Jouffa-Faurisson • Milliarden Franc den Juden geraubt. . . oder von Marschall Petain? • Biichervernichter 
und ihre Opfer • Vom Holocaust Museum ausgeladen: Schriftsteller spricht beim Nationalen Presseclub u.a.m.; 2: Kurzwellen- 
Entlausungsanlagen in Auschwitz • >Gaskammern< von Majdanek • Auschwitz: Krema-Zerstorung als Propaganda-Bremse 

• »Gaskammer« von Auschwitz I • Wiedergutmachung: Korrektur eines Fehlurteils • Der Mythos von der Vernichtung 
Homosexueller im Dritten Reich • Guido Knopp: Meister der Gehirnwasche u.a.m.; 3; »Schlusseldokument« ist Falschung 

• Dokumentation eines Massenmordes • Verdrangte Schiffskatastrophen • Vatikan und »Holocaust«: »Komplizenschaft« 
zuriickgewiesen • Lugen iiber Waff en-SS-Division • Auschwitz Sterbebiicher • Auschwitz-Uberleben • Falsche Erinnerungen 
iiberall - nur nicht in der Zeitgeschichte • J. W. Goethe knapp BRD-Zensur entgangen u.a.m.; 4: »Gasdichte« Tiiren in 

Auschwitz • Kurzwellen-Entlausungsanlage, Teil 2 • Redefreiheit, dissidente Historiker und Revisionisten, Teil 1 • 1944: Schreckensjahr im 
Kaukasus • Repression gegen Dissidenten in Schweiz • Zensur findet nicht statt, es sei denn... u.a.m. 

VffG, Jahrgang 3 (alle Ausgaben 120 Seiten) 

\\ Deutschlands Historiker anno 1999 • Eine Fallstudie friiher integrierter Kriegfiihrung • Redefreiheit. . ., Teil 2 • Riickblick 
auf den Revisionismus • Wie die Siegerpropaganda aus Backereien »Krematorien« schuf • »Zur Bestreitung des Holocaust 
- Fakten und Motive*. ■ Geschichte und Pseudogeschichte • Die 1998'er Konferenz in Adelaide, Australien • Das Rudolf 
Gutachten in der Kritik, Teil 2 • Pyrrhussieg in der Schweiz fiir die jiidische Gedankenpolizei • Die Wilkomirski-Pleite • 
Fragen an die UNESCO zum Thema Auschwitz; 2: Kriegsgriinde: Kosovo 1999-Westpreufien 1939 • Partisanenkrieg und 
Repressaltotungen • Der 1, Holocaust 1914-1927 • Polnische Bevolkerungsverluste wahrend des 2. Weltkrieges • Lebensweg 
eines tschechischen »Partisanen« ■ Geschichte und Pseudogeschichte, Teil 2 • Versuche der Widerlegung revisionistischer 
Thesen • Woher stammt der David-Stern? • GewiKheit um Heisenberg • Irrtiimer und Unsinn fiber Wagner • Der Abf all eines 
jtidischen Revisionisten • Redefreiheit. . ., Teil 3 • Zensur und Willkiir ohne Ende • Kristallnacht in Barcelona, u.v.a.m.; 3_i 
KL Stutthof • Der grofie Patentraub • Wlassow in neuem Licht • Wandlungen der Totenzahl von Auschwitz • Wieviele Tote 
gab es in Auschwitz? • Das Schicksal der Juden Deutschlands 1939-45 • Unbekannter Hunger-Holocaust • Sowjetische Bildfalschungen • Bri- 
tische Propaganda 1939-45 • Aufstieg und Fall von Lindbergh • Die Benes-Dekrete • Konrad Henlein und die sudetendeutsche Frage • Grenzen 
der Naturwissenschaft • Wahnwelten • Redefreiheit..., Teil 4 • Jiirgen Graf: Urteil von Appelationsgericht bestatigt, u.v.a.m.; 4: Fremdarbeiter 
im Dritten Reich • Deutsche Zwangsarbeit und ihr Entschadigung • Ist Amerika seit 250.000 Jahren besiedelt? • Wer waren die Ureinwohner 
Amerikas? • Perspektive in „Holocaust"-Kontroverse • Holocaust-Religion • 100 Mio. Kommunismus-Opfer: Warum? • Kulmhof/Chelmno • Sinti 
und Roma • Peenemiinde und Los Alamos • Entmachtung der deutschen Vertriebenen • ..Deutsche Geschichtsschreibung" • Bundespriifstelle 
verweigert Political Correctness • Holocaust im Internet • Wissenschaft oder Ideologie? 




Inhalt 



Der Gaskammer-Teufel im Detail 130 

Von Carlo Mattogno 

"Leugnung der Geschichte"? - Leugnung der Beweise!, Teil 1 134 

Von Carlo Mattogno 

Die Berichte des polnischen Widerstands iiber die Gaskammern von Auschwitz (1941-1944) 150 

Von Enrique Aynat 

Zur Echtheit des Lachout-Dokuments 166 

Von Klaus Schwensen 

Der wahre Brand 178 

Von Johannes Heyne 

Stalingrad an der Wolga, Stalingrad an der Spree 188 

Von Wolfgang Strauss 

Die Vertreibung der Deutschen aus Japan 1947-48 193 

Von Charles Burdick, Ph.D. 

60 Jahre 20. Juli 1944 201 

Von Per Lennart Aae 

Von Vampirtotern und Hanswursten 202 

Von Israel Shamir 

liber Antisemitismus und Untermenschentum 206 

Von Israel Shamir 

Endlich: Auschwitz unwiderlegbar bewiesen!? 212 

Von Ernst Manon 

Schonheit vor allem tat ihm in Ohren und Augen weh 219 

Von Ernst Manon 

Holocaust-Museum: Erziehung zum HaB 225 

Von Audrey Pinquef und Germar Rudolf 

BRD plant totale Internetzensur in Deutschland 228 

Von Online-Demonstration 

Nachrufe 

John Sack in Memoriam, von Robert H. Countess, PhD 231 

James J. Martin: Das Scheiden eines gr often Historikers, von Mark Weber 232 

Aus der Forschung 

Juden im NKWD von Stalins Sowjetunion, von Germar Rudolf 233 

Antike Mumien in Europa 235 

Ubertriebene, einseitige Opferzahlen stacheln zum Hafi auf von Gregory Copley 235 

Aus den Akten des Frankfurter Auschwitz-Prozesses, Teil 7, von Germar Rudolf 238 

Leserbriefe 242 

In Kttrze 245 



VffG -2QQ4- 8. Jahrgang ■ Heft 2 1 29 



Der Gaskammer-Teufel im Detail 

Historisch-technische Phantasien eines "Technologen" 

Von Carlo Mattogno 



In der Zeitschrift Holocaust and Genocide Studies erschien 
im Herbst 2002 aus der Feder eines Michael Thad Allen ein 
Artikel mit dem Titel "The Devil in the Details: The Gas 
Chambers of Birkenau, October 1941" ("Der Teufel in den 
Details: Die Gaskammern von Birkenau, Oktober 1941"). 
Ich ubergehe die zu Beginn des Artikels geauBerten Behaup- 
tungen iiber die angeblich willkiirliche Methode der "Leug- 
ner", die angeblich "vernichtende Kritik" Pressacs und van 
Pelts an den Revisionisten (wie "vernichtend" diese Kritik 
war, laBt sich daraus ersehen, daB sich beide wohlweislich 
stets gehutet haben, meine Argumentation in bezug auf Au- 
schwitz zu "kritisieren") sowie die iibliche Fehldeutung von 
Begriffen und Ausdrucken wie "Sonderbehandlung", "Son- 
dermaBnahmen" oder "Badeanstalten fur Sonderaktionen", 
da ich mich hierzu in einer eigenen Studie geauBert habe. 2 
Desgleichen schenke ich es mir, auf die "kriminellen Indizi- 
en" einzugehen, die sich laut Allen "einzig und allein als 
Hinweise auf Massenmord mittels Zyklon-B" deuten lassen, 
denn diese Interpretation habe ich bereits in mehreren in den 
Vierteljahresheften fiir freie Geschichtsforschung erschiene- 
nen Beitragen widerlegt. 3 Auch auf Aliens Auslassungen zu 
den vorgeblichen Verdiensten und Schwachen Pressacs und 
van Pelts (S. 19 If.) gehe ich nicht ein, sondern komme direkt 
zum zentralen Thema des Artikels, das der Verfasser wie 
folgt kennzeichnet: 

"Die Untersuchung einer ansonsten unbedeutenden Kom- 
ponente, der Druckliiftung, belegt, dafi die ZBL von Au- 
schwitz den jeweiligen Leichenkeller 1 der (spiegelbildlich 
errichteten) Krematorien II und HI ab Anfang Oktober 
1941 als gigantische Zyklon-B-Anlage plante. Die SS- 
Ingenieure stutzten sich bei ihrem Entwurf auf ahnlich kon- 
struierte Entwesungskammern, auf die sie von Subunter- 
nehmern hingewiesen worden waren. Die SS ubernahm 
diese Technologie (die ursprunglich nichts anderes als die 
Ausrottung von Ungeziefer in Kleidern bezweckt hatte) bei 
ihren Bestrebungen zur Ausmerzung von 'rassischem Un- 
geziefer. '" (S. 193) 
Als "Beweis" dafiir, daB der Leichenkeller 1 des neuen Kre- 
matoriums (des kiinftigen Krematorium II) von Beginn an als 
Zyklon-B-Menschentotungsgaskammer geplant gewesen sei, 
fiihrt Allen die Tatsache ins Feld, daB fiir diesen Raum ein 
anderes Ventilationssystem vorgesehen war als fur Leichen- 
keller 2: 

"Insbesondere besafi Leichenkeller 1 Ventilationssysteme, 
die sich nicht nur von denen des Leichenkellers 2 unter- 
schieden, sondern auch von jenen sdmtlicher anderen be- 
stehenden SS-Krematorien. " (S. 199) 
Diese These ist nicht nur nicht neu, sondern stellt einen 
sichtlichen Riickschritt gegeniiber den - von van Pelt dreist 
plagiierten - Darlegungen Pressacs dar. Schon vor einem 
knappen Vierteljahrhundert, anno 1981, wurde sie von Ge- 
orges Wellers aufgestellt. In einem Buch zur Frage der 
Gaskammern lichtete er (meines Wissens als erster) die 
Sektionen der Leichenkeller 1 und 2 des kiinftigen Krema- 
torium II ab 5 und wies darauf hin, daB Leichenkeller 1 mit 
Entliiftungs- und Beliiftungsanlagen ausgestattet war, wah- 
rend die letztere im Leichenkeller 2 fehlte. 6 Neu hingegen 



ist der historische Kontext, in den Allen seine These einbet- 
tet, sowie vor allem das zentrale Argument, das er zu ihrer 
Stiitzung anfiihrt. 

Er hebt hervor, daB man im Sommer 1941 in Auschwitz die 
Errichtung von Zyklon-B-Entwesungskammern zu diskutie- 
ren begann. So bestatigte die SS-Neubauleitung am 3. Mi 
jenes Jahres den Erhalt des von G. Peters und E. Wunstiger 
verfaBten Artikels "Entlausung mit Zyklon-Blausaure in 
Kreislauf-Begasungskammern", der ihr drei Tage zuvor auf 
Bitte der Firma Friedrich Boos von der Firma Heerdt-Lingler 
zugestellt worden war. 7 Angesichts der Dokumentation iiber 
diese Anlagen, die fiir das Aufnahmegebaude (BW 160) vor- 
gesehen waren, 8 mutmaBt Allen: 

"Der unmittelbare Zusammenhang weist darauf hin, dafi 
die SS und diese Spezialisten die Entwesungsmaschinerie 
und die Vergasung von Menschen, die im Herbst 1941 ver- 
mutlich an verschiedenen Orten durchgefilhrt werden soil- 
ten, zugleich erorterten. " (S. 194) 
Es bedarf kaum der Erwahnung, daB der Verfasser nicht das 
geringste dokumentarische Indiz fiir diese angeblichen Eror- 
terungen anzufiihren vermag, doch nun hat er eine falsche 
Pramisse aufgestellt, von der er im folgenden seine falschen 
SchluBfolgerungen herleitet. Zunachst einmal wiederholt er 
freilich seine Behauptung mehrmals. Zuerst schreibt er: 

"Die Annahme ist vernunftig, dafi beide Vertreter dieser 
chemischen Firmen [Degesch und Tesch] sich mit der SS 
iiber einen systematischen Mord berieten. " (S. 194) 
AnschlieBend fahrt er fort: 

"Obgleich diese Kammern (noch) nicht zum Toten konzi- 
piert waren, betrachteten alle Beteiligten - die SS, die Fir- 
ma Degesch sowie die Firma Tesch & Stabenow - sie als 
System zur Verwendung von 'Menschenmaterial' im Stil 
einer modernen Fabrik " (S. 194) 
Danach weist er zwar darauf hin, daB in Auschwitz nie De- 
gesch-Kreislauf-Entwesungskammern eingerichtet worden 
sind, fiigt jedoch hinzu: 

"Nichtsdestoweniger stimulierten sie die technologische 
Innovation und lieferten eine konzeptionelle Blaupause fur 
die Gaskammern von Birkenau. Erstens betrachteten die 
ZBL-Ingenieure den Vergasungsvorgang bewufit als Pro- 
zefi, bei dem die Leichen der Hdftlinge wie Rohmaterial in 
einer modernen Fabrik behandelt wurden. [...] Zweitens - 
und dieser Sachverhalt ist trivialerer Natur - lieferten die 
Degesch-Kammern ein Vorbild fiir die Konstruktion des 
Ventilationssystems fiir Zyklon-B-Hinrichtungsgaskam- 
mern. " (S. 195) 
Somit ist aus der anfanglichen Vermutung gliicklich eine 
nachgewiesene Tatsache geworden! Der Verfasser versucht 
allerdings, diese mit einem frei erfundenen Hinweis auf an- 
gebliche Menschenvergasungen in Degesch-Kreislauf-Ent- 
wesungsgaskammern zu stutzen (S. 196), wobei er als "Be- 
weis" nichts weiter als zwei Zeugenaussagen anfiihrt, von 
denen die erste vom 23. Oktober 1959 stammt und die zweite 
"undatiert" ist; die eine wurde von Irmgard Berger, die ande- 
re von Kaufmann-Grasowska abgegeben, zwei Zeuginnen, 
von denen man bisher noch nie etwas gehort hat (Anmerkung 
29 auf S. 212). Ein wahrhaft unwiderlegbarer "Beweis"! 



130 



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Nach dem Hinweis auf diesen imaginaren historischen Kon- 

text kommt Allen schlieBlich zu seinem Hauptargument, das 

er in einem Absatz mit der Uberschrift "Other Precedents for 

the Gas Chambers" prasentiert. Dort heiBt es: 

"Die Degesch-Kammern sind verhaltnismdfiig gut bekannt, 
zumindest unter Spezialisten der Holocaust-Geschichte. 
Weniger bekannt ist, dafi die SS tiber andere Prototypen 
verfugte. Die zehn Kubikmeter grofien Degesch-Kammern 
waren nicht die einzigen Gaskammern, welche der ZBL 
Auschwitz oder dem SS-Hauptamt Haushalt und Bauten 
vorgelegt wurden. Beispielsweise legte Kori GmbH, eine 
Firma, welche als Subunternehmer in Majdanek dieselbe 
Rolle spielte wie Topf & Sohne in Auschwitz, der ZBL Lu- 
blin die Zeichnungen eines Gebaudes vor, das sie in Alt- 
Drewitz errichtet hatte. Es handelte sich nicht etwa um ei- 
ne Maschine wie bei den Degesch-Kammern, sondern um 
ein halbmechanisiertes Gebdude. Ein zentraler mechani- 
scher Kern enthielt Geblase und ein System von Leitungen 
zur Einfuhrung von Zyklon-B. Raume auf beiden Seiten 
konnten mit Kleidung gefilllt und entwest werden. Auch 
hier wurde, wie die Diagramme zeigen, Luft von oben in 
die Kammer gepumpt. Geblase saugten die Luft durch Lu- 
ken im Boden ab. In diesem Fall installierte Kori anstelle 
konventioneller Metalleitungen die Leitungen in unterirdi- 
schen Kanalen unterhalb der Gebdude. " (S. 196) 

Auf S. 197 prasentiert Allen einen "Schnitt A-B", den er wie 

folgt kommentiert (siehe Dokument 1): 

"Diagramm einer Kori-Zyklon-B-Gaskammer, Anordnung 
einer Luftheizungs-Anlage fur die Entlausungsanstalt in 
Alt-Drewitz', datiert auf den 5. Juli 1940. " 

Aus dieser Zeichnung zieht er folgenden SchluB: 

"Obwohl kein Dokument solche Plane direkt mit Auschwitz 
in Verbindung bringt (was nicht iiberrascht, da Entwiirfe 
seiten zu Papier gebracht werden), kann man das Entwe- 
sungsgebdude in Alt-Drewitz dennoch als Model! fur Lei- 
chenkeller 1 betrachten, der ebenfalls unterirdische Venti- 
lationskandle aufwies. " (S. 195) 

Einige Seiten spater doppelt er nach: 
"Unterirdische Leitungen waren Teil 
bestehender Zyklon-B-Entwesungs- 
kammern, wie man as den Diagram- 
men der ZBL Lublin der Installation 
in Alt-Drewitz ersehen kann. " (S. 
201) 

Der Autor will also das fehlende Glied 

bei einem ProzeB gefunden haben, der 

von der Entwesungskammer zu der 

Menschentotungsgaskammer des Lei- 

chenkeller 1 gefiihrt haben soil. Eine 

wahrhaft bahnbrechende Entdeckung! 

Zu Aliens Pech scheitert diese SchluB- 

folgerung aber schon daran, daB das 

Archiv der Zentralbauleitung von Au- 
schwitz zwar Dokumente iiber Entwe- 

sungsapparate aller moglichen Typen 

enthalt, doch kein einziges iiber den 

von ihm erwahnten; Unterlagen iiber 

diesen befinden sich hingegen im Ar- 
chiv des ehemaligen KL Majdanek. 

Somit existiert keinerlei Dokument, 

das, wenn schon keine direkte, auch nur 

eine "indirekte" Verbindung zwischen 

dem betreffenden Apparat und Au- 



schwitz herstellt. Dies heiBt, daB absolut kein Zusammenhang 
zwischen dieser Zeichnung und der SS-Neubauleitung (spater 
SS-Bauleitung und schlieBlich Zentralbauleitung) von Au- 
schwitz vorliegt - wie kann man sich da bloB aus den Fin- 
gern saugen, die Techniker dieses Amtes in Auschwitz hatten 
sich beim Entwurf des Leichenkellers 1 vom Plan der Anlage 
in Alt-Drewitz befliigeln lassen? Weit eher als die vermeint- 
liche Tatsache, daB "Entwiirfe seiten zu Papier gebracht wer- 
den", ware dann Telepathie zwischen Lublin und Auschwitz 
im Spiel gewesen! 

Die beiden Anlagen haben in Wirklichkeit bloB ein voll- 
kommen nebensachliches architektonisches Detail gemein- 
sam, namlich eine unterirdische Leitung; durch die Aufbla- 
hung dieses Details verleiht Allen dem Umstand, daB Lei- 
chenkeller 1 mit einer doppelten unterirdischen Liiftungslei- 
tung versehen war, eine Bedeutung, die ihm nicht zukommt. 
Doch nicht genug damit. Die SchluBfolgerung Aliens wird 
durch die Zeichnung selbst, auf die er sich beruft, radikal 
demoliert. 

Unglaublicherweise ist Michael Thad Allen ungeachtet seiner 
Position als "Assistant Professor of modern German history 
and the history of technology at the Georgia Institute of 
Technology in Atlanta" nicht imstande zu begreifen, daB das 
betreffende Dokument - die Zeichnung der Firma Kori J.-Nr. 
9081, "Anordnung einer Luftheizungs-Anlage Kori fiir die 
Entlausungsanstalt in Alt-Drewitz" mit der Datierung "Bin 
[Berlin], den 5. Juli 1940" 9 - keineswegs eine Zyklon-B- 
Entwesungsanlage darstellt, sondern eine Entwesungsanlage, 
die mit durch die Verbrennung von Kohle produzierter Heifi- 
luft betrieben wurde! 

Hatte unser "Technologe", start den iiblichen Schwachsinn 
iiber die "Leugner" zu verzapfen, einen Blick in das von mir 
in Zusammenarbeit mit Jiirgen Graf verfaBte Buch KL Ma- 
jdanek. Eine historische und technische Studie geworfen, 
hatte er diesen kapitalen Schnitzer vermeiden konnen. Auf S. 
130 zitiere ich dort einen Brief der Firma Kori, in dem auf 










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Di^grsrri of Ko/i Zykion-EJ g^ chamber, "Anordnung einer Lufttia^ungs-Anlacje ■fur die 
Entlausungsanstalt in AH-Drewitz," cfateo' July S, ^940. C«irlt;sy of the Archive ot the State 
Museum at Majdanek. 



Dokument 1: Luftheizungsanlage Alt-Drewitz als Vorschlag fur eine Heililuftentwe- 
sung fur das KL Majdanek. laut M. T. Allen 



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die betreffende Anlage Bezug genommen wird; u.a. liest man 
dort: 

"Hier sind auch die Zugange zu den 4 Koksbunkern vorge- 

sehen, die aber schon, um einen grofteren Koksvorrat un- 

terzubringen, zweckmafiigerweise in Ldngsrichtung des 

Entlausungsraumes zu einem gemeinschaftlichen Bunker 

vereinigt werden, wie dies im Grundrift der Zeichnung J.- 

Nr. 9081 angedeutet wurde. " 

AnschlieBend erklare ich Struktur und Funktion der Anlage: 

"Entsprechend diesem Projekt waren die acht Entlau- 

sungskammern also jeweils 2 m breit, 2,10 m hoch und 3,5 

m lang und wurden mit einem koksbetriebenen Kalorifer 

oder Lufterhitzer erwdrmt, der sich zwischen jedem Kam- 

merpaar hinter den beiden Aufienwdnden be/and. Aufjeder 

Innenseite war oben eine Offnung zum Warmluftaustritt 

angebracht, die mit dem Lufterhitzer verbunden war; auf 

der entgegengesetzten Seite befand sich auf dem Fuftboden 

jedes Kammernpaars eine tiber einen unterirdischen Luft- 

kanal gleichfalls mit dem Lufterhitzer in Verbindung ste- 

hende Umluftoffhung. Die Einrichtung wies strukturell 

starke Ahnlichkeit mit dem am 5. Juli 1940 von der von 

Korifur die Entlausungsanstalt in Alt-Drewitz entworfenen 

Modell auf. Zur Entlausung wurde nicht etwa Zyklon B, 

sondern Heiftluft verwendet. " 

Auf S. 288 des erwahnten Buches werden auBerdem die drei 

wichtigsten Sektionen der Zeichnung 908 1 abgebildet. 

Doch selbst wenn man dieses Buch nicht kennt, kann man 

mittels einer summarischen Analyse der Zeichnung rasch er- 

kennen, daB diese eine Gruppe von HeiBluft-Entlausungs- 

kammern darstellt. Im Schnitt a-b links kann man klar die 

Aufschrift "Kohleneinwurf lesen. (siehe Dokument 2): 

meint Michael Thad Allen vielleicht gar, Zyklon-B- 

Entwesungskammern hatten mit Kohle geheizt werden miis- 

sen? Zuzutrauen ware es ihm! 

Somit bricht Aliens These vollstandig in sich zusammen. 
Hatte er sich der Muhe unterzogen, wenigstens Pressacs er- 
stes Buch uber Auschwitz mit einem MindestmaB an Auf- 
merksamkeit zu lesen, hatte er sich all seine absurden Mut- 
maBungen uber die Bedeutung der Ventilationseinrichtung 
im Leichenkeller 1 sparen konnen. 

Nach einer Analyse des Plans 932 vom 23. Januar 1942 zum 
kiinftigen Krematorium II schrieb Pressac: 11 

"Leichenkeller 2 sollte als zeitweiliger Aufbahrungsraum 
fur neu eingetroffene und registrierte Leichen dienen, die 
(nach drei oder vier Tagen) kremiert wurden. Leichenkel- 
ler 1 war zur Aufbewahrung mehrerer Tage alter, in Ver- 
wesung iibergehender und zur raschestmoglichen Kremie- 
rung bestimmter Leichen gedacht, was eine gute Ventilie- 
rung des Raums erforderte. Nichts an dieser Zeichnung 
weist auf die spatere 'Sonderverwendung ' dieses Kremato- 
riums hin. Ganz im Gegenteil, sie wirkt wie eine vollkom- 



tfb,-: t!'':^:: ?>v:j- 




Dokument 2: Querschnitt durch geplante HeiBluftentwesungsanlage im KL Ma 
jdanek - vgl. "Kohleneinwurf" zur Linker). 



men 'normale ' Einascherungseinrichtung, wenn auch eine 
mit einer sehr hohen Kapazitdt. " 
Allen, der seine Aufmerksamkeit ausschlieBlich der Ventila- 
tionseinrichtung des Leichenkellers 1 widmet, laBt das ganze 
Bundel von "Indizien" auBer acht, die laut Pressac einen Be- 
weis fur eine Umgestaltung dieses Raums zu kriminellen 
Zwecken darstellen sollen und deren Fehlen den Plan vom 
23. Januar 1942 vollkommen "normal" wirken laBt. Bei- 
spielsweise sollen die Techniker der Zentralbauleitung voile 
1 3 Monate gebraucht haben, um zu kapieren, daB die Tiir des 
Leichenkellers 1, also der angeblichen Menschentotungsgas- 
kammer, sich nach auBen und nicht nach innen offnen muB- 
te, 12 und gar 17 Monate, um zu begreifen, daB die Eisenbe- 
tondecke des Leichenkellers 1 Offnungen zum Einschiitten 
des Zyklon B erforderte; sie sollen die Decke tatsachlich oh- 
ne die angeblichen Offnungen erstellt und letztere erst nach- 
traglich in aller Eile mit Vorschlaghammer und MeiBel 
durchgebrochen haben! 13 

Gegen Michael Thad Aliens These spricht schlieBlich ein an- 
derer, noch offenkundigerer Sachverhalt, der mit der Position 
des Leichenkellers zusammenhangt. Krampfhaft bemiiht, den 
unterirdischen Luftungsleitungen um jeden Preis einen sini- 
stren Charakter anzudichten, schreibt er: 

"Die Aushebung unterirdischer Leitungen erforderte be- 

trdchtliche Arbeit, denn der Wasserpegel in Birkenau kann 

bis einen Meter uber dem Boden der Keller in den Krema- 

torien I und II steigen. Daft die SS ilberhaupt halbunterir- 

dische Keller wollte, erfordert eine Erkldrung. (Die Kre- 

matorien IV und V lagen vollstandig uber der Erdoberfld- 

che.) Die SS muftte die Wdnde mit Teerpappe abdichten, 

die zu Kriegszeiten nur sehr schwer erhaltlich war. Alle 

diese Faktoren trugen dazu bei, daft fiir einen 'gewohnli- 

chen ' Leichenkeller ein aufiergewohnlicher Aufwand be- 

trieben wurde. " (S. 201) 

Doch wenn die Bauleitung bereits im Oktober 1941 be- 

schlossen hatte, eine Zyklon-B-Menschentotungsgaskammer 

im Leichenkeller 1 einzurichten, warum wurde letzterer dann 

unterirdisch geplant? 

Die ersten Plane des neuen Krematoriums, die vom Novem- 
ber 1941 stammen und von J.-C. Pressac publiziert worden 
sind, 14 lassen in der Tat ganz unmiBverstandlich zwei voll- 
kommen unterirdische Leichenkeller erkennen. Die Errich- 
tung des Krematoriums war damals noch im Stammlager Au- 
schwitz I vorgesehen. Doch als das Projekt nach Birkenau 
verlagert wurde, wo der Grundwasserpegel hoher war, wur- 
den die Leichenkeller halbunterirdisch geplant (d.h. der obere 
Teil ragte uber den Erdboden heraus); dies erforderte Arbei- 
ten, die weitaus komplizierter waren als die Installierung 
zweier unterirdischer Luftungsleitungen. Wenn nun Leichen- 
keller 1 als Zyklon-B-Gaskammer dienen sollte, warum ha- 
ben ihn die Bauleitung und spater die Zentralbauleitung nicht 
oberhalb der Erdoberflache geplant? 
Die einzige verniinftige Erklarung be- 
steht darin, daB die beiden Leichenkel- 
ler als gewohnliche Raume zur Aufbah- 
rung von Leichnamen gedacht waren, 
die man, wie Pressac richtig hervorge- 
hoben hat, unterirdisch bzw. halbunter- 
irdisch konzipierte, um die Temperatur 
in ihnen niedriger zu halten. 
Gehen wir nun zu den an den Haaren 
herbeigezogenen Thesen des Autors 
beziiglich der Luftungsleitungen tiber. 



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GemaB der Zeichnung 109/1 3 A der Firma Huta vom 21. Sep- 
tember 1943 verliefen die beiden Entliiftungskanale im Lei- 
chenkeller 1 auf der Hohe des FuBbodens, doch jenseits der 
Seitenmauern. 15 Aus irgendwelchen Grunden hat diese An- 
ordnung auf Allen einen gewaltigen Eindruck hinterlassen, 
und er betrachtet sie als neues "kriminelles Indiz", getreu 
dem Grundsatz der Holocaust-Historiker, daB jeder Sachver- 
halt, den sie aufgrund ihrer historisch-dokumentarischen oder 
technischen Ignoranz nicht begreifen, "sich einzig und allein 
als Hinweise auf einen Massenmord mittels Zyklon-B deuten 
laflt". Im vorliegenden Fall ist die naheliegendste Erklarung 
die, daB eine doppelte Abluftrohrleitung von 50 cm Durch- 
messer, 16 wenn sie auf dem FuBboden langs der beiden Sei- 
tenmauern angebracht worden ware, die Breite des Raums 
um einen Meter verringert und dadurch den Verlust von 30 
m 2 Nutzflache verursacht hatte; dadurch waren die Reini- 
gungs- und Wascharbeiten erschwert worden, und die Gefahr 
einer Beschadigung ware gewachsen. 

Das Problem der Ventilation der beiden Leichenkeller des 
{Crematoriums II (und III) zieht auBerdem eine technische 
Frage von fundamentaler Bedeutung nach sich, welche die 
Behauptungen der offiziellen Geschichtsschreibung nicht nur 
widerlegen, sondern regelrecht der Lacherlichkeit preisge- 
ben. Ich meine die Frage nach dem Luftaustausch. In meiner 
Studie Auschwitz: Das Ende einer Legende habe ich im Ab- 
satz "Die Liiftungssysteme der Krematorien" nicht nur nach- 
gewiesen, daB die Zahl der fur die beiden Leichenkeller vor- 
gesehenen Luftumwalzungen praktisch mit derjenigen nor- 
maler ziviler Leichenhallen identisch war, sondern daB die 
fur Leichenkeller 1 geplante Zahl - 9,49 Luftumwalzungen 
pro Stunde - niedriger war als die fur Leichenkeller 2 (1 1,08 
Umwalzungen pro Stunde). Somit war die vermeintliche Ga- 
skammer schlechter ventiliert als der angebliche Ausklei- 
dungsraum! Die genialen Techniker der Zentralbauleitung 
waren also nach mehr als einjahrigem intensiven Studium der 
Zyklon-B-Entwesungskammern zu einem wahrlich brillanten 
Resultat gelangt... 

Allen schert sich keinen Pfifferling darum, daB auch der von 
der offiziellen Geschichtsschreibung postulierte historische 
Hintergrund, d.h. die angebliche Entwicklung von Ausrot- 
tungseinrichtungen in Auschwitz, hinten und vorne nicht zu 
seiner These paBt. Er behauptet, die Bauleitung von Au- 
schwitz habe schon im Oktober 1941 die Errichtung einer 
Menschentotungsgaskammer im Leichenkeller 1 des geplan- 
ten neuen Krematoriums vorgesehen, wobei sie sich von den 
Zyklon-B-Entwesungskammern habe inspirieren lassen, doch 
als dieselben Leute funf Monate spater den angeblichen 
"Bunker 1" von Birkenau planten, sahen sie fur ihn noch 
nicht einmal einen Ventilator vor! 

Dasselbe gilt auch fiir den angeblichen "Bunker 2", der im 
Mai oder Juni 1942 "geplant" worden sein soil. Warum ha- 
ben dann die Zyklon-B-Entwesungskammern in diesen Fal- 
len keine "technologische Innovation stimuliert" und keine 
"konzeptuelle Blaupause" fur die "Gaskammern" der "Bun- 
ker" geliefert? 

Laut van Pelt wurden in den "Bunkern" mehr als 200.000 Ju- 
den ermordet. 18 Entsprache diese Behauptung der Wirklich- 
keit, so hatte es sich um umfangreiche Vernichtungsanlagen 
gehandelt, was die These Aliens noch irrsinniger erscheinen 
laBt. 

Der Artikel Michael Thad Aliens wimmelt formlich von an- 
deren phantasievollen und unsinnigen Thesen, und es lohnt 
sich schon gar nicht, sie alle zu widerlegen. Ich beschranke 



mich auf ein einziges Beispiel. Auf S. 200-203 zitiert er (in 
englischer Ubersetzung) den letzten Abschnitt des "Berichts 
des Amtes II-Bauten des Hauptamtes Haushalt und Bauten 
iiber die Arbeiten im Jahre 1941", den ich hier im deutschen 
Originaltext anfiihre: 19 

"An zusdtzlichen Bauma&nahmen wurden vom Reichsfuh- 
rer-SS befohlen: 

Der Bau von Kriegsgefangenenlagern im Reichsgebiet und 
im Generalgouvernement. 
Es wurden errichtet: 

Im Reich im Rahmen der KL Dachau, Buchenwald, Flos- 
senbiirg, Mauthausen Kleinlager, an Grofilagern Au- 
schwitz fur 150.000 Kriegsgefangene. 

Im Generalgouvernement in Lublin fiir 150.000 Kriegsge- 
fangene und in Debicafur 5.000 Kriegsgefangene. 
Um dsthetisch, bautechnisch und hygienisch einwandfreie 
Bauanlagen schaffen zu konnen, wurden Typenpldne fiir 
die Bebauung der Lager einschl. Quarantdne-, Truppen-, 
Unterkunfts- und Arbeitslager sowie fiir die einzelnen Be- 
fehlsbauten entwickelt, die der Ausfuhrung zu Grunde ge- 
legt wurden. 

Fiir Entlausungsanstalten der Waffen-SS, Polizei und KL 
in fester und behelfsmafiiger Bauweise wurden Richtzeich- 
nungen bearbeitet, desgleichen fiir die behelfsmafiigen und 
festen Krematorien, Verbrennungsstdtten und Exekutions- 
anlagen verschiedener Art. " 
Allen kommentiert diesen Text wie folgt: 

"Dieser Bericht, der die Zyklon-B ' -Entlausungsmaschinerie 
abermals mit 'Exekutionsanlagen ' in einem Atemzug nennt, 
wurde in alien Abteilungen der SS-Bauinspektionen, Zen- 
tralbauleitungen und kleineren Bauleitungen verteilt. Die 
Tatsache, dafi in Auschwitz-Birkenau systematische T6- 
tungsaktionen geplant waren, war also unter den SS- 
Ingenieuren allgemein bekannt. " 
Erstens waren unter "Entlausungsanstalten" keineswegs nur 
Zyklon-B-Entwesungskammern zu verstehen, sondern auch 
HeiBluftanlagen und Dampfapparate. Zweitens waren die 
"Exekutionsanlagen" Galgen und ErschieBungsstatten fur 
von SS-Sondertribunalen zum Tode verurteilte Haftlinge; 
solche gab es, genau wie Entlausungsanstalten, Krematorien 
und Verbrennungsstatten, auch in samtlichen anderen er- 
wahnten Konzentrationslagern. Wie kann man da aus diesem 
Bericht herleiten, in Auschwitz-Birkenau seien "systemati- 
sche Totungsaktionen" geplant gewesen? Nun ja, was kann 
man von einem "Assistant Professor of modern German hi- 
story and the history of technology" auch schon erwarten, der 
noch nicht einmal eine Zyklon-B -Entlausungskammer von 
einer HeiBluft-Entlausungskammer zu unterscheiden ver- 
mag? 

Das Paradoxe ist, daB es sehr wohl eine Verbindung - genau- 
er gesagt sogar eine doppelte Verbindung - zwischen den 
Zyklon-B-Entwesungsanlagen und den angeblichen Men- 
schentotungsgaskammern von Auschwitz gibt, aber nicht die 
von Allen an den Haaren herbeigezerrte. Wie ich in einem 
zuvor erwahnten Artikel darlegte, trug sich die Zentralbaulei- 
tung im Januar 1943 mit dem Gedanken, den Leichenkeller 1 
des Krematorium II (den "Vergasungskeller") zumindest fiir 
einige Zeit als "behelfsmaBige Entwesungskammer" zu be- 
nutzen. 20 Allen selbst bestatigt die Richtigkeit dieser These, 
indem er folgende Aussage Walter Dejacos (eines ehemali- 
gen SS-Untersturmfiihrers und friiheren Leiters des Sachge- 
biets Planung der Zentralbauleitung) vom 4. Marz 1962 zi- 
tiert: 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



133 



"Die Rdume, die spdter als Gaskammern gebraucht war- 
den, wurden von uns als Leichenhallen und Entlausungs- 
kammern bezeichnet und wurden als solche von uns ge- 
plant" (S. 196; Hervorhebung von mir; Riickiibersetzung 
aus dem Englischen). 
Die zweite Verbindung wurde von den Propagandisten der 
geheimen Widerstandsbewegung von Auschwitz hergestellt. 
Diese erfanden die Geschichte mit den "Bunkern", wobei sie 
sich so eindeutig von den Blausaureentwesungskammern in- 
spirieren lieBen, daB sie die vermeintlichen Menschento- 
tungsgaskammern "Degasungskammer" nannten! Bei diesem 
Ausdruck handelte es sich um eine Verballhornung des Be- 
griffs "Begasungskammer", der iiblicherweise fur die Zy- 
klon-B betriebenen Degesch-Kreislauf-Entlausungskammern 
benutzt wurde. Doch dies ist eine andere Geschichte, die ich 
in einem demnachst erscheinenden Buch iiber die sogenann- 
ten "Bunker" von Birkenau beschreiben werde. 

Anmerkungen 

Aus dem Italienischen iibertragen von Jiirgen Graf. 

1 V 16, N.2, Herbst 2002, S 189-216. Beim Zitieren fuhre ich jeweils direkt 

die jeweilige Seite des Textes an. 
1 Sonderbehandlung in Auschwitz. Entstehung und Bedeutung eines Be- 

griffs. Castle Hill Publishers, Hastings, GroBbritannien, 2003. 

Siehe insbesondere meine Studie "Die Leichenkeller der Krematorien von 

Birkenau in Lichte der Dokumente," in: VffG, 7(3&4), (2003), S. 357- 

380. 
4 Zentralbauleitung. 

Zeichnungen 1 173-1 174(p) sowie 933[-934](p), spater von J.-C. Pressac 



in: Auschwitz: Technique and Operation of the gas chambers. The Beate 
Klarsfeld Foundation, New York 1989, S. 273 und 279 reproduziert. 
G. Wellers, Les chambres a gaz ont existe. Des documents, des temoigna- 
ges, des chiffres. Gallimard, Paris 1981, Illustrationen auf unnumerierten 
Seiten zwischen S. 134 und 135. 

RGVA (Rossiiskii Gosudarstvennii Vojennii Archiv, Staatliches russi- 
sches Kriegsarchiv, Moskau, 502-1-332, S. 86-90. 

Fiir diese Anlage waren 19 Blausaure-Entwesungskammern mit Degesch- 
Kreislaufsystem vorgesehen. 

APMM (Archiwum Pahstwowego Muzeum na Majdanku, Archivio del 
Museo di Stato di Majdanek), sygn. VI 9a, Band 1. 
Castle Hill Publishers, Hastings, GroBritannien, 1998. 
J.-C. Pressac, Auschwitz..., aaO. (Anm. 5), S. 284. 
Ebenda, S. 302, Plan 2003 vom 19. Dezember 1942, sowie diesbeziigli- 
cher Kommentar Pressacs. 

Siehe hierzu meinen Artikel '"Keine Locher, keine Gaskammer(n)'. Hi- 
storisch-technische Studie zur Frage der Zyklon B-Einwurflocher in der 
Decke des Leichenkellers 1 im Krematorium II von Birkenau", VffG, 6(3) 
(2002), S. 284-304, insbesondere S. 290f. 

J.-C. Pressac, Die Krematorien von Auschwitz. Die Technik des Massen- 
mordes. Piper, Miinchen 1994, Plane auf unnumerierten Seiten, Doku- 
mente 10-11. 

Siehe J.-C. Pressac, Auschwitz..., aaO. (Anm. 5), S. 322f. 
J.-C. Pressac, Die Krematorien ..., aaO. (Anm. 14), Dokument 15, Schnitt 
b-b, "Abluftkanal fur 'B'-Raum." 

In: H. Verbeke (Hg.), Auschwitz: Nackte Fakten. Eine Erwiderung an 
Jean-Claude Pressac, Stiftung Vrij Historisch Onderzoek, Berchem, 
1995, S. 133-135. 

R.J. van Pelt, The Case for Auschwitz. Evidence from the Irving Trial. In- 
diana University Press, Bloomington and Indianapolis 2002, S. 455. 
RGVA, 502-1-13, S. 4. 

"Die Leichenkeller ...", aaO. (Anm. 3), vgl. bes. S. 357-365 und 373- 
375. 



"Leugnung der Geschichte"? - Leugnung der Beweise!, Teil 1 

Keine "Beweiskonvergenz" im Holocaust • Antwort an M. Shermer und A. Grobman 

Von Carlo Mattogno 



Einleitung 

In ihrem Buch Denying History. Who Says the Holocaust 
never Happened and Why Do They Say it? (Die Leugnung 
der Geschichte. Von jenen, die behaupten, es habe den Holo- 
caust nie gegeben, und ihren Beweggrunden) 1 reiten die ame- 
rikanischen Autoren Michael Shermer und Alex Grobman ei- 
ne Attacke gegen den Revisionismus. Sie erheben den An- 
spruch, sich nicht wie ihre Vorganger mit Polemik zu begnii- 
gen, sondern auf wissenschaftlicher Ebene zu argumentieren, 
und bekennen sich lauwarm zum Prinzip der Meinungs- und 
Forschungsfreiheit. Auf unzahligen Seiten walzen sie ge- 
schichtsphilosophische Fragen breit und schweifen auch 
sonst immer wieder vom Thema ab. Dieser Strategic bedie- 
nen sie sich nicht nur, um mit ihrer Bildung zu protzen, son- 
dern auch aus einem anderen, ganz banalen Grund, namlich 
um den Umfang ihres Buchs aufzublahen. 
Shermer und Grobman machen geltend, ihr Werk sei die 
Frucht einer "vieljahrigen Forschungsarbeit" (S. 2); sie seien 
nach Europa gereist, um "Untersuchungen in den Lagern 
vorzunehmen, insbesondere in Mauthausen, Majdanek, Tre- 
blinka, Sobibor, Belzec, Dachau, Auschwitz und Auschwitz- 
Birkenau" (S. 127). Die Sponsoren des Unterfangens haben 
zur Finanzierung dieser Reisetatigkeit zweifellos tief in die 
Tasche greifen miissen, und da konnten die beiden Verfasser 



ihnen als Frucht ihrer Recherchen naturlich ganz unmoglich 
ein mageres Biichlein von einigen Dutzend Seiten prasentie- 
ren. Langer ware das Werk ohne die zahllosen Exkurse nam- 
lich nicht geworden. 

Welch ehrgeizige Ziele Denying History verfolgt, stellt Ar- 
thur Hertzberg in seiner Einleitung (auf S. XIII) unmiBver- 
standlich klar. Shermer und Grobman, so schreibt er, mach- 
ten es sich zur Aufgabe, 

"die Behauptungen der Holocaust-Leugner Punkt fiir 
Punkt aufzugreifen und bis in die letzten Einzelheiten zu 
widerlegen. " 
Die Autoren selbst wiederholen dies gleich zu Beginn ihrer 
Ausfuhrungen: 

"In unserer Studie widerlegen wir die Behauptungen und 

Argumente der Holocaust-Leugner griindlich, nehmen eine 

tiefschurfende Analyse ihrer Personlichkeiten und Motive 

vor und legen, gestiitzt auf solide Beweise, genau dar, 

warum wir wissen, dafi sich der Holocaust zugetragen 

hat. " (S. 2.) 

Zum SchluB ihres Buchs verleihen Shermer und Grobman 

gar ihrer Hoffnung Ausdruck, dieses sei "eine griindliche und 

wohldurchdachte Antwort auf samtliche Behauptungen der 

Holocaust-Leugner" (S. 257). 

Die Verfasser wollen also alle Thesen aller Revisionisten 



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"griindlich" widerlegt haben! Damit ist es freilich nicht weit 
her. 2 Ihre hochtrabenden Anspriiche erleiden durch diese 
grobe Luge einen herben Schlag. 

Vor Shermer und Grobman sind bereits etliche andere Auto- 
ren ausgezogen, um dem Revisionismus den Garaus zu ma- 
chen. Die Hohlheit ihrer Argumente habe ich in drei fruheren 
Biichern aufgezeigt: 

- Olocausto: dilettanti alio sbaraglio (etwa: Holocaust: 
Stumper blamieren sich), Edizioni di Ar, 1996, 322 Seiten; 

- L'"irritante questione" delle camere a gas ovvero da Cap- 
puccetto Rosso ad... Auschwitz. Risposta a Valentina 
Pisanty (Die "irritierende Frage" der Gaskammern oder 
von Rotkappchen nach ... Auschwitz". 3 Antwort an Valen- 
tina Pisanty), Graphos, Genova 1998, 188 Seiten; 

- Olocausto: dilettanti a convegno (Holocaust: Stumper ge- 
ben sich ein Stelldichein), Effepi, Genova 2002, 182 Sei- 
ten. 

Des weiteren habe ich in zwei langeren Artikeln auf die Ar- 
gumente des amerikanischen Antirevisionisten John C. Zim- 
merman geantwortet: 

- John C. Zimmerman and "Body 
Disposal at Auschwitz": Prelimi- 
nary Observations (John C. Zim- 
merman und die Frage der "Lei- 
chenbeseitigung in Auschwitz": 
Einleitende Bemerkungen); 

- Supplementary Response to John 
C. Zimmerman on his "Body dis- 
posal at Auschwitz" (Zusatzliche 
Antwort an John C. Zimmerman 
anlaBlich seiner Schrift "Body 
disposal at Auschwitz"). 4 

Niemand hat auf die in diesen Bii- 
chern und Artikeln angefuhrten Ar- 
gumente je eine Antwort erteilt, 
doch die augenscheinlich falschen, 
von mir Punkt fur Punkt zerpfliick- 
ten Thesen von Autoren wie Pierre 
Vidal-Naquet und Valentina Pisanty 

- um nur zwei Namen zu nennen - 
werden von den Widersachern der 
"Holocaust-Leugner" in ihren 
Schriften weiterhin unermiidlich 
wiedergekaut. Die Antirevisionisten 
betreiben gewissermaBen geistige 

Inzucht: sie schreiben fleiBig voneinander ab und bedienen 
sich somit genau jenes Vorgehens, das Shermer und Grob- 
man in ihrem Buch den Revisionisten vorwerfen (S. 251)! 
Was John C. Zimmerman anbelangt, so war meine zweite 
Antwort an ihn dermaBen vernichtend, daB es der tumbe 
Tropf von einem Professor nach ihrem Erscheinen vorzog, 
den Mund zu halten und mit seinem Schweigen die Triftig- 
keit meiner Argumentation indirekt anzuerkennen. 5 
Was mich zu dieser Entgegnung an M. Shermer und A. 
Grobman veranlaBte, waren nicht etwa fmstere "antisemiti- 
sche" und "neonazistische" Beweggriinde, die unsere Gegner 
uns Revisionisten so gerne unterstellen, sondem meine Ent- 
riistung iiber die dreisten Mogeleien, deren sich die beiden 
Verfasser schuldig gemacht haben, sowie der Drang, diese 
Betriigereien bloBzustellen und so die geschichtliche Wahr- 
heit wieder zu Ehren kommen zu lassen. 
Ich bin mir sehr wohl bewuBt, daB die Anhanger der offiziel- 
len Holocaust-Version auch diese Schrift totschweigen wer- 




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iimd oiiugm 4«ruk mtm tttmt, i*# inn 



MICHAEL SHERMER 
& ALEX GROBMAN 



den, doch ehrlichen und unvoreingenommenen Menschen 
wird sie von Nutzen sein - nicht nur, weil ich darin eine gan- 
ze Reihe neuer Argumente anfuhre sowie Punkte noch vertie- 
fe, die bereits in den drei genannten vorhergehenden Biichern 
auftauchen, sondern auch, weil sie den Beweis dafiir liefert, 
daB ein revisionistischer Historiker mit einer Schrift, die nur 
wenige Wochen Arbeit in Anspruch genommen hat, das Er- 
gebnis einer "vieljahrigen Forschungsarbeit" zunichte ma- 
chen kann, hinter der das gesamte Holocaust-Establishment 
der Welt steht. Fur die Historiker, welche letzterem angeho- 
ren, ist dies nicht minder peinlich als die Fiille stichhaltiger 
Argumente, denen sie nichts entgegenzusetzen vermogen. 

Erster Teil: Der Revisionismus 

1. Die Revisionisten 

Shermer und Grobman kiindigen an, auf streng wissenschaft- 
licher Basis zu argumentieren; sie schreiben: 

"Unserer Ansicht nach ist es an der Zeit, sich nicht langer 
mit Beschimpfungen zufriedenzu- 
geben, sondern die Beweise vor- 
zulegen. " (S. 16f) 
Demnach wissen sie also sehr gut, 
auf welchem Niveau sich die Kritik 
am Revisionismus vor ihnen bewegt 
hat: Statt Beweise vorzulegen, be- 
gniigte man sich mit Beschimpfun- 
gen! Das Autoren-Duo beteuert, 
nicht in torichten Vorurteilen gegen 
die Revisionisten befangen zu sein: 
"Pauschale Etikettierungen wie 
' antisemitisch ' oder 'neonazi- 
stisch ' werden der Vielschichtig- 
keit und Komplexitat der Holo- 
caust-Leugnungsbewegung nicht 
gerecht. Wer sich mit solchen 
verallgemeinernden Urteilen be- 
gniigt, verkennt die Realitdt der 
Situation und drischt folglich auf 
Strohmanner ein. " (S. 16) 
Doch im folgenden vermogen die 
beiden Verfasser der Versuchung 
nicht zu widerstehen, die Revisioni- 
sten selbst als "Antisemiten" und 
"Neonazis" abzustempeln. Sie be- 
haupten, beim Revisionismus "klinge das antisemitische 
Leitmotiv immer wieder durch" (S. 87), und es scheine 
"schwierig, die Holocaust-Leugnungsbewegung klar von an- 
tisemitschen Gefuhlen zu trennen" (S. 87). Femer schreiben 
sie: 

"Was die Holocaust-Leugner unserer Ansicht nach an- 
treibt, ist der Wunsch, jene zu rehabilitieren, die sie be- 
wundern, und jene anzuschwdrzen, die ihnen diese Bewun- 
derung vergdllen. [...] Die Geschichte des Holocaust ist ein 
Schandfleck fur den Nazismus. Man leugne die Realitdt des 
Holocaust, und der Nazismus beginnt dieses Stigma zu ver- 
lieren. " (S. 252) 
Dies meinen die Autoren also, wenn sie behaupten, die Revi- 
sionisten schrieben die Vergangenheit "um heutiger personli- 
cher oder politischer Ziele willen" um (S. 2; siehe auch S. 34 
und 238). Die abgedroschenen Unterstellungen, von denen 
sich die Verfasser zu Beginn ihres Buchs distanziert haben, 
kehren somit durch die Hintertiir zuriick - und die Beschimp- 



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fungen ebenfalls, beispielsweise auf S. 40, wo es heiBt, nie- 
mand, "der noch bei Trost ist, wiirde behaupten, der Holo- 
caust habe sich nicht zugetragen" (S. 40). Dieser Logik nach 
sind die Revisionisten also samt und sonders "nicht recht bei 
Trost". Doch nicht genug damit: Der Revisionismus, so 
Shermer und Grobman, sei "ein Affront gegen die Geschich- 
te und die Methoden der Geschichtswissenschaft" (S. 251) 
sowie "eine Lupe, durch die schwarz zu weiB und unten zu 
oben wird und die normalen Regeln der Vernunft nicht lan- 
ger gelten" (S. 1). 
Trotzdem geben die Autoren zu, daB die Revisionisten 

"hochmotiviert sind, tiber eine recht solide finanzielle Ba- 
sis verfugen [wenn dem bloB so ware!] und die Geschichts- 
schreibung tiber den Holocaust oft gut kennen. [...] Die 
Leugner wissen eine ganze Menge tiber den Holocaust. " 
(S. 17f.) 
Die Verfasser finden jene amerikanischen Revisionisten, die 
sie personlich kennengelernt haben, sogar "verhaltnismaBig 
nett" (S. 40), was fur "antisemitische Neonazis", die "nicht 
recht bei Trost sind", ein unerwartetes Kompliment darstellt! 
Die Realitat des historischen Revisionismus sieht freilich 
ganz anders aus. Jeder Versuch, revisionistischen Historikern 
die abgegriffenen Etiketten des Antisemitismus und des Neo- 
nazismus anzuheften, geschieht, um es mit den Worten 
Shermers und Grobmans zu sagen, "um heutiger personlicher 
oder politischer Ziele willen" und fiihrt in die Irre, genau wie 
schon der Titel des hier besprochenen Buchs Denying Histo- 
ry (Die Leugnung der Geschichte). Was die revisionistischen 
Historiker "leugnen", oder richtiger gesagt bestreiten, ist 
nicht die Geschichte, sondern die von den offiziellen Histori- 
kern verfochtene verzerrte Version der Geschichte. Die In- 
fragestellung dieser verzerrten Version war es denn auch, die 
den AnstoB zum Revisionismus gegeben hat; dieser bezweckt 
nichts weiter, als die Geschichtsschreibung mit den histori- 
schen Fakten in Einklang zu bringen. 

Der Begriinder des Revisionismus, Paul Rassinier, ehemali- 
ger Haftling der Konzentrationslager Buchenwald und Dora- 
Mittelbau, begann seine Forschungstatigkeit mit der Infrage- 
stellung der Liigen, von denen die Konzentrationslagerlitera- 
tur der unmittelbaren Nachkriegszeit nur so wimmelte. 6 Was 
ihn dazu bewog, war die Emporung iiber diese Lugen und 
sein Wunsch, der Wahrheit zum Durchbruch zu verhelfen. 
Genau dies ist auch eines der wesentlichsten Motive der revi- 
sionistischen Forscher: Sie sind emport uber die Betrugereien 
der offiziellen Historiker, die ihre Machtposition dazu miB- 
brauchen, um ihre ahnungslosen Leser hinters Licht zu fiih- 
ren, und ohne solche Betrugereien ihre Machtposition auch 
gar nicht behaupten konnten. Auch die vorliegende Studie ist 
die Frucht einer solchen Emporung - der Emporung iiber die 
Mogeleien, die sich die Verfasser von Denying History zu- 
schulden kommen lassen - sowie des Wunsches, einen Bei- 
trag zum Sieg der geschichtlichen Wahrheit zu leisten. 
Wie wir in der Einleitung gesehen haben, behaupten die Au- 
toren, samtliche Thesen samtlicher revisionistischer Histori- 
ker "griindlich" widerlegt zu haben. Sie erlautern dazu: 

"Wir haben uns bemuht, die Richtigkeit unserer Annahmen 
tiber die Leugner dadurch zu tiberprtifen, dafi wir die 
Hauptfiguren der Holocaust-Leugnungsbewegung getrof 
fen und interviewt sowie ihre Literatur sorgfdltig gelesen 
haben. " (S. 4) 
Fur Shermer und Grobman beschrankt sich der Revisionis- 
mus auf Mark Weber, David Irving, Robert Faurisson, Brad- 
ley Smith, Ernst Ziindel und David Cole (S. 46-71). Arthur 



Butz ist fur die beiden bereits eine zu harte NuB, und sie be- 
gniigen sich damit, sein Buch The Hoax of the Twentieth 
Century als "Bibel der Bewegung" abzutun (S. 40), was na- 
turlich eine unzulassige Vereinfachung ist und von ihrem 
engstirnigen Provinzialismus zeugt. In dieselbe Richtung 
weist auch ihr Urteil uber Mark Weber, von dem es heiBt, er 
sei unter den Revisionisten "mit der moglichen Ausnahme 
David Irvings derjenige, der die Geschichte des Holocaust 
am besten kennt." (S. 46) 

In ihrer starren Fixiertheit auf Amerika haben Shermer und 
Grobman drei ganz und gar nicht unwesentliche Punkte iiber- 
sehen: 

1) Sie haben lediglich einen Teil der amerikanischen Revi- 
sionisten beriicksichtigt und beispielsweise Friedrich Berg, 
Robert Countess, Samuel Crowell, William Lindsey, Michael 
Hoffman, Theodore O'Keefe schlicht und einfach unter den 
Teppich gekehrt. 

2) Der amerikanische Revisionismus ist lediglich ein kleiner 
Teil des internationalen Revisionismus. 

3) Bei allem Respekt vor der Geschichte und den Leistungen 
des amerikanischen Revisionismus wird man doch festhalten 
miissen, daB durchaus nicht er, sondern der europaische Re- 
visionismus heute im internationalen Revisionismus die Fuh- 
rungsrolle spielt. Doch von den europaischen Revisionisten 
kennen die beiden Autoren lediglich Robert Faurisson, von 
dessen Argumenten sie nur einen ganz unbedeutenden 
Bruchteil gepruft und diesen erst noch schamlos verzerrt ha- 
ben, wie wir im nachsten Absatz darlegen werden. 

Wer sich heute ernsthaft mit dem Revisionismus beschaftigen 
will, muB aber zunachst einmal dessen Flaggschiff, die Vier- 
teljahreshefte fur freie Geschichtsforschung, sowie deren 
Griinder und Herausgeber Germar Rudolf kennen. Er muB 
Autoren wie Enrique Aynat, Jean-Marie Boisdefeu, Jiirgen 
Graf, Pierre Guillaume, Pierre Marais, Hans-Jurgen Nowak, 
Walter Rademacher, Henri Roques, Walter Sanning, Wilhelm 
Staglich, Serge Thion, Udo Walendy, Ingrid Weckert sowie 
den Verfasser dieser Zeilen kennen, um nur die bekanntesten 
zu erwahnen. Als ich 1996 in meinem bereits erwahnten 
Buch Olocausto: Dilettanti alio sbaraglio eine "Bibliographie 
der wichtigsten revisionistischen Werke" anfuhrte (S. 308f), 
habe ich dort 33 Titel erwahnt. Von diesen beriicksichtigen 
die Herren Shermer und Grobman ganze vier, davon drei 
amerikanische! Doch trotz der Diirftigkeit dieser Auswahl 
haben sie erst nach Jahren etwas zustande gebracht, das zu- 
mindest dem Anschein nach eine Antwort auf revisionisti- 
sche Argumente darstellt: 

"Auf dieses Problem [die Schwierigkeit, die revisionisti- 
schen Thesen zu kontern] wurden wir aufmerksam, indem 
wir uns mit den ftihrenden Holocaust-Gelehrten der Welt in 
Verbindung setzten. In vielen Fallen fiel es uns im Rahmen 
dieses vieljdhrigen Projekts aufierordentlich schwierig , 
Antworten auf unsere Fragen zu erhalten. " (S. 2, Hervor- 
hebung von mir.) 
Somit haben die "fiihrenden Holocaust-Gelehrten der Welt" 
nicht einmal auf die von den Autoren ausgewahlten zweit- 
rangigen revisionistischen Argumente zu antworten ver- 
mocht! Stellen wir uns einmal vor, Shermer und Grobman 
hatten ihr Versprechen ernstgenommen, auf samtliche we- 
sentlichen Argumente der Revisionisten zu antworten: Ihr 
"Projekt" hatte dann nicht nur Jahre, sondern gleich Jahr- 
zehnte in Anspruch genommen! Und da die Revisionisten im 
Stakkato standig neue Argumente veroffentlichen, wiirde ihre 
Arbeit tatsachlich nie fertig werden! 



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2. Die wahre historische Methode und die angeblichen 
Methoden der Revisionisten 

In Kapitel 9 legen Shermer und Grobman zehn Kardinal- 
punkte der Methode wissenschaftlicher Geschichtsschreibung 
dar: 

"1. Wie zuverldssig ist die Quelle der Behauptung? Die 
Leugner mogen beim Zitieren von Fakten und Ziffern recht 
glaubwurdig erscheinen, doch eine genauere Untersu- 
chung enthullt oft, dafi diese Details entstellt oder aus dem 
Zusammenhang gegriffen sind. 

2. Hat die als Quelle zitierte Person frilher Behauptungen 
aufgestellt, die eindeutig ilbertrieben war en? Wenn von ei- 
ner Person bekannt ist, dafi sie es in einem fruheren Fall 
mit den Tatsachen nicht allzu genau genommen hat, so un- 
tergrabt dies natiirlich ihre Glaubhaftigkeit. [...] 

3. Ist die Behauptung anhand einer anderen Quelle tiber- 
prtift worden? Es ist fur die Leugner typisch, Aussagen zu 
machen, die nicht oder nur durch einen anderen Leugner 
verifiziert worden sind. [...] Gute Wissenschaft und gute 
Geschichtsschreibung sind auf Verifizierung seitens Au- 
fienstehender angewiesen. 

4. Wie pafit die Behauptung zu dem, was wir iiber die Welt 
und ihren Gang wissen? [...] 

5. Hat irgend jemand, einschliefilich des Urhebers der Be- 
hauptung (ja vor allem er), auch nach Material gesucht, 
das gegen die Behauptung spricht, oder wurde nur nach 
bestdtigendem Material gesucht? In letzterem Fall spricht 
man von 'confirmation bias ' [etwa: Voreingenommenheit 
zugunsten bestatigendem Material], d. h. von der Tendenz, 
nur jene Quellen zu berilcksichtigen, welche der eigenen 
These Auftrieb verleihen. [...] 

6. Falls keine klar definierten Beweise vorhanden sind, 
spricht dann die uberwiegende Menge des Beweismaterials 
fur die aufgestellte Behauptung oder dagegen? Die Leug- 
ner suchen nicht nach Beweisen, die in ihrer Gesamtheit 
auf eine bestimmte Schlufifolgerung hindeuten; sie suchen 
nach Beweisen, die zu ihrer Ideologic passen. Untersuchen 
wir beispielsweise die verschiedenen Augenzeugenberichte 
iiber die Vergasung von Hdftlingen in Auschwitz, so ent- 
decken wir einen konsistenten Kern, der alien Schilderun- 
gen gemeinsam ist und eine wohlfundierte Theorie iiber 
das Geschehene ermoglicht. Die Leugner hingegen nageln 
kleinere Unstimmigkeiten in den Zeugenaussagen fest und 
stellen diese ubertreibend als Anomalien dar, welche gegen 
diese Theorie sprdchen. Statt das Beweismaterial in seiner 
Gesamtheit zu betrachten, konzentrieren sie sich aufjedes 
Detail, das ihren Standpunkt bestdtigt. 

7. Halt sich die Person, die eine Behauptung aufstellt, an 
die anerkannten Regeln der Vernunft und die Methoden 
der Forschung, oder akzeptiert sie nur solche, die zur ge- 
wiinschten Schlufifolgerung ftihren? [...] 

8. Hat der Urheber der Behauptung auch nach einer ande- 
ren Erkldrung fur die beobachteten Phdnomene gesucht, 
anstatt einfach die bereits bestehende Erkldrung in Abrede 
zu stellen? 

9. Wenn der Urheber der Behauptung eine neue Erkldrung 
vorgelegt hat, liefert diese dann auf ebenso viele Fragen 
eine Antwort wie die alte Erkldrung? [...] 

10. Tragen die personlichen Uberzeugungen und Vorurtei- 
le des Urhebers einer Behauptung zu seiner Schlufifolge- 
rung bei oder nicht? " (S. 249f.) 

Shermer und Grobman zufolge setzen sich die Revisionisten 
iiber diese methodischen Prinzipien hinweg: 



"Die Leugner sind bei der Auswahl der historischen Fak- 
ten regelmdfiig unzuverldssig. Sie stellen oft abenteuerliche 
Behauptungen auf. Diese werden selten anhand anderer 
Quellen iiberpruft, und wenn doch, zitieren sich die Leug- 
ner oftmals gegenseitig. Die Leugner versuchen fast nie, 
nach Beweisen zu suchen, die gegen ihre Behauptungen 
sprechen, sondern suchen nur nach solchen Fakten, die in 
ihr Weltbild passen. Sie halten sich im allgemeinen nicht 
an die anerkannten Regeln der Geschichtswissenschafi, lie- 
fern keine alternative Theorie, welche die historischen Tat- 
sachen zu erkldren vermochte, und konnen deshalb auch 
keine Konvergenz der Beweise fur ihre nicht existierende 
Theorie bieten. Schliefilich diktieren, wie wir anhand soli- 
der Beweise gezeigt haben, die personlichen Uberzeugun- 
gen und Vorurteile der Holocaust-Leugner deren Schlufi- 
folgerungen. " (S. 251) 
In der vorliegenden Studie werde ich "anhand solider Bewei- 
se" darlegen, dafi unser Autoren-Tandem hier ein perfektes 
Bild seiner selbst und seiner Methoden gezeichnet hat. Doch 
ehe ich mit der Diskussion der konkreten Sachfragen begin- 
ne, mochte ich einige allgemeine Beobachtungen anstellen. 
Zunachst einmal drangt sich der Hinweis formlich auf, daB 
das gesamte Werk der beiden Verfasser dem ersten Punkt ih- 
rer methodischen "Zehn Gebote" diametral widerspricht, weil 
es namlich auf einer im voraus vorgenommenen Selektion 
revisionistischer Autoren und Argumente beruht und somit 
das Gesamtbild der Frage verengt und verzerrt. 
Shermer und Grobman hausieren mit einer Zauberformel 
namens "Konvergenz der Beweise", die angeblich von den 
offiziellen Historikern angewendet, von den Revisionisten 
hingegen vernachlassigt wird. Der Ausdruck wurde von Ro- 
bert Jan van Pelt in seiner anlaBlich des Irving-Lipstadt- 
Prozesses erstellten Expertise gepragt, die anschlieBend den 
Namen van Pelt Report erhalten hat. Da es keinen Beweis fur 
die Realitat einer Judenausrottung in Gaskammern gibt, hat 
van Pelt samtliche verfiigbaren angeblichen "Indizien" (ein- 
schlieBlich der von Pressac gelieferten) zusammengetragen, 
miBbrauchlich zu "Beweisen" ernannt und eine "Konvergenz 
der Beweise" erfunden, bei der es sich um nichts anderes als 
einen billigen wissenschaftlichen Betrug handelt. 
Nehmen wir beispielsweise einmal die von den Autoren be- 
ziiglich der angeblichen Menschenvergasungen in Auschwitz 
angefiihrte "Konvergenz der Beweise" unter die Lupe. Samt- 
liche Augenzeugenberichte, so behaupten sie, besaBen einen 
"konsistenten Kern", der die Realitat der Vergasungen erhar- 
te. Den revisionistischen Historikern wird hingegen unter- 
stellt, sie nagelten jede "geringfugige Unstimmigkeit" und 
"jedes beliebige Detail" fest, um damit die ganze Zeugenaus- 
sage fur unglaubwurdig zu erklaren. 

Genau das Gegenteil trifft zu. Zunachst einmal kennen die 
beiden Verfasser selbst, und mit ihnen die meisten der offizi- 
ellen Historiker, den vollstandigen Text der einschlagigen 
Augenzeugenberichte nicht. Sie kennen lediglich Auszuge 
aus diesen Berichten, die in einigen wenigen Sammlungen 7 
wiedergegeben werden und bei denen die betreffenden Pas- 
sagen einer sorgfaltigen Selektion unterzogen worden sind, 
um durch Ausmerzung samtlicher in den Aussagen enthalte- 
ner Absurditaten und Widerspriiche eine "Konvergenz" vor- 
zugaukeln. 

Ein aufschluBreiches Beispiel fur eine solche "Konvergenz" 
liefert der britisch-jiidische Historiker Gerald Reitlinger. Bei 
der Beschreibung der angeblichen Menschenvergasungen in 
Birkenau sttitzt er sich auf folgende Augenzeugen: 



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a) Ada Bimko, welche die "auf Schienen kursierenden Wag- 
gons" zum Transport der Leichen zum Ofen schildert; 

b) Miklos Nyiszli, welcher Einzelheiten iiber den Verga- 
sungsvorgang mitteilt; 

c) Charles Sigismud Bendel, der die Raumung der Gaskam- 
mern beschreibt. 8 

Liest man Reitlingers Darlegungen, so erhalt man in der Tat 
den Eindruck, alle Zeugen sprachen von denselben Gebauden 
und denselben Geschehnissen, doch die Wirklichkeit sieht 
vollkommen anders aus. 

Ada Bimko hat nie einen FuB in eines der Krematorien ge- 
setzt. Sie hat die phantasievolle Geschichte vom Besuch ei- 
nes {Crematoriums erfunden, in dem sie eine Gaskammer ge- 
sehen haben will. Diese, so Bimko, besaB "zwei riesige Me- 
tallbehalter, welche Gas enthielten", und von der Gaskammer 
fuhrte eine Schiene direkt zum Ofenraum. 9 Diese jammerli- 
che "Augenzeugin" wahnte namlich, die angeblichen Men- 
schenvergasungen seien mit einem dem Methan ahnlichen 
Gas durchgefiihrt worden (darum hat sie auch die beiden Be- 
halter erfunden!), und von den "Gaskammern" habe ein 
Schmalspurgleis zum Ofenraum gefiihrt (diese Aussage fin- 
det sich bereits im sogenannten Vrba-Wetzler-Bericht). 10 In 
Wirklichkeit waren in keinem der Birkenauer Krematorien 
die Raume, die laut offizieller Geschichtsschreibung als Gas- 
kammern dienten, durch Gleise und Waggons mit den betref- 
fenden Ofenraumen verbunden. Es handelt sich also um eine 
offenkundige Falschaussage. 11 

M. Nyiszli und CS. Bendel, ihren eigenen Angaben zufolge 
Angehorige des sogenannten "Sonderkommandos" 12 von 
Birkenau, die wahrend desselben Zeitraums in denselben Ge- 
bauden gelebt haben wollen, beschrieben die vermeintlichen 
Gaskammern der Krematorien II und III von Birkenau, die 30 
m lang, 7 m breit und 2,41 m hoch waren, wie folgt: Laut 
Nyiszli waren sie 200 m lang, 13 laut Bendel 10 m lang, 4 m 
breit und 1,60 m hoch. 14 Wenn nun ein Raum gemaB einem 
Zeugen 200 m, gemaB einem anderen jedoch nur 10 m lang 
ist, handelt es sich dann um ein bloBes Detail? 
Und was soil man dazu sagen, daB M. Nyiszli in der ungari- 
schen Zeitung Vilag eine Artikelserie verfaBt hat, in welcher 
er behauptete, als Zeuge beim IG-Farben-ProzeB aufgetreten 
zu sein, obgleich er dort niemals in den Zeugenstand geladen 
worden war? 15 Ist auch dies nur ein "Detail"? Und die zahllo- 
sen anderen von Nyiszli begangenen Geschichtsfalschungen, 
die ich in einer diesbezuglichen Studie erhellt habe. 16 Sind 
das wirklich nur "Details"? 

Ein weiteres Beispiel fur eine falsche "Konvergenz" ist die 
Beschreibung des Vergasungsvorgangs durch die Zeugen 
Filip Miiller und Miklos Nyiszli. Ersterer hat namlich letz- 
teren plagiiert (wobei er sich auf die 1961 unter dem Titel 
Auschwitz. Tagebuch eines Lagerarztes von der Zeitschrift 
Quick publizierte deutsche Ubersetzung von Nyiszlis Buch 
stutzte). Nyiszli geht bei seiner Schilderung des Verga- 
sungsablaufs von der falschen Annahme aus, das angeblich 
zu Menschenvergasungen verwendete Zyklon-B sei ein 
Chlorgas und weise folglich eine weit groBere Dichte als 
die Luft auf. 17 Auch hier haben wir zwar eine "Konver- 
genz" vor uns, doch eine Konvergenz der Lugen. Eine an- 
dere solche ist die Geschichte mit den Metallnetzvorrich- 
tungen zur Einfuhrung des Zyklon-B in die angeblichen 
"Gaskammern" der Krematorien II und III. Diese Vorrich- 
tungen sollen von Michal Kula hergestellt und von Henryk 
Tauber gesehen worden sein, haben aber in Wirklichkeit 
niemals existiert. 18 



So also ist die vielgepriesene "Konvergenz der Beweise" zu- 
stande gekommen! In der vorliegenden Studie werde ich 
noch weitere vielsagende Beispiele ins Feld fiihren. 
Das zweite der zehn methodischen Gebote unseres Autoren- 
Tandems besagt, daB es die Glaubwiirdigkeit einer Person of- 
fensichtlich untergrabe, wenn bekannt sei, daB "sie es friiher 
mit den Tatsachen nicht allzu genau genommen hat". Anders 
gesagt: Wer einmal liigt, dem glaubt man nicht... Sehr richtig, 
doch die offiziellen Historiker hiiten sich wohlweislich, die- 
sen MaBstab an ihre Augenzeugen anzulegen! Um beim 
Thema Auschwitz zu bleiben: Man darf mit Sicherheit und 
ohne jede Furcht vor Widerlegung behaupten, daB keiner von 
ihnen - jawohl, keiner - die Wahrheit iiber die Verbren- 
nungsofen von Birkenau gesagt hat, sondern daB alle - ja- 
wohl, alle - schamlos iiber die Funktionsweise und Kapazitat 
dieser Ofen gelogen haben. Ihre Aussagen enthalten teilweise 
die wahnwitzigsten Absurditaten: Dov Paisikovic gab die 
Verbrennungsdauer einer Leiche mit vier Minuten (!) an; 19 
Stanislaw Jankowski alias Alter Feinsilber behauptete, man 
habe in einer Muffel zwolf Leichen gleichzeitig einaschern 
konnen; 20 Miklos Nyiszli bezifferte die Kapazitat de Bir- 
kenauer Krematorien auf 20.000 Leichen pro Tag 21 ! 
Beim Zitieren von Dokumenten begehen die beiden Autoren 
grobe Fahrlassigkeiten. In einem Werk von 312 Seiten, das 
nicht bloB vorgibt, samtliche Argumente samtlicher Revisio- 
nisten zu widerlegen, sondern dariiber hinaus noch zu bewei- 
sen, daB der behauptete Holocaust tatsachlich stattgefunden 
hat, verlassen sich die Autoren bezuglich der Zeugenaussa- 
gen auBer in ein paar wenigen Fallen stets auf Quellen aus 
zweiter Hand, und dasselbe gilt auch fur die Dokumente. 
Insgesamt fiihren die beiden Verfasser genau 4 (in Worten: 
vier) Dokumente an! 

Da ihre eigenen zehn methodischen Gebote sie zur sorgfalti- 
gen Uberpriifung ihrer Quellen anhalten, muBte man eigent- 
lich annehmen, daB Shermer und Grobman bei den von ihnen 
zitierten Dokumenten zumindest die Richtigkeit der Quellen- 
verweise nachgepruft haben - doch weit gefehlt! 
Auf S. 107 erwahnen sie im Zusammenhang mit der soge- 
nannten "Aktion 1005" (auf die ich in Kapitel III, Absatz 3 
zuruckkommen werde) den SS-Standartenfuhrer Paul Blobel 
und zitieren (in FuBnote 20 auf S. 272) das Niirnberger Do- 
kument PS-3197. Der richtige Quellenverweis lautet aber 
NO-3947, beeidigte Erklarung Blobels vom 18. Juni 1947. 
Auf S. 175 schreiben die beiden Verfasser: 

"Am 26. November 1945, beim ersten Niirnberger Prozefi, 
trat der Nazi-Arzt Dr. Wilhelm Hoettel [sic] in den Zeugen- 
stand. " 
Tatsache ist jedoch, daB Wilhelm Hottl beim Niirnberger 
ProzeB nie als Zeuge aufgetreten ist; die Autoren deuten ein 
einfaches "Affidavit" vom 26. November 1945 (Dokument 
PS-2738, von Shermer und Grobman in FuBnote 5 auf S. 277 
erwahnt) falschlicherweise als "Zeugenaussage". 
Auf S. 186 geben die Verfasser einen Auszug aus einer Rede 
wieder, die Generalgouverneur Hans Frank am 7. Oktober 
1940 gehalten haben soil, wobei sie als Quelle das Dokument 
PS-3363 anfiihren (FuBnote 28 auf S. 278). Doch in Wirklich- 
keit hielt Frank diese Rede (auf die ich in Absatz 7/1 des drit- 
ten Kapitels noch zuruckkomme) am 20. Dezember 1940, und 
die korrekte Bezeichnung des Dokuments lautet PS-2233. 
SchlieBlich zitieren die Autoren auf S. 194 einen von Himm- 
ler zu Handen Hitlers verfaBten Bericht vom 29. Dezember 
1942 mit der Quellenangabe "N.D. 1120, prosecution exhibit 
237" (FuBnote 47 auf S. 279); richtig ware NO-51 1. 



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Wir sehen also, wie es Shermer und Grobman mit dem von 

ihnen selbst proklamierten Gebot halten, einem Historiker 

obliege die Uberpriifung seiner Quellen! 

Als Beweis dafiir, daB die Revisionisten den vierten ihrer me- 

thodischen zehn Punkte miBachteten, beschworen die beiden 

Verfasser 

"die ausgekliigelten Verschworungstheorien der Leugner 
daruber, wie die Juden die Holocaust-Geschichte zwecks 
Erpressung von deutschen Wiedergutmachungsleistungen 
sowie zur Erreichung amerikanischer Unterstutzung fur Is- 
rael ausgeheckt hdtten. " (S. 249) 
Schon vorher haben Shermer und Grobman behauptet, "eini- 
ge Leugner" sprachen von 

"einer zionistischen Verschworung zur Ubertreibung der 
Leiden der Juden wahrend des Krieges, um den Staat Isra- 
el durch Kriegsreparationen zu finanzieren. " (S. 106) 
Selbstverstandlich gabe sich kein revisionistischer Historiker 
dazu her, einen solchen Unfug zu unterschreiben. Als Beleg 
fur dieses unsinnige Ammenmarchen verweisen die Autoren 
in einer FuBnote auf 

"Paul Rassinier, Debunking the Genocide Myth: A Study 
of the Nazi Concentration Camps and the Alleged Extermi- 
nation of European Jewry (Los Angeles, Noontide Press, 
1978). " (FuBnote 13 auf S. 271) 
Die betreffende Seite wird nicht angegeben, weil diese Mar 
nicht von Rassinier, sondern von den beiden Autoren selber 
stammt. Sie haben namlich den Sinn eines Abschnitts aus 
dem von Pierre Hofstetter stammenden Vorwort zu Rassini- 
ers Buch bewuBt entstellt. Hofstetter schrieb, das "ganze zio- 
nistische Establishment" habe den Staat Israel auf dem "My- 
thos der sechs Millionen aufgebaut"; 22 den Zionisten wird al- 
so vorgeworfen, diesen Mythos ausgebeutet und nicht ge- 
schaffen zu haben! 

Noch unehrlicher springen Shermer und Grobman mit R. 
Faurisson um. Auf S. 100 schreiben sie: 

"In einer Publikation aus dem Jahre 1987 behauptete er 
[...], der britische Holocaust-Historiker Martin Gilbert ha- 
be die Grofie einer Gaskammer falsch angegeben, um sie 
mit einem Augenzeugenbericht bezilglich der Anzahl der an 
einem bestimmten Tag vergasten Juden in Ubereinklang zu 
bringen. Faurisson berilcksichtigte die einfache Tatsache 
nicht, dafi sich Augenzeugen bei der Schilderung von Ein- 
zelheiten ohne bose Absichten irren konnen (im vorliegen- 
den Fall liegt vermutlich eine Ubertreibung vor) und Gil- 
berts Quelle vielleicht unrichtig war. " 
Dies, so die Verfasser, sei ein "Schnitzer" Faurissons gewe- 
sen. Uberpriifen wir den Fall nun anhand der methodischen 
Rezepte der beiden Autoren selbst: 

In seinem Bericht vom 6. Mai 1945 schrieb Kurt Gerstein, in 
einer 25 Quadratmeter und 45 Kubikmeter groBen Gaskam- 
mer 23 seien 700 bis 800 Menschen zusammengepfercht wor- 
den, also 28 bis 32 pro Quadratmeter! Martin Gilbert hatte 
diesen Abschnitt in einem 1979 erschienenen Buch wie folgt 
wiedergegeben: 24 

"Etwa sieben- bis achthundert Menschen auf einer Flache 
von ungefahr 100 Quadratmetern. " 
Somit hat Gilbert bei der Angabe der Flache der "Gaskam- 
mer" keineswegs eine "unrichtige Quelle" korrekt zitiert, 
sondern den Inhalt des verwendeten Dokuments verfalscht, 
weil er dessen Absurditat erkannte! Shermer und Grobman 
haben also, um ihren auf Faurisson gemiinzten Ausdruck zu 
verwenden, selbst gleich zwei "Schnitzer" begangen, indem 
sie erstens die von Gilbert verwendete Quelle nicht uberpruft 



und zweitens behauptet haben, er habe lediglich in gutem 
Glauben falsche Angaben eines Augenzeugen wiederholt. 
Lesen wir weiter: 

"Einen ahnlichen Schnitzer beging er [Faurisson] bei seiner 
Analyse des beriihmten Gerstein-Dokuments. Kurt Gerstein 
war ein SS-Offizier, der mit der Bestellung von Zyklon-B so- 
wohl zu Entlausungszwecken als auch zur Menschentotung 
beauftragt war. Ehe er nach dem Krieg in Gefangenschaft 
umkam, bezeugte er die Verwendung des Pestizids zum 
Zweck des Massenmordes. Faurisson und andere haben 
nach internen Unstimmigkeiten in seinem Gestdndnis ge- 
sucht, indem sie beispielsweise geltend machten, die angege- 
bene Zahl von Opfern hatte nicht in den Gaskammern unter- 
gebracht werden konnen. Es stellte sich heraus, dafi Fauris- 
son seinen Schdtzungen die Zahl von Menschen zugrunde 
legte, die bequem in einem Untergrundbahnwagen unterge- 
bracht werden konnen, andere (darunter auch Leugner) ha- 
ben seine Schdtzungen seither widerlegt. " (S. 5f.) 
Als Quelle wird hier Pierre Vidal-Naquets Buch Assassins of 
Memory (1992, S. 65-74) angegeben (FuBnote 65 auf S. 
266). In Wirklichkeit fmdet sich bei Vidal-Naquet keine Spur 
von dieser Geschichte, die sich Shermer und Grobman 
schlicht und einfach aus den Fingern gesogen haben. Die 
beiden Tropfe haben noch nicht einmal gemerkt, daB sich 
dieser von ihnen begangene "Schnitzer" auf denselben Ab- 
schnitt desselben Dokuments bezieht wie ihr vorhergehendes 
Zitat! 1st man iibrigens wirklich auf einen Vergleich mit ei- 
nem Untergrundbahnwagen angewiesen, um zu beweisen, 
daB in der angeblichen Gaskammer ganz unmoglich 28 bis 32 
Menschen auf einem Quadratmeter zusammengepfercht wer- 
den konnten? M. Gilbert sowie der (ebenfalls jiidische) Hi- 
storiker Leon Poliakov haben die Abwegigkeit des Ganzen 
instinktiv begriffen und darum auch die von Gerstein gelie- 
ferten Angaben verfalscht wiedergegeben. 25 
Doch nicht nur auf hermeneutischem Feld schlagen die Me- 
thoden der Antirevisionisten wissenschaftlichen Gepflogen- 
heiten formlich ins Gesicht. Hierzu zwei Beispiele, auf die 
uns Shermer und Grobman dankenswerterweise selbst auf- 
merksam machen. Sie berichten, der revisionistische US- 
Historiker Mark Weber sei am 27. Februar 1993 

"zum Opfer einer Desinformationsoperation des Simon 
Wiesenthal Center geworden, bei welcher sich der For- 
scher Yaaron Svoray unter dem Pseudonym Ron Furey in 
einem Cafe mit Mark Weber traf um iiber The Right Way 
zu diskutieren, eine Zeitschrift, die eigens darum gegriindet 
worden war, um Neonazis dazu zu verleiten, sich zu erken- 
nen zu geben. " (S. 46f.) 
Das prestigetrachtige Wiesenthal-Zentrum greift also zu den 
Mitteln des Betrugs und der Luge! Ein gar wundersamer Zu- 
fall will es nun, daB einer unserer beiden Autoren, Alex 
Grobman, "Begrunder und Herausgeber des Simon Wiesen- 
thal Center Annual" ist, wie man auf dem Umschlag des 
Buchs lesen kann! 

Der zweite Fall betrifft den judischen Ex-Revisionisten Da- 
vid Cole. 1997 veroffentlichte ein Robert J. Newman auf der 
Website der beruchtigten Jewish Defence League eine An- 
zeige mit dem Titel "David Cole: Monstruous Traitor" (Da- 
vid Cole: Monstroser Verrater), die wie eine auf Cole ausge- 
setzte Kopfpramie formuliert war. Der Anvisierte begriff sehr 
gut, in welcher Gefahr er schwebte ("es wurde ihm angst und 
bange um sein Leben und er furchtete, jemand werde ihn aus- 
findig machen und niederschieBen"), und widerrief seine re- 
visionistischen Ansichten eilends (S. 72f). 26 



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Zur Luge und dem Betrug kommen also auch noch Drohun- 
gen hinzu! 

Zweiter Teil: Die "konvergierenden 
Beweise" ftir die Gaskammern 

1. Die sechs Kategorien "konvergierender Beweise" 

In ihrem sechsten Kapitel, das sich hauptsachlich mit Au- 
schwitz, jedoch auch mit Majdanek und Mauthausen ausein- 
andersetzt, schicken die Autoren sich an, zu "beweisen, daB 
Gaskammern und Krematorien zum Volkermord benutzt 
wurden" (S. 126). Sie legen sechs Kategorien von Beweisen 
vor, die ihrer Ansicht nach "in ihrer Gesamtheit auf eine Er- 
hartung dieser SchluBfolgerung hinauslaufen" (S. 128). 
Nehmen wir diese "Beweise" nun unter die Lupe: 

"1. Schriftliche Dokumente - Bestellungen fur Zyklon-B 
(der Firmenname fur Zyanidwasserstoffgas, das aufKugel- 
chen aus poroser Erde adsorbiert ist), architektonische 
Baupldne und Bestellungen von Baumaterial zur Errich- 
tung von Gaskammern und Krematorien; 

2. Zyklon-B-Gas-Spuren [sic!] an den Wanden der Gas- 
kammern in mehreren Lagern; 

3. Augenzeugenberichte - Erzahlungen von Uberlebenden, 
Tagebiicher jiidischer Sonderkommandoangehoriger sowie 
Gestdndnisse von Wdchtern und Kommandanten; 

4. Bodenaufnahmen — nicht nur solche der Lager, sondern 
auch solche von brennenden Leichen (heimlich hergestellte 
und aus Auschwitz geschmuggelte Fotografien); 

5. Luftaufnahmen, aufdenen zu sehen ist, wie Haftlinge auf 
die Gebdude mit den Gaskammern/Krematorien zu getrie- 
ben werden, und die mit den Bodenaufnahmen uberein- 
stimmen sowie die Struktur der Gaskammern und Krema- 
torien erkennen lassen; 

6. Die heute noch existierenden Ruinen der Lager, im Licht 
der oben erwdhnten Beweisquellen untersucht. " (S. 127f.) 

Ehe ich diese angeblichen konvergierenden Beweise beziig- 
lich der Lager Auschwitz, Majdanek und Mauthausen Punkt 
fur Punkt in alien Einzelheiten widerlege, sei es mir gestattet, 
einige Klarungen allgemeiner Natur hinsichtlich ihrer Natur 
und ihres Wertes vorzunehmen. 

Zu den Zyklon-B-Bestellungen machen die beiden Verfasser 
keine naheren Angaben. Sie beschranken sich darauf, auf S. 
133 den Satz "Bestellungen fur Zyklon-B-Gas" zu wiederho- 
len, und schon ist ein "konvergierender Beweis" herbeige- 
zaubert! Doch selbst wenn sie das Argument deutlicher for- 
muliert hatten (was ihre Fahigkeiten offenbar iiberstieg), wa- 
re dieser "Beweis" dennoch nichts weiter als eine hochkara- 
tige Eselei. Zyklon-B wurde unbestrittenermaBen in alien 
deutschen Konzentrationslagern zur Entwesung eingesetzt - 
wie kann man da aus den Bestellungen dieses Pestizids fol- 
gern, es sei zur Menschentotung verwendet worden? Um bei- 
spielsweise nochmals auf Kurt Gerstein zuruckzukommen, 
der "in die Bestellung von Zyklon-B-Gas verwickelt war" (S. 
59), so gibt es zwolf auf seinen Namen ausgestellte Rech- 
nungen seitens der Degesch (Deutsche Gesellschaft fur 
Schadlingsbekampfung), aus denen hervorgeht, daB er vom 
16. Februar bis zum 31. Mai 1944 2.370 Kilo Zyklon-B be- 
stellt hatte, von denen jeweils 1.185 kg - also die Halfte - fiir 
Auschwitz und Oranienburg bestimmt waren. 27 Fiir Oranien- 
burg (Sachsenhausen) wird von niemandem eine Massento- 
tung in Gaskammern mittels Zyklon-B geltend gemacht - wie 
kann man also Zyklon-B -Lieferungen nach Auschwitz als 



Beweis fiir einen Massenmord betrachten? 
Auch beziiglich der "architektonischen Bauplane und Bestel- 
lungen von Baumaterial zur Herstellung von Gaskammern 
und Krematorien" (damit wird unterstellt, es gebe Dokumen- 
te tiber den Bau von Menschentotungsgaskammern, was 
falsch ist) fliichten sich unsere beiden Verfasser in beredtes 
Schweigen. Uber die Krematoriumsofen verfiigen wir freilich 
eine hochst umfangreiche Dokumentation, doch nicht iiber 
einen einzigen Beweis dafiir, daB sie zur Einascherung der 
Leichen Vergaster gedient hatten. Die vorhandene Dokumen- 
tation belegt geradezu das genaue Gegenteil: Weder die 
Kokslieferungen noch die Benutzungsdauer des Schamott- 
mauerwerks der Muffeln hatten die Verbrennung einer An- 
zahl von Leichen ermoglicht, die wesentlich iiber derjenigen 
eines natiirlichen Todes gestorbener Haftlinge gelegen hat- 
te. Dies ist einer der konvergierenden Beweise fur die 
Nichtexistenz von Menschentotungsgaskammern - was 
Shermer und Grobman selbstverstandlich verschweigen. 
Auf die "Zyklon-B-Gas-Spuren" komme ich an spaterer Stel- 
le noch zu sprechen. 

Ich habe bereits anhand etlicher Beispiele veranschaulicht, 
wie die offizielle Geschichtsschreibung die "Konvergenz" 
der Zeugenaussagen schafft. Sie tut dies in erster Linie da- 
durch, daB sie einzelne Auszuge aus den Augenzeugenbe- 
richten extrapoliert und augenscheinliche Ungereimtheiten, 
die in diesen zutage treten und laut Punkt 2 der von Shermer 
und Grobman verkiindeten methodischen zehn Gebote deren 
Glaubwiirdigkeit zunichte machen, einfach unter den Tisch 
kehrt. Zweitens verschweigen sie, daB sich die Zeugenaussa- 
gen beziiglich zentraler Punkte aufs krasseste widersprechen. 
Im Zusammenhang mit den "Verbrennungsgruben" werden 
wir schon bald auf einen weiteren Fall dieser falschen "Kon- 
vergenz" stoBen. 

Die "Bodenaufnahmen", auch jene, welche "brennende Lei- 
chen" zeigen, liefern auch nicht die Spur eines Beweises fiir 
die behauptete Massentotung in Gaskammern, denn es gab in 
Birkenau durchaus Freiluftverbrennungen, wenn die Krema- 
torien zeitweilig auBer Betrieb waren oder wenn es an Koks 
zu deren Heizung fehlte, was ich schon an anderer Stelle dar- 
gelegt habe. 29 Es ist kein Zufall, daB die beiden Verfasser 
auch diesen "Beweis" nicht weiter verfolgen. 
Auf die Luftaufnahmen gehe ich spater ein. 
Was zu guter Letzt die "heute noch existierenden Ruinen der 
Lager" betrifft, so beweisen diese hinsichtlich der angebli- 
chen Menschenvergasungen rein gar nichts. DaB sich Sher- 
mer und Grobman in diesem Punkt durch ganz besonders 
krasse Unwissenheit auszeichnen, verbessert ihre Position in 
keiner Hinsicht. 

Gehen wir nach diesen Bemerkungen nun zu jenen "Bewei- 
sen" iiber, welche die beiden Verfasser immerhin mit Argu- 
menten zu untermauern versuchen. 

2. Die Gaskammern von Auschwitz 

2.1. Die "Zyklon-B-Spuren" 

Die Diskussion der "Beweise" beginnt mit einem Paragra- 
phen namens "Zyklon-B-Spuren" (S. 129). Wie bereits mehr- 
fach betont, ist dieser Ausdruck sinnlos und beweist, daB 
Shermer und Grobman in dieser Frage selbst mit den elemen- 
tarsten Begriffen nicht vertraut sind. Selbstverstandlich sind 
die "Zyklon-B-Spuren" in Wirklichkeit Zyanidspuren, also 
etwas ganz anderes. Auf diesem Gebiet ist die unbestrittene - 
nicht nur revisionistische - Autoritat Germar Rudolf, von Be- 
ruf Chemiker und Verfasser einer sorgfaltigen wissenschaft- 



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lichen Expertise iiber die "Gaskammern" von Auschwitz. 
In diesem Gutachten behandelt er die Struktur der Entwe- 
sungsanlagen in Auschwitz (Kapitel 1), die Bildung und Sta- 
bilitat von Eisenblau (PreuBisch Blau, Eisen-Cyanoferrat, 
Kapitel 2) sowie die Prozedur der Blausaureentwesung (Ka- 
pitel 3). Rudolf hat auBerdem dem Mauerwerk der Blausau- 
reentwesungskammern sowie der angeblichen Menschento- 
tungsgaskammern von Birkenau eine Anzahl von Proben 
entnommen, deren Analyse ergab, daB jene aus den Entwe- 
sungskammern bis zu 13.500 mg/kg, jene aus einer vermeint- 
lichen Hinrichtungsgaskammer (Leichenkeller 1 des Krema- 
torium II) jedoch nur bis zu 6,7 mg/kg Cyanid enthielten. 
Diese Ergebnisse werden - zusammen mit jenen der zuvor 
durchgefuhrten chemischen Gutachten - in Kapitel 6 vorge- 
legt. Nach seinen SchluBfolgerungen (Kapitel 6) prasentiert 
Rudolfs Studie eine umfassende Kritik der Gegenexpertisen, 
die von den Anhangern der These von den Menschento- 
tungsgaskammern erstellt worden sind (ebenfalls Kapitel 6). 
Shermer und Grobman erledigen diese fundamentale Studie 
mit ein paar nichtssagenden Spriichen und bringen es sogar 
noch fertig, den Namen des Verfassers "Rudolph" zu schrei- 
ben. Sie standen vor dem Dilemma, zwischen einer friiheren, 
in mancher Hinsicht unbestreitbar fragwiirdigen Studie (jener 
Fred Leuchters) und einer weit bedeutsameren, wissenschaft- 
lich zweifelsfrei wertvollen wahlen zu mussen, und sie ent- 
schieden sich dafiir, sich auf die erste einzuschieBen und die 
zweite fast ganz totzuschweigen. Somit haben sie eine Selek- 
tion vorgenommen, die ihrer Ausgangsthese forderlich war. 
Doch selbst bei der Erorterung des Leuchter-Gutachtens trei- 
ben die von den beiden Verfassern angefiihrten Argumente 
jeden die Wande hoch, der in dieser Frage auch nur ein Min- 
destmaB an Sachkenntnis besitzt. So liest man auf S. 131: 
"Faurisson verweist darauf, dafi es in gewohnlichen, mit 
Blausdure entwesten Gebduden ebenso Zyklon-B-Spuren 
gibt wie in den Gaskammern; er folgert daraus, dafi Zy- 
klon-B-Spuren keinen Beweis fiir die Existenz von Men- 
schentotungsgaskammern liefern. Laut dem Apotheker und 
Fachmann fiir Vernichtungslager Jean-Claude Pressac er- 
gibt Faurissons Argumentation aber keinen Sinn, weil Ge- 
bdude und Leichenhallen normalerweise mit Antiseptika 
desinfiziert werden, ob diese nun fest (Kalk, Kalkchlorid), 
flussig (Bleichmittel, Kresol) oder gasformig (Formalde- 
hyd, Schwefelanhydrid) sind" (Hervorhebung von mir) 
Wenn hier etwas "keinen Sinn ergibt", dann ist es ein solches 
Argument, weil Faurisson zwar von "Desinfektionsgaskam- 
mern" sprach, aber eindeutig "Blausaureentwesungsgaskam- 
mern" meinte. Der "Gegenbeweis" der offiziellen Historiker 
beruht also auf einem banalen terminologischen Unterschied! 
Eine solche Argumentation ist schon darum unehrlich, weil 
auch in Danuta Czechs Kalendarium fiir Zyklon-B-Entwesung 
falschlich der Begriff "Desinfektion" (start Enrwesung) ge- 
braucht wird, 31 ohne daB es einem der offiziellen Historiker 
einfiele, daraus zu folgern, daB dies "keinen Sinn ergibt". 

2.2. Die angebliche Loslichkeit von Eisenblau 
Auf S. 132 behaupten die beiden Verfasser, die Ruinen der 
angeblichen Menschentotungsgaskammern seien "den Ele- 
menten mehr als ein halbes Jahrhundert lang schutzlos preis- 
gegeben gewesen" und unterstellen somit, das auf ihren 
Mauern vorhandene Eisenblau habe sich aufgelost. Sie ver- 
weisen anschlieBend auf ein Argument David Coles, der 
" einrdumt, dafi die bestehenden Ruinen den Elementen 
ausgesetzt waren, jedoch die Frage aufwirft, weshalb im- 



mer noch blaue Zyklon-B-Flecken auf der Aufienwand der 
Ziegelsteingaskammer von Majdanek vorhanden sind, ge- 
gen welche die Nazis entweste Decken und Kleider schlu- 
gen, um die Gasriickstdnde zu entfernen. " (S. 132) 
Shermer und Grobman kommentieren: 

"Hdtten diese blauen Flecken nicht wie in Auschwitz von 
der Witterung weggewaschen werden mussen? Seine Frage 
tont vernunftig, doch als wir Majdanek aufsuchten, konnten 
wir sehen, dafi die Blaufdrbung an der Aufienseite der Zie- 
gel nur sehr schwach ist. Aufierdem hat ein uberhdngendes 
Dach die Ziegel vor Regen und Schnee geschutzt, so dafi 
die Ziegel in Majdanek der Witterung weit weniger ausge- 
setzt waren als der ungeschiltzte Schutt in Auschwitz" (S. 
132) 
Nun stimmt es durchaus, daB die Eisenblauspuren an den 
AuBenmauern der beiden Entwesungskammern innerhalb der 
Baracke "Bad und Desinfektion I" von Majdanek nur 
schwach zu sehen sind, doch daB die Deutschen zwecks Ent- 
fernung der Gasriickstande Kleider und Decken gegen diese 
Mauer geschlagen haben sollen, ist falsch. Auf dieses Thema 
komme ich noch zuriick. Zudem trifft keineswegs zu, daB die 
betreffende Mauer jahrzehntelang, wie die Autoren unterstel- 
len, denn sonst ware das Argument allzu fadenscheinig, von 
einem iiberhangenden Dach geschutzt worden ist. Dieses 
Dach befand sich namlich bereits zum Zeitpunkt der Befrei- 
ung des Lagers (Juli 1944) im Zustand des Abbruchs; die 
Mauer war schon damals den Unbilden der Witterung ausge- 
setzt 33 und ist es bis heute geblieben. 

Am befremdlichsten ist an der Antwort der beiden Verfasser 
aber nicht so sehr das, was sie sagen, sondern das, was sie 
verschweigen - die Tatsache namlich, daB in Birkenau, nur 
etwas iiber 300 m von den Ruinen der Krematorien II und III 
entfernt, die beiden AuBenwande (Nord und Siid) der Entwe- 
sungskammer des Bauwerk 5b groBe und intensive Eisen- 
blauflecken aufweisen (in geringerem Umfang trifft dies auch 
auf die Mauern der Entwesungskammer des Bauwerk 5a zu). 
Diese Mauern sind seit jeher vollstandig der Witterung aus- 
gesetzt. Darauf hat schon Jean-Claude Pressac hingewiesen 
und die Flecken fotografiert. 34 G Rudolfs umfangreiche Be- 
weisfuhrung der auBerordentlichen Witterungsresistenz von 
Eisenblau schlieBlich wird ebenso totgeschwiegen. 35 Shermer 
und Grobman vertuschen also nicht nur gezielt jene Beweise, 
die ihre Behauptungen widerlegen, sondern versuchen, letzte- 
re mit Scheinbeweisen zu untermauern. 

3. Verschwundene Ttiren und "Schlosser" 

Auf S. 132 greifen die Verfasser ihrer Behandlung der an- 
geblichen Menschentotungsgaskammer von Mauthausen vor; 
sie schreiben: 

"Wenn eine Frage oder Aussage keinerlei Bezug zur Reali- 
tdt hat, wird sie schlicht und einfach zum rhetorischen 
Kunstgriff und erfordert keine Antwort. Man nehme — um 
ein weiteres Beispiel anzufiihren - etwa Coles Behauptung, 
die Tur der Gaskammer von Mauthausen lasse sich nicht 
abschliefien. Es trifft zwar zu, dafi sich die heutige Tiir 
nicht abschliefien Idfit, doch ist dies nicht von Belong, weil 
es sich nicht um die Originaltur handelt. Um dies zu ermit- 
teln, brauchten wir nichts weiter zu tun, als zufragen. " 
36 Seiten spater erlautern sie, die "Originaltiir der Gaskam- 
mer" befinde sich heutzutage "in einem Museum" (S. 168). 
Welches Museum dies aber sein soil, und welcher dokumen- 
tarische Beweis dafiir vorliegt, daB ein solches angebliches 
Museums-Exponat denn wirklich im Kriege in Mauthausen 



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an der behaupteten Stelle installiert war, dazu machen Sher- 
mer und Grobman keine Angaben. 

Somit ist die Tiir der Gaskammer nicht die ursprungliche: 
diese befmdet sich ja "in einem Museum", und um dies zu 
wissen, reicht es, zu "fragen". Wie man sieht, berufen sich 
die beiden Verfasser, die sich so viele Gedanken iiber die 
Zuverlassigkeit der von den Revisionisten angefiihrten Quel- 
len machen, hier auf Informationen, deren Glaubwiirdigkeit 
iiber jeden Zweifel erhaben ist... 

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daB die 
Herren Shermer und Grobman mit keiner sonderlich guten 
Beobachtungsgabe gesegnet sind. Sie haben zwar die "Gas- 
kammer" von Mauthausen besucht und auch eine von ihnen 
selbst hergestellte Aufnahme dieses Raums veroffentlicht, je- 
doch die Kleinigkeit iibersehen, daB der Raum zwei Tiiren 
besitzt - was ergibt es da fur einen Sinn, zu behaupten, "die 
Tiir" (Singular) der Gaskammer sei nicht die ursprungliche? 
Ein pragnanteres Beispiel fur eine "Aussage, die keinerlei 
Bezug zur Realitat hat" und deshalb "schlicht und einfach 
zum rhetorischen Kunstgriff wird", kann man sich schwerlich 
vorstellen! Im vorliegenden Fall enthiillt dieser "Kunstgriff 
die krasse Unwissenheit der beiden Verfasser (wie iibrigens 
auch jene David Coles): Alle drei wahnen namlich, eine Gas- 
kammer sei mit einem "SchloB" ausgestattet. In Wirklichkeit 
wurden gasdichte Tiiren mit Hebeln geschlossen, welche mit 
Einspurungen versehen waren und sich auf ins Metallwerk 
der Tiiren eingeschweiBten Platten befanden. Dies kann man 
am Beispiel samtlicher Entwesungskammern in Majdanek 
klar und deutlich erkennen. Auch Shermer und Grobman ha- 
ben diese Vorrichtungen gesehen und sogar fotografiert (Foto 
29 auf S. 167), jedoch offenbar nicht kapiert, was sie da fo- 
tografierten. 

4. Die "Rekonstruktion" des Krematorium I von 
Auschwitz 

Immer noch auf S. 132 schreiben die Verfasser: 

"Wie verhdlt es sich nun mit den von Cole, Leuchter und 
Faurisson angefiihrten 'Beweisen ', beispielsweise ihrer 
'Erkenntnis ', da/3 die Zyklon-B-Riickstdnde in der Gas- 
kammer des Krematoriums I in Auschwitz (dem Stammla- 
ger, das auf dem Geldnde einer polnischen Kaserne errich- 
tet worden war) nicht hoch genug seien, um sich mit einer 
Massenvernichtung vereinbaren zu lassen? Bezeichnen- 
derweise unterlassen sie in ihren Schriften den Hinweis 
darauf dafi dieses Gebdude rekonstruiert worden ist, wo- 
bei man sowohl Originalmaterial als auch Material von 
anderen Gebduden verwendete. Wer weifi, was sie bei ih- 
ren Nachforschungen tatsdchlich 'untersucht' haben? " 
Hier greifen die Autoren zu einer direkten Luge. Jeder, der 
die Geschichte von Auschwitz einigermaBen kennt, weiB 
namlich, daB das Krematorium I nie abgerissen und folglich 
auch nie rekonstruiert worden ist. Die von Shermer und 
Grobman angefiihrte Quelle ist das Buch von Deborah 
Dwork und Robert Jan van Pelt 36 (FuBnote 35 auf S. 275), in 
dem zwar in der Tat von einer "Rekonstruktion" des Krema- 
torium I die Rede ist, jedoch klargestellt wird, daB diese nur 
den Kamin, die beiden Verbrennungsofen und die vier Zy- 
klon-B-Einwurfluken im Dach der (angeblich als Gaskammer 
genutzten) Leichenhalle betreffe, die - so Dwork und van 
Pelt - so rekonstruiert worden seien, daB sie den Originalzu- 
stand wiedergaben (was nebenbei gesagt falsch ist). Die 
"Gaskammer" selbst ist niemals zerstort worden und bedurfte 
folglich auch keiner "Rekonstruktion". Damit man ihre Luge 



nicht allzu leicht bemerkt, haben Shermer und Grobman die 
betreffende Seite im Buch Dworks und van Pelts "irrtiimli- 
cherweise" falsch angegeben und start "Seite 364" "S. 272- 
282" geschrieben! 

5. Eine "im Originalzustand befindliche", nein, 
rekonstruierte Gaskammer! 

Die beiden Verfasser setzen dem Schwindel mit folgenden 
Ausfuhrungen die Krone auf: 

"David Cole behauptet in seinem anldfilich des Besuchs in 
Auschwitz gedrehten Videofilm dramatisch, er habe den 
Museumsdirektor dazu gebracht, zu 'gestehen', dafi die 
Gaskammer eine Rekonstruktion sei und die unwissende 
Offentlichkeit somit belogen werde. Dies ist eine fur die 
Leugner typische Ubertreibung und ideologisch motiviertes 
Hurrageschrei. Niemand in Auschwitz — von den Fiihrern 
bis zum Direktor — stellt in Abrede, dafi die dortige Gas- 
kammer eine Rekonstruktion ist. Ein Besucher braucht nur 
zu fragen. " (S. 133) 
Dies mag sogar stimmen, gilt jedoch erst fur den Zeitraum 
des Besuchs der beiden Autoren in Auschwitz (Ende der 
neunziger Jahre). 1992, als David Cole das Lager aufsuchte, 
verhielt es sich keineswegs so. Dies wissen Shermer und 
Grobman sehr wohl, denn in dem von ihnen erwahnten Vide- 
ofilm hat Cole, den Ratschlag der beiden Autoren offenbar 
vorausahnend, eine Ftihrerin namens Alicia "gefragt". Hier 
der wichtigste Teil ihres Gesprachs: 37 

"Hier, vor der Gaskammer, fragte ich Alicia nach der Au- 
thentizitat dieses Gebdudes. 

Cole: Reden wir doch einmal iiber dieses Gebdude hier. 
Alicia: Das ist ein Krematorium/eine Gaskammer. 
Cole: Handelt es sich um eine Rekonstruktion? 
Alicia: Es [das Gebaude] befindet sich im Originalzustand. 
Somit hat Alicia ganz klar festgehalten, die Gaskammer be- 
finde sich im Originalzustand. Nachdem wir das Gebaude 
betreten hatten, fragte ich speziell nach den Lochern in der 
Decke. 

Cole: Sind das die vier ursprunglichen Locher in der Decke? 

Alicia: Es ist der Originalzustand. Durch diesen Kamin 

wurde Zyklon B eingeworfen. " 

Noch 1995 erklarte Krystyna Oleksy, Angehorige der Muse- 

umsleitung, dem Journalisten Eric Conan beziiglich der an- 

geblichen Gaskammer im Krematorium I: 38 

"Momentan beldfit man sie im gegenwdrtigen Zustand und 
liefert dem Besucher keine Erkldrung. Es ist zu kompliziert. " 
Somit durften die Ftihrer den Besuchern nicht sagen, daB an 
diesem Raum bautechnische Veranderungen vorgenommen 
wurden, um den Glauben zu erwecken, es handle sich um ei- 
ne im Originalzustand befindliche Gaskammer! Wir haben es 
hier also nicht mit einer "fur die Leugner typischen Ubertrei- 
bung" zu tun, sondern mit einer fiir Shermer und Grobman 
typischen Luge. 

6. Die Dokumente 

Gehen wir als nachstes zu der angeblichen Erhartung des 
Massenmordes durch "Dokumente und Bodenaufnahmen" 
(S. 133) uber. 

Die Autoren erwahnen (auf S. 137) den bekannten, vom 29. 
Januar 1943 stammenden Brief Bischoffs an Kammler, wobei 
sie Bischoff, den Chef der Zentralbauleitung der Waffen-SS 
und Polizei Auschwitz, zum "Sturmbannfuhrer" befordern, 
obgleich er - wie sich iibrigens diesem Brief entnehmen laBt 
- den Grad eines SS-Hauptsturmfuhrers bekleidete, und Hans 



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Kammler, den Chef der Amtsgruppe C des SS-Wirtschafts- 
verwaltungshauptamtes (WVHA), in "Heinz Kammler" um- 
taufen. 

Statt sich bei ihren Untersuchungen auf das Originaldoku- 
ment zu stutzen, verlassen sich Shermer und Grobman auf 
eine Quelle aus zweiter Hand, namlich Gerald Reitlinger 
(FuBnote 38 auf S. 275). Der im Brief auftauchende Aus- 
druck "Vergasungskeller" wurde von Reitlinger als "Men- 
schentotungsgaskammer" iibersetzt. Diese Ubersetzung hat 
Pressac als "unverantwortlich" angeprangert: 39 

"obschon 'Gaskammer ' richtig war, gab es keinen Beweis 
dafiir, dafi es sich um eine solche zur Menschentotung 
handelte. " 
Auf S. 137 schreiben die Verfasser ferner: 

"Am 6. Marz 1943 bezog sich Bischoff auf eine gasdichte 
Tur fur Krematorium III, dhnlich jener fiir Krematorium II, 
zu der ein Guckloch mit dickem Glas gehoren sollte. " 
In Wirklichkeit tragt das Originaldokument das Datum des 
31. Marz 1943. Shermer und Grobman zitieren einen Aus- 
schnitt daraus, iibersetzen aber den Ausdruck "Leichenkeller 
I" falschlicherweise mit "Keller I". Die angegebene Quelle 
(FuBnote 39 auf S. 275) ist Pressacs erstes Buch uber Au- 
schwitz, in dem die Originaldokumente abgelichtet sind. 40 
AnschlieBend kommentieren die Autoren: 

"Wozu brauchte es iiberhaupt ein Guckloch mit dickem 

Glas, wenn in diesem Raum nichts weiter getan wurde, als 

Kleider zu entlausen? Obwohl die Existenz des Gucklochs 

an und fur sich noch nichts 'beweist', ist es ein Indiz mehr 

fur die These, dafi diese Kammern zur Ermordung von 

Menschen dienten. " (S. 137) 

Diese trugerische SchluBfolgerung wird freilich durch das 

Buch, dem Shermer und Grobman das betreffende Dokument 

entnommen haben, ganz unzweideutig widerlegt. Pressac hat 

namlich die Fotografie einer gasdichten Tur der Blausaure- 

entwesungskammer im sogenannten "Kanada I" (Bauwerk 

28, "Entlausungs- und Effektenbaracke") veroffentlicht, und 

zwar mit folgendem Kommentar: 41 

"Die gasdichte Tilr der Entlausungsgaskammer von Kana- 
da I. Sie wurde von den DAW (Deutsche Ausrustungswer- 
ke) erstellt und ist sehr rudimentdr. Sie besitzt ein Guck- 
loch und einen Griff zu ihrer Of/hung. " 
Pressac prasentiert sogar eine VergroBerung dieses Guck- 
lochs. 42 Ein solches befindet sich auch in der gasdichten Tur 
der Entwesungskammer im Block 1 von Auschwitz, von der 
Pressacs Buch sechs Aufnahmen enthalt. 43 Laut den damals 
geltenden Bestimmungen war es streng verboten, eine Ent- 
wesungskammer allein zu betreten. Wer immer eine solche 
betrat, muBte von wenigstens einer zweiten Person beobach- 
tet werden, die ihm im Falle eines Ungliicks gleich zur Hilfe 
eilen konnte. Dies erklart das Vorhandensein von Gucklo- 
chern in den Tiiren der Entwesungskammern. 44 
In diesem Fall haben Shermer und Grobman also nicht bloB 
gegen ihre methodischen Gebote verstoBen, indem sie nur 
Argumente fiir und keine gegen ihre These suchten, sondern 
jene Beweise, die ihre falsche SchluBfolgerung zunichte ma- 
chen, bewuBt unter den Tisch fallen lieBen, indem sie dem 
Buch Pressacs nur gerade das entnahmen, was ihnen in den 
KrampaBte! 

7. Die "Zeugenaussagen" 

Ein weiterer "konvergierender Beweis" sind angeblich die 
"Zeugenaussagen uber Massenmorde" (S. 137). Die Verfas- 
ser berufen sich auf das beruhmte "Gestandnis" Pery Broads, 



das dieser am 13. Juli 1945 verfaBte und dem britischen Ge- 
heimdienst zur Verfugung stellte. Sie schreiben hierzu: 

"Im April 1959 trat Broad als Zeuge bei einem Prozefi ge- 
gen gefangengenommene SS-Angehorige, die in Auschwitz 
Dienst getan hatten, in den Zeugenstand; er bekannte sich 
als Autor der Denkschrift, bestdtigte deren Richtigkeit und 
widerrief nichts." (S. 137) 
Beim Frankfurter Auschwitz-ProzeB hat Broad aber ausge- 
sagt: 45 

"Ich habe 1945 einen Bericht uber Auschwitz geschrieben 
und diesen im britischen Camp Munsterlager den Engldn- 
dern ubergeben. Dort wurde eine Abschrift meines Berich- 
tes angefertigt. Ich habe mir die hier vorgelegte Fotokopie 
fliichtig angesehen. Einiges stammt von mir, einiges diirf 
ten andere erganzt haben, einiges istfalsch. " 
Nach der Lektiire des Berichts sagte Broad: 46 

"Einzelne Teile erkenne ich einwandfrei als meine Auf- 
zeichnungen wieder, aber nicht das Dokument in vollem 
Umfang. " 
Es stimmt zwar, daB Broad jene Abschnitte, in denen von 
Menschenvergasungen die Rede ist, als von ihm stammend 
anerkannt hat, 47 doch war er zu jenem ProzeB nicht als Ange- 
schuldigter, sondern als Zeuge aufgeboten worden, und hatte 
er den Mut aufgebracht zu erklaren, jene Stellen stammten 
nicht von ihm, ware er mit groBer Wahrscheinlichkeit selbst 
auf der Anklagebank gelandet. 48 

Die beiden Verfasser machen geltend, revisionistische Histo- 
riker hatten hervorgehoben, daB die Dauer einer Menschen- 
vergasung laut Broad vier Minuten, laut H6B aber zwanzig 
Minuten betragen habe, und fahren fort: 

"Aufgrund solcher Divergenzen tun die Leugner Broads 
Bericht in seiner Gesamtheit als unglaubhaft ab. " (S. 138) 
Der Grund dafiir, daB die Revisionisten Broads Bericht fur 
unglaubwiirdig halten, liegt wahrhaftig nicht nur in "solchen 
Divergenzen"! Ubrigens stufen auch ein Pierre Vidal-Naquet 
und ein Jean-Claude Pressac dieses Dokument als zweifelhaft 
ein. Ersterer schrieb: 49 

"In der Dokumentation uber Auschwitz gibt es Zeugenaus- 
sagen, die den Eindruck erwecken, ihre Urheber hatten 
sich ganz dem Sprachgebrauch der Sieger angepafit. Dies 
gilt zum Beispiel fur den SS-Mann Pery Broad, der 1945 
fur die Engldnder eine Denkschrift uber Auschwitz er stell- 
te, wo er als Angehoriger der Politischen Abteilung, also 
der Gestapo, Dienst getan hatte. Er spricht von sich selbst 
in der dritten Person. " 
Pressac meint: 50 

"Historisch gesehen ist dieser Bericht in der uns vorlie- 

genden Form trotz seiner 'wahren ' und nur allzu 'realisti- 

schen ' Atmosphare nicht beweis krdf tig, weil er von den 

Polen und fiir sie umgeschrieben und ausschliefilich von 

ihnen verbreitet worden ist. " 

Pressac fuhrt anschlieBend aus, das Auschwitz-Museum sei 

nicht im Besitz des Originaldokuments, von dem man nicht 

wisse, wo es sich befinde. In seinem zweiten Buch schreibt 

Pressac: 51 

"[Broad] ergibt sich im Mai [1945] den Briten und stellt 
sich in ihre Dienste. Aus der Erinnerung verfafit er einen 
Bericht, dessen eigenartige Formulierung ihm wahrschein- 
lich von einem Polen aus London angeraten wurde, mit 
dem er im Munsterlager Kontakt hatte. Er denunziert alle 
anderen, um die eigene Haut zu retten, und tritt in den 
Prozessen von Nurnberg und Hamburg ebenso wie in dem 
gegen Bruno Tesch als Zeuge auf. " 



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Folglich stiitzen sich Shermer und Grobman, die - mit Fug 
und Recht - von den Revisionisten eine Uberpriifung der 
Glaubwiirdigkeit ihrer Quellen fordern, auf ein Dokument, 
dessen Original kein Mensch je zu Gesicht bekommen hat, 
dessen Ton eine polnische Handschrift verrat und von dem 
der Verfasser selbst gesagt hat, es stamme nur teilweise von 
ihm! So etwas verstehen die beiden Autoren unter einer 
"glaubwiirdigen Quelle"! 

Als "konvergierenden Beweis" fiihren sie anschlieBend die 
"Gestandnisse" des ersten Auschwitz-Kommandanten Rudolf 
HoB an. Sie schreiben: 52 

"Hofi machte seine Aussage am 5. April 1946. Wahr- 
scheinlich kannte er die Denkschrift Perry Broads nicht 
(und dieser die Aussage von Hofi ebensowenig). " (S. 139, 
Hervorhebung von mir.) 
AnschlieBend fiihren sie aus: 

"Nachdem Hofi schuldig gesprochen und zum Tode verur- 
teilt worden war, verfafite er ein 250 Seiten starkes Manu- 
skript, welches sowohl seine friihere Zeugenaussage als 
auch die Angaben Broads bestatigt. " (S. 139) 
In Wirklichkeit wurde das Urteil im HoB-ProzeB am 2. April 
1947 gefallt, und er wurde zwei Wochen darauf, am 16. 
April, hingerichtet. Seine Aufzeichnungen aus dem Krakauer 
Gefangnis stammen aus dem Zeitraum vom November 1946 
bis zum Februar 1947. Es ist schlicht und einfach unglaub- 
lich, daB Shermer und Grobman selbst iiber dermaBen ele- 
mentare Fakten nicht Bescheid wissen. AuBerdem "verges- 
sen" sie, darauf hinzuweisen, daB HoB bereits gegenuber den 
Briten ein erstes "Gestandnis" abgelegt hatte, das er dann in 
polnischer Haft wie folgt kommentierte: 53 

"Unter schlagenden Beweisen kam meine erste Verneh- 
mung zustande. Was in dem Protokoll drin steht, weifi ich 
nicht, obwohl ich es unterschrieben habe. Doch Alkohol 
und Peitsche waren auch filr mich zuviel. " 
Martin Broszat, Herausgeber der HoB-Aufzeichnungen, ver- 
merkt in einer FuBnote: 54 

"Es handelt sich um ein 8seitiges, maschinenschriftliches 
Protokoll, das Hofi am 14.3.1946 2,30 Uhr unterschrieb (= 
Nilrnbg. Dok: NO-1210). Inhaltlich weicht es nirgends er- 
sichtlich von dem ab, was Hofi spdter in Nurnberg oder in 
Krakau aussagte bzw. niederschrieb. " 
Dementsprechend ist das erste "Gestandnis" des Rudolf HoB, 
in dem alle wesentlichen Elemente seiner folgenden "Ge- 
standnisse" bereits enthalten sind, von den Briten verfaBt 
worden, die ihn verhorten! 

Auch ein weiteres entscheidendes Argument gegen ihre Thesen 
haben Shermer und Grobman anzufuhren "vergessen" - die 
Tatsache namlich, daB HoB von den Briten gefoltert worden ist. 
Daran kann heute kein Zweifel mehr bestehen: 55 Der Leiter des 
Folterteams, Bernard Clarke, hat sich ausdriicklich zu seiner 
Tat bekannt, und Jean-Claude Pressac sowie der ehemalige 
Spiegel-Redakteur Fritj of Meyer haben die Folterung von HoB 
als historische Tatsache akzeptiert. Pressac schrieb: 56 

"Im Marz 1946 wird er von den Englandern festgenommen 
mehrmals heftig verprugelt und kommt nur knapp mit dem 
Leben davon. " 
F. Meyer formulierte denselben Sachverhalt wie folgt: 57 
"Nach drei Tagen Schlafentzug, gefoltert, nach jeder Ant- 
wort verprugelt, nackt und zwangsweise alkoholisiert [...]" 
Zu guter Letzt fiihren die Autoren noch das Tagebuch von 
Dr. Johann Paul Kremer an (S. 139), obgleich die von diesem 
erwahnten "Sonderaktionen", wie ich schon friiher dargelegt 
habe, 58 nichts mit Ausrottungsaktionen zu tun hatten. Sie ma- 



chen geltend, Dr. Kremer habe "im Dezember 1947 in Kra- 
kau beim ProzeB gegen die Lagermannschaft von Auschwitz" 
klargestellt, daB unter einer "Sonderaktion" eine Menschen- 
vergasung zu verstehen gewesen sei, und zitieren darauf ei- 
nen Auszug aus seinem Verhor, das freilich nicht "im De- 
zember" 1947 stattgefunden hat, sondern am 18. August. 
Die Gleichsetzung von "Sonderaktion" mit "Menschenverga- 
sung" war - was Shermer und Grobman angesichts ihrer Un- 
kenntnis der Thematik bestimmt nicht wissen, so daB man ih- 
nen hier kaum boswilliges Verschweigen unterstellen darf - 
bereits in der Anklageschrift beim ProzeB gegen die Lager- 
mannschaft von Auschwitz vollzogen worden, in der die 
Staatsanwaltschaft des Obersten Volksgerichtes von War- 
schau schrieb: 59 

"Wahrend seines kurzen Aufenthalts in Auschwitz wohnte 
der Angeklagte Kremer vierzehnmal Totungen (Vergasun- 
gen) bei. Zwischen dem 2. und dem 28. September [1942] 
nahm er an neun solchen 'Sonderaktionen ' teil. " 
Hatte Dr. Kremer unter diesen Umstanden Widerspruch ein- 
gelegt, so ware er als unverbesserlicher Nazikriegsverbrecher 
eingestuft und hingerichtet worden. Er zog es also vor, der 
Staatsanwaltschaft nicht zu widersprechen, und dieser Strate- 
gic war auch Erfolg beschieden: Zwar wurde er zum Tode 
verurteilt (schlieBlich hatte er an der "Selektion" von Haft- 
lingen mitgewirkt), doch wurde das Todesurteil dann in eine 
lebenslange Freiheitsstrafe umgewandelt, und 1958 wurde er 
aus der Haft entlassen. 

Shermer und Grobman gelangen zu folgender erstaunlicher 
SchluBfolgerung: 

"Die Konvergenz der Aussagen von Broad, Hofi und Kre- 
mer ist ein zusdtzlicher Beweis daf'ur, dafi die Nazis Gas- 
kammern und Krematorien zur Massenvernichtung ver- 
wendet haben. " (S. 140) 
Ein vom britischen Geheimdienst sowie den Polen verfaBter 
oder zumindest umgemodelter Bericht, dessen Original kein 
Mensch je zu Gesicht bekommen hat, vom britischen Ge- 
heimdienst formulierte und mittels Folter erzwungene "Ge- 
standnisse" sowie von einer polnischen Staatsanwaltschaft 
von vornherein fur "nachgewiesen" erklarte Behauptungen, 
die ein Angeklagter dann aus opportunistischen Griinden be- 
statigte, stellen fur Shermer und Grobman also "konvergie- 
rende Beweise" dar! Unwissenschaftlicher kann man wohl 
kaum argumentieren. 

Beziiglich der "Konvergenz" der Darlegungen von Broad 
und HoB behaupten die beiden Autoren, die revisionistischen 
Historiker rangen 

"immer noch mit dem Problem, zu erklaren, warum die 
beiden Aussagen so genau ilbereinstimmen. " (S. 139) 
Ganz abgesehen davon, daB es mit der "genauen Uberein- 
stimmung" nicht weit her ist, ringen die Revisionisten durch- 
aus nicht mit dem "Problem", zu erklaren, warum sowohl 
Broad als auch HoB von einer Massenvernichtung durch Gas 
gesprochen haben. Schon wahrend des Krieges kannte der 
britische Geheimdienst die von verschiedenen polnischen 
Widerstandsbewegungen verbreiteten phantastischen Berich- 
te, welche von den Widerstandlern an die in London residie- 
rende polnische Exilregierung weitergeleitet wurden. In der 
letzten Phase des Krieges oder unmittelbar nach dessen Ende 
wurden in mehreren Landern "Kommissionen zur Untersu- 
chung der nazistischen Kriegsverbrechen" aus der Taufe ge- 
hoben, welche die verschiedenen Zeugenaussagen sammelten 
und systematisch klassifizierten. Damals nahm die Geschich- 
te von der "Todesfabrik" Auschwitz Konturen an. 



144 



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Am 7. Mai 1945 veroffentlichte die sowjetische Untersu- 
chungskommission fur das Lager Auschwitz in der Prawda 
einen Bericht, der unter dem Titel "The Oswiecim Murder 
Camp" am selben Tag in englischer Ubersetzung erschien. 60 
Selbstverstandlich kannte der britische Geheimdienst diese 
Quelle und wuBten demnach recht genau, was die gefangen- 
genommenen SS-Leute, die in Auschwitz stationiert gewesen 
waren, zu "gestehen" hatten. Dies ist der Grund fur die 
"Konvergenz" der Zeugenaussagen von Broad und H6B be- 
ziiglich der angeblichen Menschenvergasungen in Au- 
schwitz! 

8. Die Luftaufnahmen 

Als nachstes gehen Shermer und Grobman auf die Luftauf- 
nahmen ein, die angeblich weitere Beweise fiir Massenverga- 
sungen in Auschwitz liefern. Wie bereits erwahnt, behaupten 
sie, diese Aufnahmen bestatigten "die Struktur der Gaskam- 
mern und Krematorien". Beziiglich der Krematorien, deren 
Existenz ohnehin kein verniinftiger Mensch bestreitet, stimmt 
dies, doch ganz anders verhalt es sich mit den "Gaskammern". 
Die Autoren bilden in ihrem Buch einige Luftfotos ab, die 
ihnen zufolge eine "Konvergenz von Beweisen" fur den an- 
geblichen Massenmord darstellen, tatsachlich jedoch rein gar 
nichts beweisen. Betrachten wir die wichtigsten dieser Fotos, 
wobei wir mit Nr. 16 anfangen wollen. Shermer und Grob- 
man kommentieren sie wie folgt: 

"Diese Luftaufnahme vom 25. August 1944 lafit die Einzel- 

heiten des Krematorium II (einschliefilich des langen 

Schattens, den der Kamin wirft) sowie die angrenzende 

Gaskammer (unten Mitte, rechtwinklig zum Krematorium) 

erkennen. Auf dem Dach der Gaskammer beachte man die 

vier gezackten Schatten; es sind dies die Luken, durch wel- 

che — wie von Augenzeugen bekundet — die Zyklon-B- 

Kilgelchen eingeschiittet werden konnten. " (S. 145) 

Wie bereits von anderen Forschern hervorgehoben worden 

ist, 61 sind auf der Aufnahme vom 25. August 1944 die Flek- 

ken auf dem Dach des Leichenkeller 1 von Krematorium II 

drei bis vier Meter lang, und jene auf dem Dach des Leichen- 

kellers 1 von Krematorium III weisen eine Oberflache von 

mindestens drei Quadratmetern auf, wahrend die angeblichen 

Zykloneinwurfkaminchen 40 bis 50 cm hoch gewesen sein 

sollen. 62 Andererseits wirft der Kamin des Krematorium II, 

der ungefahr 16m hoch war, einen Schatten von etwa 20 Me- 

tern, so dafi die angeblichen Zykloneinwurfkaminchen einen 

solchen von ca. 60 cm hatten werfen mussen. Doch nicht ge- 

nug damit. Die Achse samtlicher Flecken verlauft in Nord- 

Siid-Richtung, wohingegen die Achse der Kaminchenschat- 

ten eine Ausrichtung in Richtung Nordost-Siidwest besitzt. 

SchlieBlich laBt die Luftaufnahme vom 31. Marz 1944 auf 

dem Dach des Leichenkellers von Krematorium II 63 einen 

einzigen Flecken erkennen, und zwar am Westrand. 64 

Die Deutung der vier Flecken als Zyklon-B-Einwurfluken 

stoBt auf dermaBen uniiberwindliche Schwierigkeiten, daB 

derjenige unter den Verfechtern des orthodoxen Auschwitz - 

Bildes, der sich am ernsthaftesten mit dieser Frage befaBt hat, 

Charles D. Provan, hierzu einraumt: 65 

"Man mag von der Echtheit dieser Flecken denken, was 
man will, doch ob sie echt sind oder nicht, man kann sie 
unmoglich als 'Luken ' deuten. " 
Gehen wir zu Luftaufnahme 17 uber (immer noch auf S. 
145). Shermer und Grobman schreiben: 

"Man beachte, dafi zwei Seiten der rechteckigen, unterirdi- 
schen Gaskammer einige Fufi uber die Erdoberfldche hin- 



ausragen, direkt unter dem Kamin des Krematorium II. Auf 
dem Gaskammerdach gibt es vier kleine Gebilde, welche 
den schattenformigen Markierungen auf den Luftfotos 
(Aufnahme 16) entsprechen. " 
Eine solche "Entsprechung" besteht freilich nur in der Phan- 
tasie der beiden Autoren. Wie Jean-Marie Boisdefeu mittels 
eines Diagramms dargelegt hat, erscheinen auf dem Dach der 
vermeintlichen Gaskammer nicht etwa vier, sondern nur drei 
Objekte (das vierte befindet sich auBerhalb des Daches), und 
alle drei liegen in der Siidhalfte der Decke, was sowohl der 
Lage der Flecken auf der Aufnahme vom 25. August 1944 
als auch den Zeugenaussagen widerspricht. 66 AuBerdem ha- 
ben diese drei Objekte jeweils verschiedene Dimensionen. 67 
Folglich kann es sich bei den drei Objekten ganz unmoglich 
um Zyklon-B-Einwurfkaminchen gehandelt haben. Diesen 
SchluB zieht auch C. D. Provan, der seinerseits ein Dia- 
gramm der Luftaufnahme gezeichnet hat; er schreibt: 68 

"Die Gegenstande sind [...] keine Giftgaskamine. " 
Aufnahme 18 auf S. 146 zeigt das Aussteigen deportierter 
ungarischer Juden aus einem Zug. Bei den Aufnahmen 19 
und 20 (S. 147f.) handelt es sich um VergroBerungen dreier 
Luftfotos, die in rascher Folge am 25. August 1944 herge- 
stellt worden sind. Die beiden kurz hintereinander aufge- 
nommenen Bilder, die zusammen Foto 19 ergeben, stehen 
auf dem Kopf! Eine Gruppe von Menschen marschiert zwi- 
schen den Bauwerken 5a und 5b (links) sowie den beiden 
diesen gegeniiberliegenden Kiichenbaracken, auf der Grenz- 
linie zwischen den Sektoren Bla und Bib (diese elementaren 
Fakten sind Shermer und Grobman freilich unbekannt). Die 
Marschkolonne uberquert die StraBe, welche in Ost-West- 
Richtung durch den Sektor BI des Lagers fiihrte, und dem- 
entsprechend mflBten die Bauwerke 5a und 5b zu ihrer Rech- 
ten und die Kiichenbaracken zu ihrer Linken liegen. Auf den 
betreffenden Fotos verhalt es sich aber umgekehrt, was be- 
deutet, daB hier oben unten ist. Aufnahme 20 laBt in drei 
Phasen drei Menschengruppen erkennen, die sich im auBer- 
sten Osten des Sektors Bla fortbewegen: Die erste befindet 
sich zwischen Baracke 27 und der Lagerumzaunung; die 
zweite schreitet auf der StraBe zwischen den Baracken 24 
und 30 (rechts) und 22-28 (links) einher; die dritte marschiert 
teils parallel zur zweiten, teils schlagt sie die Kurve rechts 
zwischen den Baracken 24 und 30 ein. Natiirlich haben 
Shermer und Grobman von alle dem keine Ahnung, und es 
ist ihrer Aufmerksamkeit entgangen, daB auch diese drei Fo- 
tos im Verhaltnis zu samtlichen Planen auf dem Kopf stehen, 
so daB die Krematorien unten liegen und der Ostzaun oben. 
All diese Aufnahmen beweisen lediglich, daB es in Birkenau 
marschierende Haftlingskolonnen gab, was niemand bestrei- 
tet. Doch interpretieren die beiden Verfasser sehr viel mehr 
in Foto 21 (S. 149)hinein: 

"Schliefilich scheint Aufnahme 21 eine Gruppe von Men- 
schen zu zeigen, die auf Krematorium V zu marschieren. 
Dies ist ein weiterer Beweis fur die Realitat der Massen- 
morde (siehe auch Aufnahme 22). " (S. 146) 
Es sei gleich darauf verwiesen, daB auch die beiden Bilder, 
die zusammen Foto 21 ergeben, im Vergleich zu den Planen 
von Birkenau auf dem Kopf stehen: Die Krematorien IV und 
V erscheinen dort unten statt oben. Noch schwerwiegender 
ist freilich, daB die Verfasser unglaublicherweise Krematori- 
um V mit Krematorium IV verwechseln! Man braucht das 
Buch nur umzudrehen, um die normale Orientierung wieder- 
herzustellen und die Krematorien IV und V oben, die Barak- 
ken des Effektenlagers ("Kanada") hingegen links zu sehen. 



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145 



Die mit einem Rechteck gekennzeichnete Zone zwischen den 
beiden Bildern zeigt eine Menschenkolonne. Diese befmdet 
sich auf der StraBe, welche das Effektenlager (links) vom 
{Crematorium IV (rechts) trennte, und zwar genau vor den 
Baracken zwei bis acht. Rechts verlief die StraBe langs eines 
Birkenhains, der westlich vom Krematorium V lag und in 
dem sich ein Loschteich befand. 

Im Gegensatz zur Auffassung der beiden Autoren liefert die- 
se Aufnahme auch nicht die Spur eines Beweises fiir die 
"Realitat des Massenmords". Hatten sie sich die Miihe ge- 
nommen, die Materie ein wenig griindlicher zu studieren, so 
wiiBten sie, daB man im sogenannten Album von Auschwitz 
Abbildungen von Menschengruppen fmdet, die in diesem 
Hain vor dem Teich Rast machen. 69 

Ich habe schon an anderer Stelle darauf verwiesen, daB die 
Hypothese, wonach diese Menschen auf ihre Vergasung war- 
ten, weit weniger begriindet ist als jene, sie befanden sich vor 
der Abreise aus dem Lager. Fiir letztere Annahme spricht 
namlich, daB sie groBe Rucksacke, Quersacke sowie Koch- 
topfe mit sich tragen. 70 

Die Anfang August 1944 nach Auschwitz deportierte italie- 
nische Jiidin Elisa Springer berichtet in ihren Erinnerungen, 
was nach dem Aussteigen des Transports in Auschwitz ge- 
schah: 

"Wir gelangten zu einem mit Gras bewachsenen Platz, vor 
einem Birkenwaldchen. Dort wies man uns an, wir sollten 
uns hinlegen, und wir blieben die ganze Nacht dort, vor 
Kalte zitternd und im Schlamm hockend. [...] Frtih morgens 
befahlen uns SS-Manner, begleitet von einigen Hdftlingen 
in gestreiften Kleidern, wir sollten flugs aufstehen und aus 
dem Wald abmarschieren. " 
AnschlieBend, so die Springer, habe Dr. Mengele eine Selek- 
tion zwecks Trennung der arbeitsfahigen Haftlinge von den 
arbeitsunfahigen durchgefuhrt, und die erstgenannte Gruppe, 
darunter auch die Erzahlerin, sei zum Baden und Entlausen in 
die Zentralsauna gefiihrt worden. 71 E. Springer behauptet 
nicht ausdrucklich, die Arbeitsuntauglichen seien "vergast" 
worden, sondern laBt dies nur durchblicken, doch dies gehort 
zu den unvermeidlichen gruseligen Ausschmuckungen sol- 
dier Zeugenaussagen, genau wie die Marchengeschichte von 
den flammenspeienden Kaminen. 72 

Abbildung 22 auf S. 150 zeigt laut den beiden Verfassern 
Krematorium V "mit den Gaskammern am hinteren Ende des 
Gebaudes", obgleich darauf in Wirklichkeit das Krematorium 
IV, von Westen her gesehen, zu erkennen ist. Sie schreiben, 
"die Gaskammern" hatten sich "am hinteren Ende des Ge- 
baudes" befunden, doch liefert die Aufnahme keinerlei Stiitze 
fiir diese Behauptung, und folglich ist der inkriminierende 
Beweiswert der Aufnahme null. 

9. Die Deutung der Luftaufnahmen 

AnschlieBend widmen die Autoren der "Deutung der 
Luftaufnahmen" (S. 150) einen Abschnitt, in dem ihre bla- 
mable Unkenntnis selbst der elementarsten Grundlagen der 
offiziellen Holocaust-Geschichtsschreibung grell zutage tritt. 
Sie behaupten, im Mai 1944, im Rahmen der Vorbereitung 
fiir die Deportation "einer halben Million Juden" nach Au- 
schwitz (die genaue Zahl der deportierten ungarischen Juden 
betrug ubrigens 437.402, von denen wenigstens 39.000 nicht 
nach Auschwitz, sondern an andere Orte gelangten 73 ), habe 
"SS-Obersturmfiihrer (Oberstleutnant) Werner Jothann" 74 un- 
ter anderem die Installierung "von [entgiiltigen] Aufzugen in 
den Krematorien II und III" angeordnet, "um die Leichen aus 



der Gaskammer in die Krematorien zu befordern" (S. 150f). 
Doch widerlegt die wichtigste Quelle, auf die sich die Ver- 
fasser stutzen, diese Behauptung eindeutig. 75 Die Luftfotos, 
schreiben sie, konnten aus folgenden Grtinden keine Beweise 
fiir die Ausrottung erbringen: 

"Die Entkleidung, Vergasung und Kremierung erfolgte 
durchwegs im Inneren der Krematorien. Die Wahrschein- 
lichkeit, dafi ein alliiertes Flugzeug gerade zu einem Zeit- 
punkt, zu dem Rauch aus den Kaminen oder aus einer Ver- 
brennungsgrube unter freiem Himmel hochstieg, das Lager 
uberflog, war sehr gering." (S. 151, Hervorhebung von 
mir.) 
Ich gestatte mir hier, das Gedachtnis unseres Autoren- 
Tandems aufzufrischen, indem ich ihnen in Erinnerung rufe, 
was einer der prominentesten Vertreter des offiziellen Au- 
schwitz-Bildes, Franciszek Piper, zur angeblichen Ausrot- 
tung der ungarischen Juden schreibt: 76 

"In der Anfangsphase der Ausrottung ungarischer Juden 
mufite Krematorium V aufgrund eines Ausfalls der Kamine 
stillgelegt werden. Als Ergebnis gelangte ein Teil der Lei- 
chen in Krematorium IV zur Einascherung. Die restlichen 
- etwa 5000 innerhalb von 24 Stunden - wurden in den 
Verbrennungsgraben des im Fruhjahr 1944 reaktivierten 
Bunkers 2 eingeaschert. " 
In noch grellerem Widerspruch zur These der beiden Verfas- 
ser stehen jedoch die Zeugenaussagen. Wahrend der Depor- 
tation der ungarischen Juden gab es im Nordhof des Krema- 
torium V laut H. Tauber fiinf Verbrennungsgruben; 77 F. Mtil- 
ler spricht ebenfalls von fiinf Gruben und gibt von zweien die 
MaBe an (40 bis 50 x 8 m), 78 wahrend sich C. S. Bendel mit 
drei Gruben von 12 x 6m GroBe begnugt 79 und M. Nyiszli 
iiberhaupt keine solchen erwahnt. Der sogenannte "Bunker 
2" war laut Miiller mit vier Gaskammern und vier Verbren- 
nungsgruben ausgestattet, 80 wohingegen M. Nyiszli schreibt, 
es habe dort zwei 50 x 6 m groBe Verbrennungsgraben gege- 
ben, in denen taglich 5.000 bis 6.000 Menschen (lebendig 
oder nach vorherigem ErschieBen) verbrannt worden seien, 
jedoch nichts von einer Gaskammer oder Gaskammern in 
diesem Bunker weiB. 81 Wiederum ein wundersames Beispiel 
fur die "Konvergenz der Beweise" nicht wahr? 
Rekapitulieren wir: Im hier zur Diskussion stehenden Zeit- 
raum mtiBten die Luftaufnahmen drei oder vier "Verbren- 
nungsgraben" in Nordhof des Krematorium V sowie zwei 
oder vier solche in der Zone des sogenannten "Bunker 2" 
(auBerhalb der Lagerumzaunung, ca. 200 m westlich der Zen- 
tralsauna) erkennen lassen. Shermer und Grobman teilen ih- 
ren Lesern mit, sie hatten sich an "Dr. Nevin Briant, Supervi- 
sor of Cartographic Applications and Image Processing 
Applications at NASA's Jet Propulsion Laboratory" gewandt 
und die Luftfotos von Birkenau mittels "digitaler Technik" 
analysieren lassen. Sie fiigen hinzu: 

"Die Negative der Aufnahmen wurden im Computer in di- 

gitale Daten umgewandelt und dann mit Softwarepro- 

grammen, wie sie die NASA fiir Luft- und Satellitenbilder 

verwendet, ausgewertet. " (S. 143) 

Doch trotz dieses ausgefeilten technischen Vorgehens verlie- 

ren die Verfasser kein Wort iiber das Vorhandensein groBerer 

Verbrennungsgraben auf den Luftaufnahmen, wahrend ihnen 

die Bilder, auf denen man marschierende Haftlinge sieht, 

gleich sieben VergroBerungen wert waren! Der Grund liegt 

natiirlich darin, daB die NASA-Experten keine Spur dieser 

Graben entdecken konnten; anderenfalls hatten Shermer und 

Grobman diese Entdeckung freudig ausgeschlachtet und als 



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"konvergierenden Beweis" fiir die behauptete Massenausrot- 
tung von Menschen in Auschwitz vorgelegt! 
In Wirklichkeit kann man auf der Aufnahme vom 3 1 . Mai 
1944 wohl eine rauchende Flache sehen, und zwar tatsachlich 
im Nordhof des {Crematorium V, doch nur eine einzige, und 
dazu noch eine mit einer Oberflache von ganzen 40 bis 50 
Quadratmetern, was dementsprechend von einem wesentlich 
kleineren Feuer stammen mufi! Wie ich in meinem bereits 
erwahnten zweiten Artikel gegen John C. Zimmerman fest- 
halte, miifiten aber, wenn die Behauptung von der Massen- 
vernichtung ungarischer Juden in Birkenau der Wahrheit ent- 
sprache, auf dem Foto vom 31. Mai 1944 angesichts der Un- 
moglichkeit, die Leichen in den Krematoriumsofen einzu- 
aschern, Verbrennungsgraben mit einer Gesamtflache von 
7.200 und nicht von einigen Quadratmetern existiert haben. 
Es ist nur allzu klar, aus welchem Grund Shermer und Grob- 
man die Frage nach den "Verbrennungsgruben" uberhaupt 
nicht anschneiden. Die Kleinheit der rauchenden Zone im 
Nordhof des {Crematorium V kann den Spezialisten von der 
NASA unter gar keinen Umstanden entgangen sein, und die 
Luftaufnahmen vom 31. Mai 1944 widerlegen nicht nur die 
Zeugenaussagen, sondern mit diesen gleich die objektive 
Realitat einer Massenausrottung ungarischer Juden. 
Schenkt man der offiziellen Geschichtsschreibung Glauben, 
so trafen vom 16. bis zum 31. Mai in Auschwitz wenigstens 
184.000 ungarische Juden ein, von denen ca. 167.400, oder 
91%, binnen sechzehn Tagen vergast und verbrannt worden 
sein sollen, also im Schnitt rund 10.500 taglich. 82 Die gering- 
ste Tageszahl von Ankommlingen (rund 9.050), sei am 30. 
Mai zu verzeichnen gewesen, und von diesen habe man un- 
gefahr 8.200 vergast und verbrannt. 29 

Shermer und Grobman, welche diese Angaben nicht kennen 
- oder so tun, als kennten sie sie nicht -, behaupten unter Be- 
rufung auf Danuta Czechs Kalendarium, am 3 1 . Mai sei ein 
einziger Judentransport in Auschwitz eingetroffen, aus dem 
100 Personen zur Arbeit ausgesondert und die anderen ver- 
gast worden seien; sie fugen hinzu: 

"Fiir diesen Tag wissen wir nicht, wieviele Juden in den 
Gaskammern getotet wurden, zu welcher Zeit sie getotet 
wurden, und ob sie an diesem Tag oder am ndchsten kre- 
miert worden sind. " (S. 152) 
Hier "vergessen" sie den zweiten Transport mit ungarischen 
Juden, der laut dem Kalendarium am selben Tag eintraf und 
aus dem 2.000 Deportierte in den Lagerbestand aufgenom- 
men, die anderen jedoch "in den Gaskammern getotet" wor- 
den sein sollen. 83 

Um all diese Widerspriiche aus der Welt zu schaffen, ziehen 
sie folgende Erklarung an den Haaren herbei: 

"Es wird berichtet, zwischen dem 16. und dem 31. Mai ha- 
be die SS achtundachtzig Pfund Gold und Weifimetall aus 
kunstlichen Zdhnen gewonnen; somit ist es moglich, daft 
die Leichen nicht vor dem Abschluft dieses Prozesses ver- 
brannt wurden, also bei den am 31. Mai Angekommenen 
nach diesem Datum. " (S. 152) 
Einen Hinweis auf die Quelle dieser Behauptung bleiben die 
beiden Autoren schuldig, und zwar mit gutem Grund. Sie ha- 
ben die "Information" namlich einem Artikel entnommen, 
der in einem Standardwerk der orthodoxen Auschwitz- 
Literatur figuriert; dort heifit es: 84 

"Nach einem zu Beginn der Ausrottung ungarischer Juden 
im Mai 1944 aus dem Lager geschmuggelten Geheimbe- 
richt hatte die SS 40 kg (80 Pfund) Gold und 'WeiftmetalV 
(vermutlich Platin) beschlagnahmt. " 



Dafi diese - durch kein Dokument belegte - angebliche Aus- 
beute an Edelmetallen "zwischen dem 16. und dem 31. Mai" 
angefallen sein soil, ist eine willkurliche Behauptung der Ver- 
fasser. Flatten sie getreu ihren eigenen zehn Geboten der Me- 
thoden ihre Quelle uberpruft, hatten sie gewufit, dafi der betref- 
fende Bericht auf den 15. Juni 1944 datiert ist und sich auf den 
Zeitraum vom 25. Mai bis zum 15. Juni jenes Jahres bezieht. 85 
Shermer und Grobman haben also vergeblich in die Trick- 
kiste gegriffen. Doch selbst wenn die Geschichte von dem 
aus kunstlichen Zahnen gewonnenen Gold und Weifimetall 
zutrafe und diese Ausbeute wirklich in den von den beiden 
Verfassern angegebenen Zeitraum fiele: wie konnte man aus 
dem Ziehen der Goldzahne ernsthaft folgern, die Leichen der 
Opfer seien bis zum 3 1 . Mai nicht verbrannt worden? Es be- 
darf schon einer verquerten Logik, um zu argumentieren, die 
Leichen hatten nach erfolgter Ziehung der Goldzahne nicht 
fortlaufend eingeaschert werden konnen. Genau dies wird in 
der offiziellen Geschichtsschreibung denn auch geltend ge- 
macht. 86 Angesichts solcher logischen Bocksprunge kann es 
wirklich nur Heiterkeit hervorrufen, wenn Shermer und 
Grobman fur sich in Anspruch nehmen, sich an die "aner- 
kannten Regeln der Vernunft" gehalten zu haben... 
Gemafi den vorhandenen Dokumenten sind vom 28. bis zum 
31. Mai 33.187 ungarische Juden deportiert worden. Diese 
Ziffer stellt die Differenz zwischen den 217.236 bis zum 31. 
Mai Deportierten 87 sowie den 184.049 bis zum 28. Mai Ver- 
schleppten dar. 88 

Wie ich anderswo dargelegt habe, 89 bestehen fur den Zeit- 
raum, der uns hier interessiert, zwei Moglichkeiten: Entweder 
trafen am 30. Mai rund 12.900 Juden ein und am 31. Mai ca. 
9.050, oder es verhalt sich umgekehrt. Der fiir die These der 
Verfasser giinstigste Fall lage dann vor, wenn am 31. Mai 
9.050 Juden eingetroffen und von diesen (9.050x0,91=) ca. 
8.200 vergast und verbrannt worden waren. Da die Maximal- 
kapazitat der Birkenauer Krematorien unter der Annahme, es 
hatten sich unter den Leichnamen auch Kinderleichen befun- 
den, ca. 1.040 Leichen pro 24 Stunden betrug, 90 liefe dies 
darauf hinaus, dafi am 30. Mai (12.900x0,91=) ca. 11.700 
Juden ermordet und rund 10.700 davon unter freiem Himmel 
verbrannt worden waren. Da bis zum 28. Mai 184.000 unga- 
rische Juden deportiert worden waren, hatte man laut der of- 
fiziellen Geschichtsschreibung innerhalb eines Zeitraums von 
16 Tagen (184.049x0,91=) ca. 167.500 davon vergast und 
von diesen (1.040x16=) ca. 16.600 in den Krematorien ein- 
geaschert, wahrend die restlichen (167.500 - 16.600 =) ca. 
150.900 Leichname unter freiem Himmel zur Verbrennung 
gelangt sein mussen, also ungefahr 9.400 pro Tag. 
F. Miiller behauptet, in einer Grube von 320 Quadratmeter 
Oberflache und 2 Meter Tiefe seien jeweils 1.200 Leichen in 
drei Schichten verbrannt worden. 91 Diese Behauptung ist 
zwar ganzlich abwegig - erstens, weil der Grundwasserspie- 
gel weniger als zwei Meter unter der Erdoberflache lag, 92 und 
zweitens, weil dieses System technisch nicht funktioniert hat- 
te (die beiden oberen Schichten hatten die Luftzufuhr zur un- 
tersten Schicht blockiert) -, aber nehmen wir einmal fur ei- 
nen Augenblick an, das Ganze habe sich tatsachlich so zuge- 
tragen. Dann hatte es zur durchschnittlichen Verbrennung 
von 9.400 Leichen taglich einer brennenden Flache von etwa 
(9.400x320^1.200=) 2.500 Quadratmetern bedurft! 
Werfen wir nochmals einen Blick auf die Luftaufnahme vom 
31. Mai 1944. Ware die Geschichte von der Vernichtung der 
ungarischen Juden in Birkenau wahr, so miifite das Luftbild 
zwangslaufig folgendes erkennen lassen: 



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- Mindestens 2.500 Quadratmeter groBe "Verbrennungsgru- 
ben." 

- Wenigstens 5.000 Kubikmeter Aushub aus den - nach den 
Zeugenaussagen 2 m tiefen Gruben. 93 

- Eine Mindestmenge von 1.800 Tonnen Holz zur Verbren- 
nung von 9.500 Leichen 94 am 31. Mai, von der in den Ta- 
gen zuvor angefallenen Holzasche ganz zu schweigen. 

Doch was sieht man auf diesen Luftaufnahmen wirklich? 
Nach den eigenen Darlegungen der beiden Verfasser nichts 
weiter als im Lager marschierende Haftlingskolonnen; ferner 
erkennt man eine rauchende Flache von 40 bis 50 Quadrat- 
metern, tiber die sie wohlweislich den Schleier der Ver- 
schwiegenheit breiten, weil sie ftinfzigmal kleiner als von 
den Zeugen bekundet und gar tiber hundertachtzigmal kleiner 
ist, als zur Verbrennung einer so gewaltigen Zahl von Lei- 
chen erforderlich gewesen ware. 

Wir haben hier wahrhaftig eine markante "Konvergenz von 
Beweisen" vor uns - allerdings von solchen, die gegen die 
behaupteten Ausrottungsaktionen sprechen und die folglich 
beiden Verfassern zu peinlich sind, um erwahnt zu werden. 
Zu schlechter Letzt servieren uns Shermer und Grobman auf 
S. 159 noch die Fotografie einer Sektion der Eisenbetondek- 
ke des Leichenkellers 1 (also der angeblichen Gaskammer) 
im Krematorium II von Birkenau und bemerken dazu: 

"Das vorhandene Loch in den Uberresten der Gaskammer 

mag eine der Offnungen sein, durch welche die SS-Manner 

Zyklon-B-Gaskugelchen einschiitteten. " 

Wie ich jedoch in einer gesonderten Studie nachgewiesen 

habe, hat dieses Loch nichts mit den angeblichen Zyklon-B- 

Einwurfluken zu tun, die niemals existiert haben. 95 

10. Der Himmler-Besuch in Auschwitz 

Ftihren wir uns zum AbschluB dieses Abschnitts noch einen 
weiteren imaginaren "konvergierenden Beweis" zu Gemtite, 
den uns die Herren Shermer und Grobman feilbieten: 

"Die Vergasungen begannen 1941, und Himmler wohnte 
am 18. Juli 1942 erstmals einer Vergasung bei. " (S. 150) 
Wieder einmal ein klassisches Beispiel daftir, wie sich die 
Verfechter des orthodoxen Holocaust-Bildes gegenseitig zi- 
tieren! Die Behauptung, wonach Himmler am 18. Juli 1942 
eine Vergasungsaktion beobachtet haben soil, beruht einzig 
und allein auf dem "Zeugnis" des Rudolf HoB, von dem wir 
bereits gesehen haben, unter welchen Umstanden es zustande 
kam und welchen Wert es besitzt. Shermer und Grobman 
verlangen - durchaus zu Recht! - von den revisionistischen 
Geschichtsforschern, diese mtiBten ihre Quellen verifizieren 
und nach Beweisen suchen, die gegen ihre Thesen sprachen, 
doch weder sie noch irgendein anderer Vertreter der offiziel- 
len Geschichtswissenschaft ist je auf den Gedanken verfallen, 
die von HoB in einem polnischen Gefangnis gemachten An- 
gaben kritisch zu tiberprtifen: SchlieBlich sind seine Aussa- 
gen der Sache des Holocaust, die all diesen Historikern am 
Herzen liegt, dienlich, und darum ertibrigen sich kritische 
Fragen. Freilich gibt es mehrere Dokumente - angefangen 
bei Himmlers eigenem Tagebuch -, welche eine einwandfreie 
Klarung dieses Problems gestatten. Tatsache ist, daB Himm- 
ler nicht nur keiner Menschenvergasung beigewohnt hat, 
sondern dies nicht einmal hatte tun konnen, weil die Ktirze 
seines Besuchs in Auschwitz die Moglichkeit seiner Anwe- 
senheit bei der Ankunft von Judentransporten sowie den an- 
geblichen Menschenvergasungen von vorne herein aus- 
schloB. 96 

Fortsetzung folgt. 



Anmerkungen 

Aus dem Italienischen tibersetzt von Jiirgen Graf. 

I University of California, Berkeley, Los Angeles, London, 2000; als Ta- 
schenbuch 2002 erschienen. Bei Zitaten aus diesem Buch begniige ich 
mich im folgenden stets mit der Angabe der Seitennummer. 

Siehe Kapitel I. 

3 Der seltsam anmutende Untertitel findet seine Erklamng darin, daB die 
italienische Antirevisionistin Valentina Pisanty, mit deren Buch 

L 'irritante questione delle camere a gas sich Mattogno in dieser Studie 
auseinandersetzt, Marchenforscherin und Spezialistin auf dem Gebiet der 
Erforschung und Deutung der Geschichte von Rotkappchen ist. 

4 Beide Artikel sind auf der Website www.russgranata.com einsehbar. 
Schon vor dem Erscheinen meiner zweiten Antwort hat J.C. Zimmerman 
ein Buch mit dem Titel Holocaust Denial. Demographics, Testimonies 
and Ideologies (University Press of America, Lanham, New York, Ox- 
ford, 2000) verfaBt, in dem er sich damit begniigte, die fadenscheinigen 
Argumente seiner beiden friiheren Artikel aufzugreifen, ohne auch nur 
mit einem Wort auf meine Antwort einzugehen. 

Vgl. hierzu P. Rassinier, La menzogna di Ulisse. Graphos, Genova 1996, 
pp. 153-256. (Das franzosische Original erschien 1950 unter dem Titel Le 
mensonge d'Ulysse (Die Luge des Odysseus), Anmerkung des Uberset- 
zers.) 

7 Z.B. Georges Wellers "Les chambres a gas ont existe" (Gallimard, Paris 
1981) und der Sammelband Nationalsozialistische Massentotungen durch 
Giftgas, S. Fischer Verlag, Frankfurt/Main 1983. 

G. Reitlinger, The Final Solution. The Attempt to Exterminate the Jews of 
Europe 1939-1945. Vallentine, Mitchell, London 1953, 1965, S. 150-152. 
Deutsche Ausgabe: Die Endlosung. Hitlers Versuch der Ausrottung der 
Juden Europas 1939-1945. Colloquium Verlag, Berlin 1992, S. 167f. 
Trial of Josef Kramer and Forty-four Others (The Belsen Trial), edited 
by Raymond Philips. William Hodge and Company Limited, London- 
Edinbourgh-Glasgow 1946, S. 66-78. 

10 Dieser vollkommen phantastische Bericht enthalt eine Schilderung der 
Krematorien II und III von Birkenau mitsamt einer dazugehorigen Zeich- 
nung, die von Erfmdungen nur so strotzt. Vrba und Wetzler stellen die 
angebliche Gaskammer (den halbunterirdischen Leichenkeller 1 ) als auf 
gleicher Hbhe wie der Ofenraum liegend dar und verbinden sie mit einem 
Schmalspurgleis, das in Wirklichkeit nie existiert hat. AuBerdem finden 
sich auf ihrer Zeichnung neun um den Kamin herum angeordnete Ofen, 
wahrend die Krematorien II und III tatsachlich funf nebeneinanderste- 
hende Dreimuffelofen besaBen. Die Zeichnung des Vrba-Wetzler- 
Berichts sowie einen wirklichkeitsgetreuen Plan der Krematorien findet 
man in meiner Studie Olocausto: dilettanti alio sharaglio, Edizioni di Ar, 
Padova 1996, S. 293f. 

II Vgl. hierzu meine Studie Auschwitz: due false testimonianze, Edizioni La 
Sfmge, Parma 1986, S 19-25. 

12 Dieser Ausdruck ist nicht dokumentarisch nachweisbar. Kein bekanntes 
Dokument bezeichnet das Personal der Krematorien als Sonderkomman- 
do. Hingegen gab es in Birkenau wenigstens 1 1 "Sonderkommandos" die 
nichts mit den Krematorien zu tun hatten. Vgl. hierzu meine Studie Son- 
derhehandlung in Auschwitz. Entstehung und Bedeutung eines Begriffs. 
Castle Hill Publishers, Hastings, GroBbritannien, 2003, S. 1 18-120. 

13 M. Nyiszli, Im Jenseits der Menschlichkeit. Ein Gerichtsmediziner in Au- 
schwitz. Dietz Verlag, Berlin 1992, S. 34-35. Im ungarischen Originaltext 
heiBt es: "...ez a terem olyan nagysdgu, mint a vetkezoterem" ("dieser 
Saal ist ebenso groB wie der Auskleideraum"), d.h. er war 200 m lang. 
(Dr. Mengele boncoloorvosa voltam az auschwitz-i krematoriumban. Co- 
pyright by Dr. Nyiszli Miklos, Oradea, Nagyvarad, 1946, S. 34) In der 
deutschen Version wird dieser Satz falschlicherweise so ilbersetzt: ". . .in 
den nachsten, ebenfalls hell erleuchteten Raum". 

14 NI-11593, S. 2 und 4. 

13 Vgl. Olocausto: dilettanti a convegno, Effepi, Genova 2002, 51. 
1 "Medico ad Auschwitz": anatomia di unfalso. Edizioni La Sfinge, Parma 
1988. 

17 Siehe hierzu meine Schrift Auschwitz: un caso di plagio. Edizioni La 
Sfinge, Parma 1986. 

18 Siehe hierzu meinen Artikel "Keine Locher, keine Gaskammer(n)". Hi- 
storisch-technische Studie zur Frage der Zyklon B-Einwurflocher in der 
Decke des Leichenkellers I im Krematorium II von Birkenau", in: VffG, 
6(3), 2002, S. 292f. und 30 If. 

19 Rijksinstituut voor Oorlogsdocumentatie, Amsterdam, c[21]96 : ("die 
Leichen verbrannten in etwa 4 Minuten"); vgl. L. Poliakov, Auschwitz. 
Julliard, Paris 1964, S. 162. 

■ Inmitten des grauenvollen Verhrechens. Handschriften von Mitgliedern 
des Sonderkommandos . Verlag des Staatlichen Auschwitz-Birkenau Mu- 
seum, 1996, p. 37 ("in einer dieser Offnungen konnten 12 Leichen Platz 



148 



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finden"). 

M. Nyiszli, aaO. (Anm. 13), S. 39 ("Taglich gehen 20000 Menschen 
durch die Gaskammern und die Einascherungsofen"). 
Den betreffenden Text findet man auf der Website 
http://aaargh.vho.org/engl/RassArch/PRdebunk/PRdebunkIntro.html 
PS-2170, S. 5. 

M. Gilbert, Finaljourney: The Fate of the Jews in Nazi Europe, London 
1979, S. 91. 

Auch L. Poliakov hat sich einer Betriigerei schuldig gemacht, indem er 
die 25 Quadratmeter des Originals in 93 Quadratmeter umfalschte. Brevi- 
aire de la haine, Calmann-Levy, Paris 1979, S. 223. 
Siehe www.codoh.com/cole/Traitor_amer.html sowie M. Shermer, "Uber 
den Abfall eines jiidischen Revisionisten", VffG 3(2) (1999), S. 192-194. 
PS-1553. 

Vgl. dazu C. Mattogno, F. Deana, "The Crematoria Ovens of Auschwitz 
and Birkenau", in: Germar Rudolf (Hg.), Dissecting the Holocaust. The 
Growing Critique of "Truth " and "Memory ", 2. Aufl., Theses and Dis- 
sertations Press, Chicago 2003, S. 373-412. 

Siehe hierzu meinen Artikel "Supplementary Response to John C. Zim- 
merman on his 'Body disposal at Auschwitz'" auf der mir gewidmeten 
Sektion der Website www.russgranata.com 

Riidiger Kammerer, Armin Solms (Hg), Das Rudolf Gutachten. Gutach- 
ten uber die Bildung und Nachweisharkeit von Cyanidverbindungen in 
den "Gaskammern " von Auschwitz, Cromwell Press, London 1993. Er- 
weiterte und korrigierte Ausgabe: Das Rudolf Gutachten. Gutachten uber 
die "Gaskammern " von Auschwitz. Castle Hill Publishers, Hastings 
2001: nochmals aktualisiert auf Englisch: The Rudolf Report. Expert Re- 
port on Chemical and Technical Aspects of the 'Gas Chambers ' of Au- 
schwitz, Theses & Dissertations Press, Chicago 2003. 
Siehe hierzu meine bereits erwahnte Studie Olocausto: ..., aaO. (Anm. 
10), S. 154f. 

Dementsprechend haben also die Desinfektoren entlauste Decken und 
Kleidungsstticke gegen die AuBenmauern der beiden Gaskammern ge- 
schlagen, damit sich die Zyanidriickstande rascher verfliichtigten; dies 
soil der Grund fur die Eisenblauflecken sein! 

Vgl. hierzu das Fotoalbum "Majdanek", .Krajowa Agencja Wydawnicza, 
Lublin 1985, Fotografie 67. 

J.-C. Pressac, Auschwitz: Technique and operation of the gas chambers. 
The Beate Klarsfeld Foundation, New York 1989, S. 59f. 
Das Rudolf Gutachten, 2001, aaO. (Anm. 30), S. 1 1 1-1 14. 
Auschwitz 1270 to the present.W .W . Norton & Company. New York- 
London, 1996. 

David Cole Interviews Dr. Franciszek Piper, Director, Auschwitz State 
Museum. Transcript © 1992 David Cole & Bradley Smith 
http://jeffsarchive.com/David Cole Visits Auschwitz/Davis Cole Inter- 
views Dr. Franciszek Piper.html 

E. Conan, Auschwitz: la memoire du mal, in: "L'Express", 19. Januar 
1995, S. 57. Text abrufbar bei: 
http://www.fpp.co.uk/Auschwitz/docs/Conan.html. 
J.-C. Pressac, Auschwitz:..., aaO. (Anm. 34), S. 503. 
Ebenda, S. 452f. 
Ebenda, S. 46. 
Ebenda, Foto 15. 
Ebenda, S. 28-29. 

Dienstanweisung fiir die Bedienung der Blausdure-Entwesungskammer 
im K.L.M. Unterkunft Gusen. Offentliches Denkmal und Museum Maut- 
hausen. Archiv, M9a/1. 

H. Langbein, Der Auschwitz-Prozefi. Eine Dokumentation. Europa Ver- 
lag, Wien 1965, S. 537. 
Ebenda, S. 539. 
Ebenda. 

Wahrend der Ermittlungen wurde P. Broad von mehreren Zeugen aufs 
schwerste belastet, Verbrechen begangen zu haben, jedoch wurde er - 
dank seiner Aussage? - nicht angeklagt; vgl. G. Rudolf, "Aus den Akten 
des Frankfurter Auschwitz-Prozesses, Teil 5", VffG (3&4) (2003), S. 465- 
470; ders., "...Teil 6", VffG, 8(1) (2004), S. 1 14-1 18; vgl. ebenso Teil 7 
in diesem Band, S. ???. 

P. Vidal-Naquet, Gli assassini della memoria. Editori Riuniti, Roma 
1993, S. 27. 

J.-C. Pressac, Auschwitz: ..., aaO. (Anm. 34), S. 162. 
J.-C. Pressac, Die Krematorien von Auschwitz. Die Technik des Massen- 
mordes. Piper Verlag, Miinchen 1994, S. 174. 

Wie in aller Welt hatte Broad, der seine Aussagen im Jahre 1 945 machte, 
bloB das von Rudolf HoB im Jahr danach abgelegte Gestandnis kennen 
konnen? - Anmerkung des Ubersetzers. 

Kommandant in Auschwitz. Autobiographische Aufzeichnungen des Ru- 
dolf Hofi. Herausgegeben von Martin Broszat, DTV, Miinchen 1981, S. 



149. 

Ebenda, Anmerkung 1 . 

R. Faurisson, Comment les Britanniques ont obtenu les aveux de Rudolf 
Hoss, commandant d Auschwitz, in: "Annales d'Histoire Revisionniste", 
n. 1, 1987, S. 137-152. 

J.-C. Pressac, Die Krematorien von Auschwitz, aaO., S. 173. 
F. Meyer, Die Zahl der Opfer von Auschwitz. Neue Erkenntnisse durch 
neue Archivfunde, in: "Osteuropa. Zeitschrift fiir Gegenwartsfragen des 
Ostens", Nr. 5, Mai 2002, S. 639. 

Sonderbehandlung in Auschwitz, aaO. (Anm. 12), S. 87-101. 
GARF (Gosudarstvenni Archiv Rossiskoi Federatsii: Staatsarchiv der 
Russischen Federation), Moskau, 7021-108-39, S. 67. 
M. Gilbert, Auschwitz & the Allies. The politics of rescue. Arrow Books 
Limited, London 1984, S. 338. 

Ernst Gauss (= G. Rudolf), Vorlesungen uber Zeitgeschichte. Strittige 
Fragen im Kreuzverhor. Grabert Verlag, Tubingen 1993, S. 104-107. 
Jean-Marie Boisdefeu, La controverse sur I 'extermination des Juifspar 
les Allemands . Vrij Historisch Onderzoek, Antwerpen 1996, Band I, S. 
162-165. 

J.-C. Pressac, Auschwitz:..., aaO. (Anm. 34), S. 253. 
Mission: 60 PRS/462 SQ. Exposure : 3056. Can : D 1508, 31 Mai 1942, 
NA. 

Vgl. dazu meinen Artikel "Keine Locher...", aaO. (Anm. 18), S. 284-304. 
Die Luftaufnahme vom 31. Mai 1944 befindet sich dort auf S. 287. Auf 
den Seiten 287-288 nehme ich eine Analyse der Luftbilder vor. 
CD. Provan, No Holes? No Holocaust? A Study of the Holes in the Roof 
of Leichenkeller 1 of Krematorium 2 at Birkenau, Zimmer Printing, 410 
West Main Street, Monongahela, PA 15063. © 2000 by Charles D. Pro- 
van., S. 13. 

J.-M. Boisdefeu, aaO. (Anm. 61), S. 166-170. 
Vgl. G. Rudolf, 2001 , aaO. (Anm. ), S. 79. 
CD. Provan, aaO. (Anm. 65), S. 33. Siehe auch S. 18. 
L Album d Auschwitz. Editions du Seuil, Paris 1983, S. 194, 198-203. 
Vgl. dazu meinen Artikel "Die Deportation ungarischer Juden von Mai 
bis Juli 1944. Eine provisorische Bilanz", in: VffG, 5(4) (2001), S. 388- 
389. 

E. Springer, II silenzio del vivi. Marsilio, Venezia 1997, S. 67-70. 

Siehe dazu das Unterkapitel "Una testimone dell 'ultima ora: Elisa Sprin- 
ger", in: Olocausto: dilettanti a convegno, aaO. (Anm. 15 ), S. 138f. 
Vgl. dazu allgemein C. Mattogno, "Die Deportation...," aaO. (Anm. 70), 
S. 381-395. 

SS-Obersturmfiihrer (was dem Grad eines Oberleutnants und nicht dem 
eines Oberstleutnants entspricht) Werner Jothann war seit dem 1 . Oktober 
1943 als Nachfolger von SS-Sturmbannfuhrer Karl Bischoff Chef der 
Zentralbauleitung von Auschwitz. 

Jothanns "Dringendes Telegramm" vom 12.5. 1944 lautet: "Montage der 
2 Aufztige kann jetzt nicht [sic!] erfolgen."; J.-C. Pressac, Le macchine 
dello sterminio. Auschwitz 1941-1945, Feltrinelli Editore, Milano 1994, 
S. 100. 

F. Piper, "Gas Chambers and Crematoria", in: Y. Gutman/M. Berenbaum 
Editors, Anatomy of the Auschwitz Death Camp. Indiana University 
Press, Bloomington-Indianapolis 1994, S. 173. 

J.-C. Pressac, Auschwitz:..., aaO. (Anm. 34), S. 500. 
F. Mtiller, Sonderbehandlung. Drei Jahre in den Krematorien und Gas- 
kammern von Auschwitz. Verlag Steinhausen, Miinchen 1979, S. 207 und 
211. 

Trial of Josef Kramer and Forty-four Others (The Belsen Trial), aaO. 
(Anm. 9), S. 131. 

F. Mtiller, aaO. (Anm. 78), S. 231. 
M. Nyiszli, aaO. (Anm. 13), S. 58-62. 

Laut R.L. Braham wurden von ca. 435.000 Deportierten 400.000, also 
rund 91%, umgebracht. The Politics of Genocide. The Holocaust in Hun- 
gary. Columbia University Press, New York 1981, Band 2, S. 676. Dieser 
Prozentsatz wird auch von J. C Zimmerman geltend gemacht. 
D. Czech, Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Au- 
schwitz-Birkenau 1939-1945. Rowohlt Verlag, Reinbeck bei Hamburg 
1989, S. 789. 

A. Strzelecki, "The Plunder of Victims and Their Corpses, in: Anatomy 
of the Auschwitz Death Camp", aaO. (Anm. 76), S. 258. 
Sprawozdanie okresowe /od 25 V 1944 - 15 VI 1944/. APMO, D-RO/91, 
Band VII, S. 446. 

Siehe z. B. F. Piper, "Gas Chambers and Crematoria", aaO. (Anm. 76), p. 
173. 

NG-5623. 
T-1163. 

Auschwitz. Holocaust revisionist Jean-Claude Pressac. The "Gassed" 
People of Auschwitz: Pressac's New Revisions. Granata, 1995, pp. 16f. 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



149 



C. Mattogno, in G. Rudolf (ed.), aaO. (Anm. 28), S. 398. 

F. Miiller, aaO. (Anm. 78), S. 207 und 209. 

Vgl. dazu meinen Artikel "'Verbrennungsgruben' und Grundwasserstand 

in Birkenau", in: VffG, 6(4) (2002), S. 421-424. 

In Wirklichkeit ware das Volumen groBer gewesen, weil der Aushub um 

rand ein Viertel groBer ist. G. Colombo, Manuale dell'ingegnere. Hoepli, 

Milano 1916, S. 190. (Wenn man Erde aushebt, dehnt sich das zuvor 

kompakte Erdreich aus, was zu einer VergrfiBerang des Volumens fuhrt. 

Grabt man also beispielsweise eine Grube von einem Kubikmeter GroBe, 



so wird der Aushub stets groBer als ein Kubikmeter sein.) 
Bei Ansetzung von ca. 200 kg Holz fur eine Leiche. Siehe hierzu C. Mat- 
togno, J. Graf, Treblinka: Vernichtungslager oder Durchgangslager? , 
Castle Hill Publisher, Hastings 2000, S. 180-192, insbesondere S. 185. 
Siehe hierzu meinen Artikel '"Keine Locher...", aaO. (Anm. 18), S. 284- 
304. 

Vgl. hierzu meine Studie Sonderbehandlung in Auschwitz, aaO. (Anm. 
12), S. 19-29 ("Der Himmler-Besuch in Auschwitz") sowie die diesbe- 
ztiglichen Dokumente auf S. 122-126. 



Die Berichte des polnischen Widerstands liber die Gaskam- 
mern von Auschwitz ( 1 94 1 - 1 944) 

Von Enrique Aynat 



1. Einleitung 

1.1. Entstehung und Ziel dieser Studie 

Schon seit langerer Zeit habe ich mich lebhaft fur die Frage 
interessiert, welche Informationen der polnischen Exilregie- 
rung in London sowie dem polnischen Widerstand wahrend 
des Zweiten Weltkriegs fiber das Konzentrationslager Au- 
schwitz vorlagen. Mit diesem Thema habe ich mich bereits in 
einem Artikel auseinandergesetzt, 1 in dem ich darlegte, daB 
die polnische Widerstandsbewegung sowie folglich auch die 
polnische Exilregierung wuBten, was in jenem KL vor sich 
ging. Mitglieder verschiedener Untergrundorganisationen 
hatten sich in den neuralgischen Zentren des Lagers eingeni- 
stet - in der Kommandantur, dem Krankenhaus, der Baulei- 
tung, der Abteilung Arbeitseinsatz sowie in der politischen 
Abteilung. Unter diesen Umstanden war es logischerweise 
ein Ding der Unmoglichkeit, daB die Widerstandskampfer 
nicht Uber die wichtigsten Ereignisse im Lager auf dem lau- 
fenden waren, und dies gilt selbstverstandlich auch fiir die 
behauptete Massenvernichtung der Juden. 
Thema der vorliegenden Studie sind die vom Untergrund ver- 
breiteten Meldungen iiber die Tatwaffe, mit der dieser Mas- 
senmord in allererster Linie begangen worden sein soil: Die 
Menschentotungsgaskammern. 

1.2. QUELLEN 

Der groBte Teil der zu Rate gezogenen Dokumente ent- 
stammt den Archiven der Delegatura. Diese vertrat von 1940 
bis 1945 die im Londoner Exil weilende polnische Regie- 
rung. Die Delegatura besaB exekutive Befugnisse und ver- 
fiigte uber ihre eigenen administrativen Abteilungen, die Mi- 
nisterien entsprachen. Sie war auf dem gesamten Territorium 
Polens in den Grenzen vom 1. September 1939 tatig und be- 
saB Vertreter fur die einzelnen Provinzen, Bezirke und Ge- 
meinden. Bei der Delegatura handelte es sich de facto um ei- 
ne Schattenregierung, die der deutschen Besatzungsmacht die 
Herrschaft uber das Land streitig machte. Kurz gesagt, sie 
war ein "Untergrundstaat" mit eigenem Erziehungswesen, ei- 
genem Rechtswesen sowie einem eigenen Heer, der Armia 
Krajowa (Heimatarmee). 2 

Eine der Organisationen, die der Delegatura unterstanden, 
war die "Abteilung fiir Information und Presse" (Departa- 
ment Informacji i Prasy), welches in zwei Sektionen zerfiel: 
die ostliche und die westliche. Die "Westliche Sektion" 
(Sekcja Zachodnia) leitete die konspirative Untergrundarbeit 
in jenem Teil Polens, der 1939 dem Deutschen Reich ange- 
gliedert worden war, darunter auch in Auschwitz. Somit 



lenkte sie auch die Aktionen der Widerstandsbewegung in- 
nerhalb dieses Konzentrationslagers. Sie bestand aus fiinf 
Abteilungen, von denen die wichtigste die "Abteilung des In- 
formationsdienstes" (Wydzial Sluzby Informacyjnej) war. De- 
ren Agenten arbeiteten eng mit der Spionageabteilung der 
Armija Krajowa sowie mit den Informationsnetzen der in der 
Delegatura vertretenen politischen Parteien zusammen. Uber 
diese Gruppierungen gelangten die Berichte an die Zentral- 
organisation in Warschau. Fast alle in dieser Studie zitierten 
Texte entstammen deren Archiven. 

Nach dem Krieg wurden die Dokumente der Delegatura un- 
ter Referenznummer 202 im Institut fiir die Geschichte der 
(kommunistischen) Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei 
aufbewahrt, das dem Zentralkomitee dieser Partei unterstand. 
Nach der Auflosung der Partei wurde die Dokumentation 
1 990 von der sich in Warschau befmdenden "Hauptdirektion 
der Staatlichen Archive" (Naczelna Dyrekcja Archiwow 
Pahstwowych) iibernommen. 

Die von mir studierten Dokumente lassen sich in vier Grup- 
pen unterteilen: Periodische Lageberichte, die von Kurieren 
in Form von Mikrofilmen nach London gebracht wurden; 
Wochenberichte zu dringenden Fragen, die meist iiber Funk 
verbreitet wurden; vertrauliche Bulletins fiir die verschiede- 
nen Geheimorganisationen sowie schlieBlich ausfuhrliche In- 
formationen, die als Grundlage fur die ersten drei Kategorien 
dienten und im allgemeinen auf losen Papierbogen mit 
Schreibmaschine vervielfaltigt wurden. 
Der GroBteil der untersuchten Dokumente ist im polnischen 
Werk Oboz koncentracyjny Oswiqcim w swietle akt delegatu- 
ry rzqdu RP na kraj ("Das Konzentrationslager Auschwitz im 
Licht der Dokumente der Delegatur der Regierung der Repu- 
blik Polen in der Heimat") 3 veroffentlicht worden. Dieses 
Buch - das ich kiinftig jeweils als Oboz abkurze - stellt eine 
offensichtlich mit Eifer und Systematik erstellte Sammlung 
der in den Archiven der Delegatura vorhandenen Berichte 
iiber Auschwitz 4 dar. Die Herausgeber halten fest, daB die 
Urkunden "in Ubereinklang mit den erhaltenen Originalen, 
ohne Auslassungen oder Abanderungen", abgedruckt und le- 
diglich Schreib- und Interpunktionsfehler korrigiert worden 
seien. 5 Aus mir unbekannten Griinden enthalt das Buch kei- 
nerlei Dokumente aus dem Zeitraum zwischen Juli 1944 und 
dem 27. Januar 1945, dem Tag, an dem sowjetische Truppen 
in Auschwitz einruckten. 

Die restlichen zitierten Dokumente stammen aus verschiede- 
nen Archiven: Dem des Polish Underground Movement 
(1939-1945) Study Trust in London; dem von Yad Vashem 



150 



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(Jerusalem), dem des Public Record Office (Kew, Richmond, 
GroBbritannien) sowie schlieBlich dem der Hoover Institution 
(Stanford University, Stanford, Kalifornien). Im Archiv des 
Londoner Polish Underground Movement (1939-1945) Study 
Trust befmdet sich ein Teil der Dokumente, die der Exilre- 
gierung vom Widerstand zugestellt worden waren. Dort 
konnte ich einige der in Oboz publizierten Berichte iiberpriifen 
und mich davon iiberzeugen, daB sie, wie die Herausgeber ver- 
sichern, in der Tat textgetreu wiedergegeben worden sind. 
Ich habe somit ein recht umfangreiches dokumentarisches 
Material untersucht, das aller Wahrscheinlichkeit nach den 
Hauptteil der vom polnischen Widerstand verfaBten Mittei- 
lungen iiber das KL Auschwitz darstellt. 

1.3.METHODE 

Bei meiner Arbeit habe ich mich an die traditionelle histori- 
sche Methode gehalten. Der erste Schritt bestand darin, alle 
verfugbaren Quellen zusammenzustellen, und es schien mir 
angemessen, sie im Dokumentenanhang, der den AbschluB 
meiner Studie bildet, in chronologischer Reihenfolge zu zitie- 
ren. Somit kann sich der Leser selbst einen vollstandigen 
Uberblick verschaffen. Dies wird es ihm erleichtern, sich ein 
eigenes Urteil zu bilden. Dabei erschien es mir notwendig, in 
der spanischen Originalausgabe dieser Studie jeweils den 
polnischen Urtext folgen zu lassen, so daB des Polnischen 
kundige Leser sich die Dokumente im Original zu Gemiite 
fiihren und allfallige Ubersetzungsfehler entdecken konnen. 6 
In den meisten Fallen begniige ich mich mit einer teilweisen 
Wiedergabe der Dokumente, da fiir mich nur jene Fragmente 
von Belang waren, in denen die Ausrottungsprozeduren im 
allgemeinen und die Menschentotungsgaskammern im be- 
sonderen erwahnt werden. Ich habe mich stets bemuht, den 
Hintergrund zu erhellen, vor dem das betreffende Dokument 
zu sehen ist. Einem kritischen Leser steht es ohnehin offen, 
die vollstandige Originalquelle zu konsultieren, die ich in je- 
dem Fall so genau wie moglich angegeben habe. 
Obgleich die untersuchten Urkunden besonders ab 1943 zahl- 
reiche Hinweise auf die Gaskammern enthalten, sind diese in 
der Regel sehr summarischer Art. In sehr vielen Fallen be- 
gniigen sich die Verfasser der Berichte mit der Bemerkung, 
die Transporte mit Juden, sowjetischen Kriegsgefangenen 
und Polen seien "in die Gaskammern" (do komor gazowych) 
oder, noch kvirzer, "ins Gas" (na gaz) geschickt worden, oder 
bis zu diesem oder jenem Datum seien so oder so viele Men- 
schen "vergast" (zagazowani) worden. Meiner Auffassung 
nach bereichern solch lakonische Formulierungen unseren 
Kenntnisstand iiber die Gaskammern in keiner Weise, und 
darum habe ich auf ihre Wiedergabe verzichtet. 
Ich habe im allgemeinen nur solche Dokumente beriicksich- 
tigt, welche konkrete Beschreibungen der Gaskammern ent- 
halten, d.h. Hinweise darauf, wie sie aussahen, wie sie funk- 
tionierten, wo sie sich befanden, wieviele es gab, und wel- 
ches Gas verwendet wurde. 

Im anschlieBenden Teil unterziehe ich die Dokumente einer 
Kritik. Bekanntlich hat einer Zusammenstellung von Quellen 
stets eine historische Kritik zu folgen, die sowohl externer als 
auch interner Art sein sollte 7 und deren Aufgabe darin be- 
steht, den wirklichen Wert dieser Quellen zu ermitteln, kon- 
kreter gesagt ihre Authentizitat und Glaubhaftigkeit. Bei der 
Durchfiihrung dieser Aufgabe war ich bestrebt, mich an die 
von den franzosischen Professoren Langlos und Seignobos in 
ihrem als Klassiker geltenden Werk 8 aufgestellten Richtlinien 
zu halten. 



Als nachstes vergleiche ich die in den Dokumenten des Wi- 
derstands enthaltenen Informationen iiber die Gaskammern 
mit der ab 1945 verbreiteten Version, um allfalligen Wider- 
spriichen auf die Spur zu kommen. Zum AbschluB lege ich 
einige SchluBfolgerungen dar. 

Zur Zuordnung der Zitate nummeriere ich diese entsprechend 
der Nummer des betreffenden Berichts im Dokumentenan- 
hang. 

2. Externe Kritik 

Ehe wir uns auf ein Dokument stiitzen, miissen wir uns fragen, 
woher es kommt, wer sein Verfasser ist, und an welchem Da- 
tum es erstellt wurde. Ein Dokument, dessen Verfasser, Datum 
und Herkunft unbekannt sind, gilt im allgemeinen als wertlos. 
Die erste Aufgabe des wissenschaftlich arbeitenden Ge- 
schichtsforschers besteht dementsprechend in einer Analyse 
des Dokuments zwecks Erhellung dieser Fragen. 
Bei der Untersuchung der Dokumente der Widerstandsbewe- 
gung iiber Auschwitz stellen wir fest, daB zwar das jeweilige 
Datum in fast jedem Fall bekannt ist, der Verfasser hingegen 
nie. Im Prinzip war dies auch gar nicht anders zu erwarten, 
und zwar schon aus Sicherheitsgriinden - schlieBlich liefer- 
ten sich der polnische Widerstand und die Deutschen einen 
Kampf bis aufs Messer, und da taten die Urheber der Berich- 
te gut daran, ihre Anonymitat zu wahren. Doch darf diese ba- 
nale Tatsache den Historiker nicht zum Verzicht auf den Ver- 
such bewegen, etwas iiber die Identitat der Verfasser sowie 
die Umstande, unter denen sie ihre Berichte erstellten, zu er- 
fahren. Eine Analyse der Dokumente vermag ihm hier sicher- 
lich weiterzuhelfen. 

In der Tat zeigt sich bei der Untersuchung der Texte zunachst 
einmal, daB manche davon in den Uberschriften als Identifi- 
zierungsmerkmale gewisse Ziffern, Schltissel oder Tarnbe- 
griffe enthalten, die den geheimen Informations- und Propa- 
gandazellen entsprachen. Dies belegt, daB die Ubermittlung 
von Nachrichten aus dem Konzentrationslager an die Delega- 
tura in diesen Fallen nicht direkt, sondern iiber wenigstens 
eine Zwischenorganisation erfolgt sein muB. Vermutlich be- 
schrankte sich die geheime Zelle meist darauf, die aus dem 
Lager erhaltene Information einfach weiterzuleiten, doch laBt 
sich keineswegs ausschlieBen, daB sie die Nachricht gele- 
gentlich "ausschmuckte" und ihr einen bestimmten Ton oder 
eine bestimmte Orientierung verlieh. 

Manche Schlussel oder Tarnbegriffe fiir Informations- und 
Propagandazellen tauchen in einer ganzen Reihe von Berich- 
ten auf: 

1631: Vermutlich eine Zelle der Informations- und Propa- 
gandasektion der Zentraldirektion der Armija Krajowa. 9 
D.I.: Informations- und Presseabteilung der Delegatura. 10 
252/a-l: Schliissel einer Zelle derselben Informations- und 
Propagandasektion wie 1631. 11 

S. Z.: Westlicher Sektor der Informations- und Presseabtei- 
lung. 12 

Des weiteren gibt es Dokumente, die als "Briefe" oder "Be- 
richte Gefangener" bezeichnet werden und aus naheliegenden 
Griinden keine Hinweise auf die Person ihrer Verfasser ent- 
halten. So verfiigen wir iiber einen "im Lager Auschwitz ge- 
schriebenen Brief (Dokument Nr. 7), einen "Brief eines 
Haftlings von Auschwitz" (Dokument Nr. 22) sowie eine 
"Ubersetzung der Berichte eines SS-Funktionars in der 
Kommandantur des Lagers Auschwitz" (Dokument Nr. 24), 
der - so die Uberschrift des Textes - "noch fur uns arbeitet". 
In anderen Dokumenten taucht als Autor ein Pseudonym auf 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



151 



("Lichtenstein", Dokument 
Nr. 27) oder auch nur ein 
Hinweis des Empfangers 
darauf, da(3 dieser den Ver- 
fasser kennt ("Ich kenne den 
Informanten personlich", 
Dokument Nr. 19). 
So selbstverstandlich es sein 
mochte, daB man in Kriegs- 
zeiten und unter einem harten 
Besatzungsregime seine 

Identitat verschleierte, so be- 
fremdlich mutet es anderer- 
seits an, daB die Verfasser 
auch noch Jahrzehnte nach 

Kriegsende unbekannt bleiben. Bezeichnenderweise haben 
die Herausgeber von Oboz, das 1968 erschien, keinen einzi- 
gen der Autoren identifiziert. Ganz im Gegenteil: Die Diirf- 
tigkeit der Hinweise auf die Personen der Verfasser laBt 
erahnen, daB es sich zumindest bei einem Teil von ihnen um 
Phantomgestalten handeln diirfte. Hierzu gleich ein konkretes 
Beispiel. Zum angeblich von dem "SS-Funktionar aus dem 
Biiro des Lagers Auschwitz" erstellten Bericht vermerken die 
Herausgeber von Oboz, dessen Name sei "bis heute nicht be- 
kannt", und es sei "nicht auszuschlieBen, daB der Autor des 
Dokuments als SS-Mann bezeichnet wurde, um die deut- 
schen Behorden fur den Fall, daB das Dokument in ihre Han- 
de geriet, hinters Licht zu fuhren". 13 

Ein weiterer Punkt: Bei der Lektiire mancher dieser Berichte 
wird klar, daB die von den Verfassern gesammelten Informa- 
tionen aus zweiter Hand stammen. Beispielsweise heiBt es in 
dem in London von einem polnischen Fluchtling erstellten 
Bericht (Dokument Nr. 19), der Autor habe die Nachrichten 
"von Leuten erhalten, die aus dem Konzentrationslager be- 
freit wurden". In anderen Fallen laBt der Verfasser unfreiwil- 
lig durchblicken, daB er nichts weiter getan hat, als Latrinen- 
parolen und Geruchte zu sammeln, was aus Formulierungen 
wie den folgenden hervorgeht: Der Informant "hat gehort" 
(slyszal; Dokument Nr. 26); "dem Vernehmen nach" (podob- 
no; Dokument Nr. 29). 

Die externe Kritik, insbesondere die Untersuchung der Her- 
kunft eines Textes, hat zudem zu ermitteln, ob die Quellen 
tatsachlich voneinander unabhangig sind. Man geht dabei 
vom Grundsatz aus, daB von- 
einander unabhangige Zeu- 
gen, welche dieselben Ereig- 
nisse schildern, naturgemaB 
nicht genau dieselben Details 
beobachtet haben und diesel- 
ben Dinge schwerlich mit 
genau denselben Ausdriicken 
beschreiben werden. Histori- 
sche Geschehnisse sind etwas 
ungemein Komplexes, und es 
ist ganz und gar unwahr- 
scheinlich, daB zwei vonein- 
ander unabhangige Beobach- 
ter sie auf ein und dieselbe 
Art und Weise nachzeichnen. 
Lesen wir die Dokumentation 
aufmerksam und beachten 
wir die eben erwahnten 
Grundsatze, so gelangen wir 



A 


B 


C 


"eines grauenvollen Verbre- 
chens" 18 


"eines finsteren Verbrechens" 




"in der Nacht vom 5. auf den 6. 
September" 20 


"in der Nacht vom 5. auf den 6. 
September des Jahres 1941" 


"during the night of September 5' 
to 6* last year" 


"wurden in den Bunker getrie- 
ben" 22 


"wurden in den Bunker in Au- 
schwitz getrieben" 


"were driven down to the under- 
ground shelter in Auschwitz" 


"Ungefahr 600 sowjetische Ge- 
fangene [...] sowie ungefahr 200 
Polen" 


"ungefahr 600 sowjetische Zivil- 
gefangene [...] Miteinbezogen 
wurden ungefahr 200 Polen." 


"about a thousand people [. . .] 
among them seven hundred Bol- 
shevik prisoners of war and three 
hundred Poles" 




"wobei man ihnen mit Stangen 
Hande und FiiBe brach" 


"regardless of broken bones 


"man vergiftete sie mit Gas" 


"sie wurden mit Gasen vergif- 

tet" 24 





unweigerlich zum SchluB, daB ein groBer Teil der Texte auf 
anderen, ihrem Geist nach sehr ahnlichen basiert oder daB 
sie, bildlich ausgedruckt, "ein und derselben Familie angeho- 
ren". Ohne jeden Zweifel entspringen sie einer einzigen ge- 
meinsamen Quelle. 

Wenden wir uns zunachst einzelnen Geschehnissen zu, die in 
mehreren der Dokumente geschildert werden. Die behauptete 
Vernichtung mehrerer hundert sowjetischer Kriegsgefange- 
ner sowie Polen im "Bunker" von Auschwitz ist laut den 
Quellen der Widerstandsbewegung einer der friihesten Falle 
der Anwendung von Gas zur Totung von Menschen. 17 Sie 
wird in drei Berichten erwahnt, die wir mit A (Dokument Nr. 
2), B (Dokument Nr. 3) sowie C (Dokument Nr. 6) bezeich- 
nen wollen und die man mit den im Anhang aufgefuhrten 
Texten vergleichen kann. 

Eine Untersuchung der drei Texte ergibt, daB sie alle eine 
gemeinsame Quelle aufweisen. Tabelle 1 vermittelt Auf- 
schluB uber die Ubereinstimmungen. 

Es ist somit definitiv klar, daB sich die Berichte iiber die be- 
hauptete erste groBe Massentotung durch Gas in Auschwitz 
auf eine einzige Quelle zuruckfiihren lassen. 
Kaum minder aufschluBreich ist eine Gegenuberstellung der 
Dokumente, in denen die Ankunft der ungarischen Juden in 
Auschwitz sowie ihre angebliche Vernichtung im Fruhjahr 
und Fruhsommer 1944 beschrieben wird. Vergleichen wir die 
drei Texte, die auf diese Geschehnisse eingehen, so stellen 
wir auch diesmal fest, daB sie sich sehr gleichen und zumin- 
dest in einigen Punkten ein und derselben Quelle entsprin- 



D 


E 


F 


"Die Krematorien kommen mit 
dem Verbrennen der Leichen 
nicht nach" 


"Die Krematorien kommen mit 
dem Verbrennen der Leichen 
nicht nach" 15 




"Eine Mannschaft von Dentisten 
[...]. Eine andere Mannschaft von 
Spezialisten" 


"Spezielle Gruppen" 




"untersucht sorgfaltig die Mund- 
offnungen aller Opfer, um die 
Gold- und Platinkronen herauszu- 
brechen; da wenig Zeit zur Verfii- 
gung steht, bricht man ganze Kie- 
fer heraus" 


"brechen die Zahne mit Goldkro- 
nen heraus" 




"steckt die Hande in die Scheiden 
der Frauenleichen, um nach ver- 
steckten Wertgegenstanden zu su- 
chen" 


"suchen Wertgegenstande in den 
Scheiden der Frauen" 




"Es sind 4 Krematorien in Be- 
trieb, eine Ziegelei, und auBer- 
dem verbrennt man auf Scheiter- 
haufen unter freiem Himmel" 




"es sind 4 Krematorien in Betrieb, 
eine Ziegelei, 16 und manchmal 
verbrennt man auf Scheiterhau- 
fen" 



152 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



gen. Wir nennen diese drei Texte D (Dokument Nr. 30), E 

(Dokument Nr. 32) und F (Dokument Nr. 31). 

Somit ergibt eine Gegeniiberstellung der Dokumente, welche 

die Ankunft der ungarischen Juden und ihre spatere Vernich- 

tung in Auschwitz beschreiben, daB sie zumindest in einigen 

wesentlichen Punkten auf ein und dieselbe Quelle zuruckgehen. 

Doch nicht genug damit. Einige der Dokumente sind nicht 

bloB von anderen inspiriert, sondern fast wortwortlich abge- 

schrieben. Liest man die Dokumente Nr. 8 und Nr. 10, so 

stellt man fest, daB das eine kaum mehr als eine wortliche 

Wiederholung des anderen ist. Der einzige nennenswerte Un- 

terschied besteht darin, daB Dokument 10 den Hinweis auf 

eine "Degasungskammer" (sic!) enthalt und von giganti- 

schen, vier Kilometer langen Graben zur Verscharrung von 

Leichen spricht. 

SchlieBlich stoBen wir auf eine ganze Reihe von Ausdriicken, 

Gemeinplatzen und Ziffern, die sich in einer ganzen Anzahl 

von Dokumenten wiederholen. Hier einige Beispiele: 

Das "ewige Feuer", 25 in dem Tag und Nacht die zahllosen 

Leichen der ermordeten Juden verbrannt werden (Dokumente 

Nr. 17, 22, 23 und 24). 

Die Gaskammern und Krematorien "schaffen es nicht" (nie 

mog3_ nadazyc), alle Opfer zu vernichten und zu verbrennen 

(Dokumente Nr. 22, 23 und 25). 

Die "lebend ins Feuer geworfenen Sauglinge" (Dokumente 

22, 30 und 32); 

Die Zahl von ungefahr 520.000 vergasten 26 Juden bis De- 

zember 1942 (Dokumente Nr. 13, 14, 15, 16 und 18). 



3. Interne Kritik 

3.1. Glaubwurdigkeit der Verfasser 
Mittels der kritischen Untersuchung der Glaubwurdigkeit der 
Verfasser eines Dokuments versucht der Historiker zu ermit- 
teln, ob es Griinde dafur gibt, am Wahrheitsgehalt der in ei- 
nem Dokument enthaltenen Behauptungen zu zweifeln. In er- 
ster Linie heiBt es, die Frage aufzuwerfen, ob sich der Ver- 
fasser in einer Lage befand, die einen Menschen iiblicherwei- 
se zur Unaufrichtigkeit veranlaBt. Dazu wird im Geist eine 
Art Fragebogen erstellt. Die erste vom Historiker aufgewor- 
fene Frage lautet, ob der Autor eines Dokuments Sympathie 
oder Antipathie fur eine bestimmte Menschengruppe (Nation, 
Partei, religiose Gemeinschaft etc.) empfand, die ihn unter 
Umstanden dazu bewegen konnte, die Tatsachen verzerrt 
darzustellen, um seine Freunde in giinstigem und seine Fein- 
de in ungiinstigem Lichte erscheinen zu lassen. 
In unserem Fall ist diese Frage ungemein leicht zu beantwor- 
ten. Die polnische Widerstandsbewegung fuhrte einen gna- 
denlosen Krieg gegen die deutschen Besatzer - einen Krieg, 
in dem Information und Propaganda ungeheuer wichtige 
Waffen darstellten. Fur die Propaganda und die Information 
des polnischen Widerstands war es nun kennzeichnend, daB 
sie vor der Verbreitung selbst der maBlosesten Ubertreibun- 
gen und Lugen nicht zuruckschreckten. Der Grund dafur lag 
natiirlich in dem tiefen HaB, den die Polen zu jener Zeit ge- 
gen die Deutschen empfanden. 

Als Musterbeispiel wollen wir uns nun einige der Behaup- 
tungen vor Augen fiihren, die im Dokument "Report on Con- 




Abbildung 1: Topographische Zeichnung des Konzentrationslagers Auschwitz 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



153 



ditions in Poland, 27. Nov. 1942" (Bericht iiber die Zustande 
in Polen), einem der polnischen Exilregierung in London aus 
Warschau uberbrachten Bericht, aufgestellt werden. 27 
Diesem Bericht zufolge planten die Deutschen, die gesamte 
polnische Bevolkerung physisch auszurotten. Es heiBt dort, 
Polen unterscheide sich von alien anderen besetzten Landern 
dadurch, dafi dort ein gezielter Versuch unternommen wird, 
seine Bevolkerung auszurotten (S. I). 28 Zu diesem Zweck sei 
ein Programm der vollkommenen Ausrottung entworfen 
worden, das zur biologischen Ausrottung 29 der polnischen 
Nation fuhren werde. Dazu werde alles eingesetzt, "was die 
moderne Wissenschaft erfunden hat, all das, wozu gewissen- 
lose Menschen fahig sind" (S. 62). 

Bei diesem Ausrottungsprogramm, so der Bericht der Wider- 
standsbewegung weiter, gelangten folgende Mittel zur An- 
wendung: Individuelle Verbrechen sowie Massenverbrechen, 
Konzentrationslager und Gefangnisse, biologische Zersto- 
rung und Hunger sowie die Ausloschung der polnischen Kul- 
tur. Ausfuhrlich eingegangen wird in dem Bericht auf die 
"systematische Demoralisierung, welche die Deutschen in 
Polen betreiben und die sich besonders gegen die polnische 
Jugend richtet" (S. 43). Namentlich seien die einzigen Bii- 
cher, die von den Deutschen in polnischer Sprache publiziert 
wurden, "obszon, pornographisch und sittenverderbend" (S. 
43). Ein polnisches Kino oder Theater gebe es nicht mehr, 
abgesehen von Vorstellungen, die auf die Untergrabung der 
Moral und des Patriotismus des Volkes abzielten. Der Besuch 
dieser Vorstellungen sei frei, ja fur die polnische Jugend so- 
gar obligatorisch. Es komme sogar vor, daB Jugendliche er- 
schossen wurden, wenn sie nicht zu solchen Veranstaltungen 



THE CONCENTRATION CAMP AT OSWIECM /AUSCHWITZ / 



Explanations to the attached plan: 

1. Towers, sentries with machine guns /12/ 
1a. Sentry, road gate 

2, Amunition damp 
3.:'. Canteen 

.4. K oom of the block comnander with his little tower for a sentry. 
ScxBlo«kxHlcxfi(ioBB6rfiarxiiitMC3ie«e 
Block N.1 . -rooms for internees 
Blook N.2. - " " " and washrooins 

Block N". 3 ,4,5 , ~ K ooms for internees 

Blook N.o. liuseum 

Block N.7,8,S,10,~ lodgings 

Block N.11 .---- penal company . 

Block N.12 — lodgings and arrest /bunkers / 

Block M.1J ■— :».19 — - lodgings 

Block N.20 — specia 1 \lodging for weak persons and persons unable to week 

Block N.21— hospital and surgery . 

Blook N.23, 23, 24 —nlodgings nr. 24 ground floor — office 

Block.N.25 — lodgingsi on the 1-st:floor store-room. 

Block N.26 — safe end magazine 

Blook N.27 — olothing deptj and baths 

Block N.38 ~ general hospital 

5. Kitohen 

6. Lodgings for S.S. H.C.O's 

6a. * " " " ..and political dept., 

7. lodgins for commandant of the camp. 

8. Crematorium . : 

9. kOMsiba&dc)iiMili£iigx administrative biuldings 

10. slaughter house 

11. dairy 
,12. Joinery;.. 

13. concrete work shop 
1 4 .'. machine . laundry 

15. administrative biui&ings 

1 6. ^.timber warehouse 

17. blujdingx materials warehouse 

18a. camp for ^civilian* workers who are not interned at the oamp 
'19. military workshops 

20. stores of belongings :taken away from .the .prisoners 
21.' asgaxtaax stores of the SS 
.22. Barrack rooms for the SS 
23 .offices / 

24. SS barack rooms, stores on the ground floor 
. 25. SS kitohen 

26. S66r.es 

27. dwelling nouses for of ioers 
20. Stables 

29. unloading square /for transportation to Brzezinki/ 

30 . SS barracks , square , kennels . 

a. and b. concentration camp for women 

c. gas chambers in a wood west of Brzezinki /Birkenau/ 

d. crematorium, in a wood probably west of the barracks 



Abbildung 2: Legende zum Plan aus Abbildung 1 



hingingen (S. 44). In Polen sei alles sehr teuer, auBer der Be- 
such solcher Spektakel sowie der Whisky, "der in den Ar- 
beitslagern fur Jugendliche zum Abendessen serviert wird" 
(S. 44). Die Deutschen hatten ihre zielstrebige moralische 
Korrumpierung des polnischen Volkes durch die Errichtung 
eines umfassenden Netzes von "Spielkasinos, Kabaretten, 
Tanzsalen und Freudenhausern" gekront (S. 44). 
Andererseits sei die deutsche Verwaltung in Polen ungeheuer 
korrupt. "Die Trunkenheit ist spektakular. Die alte deutsche 
Maske des Biedermanns gehort der Vergangenheit an. An ih- 
re Stelle sind ein offener Hang zu Ausschweifungen und 
Vergnugungen sowie der Drang getreten, um jeden Preis 
rasch reich zu werden" (S. 57). 

Dieses Beispiel erhartet den von vornherein bestehenden 
Verdacht, daB die heimlich in Polen zirkulierenden Informa- 
tionen alles andere als objektiv waren. Wenn die polnische 
Widerstandsbewegung imstande war, einen angeblichen 
deutschen Plan zur biologischen Ausrottung des polnischen 
Volkes zu erfinden, wird man zugeben miissen, daB sie 
grundsatzlich ebenso fahig zur Erfindung eines deutschen 
Planes zur biologischen Vernichtung des jiidischen Volkes 
war. Konkreter gesagt, wenn der Widerstand bezuglich der 
allgemeinen Lage in Polen log oder zumindest iibertrieb, liegt 
die Vermutung nahe, daB er dasselbe hinsichtlich der Vor- 
gange in Auschwitz tat. Aus diesen Grunden wird man gut 
daran tun, die in dieser Studie untersuchten Dokumente a 
priori als inhaltlich verdachtig einzustufen. 
Die zweite Aufgabe, die sich der Historiker bei der Uberpru- 
fung der Aufrichtigkeit des Urhebers eines Dokuments stel- 
len muB, besteht in der Untersuchung der Frage, ob sich die- 
ser zwecks Ausschmiickung der Ereignisse literarischer 
Kunstgriffe bedient und die Geschehnisse zwecks Dramati- 
sierung aufgebauscht hat, um bei den Adressaten gewisse 
Gefiihle hervorzurufen, oder ob seine Darstellung ideolo- 
gisch gefarbt sowie als Bestandteil einer Propagandakampa- 
gne zu sehen ist. Je farbiger eine Erzahlung vom kiinstleri- 
schen oder dramaturgischen Standpunkt aus ist, desto skepti- 
scher ist ihr in der Regel zu begegnen, und pittoreske oder 
spektakulare Berichte, in denen die Akteure als hehre Licht- 
gestalten oder finstere Bosewichter erscheinen, miissen 
grundsatzlich MiBtrauen erwecken. 

In den untersuchten Dokumenten wimmelt es nur so von Ex- 
tremsituationen, ungeheurer Dramatik, herzzerreiBenden oder 
grauenerregenden Szenen sowie schlieBlich schlicht und ein- 
fach unglaubhaften Dingen. Hatten die Massenvergasungen 
tatsachlich stattgefunden, so hatte eine sachliche und trocke- 
ne Beschreibung einen dermaBen niederschmetternden Effekt 
gehabt, daB eine zusatzliche Dramatisierung mittels literari- 
scher Kunstgriffe gar nicht mehr notig gewesen ware. 
Hier nun eine - keineswegs erschopfende - Reihe von Bei- 
spielen fur Behauptungen, denen jede Glaubwiirdigkeit ab- 
geht, weil sie gewissermaBen eine dramatische Verdnderung 
der Realitat darstellen: 

Weil das Gas knapp war, verlieBen die Opfer die Gaskammer 
noch halb bei BewuBtsein und wurden bei lebendigem Leibe 
in die Ofen geworfen: "Im Krematorium sind die Wande 
blutbefleckt, weil ein durch die Wirkung des Gases benom- 
mener Mensch im Ofen wieder zu sich kommt und mit den 
Fingern den Beton zerkratzt, um sich gegen den Tod zu weh- 
ren" (Dokument Nr. 17). 

Die Deutschen raubten ihren Opfern all ihren Besitz, ehe die- 
se die Gaskammern betraten. Doch gaben sich die Deutschen 
keinesfalls damit zufrieden: Nach dem Massenmord unter- 



154 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



suchten sie jeden einzelnen Leichnam bis zur hintersten Kor- 
peroffnung einschlieBlich der intimen, um nach Juwelen und 
Edelmetallen zu suchen: "Eine Gruppe von Dentisten unter- 
sucht die Munder aller Opfer sorgfaltig, um die Gold- und 
Silberkronen herauszureiBen; da ihnen dafur wenig Zeit zur 
Verfugung steht, bricht man ihnen stets die Kiefer. Eine an- 
dere Mannschaft aus 'Spezialisten' steckt die Hande in die 
Scheiden der Frauenleichen, um versteckte Wertgegenstande 
zu suchen. Nur auf diese Weise geschandete und untersuchte 
Leichen gelangen zur Einascherung" (Dokument Nr. 30). 
Die Szenen, welche sich bei der Massenvernichtung der Ju- 
den abspielen, sind dermafien schauerlich, daB es selbst unter 
den SS-Mannern "gelegentlich zu Nervenzusammenbruchen 
kommt". In diesen Fallen wandern die SS-Manner "zusam- 
men mit den Juden ins Krematorium" (Dokument Nr. 31). 
Bei den Massentotungen ist alles spektakular, jede Dimensi- 
on sprengend und von ausgeklugelter Grausamkeit. Die Gru- 
ben, in denen die Leichen verscharrt werden, sind vier Kilo- 
meter lang (Dokument Nr. 10); die Deutschen planen den 
Mord an 1.200.000 ungarischen Juden (Dokument Nr. 30 
und 31); der Tagesrekord an Vergasten belauft sich auf 
30.000 (Dokument Nr. 24); die Opfer werden nicht einfach 
vergast, sondern mussen vorher noch "schreckliche Martern" 
erdulden (Dokument Nr. 24); die Verbrennungsgraben - das 
"ewige Feuer" - verwandeln eine so groBe Zahl von Leichen 
in Asche, daB "man nichts anderes mehr sieht als Flammen" 
(Dokument Nr. 24); diese Flammen erzeugen "schwarze, 
dichte Rauchschwaden, die von weitem sichtbar sind" (Do- 
kument Nr. 30). 

In manchen Berichten findet sich ein UbermaB an literari- 
schen Kunstgriffen, wie man sie aus der melodramatischen 
Gassenliteratur kennt. Hier ein Beispiel: 

"Die Szenen, die sich abspielen, lassen sich unmoglich be- 
schreiben. [...] Es ist schrecklich, daran zu denken, 
schrecklich zu sehen, wenn auf der Landstrafie Lastwagen 
rollen, die 4000 Kinder unter 10 Jahren (Kinder aus dem 
Ghetto Theresienstadt in Bohmen) in den Tod fahren. Eini- 
ge weinten und riefen: Mama! Doch andere lachelten den 
Vorbeigehenden zu und winkten mit den Hdndchen. Eine 
Viertelstunde spater war keines davon mehr am Leben, und 
die vom Gas betaubten Korperchen brannten in grausigen 
Ofen. Und wieder, wer wiirde solche Szenen fur moglich 
halten? Doch garantiere und versichere ich, dafi es tat- 
sdchlich so war, und ich rufe die Lebenden und die Toten 
zu Zeugen an. Vom Gas betaubt... J a, denn Gas ist teuer, 
und das 'Sonderkommando ', das die Todeskammer be- 
dient, verwendet es sparsam. Die eingesetzte Dosis totet 
die Schwdcheren, schldfert die Starker en jedoch nur fur ei- 
nen Augenblick ein. Letztere kommen in den Krematori- 
umswagen wieder zu Bewufitsein und stiirzen lebendig in 
den summenden, feurigen Schlund. " (Dokument Nr. 28) 

3.2. INHALTLICHE GENAUIGKEIT 

Mittels der kritischen Untersuchung der inhaltlichen Genau- 
igkeit eines Dokuments versucht der Historiker zu ermitteln, 
ob der Verfasser in der Lage war, genaue Beobachtungen an- 
zustellen. Der - in der Praxis selten vorkommende - Idealfall 
liegt dann vor, wenn sich der Zeuge eines geschichtlichen 
Ereignisses in einer Position befindet, die es ihm ermoglicht, 
alles genau zu verfolgen, ihn das Erlebte nicht personlich be- 
trifft, er kein Interesse an der Erzeugung irgendeines Effekts 
hat und nicht in Vorurteilen befangen ist. AuBerdem muB er 
das Gesehene moglichst bald schriftlich festhalten, sonst be- 



steht die Gefahr, daB sich seine Erinnerung triibt oder mit an- 
deren Erinnerungen vermengt. Je mehr dieser Voraussetzun- 
gen erfiillt sind - und selbst im Alltag liegen kaum je alle zu- 
sammen vor -, desto genauer wird eine Beschreibung a priori 
ausfallen. 

In unserem Fall kennen wir die Verfasser der Dokumente 
nicht; wir konnen deshalb nicht wissen, wie sie vorgegangen 
sind und inwieweit sie die eben erwahnten Kriterien erfiillen. 
Doch bei der Lektiire der Texte keimen begrundete Zweifel 
daran auf, daB auch nur einer der Zeugen je eine Gaskammer 
zu Gesicht bekommen hat. 

Wenn wir beispielsweise ganz einfach erfahren wollen, wie 
eine Gaskammer aussah, finden wir in den Texten lediglich 
auBerst vage und widerspruchliche Hinweise. Hier ein kon- 
kretes Beispiel. In einem der Dokumente heiBt knapp, sie sei- 
en "wie Duschen eingerichtet, aus denen leider statt Wasser 
Gas stromt" 30 und die 1 .200 Menschen zugleich fassen kon- 
nen (Dokument Nr. 7). In einem anderen Dokument heiBt es 
hingegen, die Gaskammern lagen in Gebauden "ohne Fen- 
ster, mit doppelter, mittels Schrauben verschlossener Tur, 
welche mit Vorrichtungen zur Einfuhrung des Gases sowie 
zur Luftung ausgestattet sind", 31 die ein Fassungsvermogen 
von 700 Personen aufweisen (Dokument Nr. 8). SchlieBlich 
wird in einem weiteren Text behauptet, die Gaskammern be- 
saBen die Form "riesiger Hallen", 32 konnten 1.500 Personen 
fassen und seien mit "kleinen Fenstern" 33 ausgeriistet, durch 
die das Gift eingeworfen werde (Dokument Nr. 27). 
Auf die Frage, wieviele Gaskammern es gab, erhalten wir 
folgende widerspruchliche Antworten: 

- Zwei (Dokumente Nr. 7 und 30): 

- Funf (Dokument Nr. 8); 

- Sieben (Dokument Nr. 27); 

- "Einige" (Dokument Nr. 11). 

Werfen wir schlieBlich die Frage auf, wo die Gaskammern 
lagen, finden wir nur in einem einzigen Bericht eine Antwort, 
namlich in Dokument Nr. 1 1 : 

"Es gibt zwei Vergiftungsstdtten: ' Im Lagerkrematorium 
(mit einem Fassungsvermogen von 400 Menschen) sowie in 
Brzezinka, wo man zu diesem Zweck im Wald einige Haus- 
chen mit erheblich grofierer Kapazitdt vorbereitet hat. " 
Wenn wir die erhaltenen von der Widerstandsbewegung er- 
stellten Plane von Auschwitz und Umgebung betrachten, so 
stellen wir fest, daB auf dem ersten, undatierten die Gaskam- 
mern in einem groBen Wald ("Forest Brzezinka") liegen, ne- 
ben dem Lager Birkenau, das im Plan falschlicherweise als 
"Rajsko" bezeichnet wird (vgl. Abb. I). 35 Es finden sich kei- 
nerlei Hinweise auf die exakte Lage der Gaskammern oder 
auf ihre Anzahl. Diese Ungenauigkeit steht im Gegensatz zu 
der Prazision, mit welcher der Verfasser des Dokuments die 
wichtigsten Einrichtungen im Stammlager Auschwitz I loka- 
lisiert und identifiziert. 

Der zweite hier abgebildete Plan der Widerstandsbewegung 
stellt das Lager Birkenau dar. 36 Er tragt ebenfalls kein Da- 
tum, doch kann man ihm entnehmen, daB er in der zweiten 
Halfte des Jahres 1 944 entstanden sein muB. Der Plan enthalt 
sehr genaue Angaben - wie z.B. die Lage der Waschraume 
sowie der Kuchen im Frauenlager -, doch fehlt jeglicher 
Hinweis auf die Gaskammern. 

3.3. Die Dokumente der Widerstandsbewegung und die 
heutige Version der Ereignisse 

Von geradezu iiberwaltigender Bedeutung ist die Tatsache, 
daB die in den Berichten des polnischen Widerstands gelie- 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



155 



ferten Angaben iiber die Gaskammern und den Vernich- 
tungsprozeB in keiner Weise mit jener Version iibereinstim- 
men, die nach dem Krieg Eingang in die Geschichtsbiicher 
gefunden hat. Es handelt sich hier wohlgemerkt nicht um ge- 
ringfiigige Diskrepanzen oder Nuancen, die man mit unver- 
meidlichen Irrtiimern der Zeugen erklaren konnte. Die Unter- 
schiede sind vollkommen unuberbruckbar und betreffen alle 
wesentlichen Aspekte der Ausrottungsmethoden. Es gibt 
schlicht und einfach kein einziges Dokument des Widerstan- 
des, das eine Beschreibung der angeblichen Massentotungen 
enthielte, die mit der seit 1945 giiltigen vereinbar ist. Im fol- 
genden werden die wichtigsten Unterschiede dargelegt, wo- 
bei vier Punkte untersucht werden. Die nach dem Krieg ver- 
breitete Lesart der angeblichen Ausrottungsaktionen wird 
einfachheitshalber fortan als "offizielle Version" bezeichnet. 

4. Gegenttberstellung von Behauptungen des Widerstands 
und offiziellen Ansichten bzw. Fakten 

4.1. Beschreibungen des Vernichtungsvorganges 
Widerstandsbewegung: Die Gaskammern waren wie Dusch- 
raume eingerichtet, "aus denen leider statt Wasser Gas 
stromt" (Dokument Nr. 7). 

Offizielle Version: Das todliche Gas konnte nicht den Du- 
schen entstromen. Als Mordwaffe verwendete man angeblich 
ein Insektizid, Zyklon B, bei dem Blausaure auf einer festen 
Tragersubstanz (Gips) aufgebracht war. Das Zyklon B wurde 
auf den Boden ausgestreut, worauf der Tragersubstanz - je 
nach Temperatur rascher oder langsamer - Blausaure ent- 
stromte, ein hochgiftiges Gas. 37 Da dieses Gas nicht unter 
Druck stand, konnte es durch keine Rohre geleitet werden. 
Widerstandsbewegung: Nach der Einfiihrung des Gases in 
die Kammer "trat der Tod durch Ersticken ein, denn durch 
die Nase und den Mund tritt das Blut aus" (Dokument Nr. 
7). 38 

Tatsache: Blausaure lost keine Blutungen aus. Der Tod tritt 
durch Unterbinden der Sauerstoffzufuhr zu den Korperzellen 
ein. 39 

Widerstandsbewegung: Ein auf den 29. August 1942 datier- 
ter Bericht erwahnt, daB die Leichen 
der Vergasten unter freiem Himmel 
verbrannt wurden (Dokument Nr. 7). 
Offizielle Version: Die Verbrennung 
von Leichen unter freiem Himmel be- 
gann erst Ende September 1942. 40 
Widerstandsbewegung: "Man beschloB, 
in Brzezinka [Birkenau], 7 km vom La- 
ger entfernt, 5 neue Kammern [41] zu er- 
richten. Der Bau wurde im April 1942 
abgeschlossen." Spater heiBt es, die 
neuen Gaskammern hatten sich in "funf 
Gebauden" 42 befunden (Dokument Nr. 
8). 

Offizielle Version: Bis April 1942 soil 
es in Birkenau lediglich ein Gebaude 
mit einer Gaskammer gegeben haben. 
Es soil dies ein zu seinem neuen Zweck 
umgebautes Bauernhaus gewesen sein, 
welches die Bezeichnung "Bunker 1" 
erhielt und am 20. Marz 1942 in Be- 
trieb genommen worden sein soil. 43 
Spater, am 30. Juni 1942, soil man ei- 
nen zweiten Bunker in Betrieb genom- 
men haben. 44 



Widerstandsbewegung: Die zuvor erwahnten Gaskammern 
besaBen "Einrichtungen zur Einfiihrung des Gases und zur 
Luftung" (Dokument Nr. 8). 

Offizielle These: Laut den Erinnerungen des ersten Au- 
schwitz-Kommandanten Rudolf HoB soil es in der einzigen 
zu jenem Zeitpunkt bestehenden Gaskammer von Birkenau 
keinerlei Vorrichtungen zur Einfiihrung des Gases oder zur 
Luftung gegeben haben; das Gas sei einfach durch "besonde- 
re Luken" eingeworfen worden. 45 

Widerstandsbewegung: Nach den Massenmorden in den Gas- 
kammern von Birkenau wurden die Leichen "durch eine Off- 
nung [46] geworfen und auf einem Scheiterhaufen verbrannt". 
Der Kontext weist darauf hin, daB dies vor September 1942 
geschah (Dokument Nr. 24). 

Offizielle These: Es gibt keinerlei Hinweis auf eine solche 
Offnung. In den damals in Birkenau angeblich existierenden 
Gaskammern sollen die Leichen durch Turen hinausgezogen 
und auf kleinen Wagen, die auf Schmalspurgleisen fuhren, zu 
den Verbrennungsgruben geschafft worden sein. 47 
Widerstandsbewegung: "Vor dem Eintritt in die Gaskammer 
muBten die Todgeweihten baden" (Dokument Nr. 24). 
Offizielle These: Dies ist sinnlos und absurd. Die Todge- 
weihten sollen die Gaskammer in dem Glauben betreten ha- 
ben, man schicke sie zum Baden. 

Widerstandsbewegung: Die Opfer traten in "riesige Hallen" 48 
ein, wo die "Desinfektion" stattfand. "Es gab sieben dieser 
Hallen", 49 von denen jede rund 1.500 Personen fassen konn- 
te. Nachdem man die Hallen mit Menschen gefullt hatte, 
wurde die Luft herausgepumpt, 50 und anschlieBend warf man 
durch einige kleine Fenster das Desinfektionsmittel Kreuzolit 
ein. Drei bis funf Minuten spater waren alle Opfer tot. In der 
Nahe 51 befanden sich sieben Ofen 52 zur Verbrennung der 
Leichen; jeder Ofen besaB sieben Offnungen 53 zur Einfiih- 
rung der Leichname. Der VerbrennungsprozeB nahm nur ein 
paar Sekunden 54 in Anspruch (Dokument Nr. 27). 
Offizielle These: Der Ausrottungsvorgang in den verschiede- 
nen Gaskammern von Birkenau soil keine Ahnlichkeit mit 
der eben zitierten Beschreibung aufgewiesen haben. Weder 



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Abbildung 3: "Orientierungsplan des sog. Auschwitz 2 - Birkenau" 



156 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



gab es sieben Hallen, noch sieben Ofen mit je sieben Off- 
nungen, 55 noch soil die Luft herausgepumpt worden sein, 56 
noch verwendete man "Kreuzolit", noch dauerte die Ver- 
brennung einige Sekunden. 57 

Widerstandsbewegung: Zum Zeitpunkt der Vernichtung der 
ungarischen Juden - zwischen Mai und Juli 1944 - waren 
"beide Gaskammern" 58 ununterbrochen in Betrieb (Doku- 
ment Nr. 30). 

Offizielle These: Wahrend jenes Zeitraums sollen wenigstens 
acht Gaskammern in Betrieb gewesen sein, die sich in den 
vier Krematorien von Birkenau befanden. 59 
Widerstandsbewegung: "Zwischen der Ermordung jeder Op- 
fergruppe [in der Gaskammer] findet nur eine einzige Pause 
statt; diese ist notwendig, damit die Leichen herausgetragen 
und in einen Raum an der anderen Seite der Kammer [60] ge- 
worfen werden konnen, welche die Todgeweihten nicht se- 
hen" (Dokument Nr. 30). 

Offizielle These: Es gab in den Krematorien von Birkenau 
keinen fur die Opfer unsichtbaren "Raum an der anderen Sei- 
te der Kammer". In den Krematorien II und III war der einzi- 
ge Raum neben der angeblichen Gaskammer ein kleiner Vor- 
raum, den die aufeinanderfolgenden Opfergruppen durch- 
schreiten muBten. 61 In den Krematorien IV und V waren die 
einzigen an die Gaskammer angrenzenden Raume ein Ent- 
kleidungsraum, den die Opfer auch in diesem Fall auf dem 
Weg in die Gaskammer durchschreiten muBten, sowie ein 
kleiner Ofenraum. 62 

Widerstandsbewegung: Die Verbrennung der Leichen der 
ungarischen Juden erfolgte auBer in den Krematorien sowie 
auf Scheiterhaufen unter freiem Himmel auch in einer Ziege- 
lei (Dokumente 30f.). 
Tatsache: Fiir die Existenz dieser Ziegelei fehlt jeder Beweis. 

4.2. Massenvergasungen, von denen die offizelle The- 
se NICHTS WEISS 

Widerstandsbewegung: Anfang Oktober 1941 wurden 850 
russische Kriegsgefangene zur Vergasung nach Auschwitz 
gebracht (Dokument Nr. 1). 

Offizielle These: Es gibt keinerlei Hinweise auf ein solches 
Ereignis und auch nicht auf die Ankunft russischer Kriegsge- 
fangener in Auschwitz Anfang Oktober 1941. 63 
Widerstandsbewegung: Zwischen dem 1. und dem 15. De- 
zember 1941 wurden 500 sowjetische Kriegsgefangene in ei- 
nem Betonbunker vergast (Dokument Nr. 4). 
Offizielle These: Auch hier fehlt jeglicher Hinweis auf ein 
solches Geschehnis. 64 

Widerstandsbewegung: Die erste Vergasung erfolgte im Juni 
1941, als 1.700 unheilbar Kranke ermordet wurden (Doku- 
ment Nr. 8). 

Offizielle These: Die erste Vergasung in Auschwitz soil zu 
Versuchszwecken Ende August 1941 stattgefunden haben. 
Bei den Opfern soil es sich um russische Kriegsgefangene 
gehandelt haben. 65 

4.3. Das verwendete Gift 

Widerstandsbewegung: In Auschwitz verwendete man zum 
Massenmord "Kampfgas" 66 (Dokumente 1 und 4), bzw. 
"Kreuzolit" (Dokument Nr. 27), bzw. Blausaure (kwas prus- 
kT) (Dokument Nr. 31). 

Offizielle These: Das einzige angeblich bei Menschenverga- 
sungen zur Anwendung gelangte Mittel soil Zyklon B gewesen 
sein. Bezeichnenderweise taucht der Name dieses Produktes in 
den untersuchten Dokumenten nicht ein einziges Mai auf! 



4.4. TOTUNGSMETHODEN, VON DENEN DIE OFFIZIELLE THESE 
NICHTS WEISS 

Die "Hammerluft" oder der "Lufthammer". Auf diese Weise 
wurden die von der Gestapo zum Tode verurteilten und nach 
Auschwitz geschickten Haftlinge umgebracht (Dokument Nr. 
5). Beziiglich der Funktion dieser Methode gibt es zwei un- 
terschiedliche Schilderungen. Laut der ersten fiihrte man das 
Opfer zur Hinrichtungsstatte, wo man ihm ein Luftgewehr 67 
an den Hinterkopf setzte. Dann erfolgte ein SchuB, "der 
Hammer trifft den unteren Teil des Schadels, und die kom- 
primierte Luft zermalmt das ganze Hirn" 68 (Dokument Nr. 
12). Nach der zweiten Version handelte es sich um einen 
Lufthammer; 69 dieser war in "speziellen Kammern" instal- 
liert, "wo der Hammer von der Decke heruntersauste und die 
Opfer mittels einer speziellen Einrichtung durch den Luft- 
druck den Tod fanden" (Dokument Nr. 19). 
Die elektrischen Kammern und das elektrische Bad. Die elek- 
trischen Kammern "besaBen Wande aus Metall; man fiihrte 
die Opfer hinein und schaltete Starkstrom ein" 70 (Dokument 
Nr. 19). Eine andere Quelle vermeldet, auBer in elektrischen 
Kammern sei auch in "einem elektrischen Bad" 71 gemordet 
worden (Dokument Nr. 9). 

Hinrichtung durch Enthaupten 72 (Dokument Nr. 21). 
Vergasung unter freiem Himmel. Laut einem der Berichte 
fiihrten die Deutschen zu militarischen Zwecken Versuche 
zur "Vergasung unter freiem Himmel" 73 durch (Dokument 
22). 



5. SchluBfolgerungen 

Meiner Ansicht nach gilt es aus dem bisher Dargelegten zwei 
SchluBfolgerungen zu ziehen. 

Die erste davon lautet, daB die Berichte der polnischen Wi- 
derstandsbewegung iiber die Gaskammern von Auschwitz ei- 
ner ernsthaften Kritik nicht standhalten. Eine externe Kritik 
ergibt, daB samtliche Verfasser dieser Dokumente nicht nur 
wahrend der deutschen Besetzung unbekannt blieben - was 
verstandlich ist -, sondern auch nach dem Krieg jahrzehnte- 
lang - bis zum heutigen Tage - ihre Identitat nicht preisga- 
ben, was sich bedeutend schwerer erklaren laBt. Es ist offen- 
kundig, daB ein erheblicher Teil der Dokumente auf Berich- 
ten aus zweiter Hand fuBt, Gerede und Geruchte wiedergibt 
oder sich auf nicht existierende Gewahrsmanner beruft (wie 
z.B. den SS-Funktionar in der Lagerkommandantur). Ein 
Vergleich zwischen den verschiedenen Dokumenten ermog- 
licht uns den SchluB, daB sich ein groBer Teil davon auf an- 
dere Dokumente dieser Serie stiitzt und bisweilen fast wort- 
wortlich abgeschrieben ist. Nicht minder klar hat sich her- 
ausgestellt, daB manche der in verschiedenen Dokumenten 
geschilderten Ereignisse (wie die Ermordung sowjetischer 
Kriegsgefangener in einem Betonbunker im Dezember 1941 
oder die Ausrottung der ungarischen Juden) auf eine einzige 
Quelle zuruckgehen. In Anbetracht all dieser Tatsachen lautet 
der einzige mogliche SchluB, daB die Authentizitat der Do- 
kumente in den meisten Fallen fraglich ist und einer strengen 
externen Kritik keinen Augenblick lang standhalt. 
Zu denselben SchluBfolgerungen fuhrt die interne Kritik. Die 
Verfasser der Dokumente sind vollkommen unglaubwurdig: 
Erstens bieten schon die Umstande, unter denen sie ihre Be- 
richte verfaBten, Grund zum Zweifel an ihrer Objektivitat; 
zweitens strotzen ihre Darlegungen nur so von Kniffen und 
literarischen Kunstgriffen, so daB man von einer dramati- 
schen Veranderung der Realitat sprechen kann. AuBerdem 
bieten die Verschwommenheit der Berichte sowie die zahllo- 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



157 



sen darin enthaltenen inneren Widerspruche AnlaB zum 
Zweifel daran, daB es uberhaupt irgendwelche Augenzeugen 
der Gaskammern gab. 

Fassen wir zusammen: Eine kritische Analyse der in den Do- 
kumenten aufgestellten Behauptungen, die Anonymitat der 
Verfasser, deren fehlende Glaubwiirdigkeit sowie die Un- 
glaubhaftigkeit ihrer Schilderungen laBt kaum einen anderen 
SchluB zu als den, daB die Dokumente apokryph sind und ihr 
Inhalt liigenhaft und falsch ist. Wer sich an eine rigorose hi- 
storische Methode halt, darf folglich die These, in Auschwitz 
habe es Gaskammern zur Totung von Menschen gegeben, 
nicht auf diese Dokumente abstiitzen, sondern muB letztere 
als historisch wertlos verwerfen. 

Die zweite, in meinen Augen noch wichtigere SchluBfolge- 
rung beruht auf der Tatsache, daB die in den Dokumenten ge- 
schilderte Version der Ereignisse in keiner Hinsicht mit der 
seit 1945 verbreiteten - also der offiziellen These - uberein- 
stimmt. Die Annahme ist legitim, daB die in den Berichten 
enthaltenen Beschreibungen der Gaskammern und des Ver- 
nichtungsvorgangs nicht auf tatsachliche Beobachtungen zu- 
ruckgehen, sondern von AuBenstehenden erfunden wurden, 
welche weder die Lage noch die innere Ausstattung jener 
Gebaude kannten, in denen sich laut Nachkriegsversion die 
Massenmorde zugetragen haben sollen. Von kapitaler Bedeu- 
tung ist, daB zwei zentrale Punkte dieser Nachkriegsversion, 
die Mordwaffe Zyklon B sowie die Lage der Gaskammern in 
den Krematorien II, III, IV und V von Birkenau, in den Do- 
kumenten der Widerstandsbewegung niemals Erwahnung 
finden. Nach den Gesetzen der Logik, aber auch vom Stand- 
punkt der offiziellen These aus, liegt die uberzeugendste Er- 
klarung dieses Umstands darin, daB die Berichte der polni- 
schen Widerstandsbewegung schlicht und einfach auf Erfin- 
dungen beruhen. Diese Folgerung wird auch dadurch besta- 
tigt, daB in den Dokumenten neben den Gaskammern andere 
Totungsmethoden erwahnt werden, die auch laut der offiziel- 
len Auschwitz- Version niemals existiert haben (Lufthammer, 
elektrische Kammern etc.). 

Nach der Klarung dieses Punktes miissen wir sogleich die 
nachste Frage aufwerfen: Weshalb war die Widerstandsbe- 
wegung nicht in der Lage, zutreffende und exakte Informa- 
tionen uber die Gaskammern zu liefern? Warum sah sie sich 
statt dessen zum Phantasieren genotigt? 
Vom Standpunkt der orthodoxen These aus konnte man hier 
wie folgt argumentieren: Die Massenmorde durch Giftgas 
fanden tatsachlich statt, doch waren die Einzelheiten ledig- 
lich einer kleinen Menschengruppe bekannt, namlich den 
Angehorigen des sogenannten Sonderkommandos, die in den 
Krematorien arbeiteten und mit dem Herausziehen und Ver- 
brennen der Leichen beauftragt waren. Die Mitglieder des 
"Sonderkommandos" wurden in regelmaBigen Abstanden 
selbst liquidiert und durch andere ersetzt. Somit konnten 
zwar vage Geruchte uber die Massenvergasungen aufkom- 
men, doch waren weder die Einzelheiten des Vernichtungs- 
prozesses noch die genaue Lage der Gaskammern, deren in- 
nere Ausstattung, ihre Zahl und das verwendete Gift bekannt. 
Kurz: Die Mitglieder des Widerstands im Lager Auschwitz 
wuBten zwar uber ein reales Ereignis - die Massentotungen 
durch Gas - Bescheid, lieBen aber beziiglich der Details ihrer 
Einbildungskraft freien Lauf. Erst 1945, nach der Befreiung 
des Lagers, konnten die sowjetischen und polnischen Behor- 
den dank des Studiums der Plane, der Augenscheinnahme der 
Tatorte, der Gestandnisse gefangengenommener SS-Manner 
sowie der Zeugenaussagen uberlebender Angehoriger des 



Sonderkommandos die genauen Einzelheiten ans Licht brin- 
gen. 

Diese Erklarung ist meiner Meinung nach vollig unhaltbar. 
Es ist schlicht nicht vorstellbar, daB der polnische Wider- 
stand, der die neuralgischen Punkte des Lagers unterwandert 
hatte und uber zahlreiche Verbindungen zur AuBenwelt ver- 
fiigte, 74 nicht uber die Details eines Massenmordes an taglich 
Tausenden von Menschen Bescheid wuBte, der sich vor sei- 
nen Augen abspielte. Selbst wenn, um nur ein Beispiel zu 
nennen, das "Sonderkommando" wirklich so hermetisch iso- 
liert gewesen ware, wie behauptet wird, konnte jedermann 
sehen, daB Tag fur Tag Tausende die Umzaunung der Kre- 
matorien durchschritten und nicht ein einziger von ihnen zu- 
riickkehrte. Die erhaltenen Luftfotos zeigen, daB die vier 
Krematorien von Birkenau vom restlichen Lager aus ohne 
weiteres sichtbar und lediglich von einem einfachen Stachel- 
drahtzaun umgeben waren. 75 Doch wie bereits erwahnt wird 
in keinem einzigen Bericht des Widerstands auch nur andeu- 
tungsweise behauptet, die Gaskammern hatten sich in den 
Krematorien befunden. 

Eine zweite Hypothese lauft darauf hinaus, daB die Men- 
schentotungsgaskammern von Auschwitz eine 1941 von der 
polnischen Widerstandsbewegung erdichtete Propagandaliige 
waren. Wir haben hervorgehoben, daB die meisten der unter- 
suchten Dokumente von den Informations- und Propagan- 
daorganisationen des Widerstands verbreitet und moglicher- 
weise auch erstellt worden sind. Des weiteren haben wir dar- 
gelegt, wie der Widerstand Falschmeldungen uber die Aktivi- 
taten und Absichten der Deutschen in Polen verbreitete, bei- 
spielsweise uber einen Plan zur physischen Ausloschung des 
polnischen Volkes. SchlieBlich haben wir Schilderungen von 
Totungsmethoden angetroffen, die nachweislich niemals exi- 
stiert haben. Unter diesen Umstanden ist es vollig logisch, die 
Gaskammern als Erfmdung der Informations- und Propagan- 
daabteilung der Widerstandsbewegung zur Diskreditierung 
der deutschen Besatzungsmacht zu betrachten. Meiner An- 
sicht nach ist dies die nachstliegende Erklarung - eine Erkla- 
rung, die in Ubereinklang mit einer rigorosen historischen 
Methode steht. 

Zum AbschluB mochte ich noch eine Hypothese zum Ur- 
sprung des Mythos von den Gaskammern in Auschwitz auf- 
stellen, die auch eine Antwort auf die Frage liefert, warum 
die polnische Propaganda als Mordwaffe in Auschwitz das 
Gas erkor. 

Vermutlich lag der Grund in der Furcht, die zu Beginn des 
Zweiten Weltkriegs vor dem Einsatz von Giftgas durch die 
kriegfuhrenden Machte an der Front oder gegenuber der Zi- 
vilbevolkerung herrschte. Von dieser Furcht waren damals 
viele Menschen beseelt, und zwar aufgrund der Erfahrungen 
des Ersten Weltkriegs, als Giftgas mit verheerenden Folgen 
zum Einsatz gelangt war. Nach dem Beginn des deutsch- 
sowjetischen Krieges im Juni 1941 mogen sich solche Be- 
fiirchtungen noch verstarkt haben. 

In den Dokumenten des polnischen Widerstands finden sich 
Indizien, welche auf die Richtigkeit dieser Hypothese hin- 
deuten. In einem in Auschwitz verbreiteten Flugblatt iiber 
Auschwitz wird beschrieben, wie nach einer Vergasungsakti- 
on die Leichen aus der Kammer gezogen wurden. Die Opera- 
tion erinnerte einen der Leichentrager an eine Szene des Er- 
sten Weltkriegs: 76 

"Einer der Totengrdber, der einen Leichnam auf seinem 
Arm trug, um ihn dann in den Wagen zu werfen, betrachtet 
das griinlich-graue Gesicht einen Augenblick long. Vor 



158 



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vielen Jahren hat er solche Gesichter gesehen: In einem 
verlassenen Schiitzengraben voll toter Soldaten. Dieselbe 
gespenstische Bldsse. Es ist jene Art von Verfdrbung, die 
unter der Einwirkung von Giftgas eintritt. " 
AufschluBreicherweise erscheint der erste Hinweis auf Men- 
schenvergasungen im Oktober 1941, vier Monate nach dem 
Ausbruch des deutsch-sowjetischen Krieges. Damals sollen 
850 russische Kriegsgefangene mit "einer neuen Art Kampf- 
gas" getotet worden sein (Dokument Nr. 1). 
Wenn unsere These zutrifft, behielt die polnische Wider- 
standsbewegung sparer das Gas als Mordwaffe bei, behaupte- 
te aber, es sei zur Totung von Haftlingen aller Kategorien, 
insbesondere von Juden, gebraucht worden. 
Nach der Befreiung des KL Auschwitz im Jahre 1945 be- 
schlossen die sowjetischen und polnischen Machthaber, den 
Schwindel fortzufuhren, ersetzten aber das in Auschwitz 
nicht existierende "Kampfgas" bzw. "Kreuzolit" durch das 
Insektizid Zyklon B, das von den Deutschen zur Bekampfung 
der immer wieder im Lager wutenden Fleckfieberepidemien 
in groBen Mengen verwendet worden war. 
Hier ist auf zwei Prazedenzfalle hinzuweisen, bei denen in 
der Propaganda geltend gemacht worden war, man habe Zy- 
klon B zur Ermordung von Menschen eingesetzt. Zum ersten 
Mai tauchte diese Behauptung in einem Bericht auf, der dem 
Vernehmen nach von zwei am 7. April 1944 aus Auschwitz 
geflohenen jungen slowakischen Juden, Rudolf Vrba alias 
Rosenberg sowie Alfred Wetzler, erstellt worden war. Der 
Bericht wurde anschlieBend von Angehorigen der judischen 
Gemeinschaft in der Slowakei verbreitet. 77 Der zweite Fall 
betraf das KL Majdanek, das die Sowjets im Juli 1944 befreit 
hatten. Der sowjetische Autor K. Simonov schrieb bald dar- 
auf in einer Broschure, die in mehreren Sprachen erschien, 
Zyklon B sei in jenem Lager zur Menschentotung in einer 
Gaskammer verwendet worden. 78 

So gewann der im Jahre 1941 entstandene Mythos allem An- 
schein nach seine heute noch giiltige Form. 

Anmerkungen 

Der Spanier Enrique Aynat hat sich in mehreren Studien als Forscher von 
Rang auf dem Gebiet des "Holocaust" im allgemeinen sowie des Lagers Au- 
schwitz im besonderen hervorgetan. Der vorliegende Text erschien unter 
dem Titel Los informes de la resistencia polaca sobre las cameras de gas de 
Auschwitz (1941-1944) als zweiter Teil des Buchs Estudios sobre el "Holo- 
causto" (Selbstverlag, Valencia 1994). Der erste Teil jenes Werks setzt sich 
mit der Deportation franzosischer und belgischer Juden nach Auschwitz aus- 
einander und wird zu einem spateren Zeitpunkt in den VffG erscheinen. Aus 
des Spanischen ubersetzt von Jurgen Graf. 

1 Enrique Aynat," Auschwitz and the Exile Government of Poland in the 
'Polish Fortnightly Review'", in: Journal of Historical Review, 1 1 (3) 
(1991), S. 283-319. 

2 E. Duraczyhski, "Delegatura", in: Encyclopedia of the Holocaust, Max 
Millan, New York 1990, S. 356f. 

Zesyzty oswiecimskie (Hefte von Auschwitz), Staatl. Auschwitz-Museum, 
Sondernummer (I) (1968), S. XXXIII + 194. 

4 In der vorliegenden Ubersetzung wird stets der deutsche Name "Au- 
schwitz" verwendet. Der polnische Name des Lagers sowie der gleich- 
namigen Kleinstadt lautet Oswiecim. Aynat verwendet je nachdem, ob er 
eine deutsche oder eine polnische Quelle zitiert, bald den einen, bald den 
anderen Namen. - Der Ubersetzer. 

5 Oboz, S. XIV. 

6 Aus Platzgriinden wird hier auf die Wiedergabe der polnischen Texte ver- 
zichtet. Die tjbertragung ins Deutsche erfolgte aber anhand der polni- 
schen Originale und nicht der spanischen Version Aynats. - Der Uberset- 
zer. 

Eine externe Kritik bedeutet, daB ein Dokument mit anderen Dokumenten 
zum selben Thema verglichen wird. Bei einer internen Kritik wird das be- 
treffende Dokument auf seine innere Logik und Glaubhaftigkeit hin iiber- 
pruft. - Der Ubersetzer. 



C.V. Langlois und C. Seignobos, Introduccion a los estudios historicos, 

Die erste Ausgabe dieses Werks stammt aus dem Jahre 1897. 

Oboz, S. 11. 

Ebenda, S. 50. 

Ebenda, S. 93. 

Ebenda, S. 110. 

Ebenda, S. 9. 

"krematoria ne moga^ nadazyc z paleniem" 

"Krematoria nie moga_ nda_zyc z paleniem zwlok" 

"cegielnia" 

Eine ausfiihrliche Studie dieser angeblichen Massentotungsaktion findet 

sich bei Carlo Mattogno, Auschwitz: La prima gasazione, Edizioni di Ar, 

Padua 1992. 

"ohydney zbrodni" 

"ponurej zbrodni" 

"w nocy z 5 na 6. IX" 

"w nocy z 5 na 6 wrzesnia" 

"wtloczono do bunkra" 

"wytruto ich gazem" 

"wytruto gazami" 

"wieczny ogieh" 

"zagazowanych" 

Hoover Institute Archives, Poland, Botschaft [US], Box n. 29. Tragt den 

Hinweis "Strictly Confidental" (Streng geheim). 

"a deliberate attempt is made to exterminate her people" 

"biological extermination" 

"urzadzone s^ laznie z prysznicami, z ktorych niestety zamiast wody wy- 

dobywa si? gaz" 

"bez okieh, z podwojnymi drzwiami, dociskanymi srubami oraz insta- 

lacjami do doprowadzenia gazu i wentylacji" 

"ogromnych hal" 

"male okna" 

"miejsca trucia" 

Dieser Plan stammt von der polnischen Exilregierung. Er tragt einen Ver- 

merk der Jewish Agency for Palestine, der auf den 18. August 1944 da- 

tiert ist. Public Record Office, FO 371/42806. 

"Orientierungsplan des sogenannten Auschwitz 2 - Birkenau", Polish 

Underground Movement (1939-1945) Study Trust, ohne Referenznum- 

mer. 

F. Piper, Extermination. In: Auschwitz. Camp Hitlerien d Extermination, 

Interpress, Warschau 1986, S. 1 17 ff. Zu den Eigenschaften von Zyklon 

B vgl. auch Wolfgang Lamprecht, "Zyklon B - eine Erganzung", in: VffG, 

1(1) (1997), S. 2-5. 

"smierc nast^puje przez uduszenie, bo nosem i ustami wydobywa si? 

krew" 

W. Wirth, C. Gloxhuber, Toxikologie, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 

1985, S. 159f; W. Forth, D. Henschler, W. Rummel, Allgemeine undspe- 

zielle Pharmakologie und Toxikologie, Wissenschaftsverlag, Mannheim 

1987, S. 751f. ; S. Moeschlin, Klinik und Therapie der Vergiftung, Georg 
Thieme Verlag, Stuttgart 1986, S. 300; H.-H. Wellhoner, Allgemeine und 
systematische Pharmakologie und Toxikologie, Springer Verlag, Berlin 

1988, S.445f. 

F. Piper, Extermination, aaO. (Anm. 37), S. 121f. 

"5 nowych komor" 

"5 budynkow" 

D. Czech, Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Au- 

schwitz-Birkenau 1939-1945, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1989, S 

186f. 

Ebenda, S. 239. 

R. H6B, Kommandant in Auschwitz, herausgegeben von M. Broszat, dtv, 

Frankfurt 1958, S. 160. 

"przez otwor" 

F. Piper, Extermination, aaO. (Anm. 37), S. 120. 

"do ogromnych hal" 

"Hal tych bylo siedem" 

"wypompowane powietrze" 

"w poblizu" 

"siedem piecow" 

"siedem otworow" 

"kilka sekund" 

Die Sieben Zwerge hinter den Sieben Bergen mit den Sieben Meilenstie- 

feln. Die Zahl Sieben ist typisch fur Marchen. In Birkenau gab es im 

April 1 944 vier - teilweise funktionsunfahige - Krematorien, zwei davon 

mit fiinf Ofen a drei Offnungen, zwei mit zwei Ofen a vier Offnungen. 

Anm. der Redaktion. 

Die Mar von Vakuumpumpen ahnelt Propaganda, die iiber die Lager 

Treblinka und Belzec verbreitet wurde, vgl. C. Mattogno, J. Graf, 



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159 



Treblinka, Castle Hill Publishers, Hastings 2002, S. 29, 80, 84; C. Matto- 
gno, Belzec, Castle Hill Publishers, Hastings 2004, in Vorbereitung. 

57 Eine genaue Darstellung des angeblichen Ausrottungsvorgangs aus der 
Sicht der orthodoxen Historiker findet sich bei F. Piper, Extermination, 
aaO. (Anm. 37), S. 119-134. 

58 "obie komory gazowe" 

5 ' R. Faurisson, Memoire en Defense, La Vieille Taupe, Paris 1980, S. 153- 
156 (Ablichtung eines Briefs von K. Smoleh, dem ehemaligen Direktor 
des Staatlichen Auschwitz-Museums). 

60 "na druga_ strong komory" 

61 J.-C. Pressac, Auschwitz: Technique and Operation of the Gas Chambers, 
The Beate Klarsfeld Foundation, New York 1989, S. 284f. 

62 Ebenda, S. 399. 

63 D. Czech, Kalendarium, aaO. (Anm. 43), S. 125-128. Diese Seiten ent- 
sprechen den ersten zehn Tagen des Oktober 1 94 1 . 

64 D, Czech, ebenda, S. 149-155. 

65 Ebenda, S. 1 15f.; zu den Geriichten iiber diese angebliche erste Verga- 
sung in Auschwitz vgl. Carlo Mattogno, Auschwitz: La prima gasazione, 
Edizioni di Ar, Padua 1992. 

66 "gaz bojowy" 



"powietrzna strzelba" 

"mlot uderza w podstawg czaszki, a sprezone powietrze miazdzy caly 

mozg" 

"mlot powietrza" 

"mialy metalowe sciany, wprowadzano do nich ofiary i puszczano prad o 

wysokim napieciu" 

"w lazni elekrtycznej" 

"przez sciecie" 

"gazowaniem na wolnym powietrzu" 

E. Aynat, "Auschwitz and the Exile Government. . .", aaO. (Anm. 1), S. 

287-292. 

L Album d Auschwitz, Seuil 1983, passim. 

The Camp of Death, Liberty Publications, London 1944, S. 23. 

Siehe dazu Enrique Aynat, Los " Protocolos de Auschwitz ": i Unafuente 

historica?, Garcia Hispan, Alicante 1990. 

K. Simonov, The Death Factory near Lublin, S. 9-1 1 . (Siehe auch Jiirgen 

Graf und Carlo Mattogno, KL Majdanek. Eine historische und technische 

Studie, Castle Hill Publisher, Hastings 1998, Kapitel 6. Anmerkung des 

Ubersetzers.) 



Dokumentenausziige 



Die hier angefuhrten Dokumentenausziige werden in chrono- 
logischer Reihenfolge zitiert. Jedem Dokument werden An- 
merkungen vorausgeschickt, aus denen hervorgeht, ob es 
schon publiziert oder noch unveroffentlicht ist. Im ersten Fall 
wird auf das betreffende Werk hingewiesen. Die allermeisten 
der Berichte sind in Oboz veroffentlicht worden. Bei den un- 
veroffentlichten stent jeweils ein Verweis auf das betreffende 
Archiv samt Referenznummer. Angegeben werden ferner das 
Ausstellungsdatum des Dokuments, seine Kopfzeile sowie 
sein Titel. Unter der Kopfzeile verstehen wir entweder die 
Ziffern bzw. Codeworter, mit denen sich jene Zellen identifi- 
zierten, welche die Information erhielten oder verbreiteten, 
oder aber die Untergrundpublikation, in der das einschlagige 
Dokument erschien. Bei dieser Publikation handelt es sich 
stets um die Informacja biezqca (Laufende Information), das 
interne Sprachrohr der Armija Krajowa, also der nationali- 
stisch-katholisch orientierten polnischen Heimatarmee. 
An die Anmerkungen schlieBt sich jeweils der Text des be- 
treffenden Dokuments an. 



Dokument Nr. 1 

Veroffentlicht in: Oboz, S. 11. 
Kopfzeile: 163L 



Datum: 24. Oktober 1941 



Titel: 



"Anfang Oktober wurden 850 russische Offiziere und Un- 
teroffiziere (Kriegsgefangene) nach Auschwitz gebracht 
und durch Gas getotet, zur Erprobung eines neuen Typs 
von Kampfgas, der an der Ostfront eingesetzt werden 
soil. " 



Datum: 15. November 1941 



Dokument Nr. 2 

Veroffentlicht in: Oboz, S. 14. 

Kopfzeile: - 

Titel: "Lagebericht fur den Zeitraum vom 15. VIII. bis zum 

15. XL 1941." 

"Das Lager wurde Schauplatz eines grauenvollen Verbre- 
chens, als man in der Nacht vom 5. auf den 6. September 
ungefdhr 600 sowjetische Gefangene, darunter 'Politruks ' 
der Armee, sowie ungefdhr 200 Polen in einen Bunker 
trieb; nach der Abdichtung des Bunkers vergiftete man sie 
mit Gas, brachte die Leichen ins Krematorium und ver- 
brannte sie. " 



Dokument Nr. 3 

Veroffentlicht in: Oboz, S. 14. Datum: 17. November 1941. 
Kopfzeile: 1631. Informacja biezqca 21. 



Titel: - 

"Auschwitz. Die Nachrichten iiber ein finsteres Verbre- 
chen, das im Lager veriibt wurde, bestdtigen sich. In der 
Nacht vom 5. auf den 6. September des Jahres 1941 trieb 
man ungefdhr 600 herbeigefuhrte sowjetische Zivilgefan- 
gene in den Bunker in Auschwitz, wobei man ihnen mit 
Stangen Hdnde und Ftifie brach. Miterfafit wurden unge- 
fdhr 250 Polen. Man dichtete alle Offnungen des Bunkers 
ab und vergiftete die Eingeschlossenen mit Gasen. Die Lei- 
chen der Vergifteten schaffte man nachts auf 80 Wagen ins 
Krematorium, wo sie verbrannt wurden. " 

Dokument Nr. 4 

Veroffentlicht in: Oboz, S. 16. Datum: 15. Dezember 1941 
Kopfzeile: - 



Titel: "Beilage zum Anhang Nr. 21 fur den Zeitraum vom 1 — 

15. XII. 1941." 

"Mittels eines Kampfgases wurden ungefdhr 500 Gefange- 
ne in einem Betonbunker vergiftet. " 

Dokument Nr. 5 



Veroffentlicht in: Oboz, S. 32. 

Kopfzeile: - 

Titel: "Auschwitz." 



Datum: Juni 1942. 



" Mordmethoden gibt es sehr viele, ndmlich Fusilierung 
durch ein Erschiefiungskommando, Ermordung mit Ham- 
merluft [Deutsch im Text] sowie schliefilich Vergasen in 
Gaskammern. Auf die erste sowie zweite Art ermordet man 
die von der Gestapo zum Tode Verurteilten und [nach Au- 
schwitz] Geschickten, auf die dritte die arbeitsunfdhigen 
Kranken sowie die Transporte, die bereits zu dieser Be- 
stimmung eintreffen (Bolschewiken und in letzter Zeit Ju- 
dentransporte). " 



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Dokument Nr. 6 

Veroffentlicht in Polish Fortnightly 
Review, Nr. 47, S. 2 (die polnische 
Vorlage ist nicht erhalten). 



Datum: 1. Juli 1942. 



Kopfzeile: - 

Titel: "Dokumente aus Polen. Deutsche Versuche zur Ermor- 
dung einer Nation. Das Pawiak-Gefangnis in Warschau so- 
wie das Konzentrationslager Auschwitz." 



"Es ist allgemein bekannt, dafi in der Nacht vom 5. aufden 
6. September des letzten Jahres ungefahr tausend Personen 
in den unterirdischen Bunker in Auschwitz getrieben wur- 
den, darunter siebenhundert bolschewistische Kriegsge- 
fangene und dreihundert Polen. Da der Bunker zu klein 
war, um diese grofie Anzahl Menschen zu fassen, wurden 
die Leiber einfach gewaltsam hineingeprefit, ohne dafi man 
sich um gebrochene Knochen scherte (regardless of broken 
bones). Als der Bunker gefiillt war, ftihrte man Gas ein 
(gas was injected into it), und samtliche Gefangenen star- 
ben im Lauf der Nacht. Die ganze Nacht hindurch wurde 
die Ruhe im Lager durch das Stohnen und Heulen (groans 
and howls) gestort, das aus dem Bunker drang. Am folgen- 
den Tage mufiten andere Gefangene die Leichen entfernen, 
was den ganzen Tag in Anspruch nahm. Ein Handkarren, 
auf dem man die Leichname auftiirmte, zerbrach unter der 
Last. " 

Dokument Nr. 7 



Datum: 29. August 1942. 



Veroffentlicht in: Oboz, S. 43. 

Kopfzeile: - 

Titel: "Im Lager Auschwitz geschriebener Brief." 

"Das Schrecklichste sind die Massenhinrichtungen durch 
Gas in speziellen Kammern, die zu diesem Zweck erbaut 
worden sind. Es gibt deren zwei, und sie konnen 1.200 
Menschen fassen. Sie sind wie Duschen eingerichtet, denen 
leider statt Wasser Gas entstromt. Auf diese Weise richtet 
man vorwiegend ganze Transporte von Menschen hin, die 
darauf nicht vorbereitet sind. Man sagt ihnen, sie gingen 
ins Bad, gibt ihnen sogar Handtticher - auf diese Weise hat 
man schon 300.000 in den Tod geschickt. Friiher ver- 
scharrte man sie in Graben; heute werden sie unter freiem 
Himmel in speziell ausgehobenen Graben verbrannt. Der 
Tod erfolgt durch Ersticken, denn aus der Nase und dem 
Mund tritt Blut aus. " 



Dokument Nr. 8 
Veroffentlicht in: Oboz, S. 48. 
Kopfzeile: D.I. 



Datum: 10. Oktober 1942. 



Titel: "Bericht iiber die Lage im Lande fiir den Zeitraum vom 

26. VIII -10. X. 1942." 

"Gaskammern. Die erste Verwendung von Gaskammern 
erfolgte im Juni des Jahres 1941. Man stellte einen Trans- 
port von 1.700 unheilbar Kranken zusammen und schickte 
sie 'offizielV in ein Sanatorium in Dresden, tatsachlich 
aber in ein Gebdude, das zu einer Gaskammer umgebaut 
worden war. Das Gebdude erwies sich jedoch als zu klein 
und unpraktisch. Man beschlofi, in Brzezinka, 7 Kilometer 
vom Lager entfernt, 5 neue Kammern zu errichten. Ihr Bau 
wurde im April 1942 abgeschlossen. Diese 5 Kammern 
sind ftinf Gebdude ohne Fenster, mit doppelter, mittels 
Schrauben verschlossener Tur sowie Einrichtungen zur 
Einleitung des Gases sowie einer Ltiftung; jedes Gebdude 
ist fur 700 Personen gedacht. Zwischen den Gebduden sind 



die Schienen einer Bahn gelegt, mit der man die Leichen zu 
den Graben bringt, welche in den nahen Waldern ausge- 
hoben worden sind. Die Vergasung von 3.500 Menschen 
einschliefilich sdmtlicher vorbereitenden und nachtrdgli- 
chen Arbeiten, dauert 2 Stunden. Man vergast hauptsdch- 
lich bolschewistische Gefangene sowie Juden. Unter den 
Polen vor allem unheilbar Kranke. In den aus dem Lager 
nach Berlin gesandten Rapporten wird die Anzahl der Ver- 
gasten nicht angegeben. " 

Dokument Nr. 9 



Veroffentlicht in: Oboz, S. 52. Datum: 23. Oktober 1942. 



Kopfzeile: "163-A/l. Informacja biezqca Nr. 39 (64)." 

Titel: - 

"Bis zum 15. VIII verzeichnete das 'Sterbebuch ' offiziell 
18.800 Eingedscherte. Doch abgesehen von dieser offiziel- 
len Ziffer (Haftlinge aus Polen und dem Reich) starben 
Tausende von Juden aus Polen, Frankreich, Holland und 
Deutschland, aufierdem Serben, Tschechen, Slowaken, Un- 
garn, ja sogar Italiener, des weiteren eine gewisse Anzahl 
polnischer Aussiedler', schliefilich russische Kriegsgefan- 
gene: von diesen trafen im Lauf des Jahres ungefahr 
60.000 ein, und keiner davon ist am Leben geblieben: man 
probierte an ihnen die Wirkung von Kampfgasen aus. Der 
im Lager den Juden aus Frankreich und Holland geraubte 
Besitz uberschreitet den Wert von 60 Millionen Vorkriegs- 
Reichsmark, er besteht aus Gold und Kostbarkeiten. Nach 
dem Bericht eines SS-Mannes, der bei den elektrischen 
Kammern Dienst tut, betrdgt die Zahl dieser Opfer inoffizi- 
ell bis zu 2.500 pro Nacht. Sie werden durch ein elektri- 
sches Bad sowie in Gaskammern hingerichtet. Die Lager- 
hunde haben ebenfalls eine grofie Zahl von Opfern ver- 
nichtet. " 

Dokument Nr. 10 

Veroffentlicht in: Oboz, S. 60f. Datum: 10. November 1942. 

Kopfzeile: - 

Titel "An die Zentrale. Kopien von Berichten und Erinnerun- 

gen aus dem Straflager Auschwitz." 

"Die erste Verwendung von Gaskammern (Degasungs- 
kammer) [sic!] erfolgte im Juni des Jahres 1941. Man bil- 
dete einen Transport aus 1.700 Menschen (unheilbar 
Kranke, an Geschlechtskrankheiten Leidende, Korper- 
schwache [Deutsch im Text], Krtippel, Kranke, die eine 
Rippenoperation hinter sich hatten, Meningitis-Kranke) 
und schickte sie in ein Sanatorium nach Dresden (laut offi- 
zieller Bekanntmachung). In Wirklichkeit transportierte 
man sie zu einem Gebdude ab, das in eine Gaskammer 
umgebaut worden war. Das Gebdude erwies sich als zu 
klein und unpraktisch. Man beschlofi, in Brzezinka (Bir- 
kenau), 7 Kilometer vom Lager entfernt, ftinf moderne 
Kammern zu errichten. Der Bau wurde im April 1942 ab- 
geschlossen. Es gibt 6 Blocke (ohne Fenster, mit Schrau- 
ben abgeschlossene Doppelttir, moderne Einrichtungen zur 
Zuftihrung des Gases sowie zur Ltiftung) fur je 700 Perso- 
nen. Zwischen den Blocken schafft eine Schmalspurbahn 
die Leichen zu je 4 km langen Graben in nahegelegenen 
Waldern. Eine andere Bahn bringt Kalk zum Bestreuen der 
Leichen. Das ganze Geldnde der D-kammer [sic] ist eine 
geschlossene Zone; jedem, der dort nicht arbeitet und sich 
trotzdem aufdem Territorium aufhdlt, droht die Todesstra- 
fe (dies gilt auch ftir die SS, die Wehrmacht, Zivilisten und 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



161 



Gefangene). Die Vergasung von 3.500 Menschen dauert 2 
Stunden. " 

DokumentNr. 11 



Veroffentlicht in: Oboz, S. 69. 
Kopfzeile: - 



Datum: November 1942. 



Titel: "An die Zentrale. Aus dem Brief eines Auschwitz- 

Haftlings." 

"Jede Woche kommen normalerweise zwei Transporte mit 
Juden aus der Slowakei, Frankreich, dem Kohlenrevier 
oder dem Generalgouvernement an. Juden aus dem Koh- 
lenrevier sowie aus dem Generalgouvernement werden 
massenweise vergiftet; es fallt uns schwer, die Zahl zu er- 
mitteln, doch ist sie riesig, so dafi man mit dem Abtrans- 
port der Kleidung der Vergifteten nicht nachkommt. Es la- 
gen ungefahr 15.000 davon neben den Gaskammern, ob- 
gleich man die Leichen tdglich mit Fuhren wegschafi't. Es 
bestehen zwei Vergiftungsstdtten: im Lagerkrematorium 
(Fassungsvermogen 400 Menschen) sowie in Birkenau, wo 
man zu diesem Zweck im Wald einige Hduschen mit erheb- 
lich grqBerer Kapazitat vorbereitet hat. Die Vergasten 
werden in grofien Gruben verscharrt, zu denen man eine 
eigens zur Erleichterung der Transporte errichtete Bahn 
herangefuhrt hat. Zu ihrer Filllung verwendet man Zivilju- 
den, die nach einiger Zeit selbst vergiftet werden. " 



Veroffentlicht in: Oboz, S. 54. 


Datum: 1. November 1942. 


Kopfzeile: - 


Titel: "Vom Leben im Lager." 



"Wenn das Kommando zur Arbeit entsandt ist, fiihrt man 
sie [die Todgeweihten] in den Hof der Strafkompanie, wo 
die Hinrichtungen durch den 'Hammerluft' [so im Text] 
stattfinden. Man bindet den Hdftlingen die Hdnde hinten 
zusammen und fiihrt sie einzeln nackt in den Hof. Dort legt 
man ihnen den Lauf dieses Luftgewehrs an [den Hinter- 
kopf] und gibt einen lautlosen Schufi ab. Der Hammer trifft 
auf den unteren Teil des Schddels, und die komprimierte 
Luft zermalmt das ganze Him. Die Leichen wirft man auf 
einen Haufen, und dann ist der Ndchste an der Reihe. Dem 
Vernehmen nach spielen sich dort schreckliche Szenen 
ab. " 

Dokument Nr. 13 



Veroffentlicht in: Oboz, S. 79f. 

Kopfzeile: - 

Titel: "Zusatz zu K.B./r. O.K. Nr. 3 



Datum: Januar 1943. 



Teil I." 



"Numerische Statistik fur die Existenz des Lagers Au- 
schwitz biszum 15. XII. 1942. [...] 
Juden: 

Vergaste aus Frankreich, Belgien und Holland: 502.000 
Vergaste aus Polen: 20.000. " 

Dokument Nr. 14 



Datum: 24. Februar 1943. 



Veroffentlicht in: Oboz, S. 89. 

Kopfzeile: - 

Titel: "Bericht uber die Lage im Generalgouvernement fiir 

den Zeitraum vom 24. 1 - 24. II. 1943." 

"Mit Gas vergiftete Juden 520. 000, davon ungefahr 20. 000 
aus Polen, der Rest aus Frankreich, Belgien, Holland, Ju- 
goslawien und anderen Landern. " 



Dokument Nr. 15 

Veroffentlicht in: Oboz, S. 90. Datum: 28. Hornung 1943. 

Kopfzeile: - 

Titel: "Anhang Nr. 48 fiir den Zeitraum vom 16. - 28. II. 
1943." 



"Vergaste Juden aus Polen 20.000, aus Frankreich, Belgi- 
en, Holland 502.000." 

Dokument Nr. 16 



Veroffentlicht in: Oboz, S. 97. 



Datum: 26. Marz 1943. 

Kopfzeile: 252-A/l. Informacja biezqca Nr. 12 (85). 

Titel: - ________\\ 

"Aufierhalb der Numerierung [d.h. auBer den numerisch 
erfaBten verstorbenen Haftlingen] gibt es die Transporte 
fiir das Gas, hauptsdchlich Juden, bis heute mehr als 
500.000." 

Dokument Nr. 17 



Veroffentlicht in: Oboz, S. lOOf. 


Datum: April 1943. 


Kopfzeile: IV. 33. 


Titel: - 





"Im Lager Auschwitz fehlt es an Gas zur Vergiftung der 
Hdfilinge; aus Grunden der Okonomie bleiben die Men- 
schen halbvergiftet und werden dann verbrannt. Im Kre- 
matorium sind die Wande blutbefleckt - wenn ein durch die 
Wirkung des Gases betdubter Mensch im Ofen wieder zu 
sich kommt, zerkratzt er mit den Fingern den Beton, um 
sich gegen den Tod zu wehren. Dasselbe spielt sich in bei 
Freiluftverbrennungen ab, wo die Vergifteten in den Ver- 
brennungsgruben nach einiger Zeit das Bewufitsein wie- 
dererlangen. Uber diese Verbrennungsgruben kursieren 
Legenden — sie sind unter der Bezeichnung 'ewiges Feuer' 
bekannt, well sie Tag und Nacht lodern. " 

Dokument Nr. 18 



Datum: 2. April 1943. 



Veroffentlicht in: Oboz, S. 98. 

Kopfzeile: - 

Titel: "Bericht uber die wichtigsten Ereignisse im Land wah- 
rend des Zeitraums vom 28. Ill - 2. IV. 43 Nr. 12/43." 



"Die erwdhnten Daten umfassen nicht die Transporte der 
fiir die Gaskammern Auserkorenen, die eine gesonderte 
Numerierung aufweisen. Hier iiberschreitet die Numerie- 
rung bereits 500.000 Personen, mehrheitlich Juden. " 

Dokument Nr. 19 

Nicht veroffentlicht. Yad Vashem, Datum: 18. April 1943. 

M-2/261. 

Kopfzeile: - 



Titel: "Am 18. April in London erstellter Bericht. Ich kenne 

den Informanten personlich." 

" Auschwitz. Ich habe einige Wochen lang in Auschwitz ge- 
lebt. Ich kenne die Zustdnde genau, well ich mich mit ihrer 
Erforschung befafit und mich zu diesem Zwecke dort aufi 
gehalten habe. Von aus Auschwitz Freigelassenen erlangte 
ich aufierst prdzise Informationen dariiber, was sich dort 
tut. Als ich Auschwitz Ende September verliefi, waren be- 
reits mehr als 95.000 Hdfilinge registriert worden, doch 
gab es neben diesen auch Nichtregistrierte. Unter ihnen 
befanden sich 20.000 bolschewistische Kriegsgefangene, 
die im Sommer 1940 [sic; gemeint ist zweifellos 1941] 
dorthin verbracht worden waren, sowie auch grofie Mas- 
sen aus anderen Landern dorthin deportierter Juden. Die 



162 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



Kriegsgefangenen starben vor Hunger. Die Juden wurden 
massenweise hingerichtet. Als ich wegfuhr, gab es in Au- 
schwitz rund 15.000 Haftlinge. Von den Registrierten wa- 
ren wenigstens 60.000 ermordet worden. Aufgrund jener 
sicheren Informationen, die ich an Ort und Stelle erlangte, 
kann ich versichern, dafi die Deutschen folgende Totungs- 
systeme verwendeten: 

a/ Gaskammern. Die Opfer mussen sich nackt ausziehen, 
dann pfercht man sie in die Kammern und vergiftet sie; b/ 
Elektrische Kammern: Diese Kammern besafien Metall- 
wande; man filhrte die Opfer hinein und setzte sie unter 
Starkstrom; c/ Das System der sogenannten Hammerluft 
[auf deutsch im Text]: Dabei handelt es sich um einen 
Lufthammer. Es gab spezielle Kammern, in denen der 
Hammer von der Decke hinuntersauste und die Opfer mit- 
tels einer speziellen Einrichtung den Tod durch den Luft- 
druck fanden. d/ Erschiefien: Dieses gelangt vorwiegend 
als Form der Kollektivstrafe bei Fallen von Ungehorsam 
zur Anwendung, wobeijeder Zehnte fusiliert wird. 
Am hdufigsten werden die ersten drei Methoden ange- 
wandt, die letzte seltener. Die Gestapo-Manner standen mit 
aufgesetzten Gasmasken an einem Ort, der hoher lag als 
die Gaskammern, und weideten sich zynisch am Massen- 
sterben der Opfer. 

Die Deutschen luden die Leichen [auf Fahrzeuge] und 
schafften sie weg; aufierhalb von Auschwitz hoben sie mit 
Hilfe riesenhafter Bagger Graber und Gruben aus und be- 
streuten die Leichen dort mit Kalk. Das Verbrennen der 
Opfer mittels elektrischer Ofen wird seltener praktiziert, 
denn innerhalb von 24 Stunden konnten in diesen Ofen le- 
diglich 250 Leichen verbrannt werden. " 

Dokument Nr. 20 

Unveroffentlicht. Polish Underground Mo- 
vement (1939-1945) Study Trust, eine Refe- 
renznummer wurde nicht mitgeteilt. 

Kopfzeile: - 

Titel: "Fragment eines Berichts des [polnischen 
Exil-]AuBenministeriums fur das erste Halbjahr 1943." 

"Mit Gas vergiftete Juden 520.000, darunter 20.000 aus 
Polen, der Rest aus Frankreich, Belgien, Holland, Jugo- 
slawien sowie anderen Ldndern. " 



Datum: 1943. 



Dokument Nr. 21 

Veroffentlicht in: Oboz, S. 107. 



Datum: 15. Juli 1943. 



Kopfzeile: S.Z. S. I. 

Titel: "Von der BBC ausgestrahlter Bericht fiir die Welt." 
"Bis Ende 1942 wurden im Lager Auschwitz 468.000 Ju- 
den mit Gas vergiftet, ohne vorher regis triert worden zu 
sein. Dies ist eine offiziell bestdtigte Ziffer. [...] Von Sep- 
tember letzten Jahres bis Anfang Juni dieses Jahres wur- 
den 181.000 Juden aus Polen, Griechenland, Frankreich, 
Belgien, Holland und der Tschechoslowakei nach Au- 
schwitz gebracht. Von diesen wurden 1 77. 000 durch Gas- 
vergiftung hingerichtet. [...] In letzter Zeit wurden in Au- 
schwitz auch Totungen durch Enthaupten vollzogen. " 

Dokument Nr. 22 



Veroffentlicht in: Oboz, S. 1 1 If. Datum: 18. August 1943. 

Kopfzeile: s.z. 

Titel: "Brief eines Haftlings von Auschwitz. Anhang Nr. 1 
zur LB. Nr. 32(105)." 



"Ganze Transporte werden ohne jede Numerierung direkt 
ins Gas geschickt. Die Zahl der Betroffenen ubersteigt be- 
reits 500.000. Vorwiegend Juden. In letzter Zeit gehen 
Transporte von Polen aus der Lubliner Gegend direkt ins 
Gas (Manner und Frauen). Die Kinder wirft man einfach 
ins Feuer. Hinter Birkenau brennt das sogenannte 'ewige 
Feuer ' - ein Stofi von Leichen unter freiem Himmel -, denn 
die Krematorien konnen die Arbeitslast nicht bewdltigen. 
In letzter Zeit fiihrt man zu militarischen Zwecken Versu- 
che mit Vergasungen unter freiem Himmel statt in der 
Kammer durch. [...] Das neue Krematorium verbrennt tag- 
lich ungefahr 5. 000 Personen, ilberwiegend Juden. " 

Dokument Nr. 23 



1 19f. Datum: 27. August 1943. 



Veroffentlicht in: Oboz, S. 

Kopfzeile: - 

Titel: "Bericht uber die wichtigsten Ereignisse im Lager. 

Wochenbericht fur den Zeitraum vom 27. VIII. 43 - 33/43. 

Ziffern fiir Auschwitz und Trawniki." 

"Aufier ihnen [den anderen Opfern] werden in den Gas- 
kammern von der Registrierung nicht erfafite Juden (bisher 
eine halbe Million) vergiftet. [...] Im Krematorium werden 
taglich 5. 000 Leichen eingeaschert, und wenn die Zahl der 
anfallenden Opfer grofier ist, werden die anderen bei le- 
bendigem Leibe im 'ewigen Feuer' unter freiem Himmel in 
Birkenau verbrannt — Kinder werden lebend ins Feuer ge- 
schleudert. " 

Dokument Nr. 24 



Veroffentlicht in: Oboz, S. 124f, 129. 
Kopfzeile: - 



Datum: 22. Sept. 1943. 



Titel: "Anhang Nr. 1 zu LB. Nr. 37 (110). 22. IX. 43. Uber- 
setzung der Berichte eines SS-Funktionars der Kommandan- 
tur des Konzentrationslagers Auschwitz (zur Publizierung die 
Ziffern runden, Quelle nicht angeben!)." 
"Juden. 

Bis IX. 42 wurden in Auschwitz 468.000 nicht registrierte 
Juden mit Gas vergiftet. Vom IX. 42 bis zum VI. 43 trafen 
rund 60.000 Juden aus Griechenland (Saloniki, Athen) ein, 
aus der Slowakei und dem Protektorat Bohmen und Mah- 
ren: 50.000 aus Holland, Belgien und Frankreich: ca. 
60.000; aus Chrzanowa: 6.000; aus Ket, Zywca, Suchej 
und Slemien sowie Umgebung: 5.000. Von diesen sindheu- 
te noch 2% am Leben. Von den restlichen 98% schickte 
man oft vollkommen gesunde undjunge Menschen ins Gas, 
die oft erst halbtot verbrannt wurden. Jeder nach Au- 
schwitz gelangende Transport wird entladen; man trennt 
Manner und Frauen, und anschliefiend werden 98% 
(hauptsdchlich Frauen und Kinder) ohne Selektion (mas- 
senweise) auf Lastwagen geladen und zu den Gaskammern 
in Birkenau gefuhrt; nach grauenhaften Qualen (Erstik- 
kung), die 10 - 15 Minuten dauern, wirft man die Leichen 
durch eine Of/hung und verbrennt sie auf einem Scheiter- 
haufen. Es gilt noch zu bemerken, dafi man die Todgeweih- 
ten vor dem Eintritt in die Gaskammer zum Baden zwingt. 
Als Folge des Mangels an Giftgasen verbrennt man oft 
noch halb Lebendige. Gegenwdrtig bestehen in Brzezinka 
drei grofie Krematorien zur Verbrennung von 10.000 Men- 
schen taglich, welche stdndig Leichen einaschern und von 
der ortlichen Bevolkerung das 'ewige Feuer ' genannt wer- 
den. [...] Aufierdem befindet sich im Mannerlager bei 
Rajsko noch ein Krematorium, wo man vorwiegend die 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



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Leichen der Hingerichteten aus den Gefdngnissen von Kat- 
towitz und anderen Orten verbrennt. [...] Da die Kremato- 
rien eine solche Menge von Leichen nicht bewdltigen konn- 
ten, verbrannte man die Leichen gewohnlich in einer offe- 
nen Grube aufdem Feld bei Brezinka, und nach drei Tagen 
sah man dort nichts anderes als Flammen, die dort loder- 
ten, wo man Menschen verbrannte. [...] Brzezinka feierte 
seinen Rekord mit der Vergasung von 30.000 Menschen an 
einem einzigen Tag. " 

Dokument Nr. 25 

Veroffentlicht in: Oboz, S. 142. Datum: 30. November 1943. 

Kopfzeile: - 

Titel: "Anhang Nr. 61 fur den Zeitraum vom 1. bis zum 30. 

[November 1943." 

"Auch weiterhin finden Massenmorde an Juden in den 
Gaskammern statt - hauptsdchlich an Frauen. [...] Wah- 
rend der Vergasung von 30. 000 Juden aus Zaglebie Dab- 
rowskie kamen die Krematorien mit dem Verbrennen der 
Leichen nicht nach, so dafi auf Scheiterhaufen verbrannt 
wurde, und die Kinder warfman lebend ins Feuer. " 



Dokument Nr. 26 

Unveroffentlicht. Polish Undergro- 
und Movement (1939-1945) Study 
Trust; eine Referenznummer wurde 

nicht mitgeteilt. 

Kopfzeile: - 



Datum: 2. 



Februar 
1944. 



Titel: "Das Konzentrationslager in Auschwitz." 

"Das Krematorium liegt unter der Erde; es ist nach dem 
Muster eines Luftschutzbunkers errichtet worden. Uber 
dem Erdboden ragt lediglich der Kamin hervor, bei dessen 
Bau auch der Informant beschdftigt war. Wo sich die Gas- 
kammern befinden, weifi der Informant nicht; er hat nur 
gehort, dafi sie unter der Erde liegen, nach dem Muster des 
Krematoriums gebaut. " 

Dokument Nr. 27 

Unveroffentlicht. Archiv: Under- Datum: 12. April 1944. 
ground Movement (1939-1945) 
Study Trust, eine Signatur wurde 

uns nicht mitgeteilt. 

Kopfzeile: - 

Titel: "Lichtenstein. Notiz eines Gesprachs vom 1 2. IV. 44." 



"Nach Auschwitz wurden aus alien west lichen Ldndern, 
wie Holland, Belgien, Frankreich, Tausende von Juden ge- 
schickt. Es erfolgte eine Selektion; die Stdrksten wurden 
zur Arbeit abkommandiert, und man wies sie ins Arbeitsla- 
ger ein. Die Mehrheit der Arbeitsuntauglichen, die phy- 
sisch Schwdchsten, schickte man — oft ganze Familien auf 
einmal - in die sogenannte Desinfektion. Dies waren aber 
in Wirklichkeit Hinrichtungskammern. Man wies die Men- 
schen an, sich auszuziehen, schor ihnen die Haare und 
trieb sie dann in gewaltige Hallen, wo die Desinfektion er- 
folgte. Von diesen Hallen gab es sieben. Jede von ihnen 
konnte ungefdhr 1.500 Menschen fassen. Nachdem die 
Hallen mit Menschen gefullt waren, pumpte man die Luft 
heraus, und danach wurde durch ein kleines Fensterchen 
ein Mittel in das Desinfektionslokal eingeworfen - Kreuzo- 
lit. Nach drei bis f'unf Minuten waren die innen befindli- 
chen Menschen hingerichtet. In der Ndhe befanden sich 
sieben Of en zur Verbrennung der Leichen; jeder Of en be- 



safi sieben Offnungen zum Hineinwerfen der Leichen. Der 
Verbrennungsprozefi dauerte lediglich ein paar Sekun- 
den. " 

Dokument Nr. 28 



In polnischer Sprache unveroffent- 
licht. Englische Ubersetzung: Polish 
Fortnightly Review, Nr. 115, 1. Mai 
1945, S. 1-6; Polish Underground 
Movement (1939-1945) Study Trust, 
3. 16. 
Kopfzeile: - 




Titel: "Brief an den 'Herrn Prasidenten der Republik Polen'". 
"Auf dem Gebiet von Birkenau befinden sich 6 Kamine, 
d.h. Krematorien. Sie sind nie aufier Betrieb. [...] Die Ver- 
brennung der Leichen im Lager Gestorbener ist lediglich 
ein kleiner Teil der Aufgabe der Krematorien. Die Kamine 
sind fur Lebende, nicht fur Tote bestimmt. Und jeden Tag, 
jawohl, jeden Tag, kommen auf der Eisenbahnlinie, die in 
den Lagerbereich f'uhrt, Ztige mit Juden aus Bulgarien, 
Griechenland, Rumanien, Ungarn, Italien, Deutschland, 
Holland, Belgien, Frankreich, Polen und bis vor kurzem 
auch Rufiland an. Die Transporte umfassen Manner, Frau- 
en und Kinder. 10% der Frauen aus jedem Transport wer- 
den ins Lager eingewiesen, erhalten eine Nummer eintdto- 
wiert, einen Stern auf die Kleidung, und erhohen den La- 
gerbestand. Den Rest schickt man einfach in die Gaskam- 
mer. Die Szenen, die sich dabei abspielen, lassen sich un- 
moglich beschreiben. [...] Es ist schrecklich, daran zu den- 
ken, schrecklich zu sehen, wenn auf der Lagerstrafie Last- 
wagen rollen, die 4000 Kinder unter 10 Jahren (Kinder 
aus dem Ghetto von Theresienstadt in Bohmen) in den Tod 
fahren. Einige weinten und riefen: Mama! Andere hinge- 
gen lachelten den Vorbeigehenden zu und winkten mit den 
Hdndchen. Eine Viertelstunde spater war keines davon 
mehr am Leben, und die vom Gas betdubten Korperchen 
brannten in grausen Ofen. Und wieder, wer wiirde solche 
Szenen fur moglich halten? Doch garantiere und versiche- 
re ich, dafi es tatsachlich so war, und ich rufe die Leben- 
den und die To ten als Zeugen an. Vom Gas betaubt...Ja, 
denn Gas ist teuer, und das 'Sonderkommando ', welches 
die Todeskammer bedient, verwendet es sparsam. Die ein- 
gesetzte Dosis totet die Schwdcheren, schldfert die Stdrke- 
ren jedoch nur fur einen Augenblick ein. Letztere kommen 
in den Krematoriumswagen wieder zu Bewufitsein und 
stiirzen lebendig in den summenden, feurigen Schlund. " 



Dokument Nr 


29 










Veroffentlicht i 


n: Oboz, 


S. 162. 




Datum: 4. 


Juni 1944. 


Kopfzeile: - 


Titel: "Bericht 


aus dem Territorium, 


4. 


VI. 1944." 





"Tdglich vergast man ungefdhr 3.000 Juden und verbrennt 
sie dann im Krematorium. Die in gemauerten Baracken 
einquartierten Polen behaupten, diese Baracken seien ver- 
mint. Unter dem Boden befinden sich dem Vernehmen nach 
zwei grobe, metallene Rohre, die parallel zur Baracke ver- 
laufen und mit den elektrischen Drdhten verbunden sind, 
welche zur Politischen Abteilung Block Nr. 1 1 filhren. " 



164 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



Datum: 17. Juni 1944. 



Dokument Nr. 30 

Veroffentlicht in: Oboz, S. 168. 

Kopfzeile: KW. 

Titel: "Vernichtung ungarischer Juden in Auschwitz." 

"Die Organisation der Judenliquidierung verlauft wie 
folgt: 

Geschlossene Ziige warten auf einem Sondergleis auf ihre 
Entladung. Die Transporte, welche die Gashallen nicht zu 
bewdltigen vermogen, mufiten in einem nahen Wald kam- 
pieren, von SS-Mdnnern scharf bewacht. Das Warten auf 
den Tod dauert manchmal mehrere Tage. Zwischen der Ei- 
senbahnrampe und der Vergasungsstdtte stromt Tag und 
Nacht ein ununterbrochener Zug von Menschen vorbei, die 
nun an der Reihe sind, je nachdem, wie rasch die Leichen 
herausgezogen werden. In der Mitte der Chaussee rollen 
Lastwagen, welche die Schwachen, die Alten und die Kin- 
der von der Rampe wegbringen. Die Gesunden marschie- 
ren zu Fuji und wissen bis zum letzten Augenblick nicht, 
dafi sie in den Tod gehen. Langs der Strafie liegen SS- 
Mdnner mit Maschinengewehren in Schutzenlochern. Auf 
der Eisenbahnrampe bleiben alle Kojfer und jeglicher Pri- 
vatbesitz zuriick. Man bringt sie dann in die 'Kanada ' ge- 
nannten Magazine, wo eine spezielle Mannschaft aus Haft- 
lingen sie sortiert. Bei der Rampe turrnt sich eine Masse 
von Koffern und Paketen, die 300 m lang, 20 m breit und 
so hoch wie ein Stockwerk ist. Vor der ungeheuren Baracke 
Effektenkammer ' liegen Kleiderhaufen, mit deren Sortie- 
ren und Verpacken man nicht nachkommt. Vor dem Ein- 
gang der Gaskammer mussen die Menschen alles abgeben; 
das Geld und die Kostbarkeiten, die sie bei sich tragen, 
mussen sie 'deponieren ', worauf sie sich nackt ausziehen 
und ihre Kleider abgeben, die spdter noch darauf unter- 
sucht werden, ob in ihnen keine Wertgegenstdnde einge- 
ndht sind. Nach dem Abgeben der Kleidung ftihrt man die 
Unglilcklichen ins Bad, d.h. die Gaskammer, und zwar in 
Gruppen von 1000 Personen. Man gibt ihnen nicht einmal 
mehr Handtucher und Seife, wie dies fruher ublich war, 
denn dazu fehlt die Zeit. Beide Gaskammern sind ununter- 
brochen Tag und Nacht in Betrieb und konnen den An- 
drang doch nicht bewdltigen. Zwischen der Totung der ein- 
zelnen Gruppen wird nur eine Pause zum Entfernen der 
Leichen eingeschaltet, die auf die andere Seite der Ram- 
mer geworfen werden, wo die Todgeweihten sie nicht se- 
hen. Aufjener Seite der Kammer befinden sich ganze Berge 
von Leichen. Die Krematorien kommen mit dem Verbren- 
nen nicht nach. Allen Ermordeten werden durch eine be- 
sondere Mannschaft von Friseuren die Haare geschnitten; 
die Haare stopft man als Rohstoff in Sdcke. Eine Mann- 
schaft von Dentisten untersucht sorgfdltig die Mundoff 
nungen aller Opfer, wobei sie Gold sowie Platinkronen 
herausreifit; da wenig Zeit zur Verfilgung steht, bricht man 
ganze Kiefer heraus. Eine andere Mannschaft von 'Spezia- 
listen ' steckt die Hdnde in die Scheiden der Frauenleichen, 
um nach verborgenen Wertgegenstdnden zu suchen. Dann 
gelangen die so geschdndeten und untersuchten Leiber zur 
Verbrennung. Es sind 4 Krematorien in Betrieb, 1 Ziegelei, 
und aufierdem verbrennt man auf Scheiterhaufen unter 
freiem Himmel. Die schwarzen, dichten Rauchschwaden 
sind von weither zu sehen. Ein Krematorium ist zeirweilig 
aufier Betrieb, wird aber in beschleunigtem Tempo in- 
standgesetzt. Die Reparatur war die natilrliche Folge der 
infolge der stdndigen Beanspruchung durchgebrannten 



Roste und Ofenteile. Die mit dem Rauben, dem Morden 
sowie dem Wegschaffen der Leichen beauftragte Mann- 
schaft trdgt die Bezeichnung ' Sonderkommando ' und ist 
2000 Mann stark. Es sind dies gesunde und starke Juden, 
die nach Abschlufi ihrer Arbeit gleichfalls dem Tode ge- 
weiht sind. Gegenwdrtig uberschreitet die Zahl der verga- 
sten ungarischen Juden 100.000 und wdchst mitjedem Tag 
weiter an. In nachster Zeit soil Auschwitz 1.200.000 unga- 
rische Juden vernichten. " 

Dokument Nr. 31 



Veroffentlicht in: Oboz, S. 168. 

Kopfzeile: KW. 

Titel: "Lager. Auschwitz." 



Datum: 17. Juni 1944. 



"Gleich nach der Ankunft mussen sie alle Wertgegenstdnde 
sowie ihr Geld abgeben, und sie erhalten daftir ordnungs- 
gemdfi eine Quittung; anschliefiend warten sie auf das 
'Bad'. Vor dem Bad schneidet man den Frauen die Haare, 
die darauf von einem speziellen Kommando sortiert und in 
Paketen ins Reich geschickt werden. Die Kleider werden 
ebenfalls durch ein anderes Kommando sortiert, anschei- 
nend zur Desinfektion. Die gesamte Zeit bis zum Schliefien 
der Gaskammer werden sie hoflich und ruhig behandelt. 
Nach der Vergasung (Blausaure) werden die Leichen noch 
einmal durch ein Kommando unter scharfer Beobachtung 
von SS-Mdnnern durchsucht; vor allem zieht man sorgfdl- 
tig alle Goldzdhne. Die tdgliche Ausbeute an Gold aus den 
Leichen betragt 10-13 kg. Dann werden die Leichen ver- 
brannt. Seit dem 1.5. sind bei Tag und bei Nacht vier Kre- 
matorien in Betrieb, ferner eine Ziegelei, und manchmal 
verbrennt man auch auf Scheiterhaufen. Die tdgliche Li- 
quidierungsrate belduft sich auf 10.000. Auf dies e Weise 
sollen alle ungarischen Juden erledigt werden — ihre Zahl 
betragt 1.200.000. [...] Unter den SS-Mdnnern kommt es 
zu Nervenzusammenbrilchen und zu Fallen von geistiger 
Umnachtung - die Betreffenden gehen dann zusammen mit 
den Juden ins Krematorium. Im Lager herrscht ein mildes 
Regime. Nach der Ubernahme durch einen neuen Kom- 
mandaten im Oktober wurde die Todesstrafe fur Fluchtver- 
suche abgeschafft. Doch am 1.5. kehrte der alte Komman- 
dant Grabner zuriick, der berilchtigte Organisator von 
Massenhinrichtungen, der nun unversehens mit der Liqui- 
dierung der Juden beschaftigt ist. " 

Dokument Nr. 32 



Veroffentlicht in: Oboz, S. 174. 



Datum: 7. Mi 1944. 



Kopfzeile: 362/A-l. Informacja biezqca Nr. 27 (151). 

Titel: "Massaker an ungarischen Juden in Auschwitz". 

"Bisher sind in Auschwitz einige hunderttausend ungari- 
sche Juden vergast warden. Die Opfer sind bis zuletzt 
uberzeugt, dafi sie zur Umsiedlung nach Schlesien oder 
zum Austausch gegen deutsche Kriegsgefangene in Eng- 
land bestimmt sind. Die Transporte werden einer Selektion 
unterzogen: Manner, Frauen, Kinder. Kojfer, Kleider, 
Wertgegenstdnde und Geld werden 'zur Aufbewahrung ' 
abgegeben, und nachdem sich die Opfer nackt ausgezogen 
haben, gehen sie gruppenweise ins 'Bad', d. h. in den Tod 
in der Gaskammer. Spezielle Mannschaften schneiden den 
Leichen die Haare und sammeln sie, reifien die Zahne mit 
Goldkronen heraus und suchen in den Scheiden der Frau- 
en nach Kostbarkeiten. Die Krematorien kommen mit dem 
Verbrennen der Leichen nicht nach. Es kam zu Stockungen, 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



165 



und manche mufiten ein paar Tage auf das 'Bad' warten. 
2. 000 gesunde Juden trennte man vom Rest, brachte sie im 
Lager von Gleiwitz unter und befahl ihnen, optimistische 
Briefe nach Ungarn zu schreiben. Sie wissen nicht tiber 
das Los der anderen Bescheid. " 



Anmerkungen 

1 Zagigbie. Es ist mir nicht klar, was damit gemeint ist; es konnte sich um 
die kohlenreichen, 1939 dem Reich angegliederten westpolnischen Ge- 
biete handeln. - Der Ubersetzer. 

Gemeint ist das Krematorium des Stammlagers Auschwitz I; die Krema- 
torien von Birkenau waren damals noch nicht errichtet. 



Zur Echtheit des Lachout-Dokuments 

Von Klaus Schwensen 



1. Einleitung 

Im Jahre 1987 verursachte ein jahrzehntealtes Dokument in 
Osterreich erheblichen Wirbel. Es handelte sich um ein 
Rundschreiben des Militarpolizeilichen Dienstes (MPD), ei- 
ner osterreichischen Hilfstruppe, die in den Nachkriegsjahren 
gegriindet worden war, um die Besatzungsmachte in Angele- 
genheiten zu untersttitzen, wo diese mit der osterreichischen 
Bevolkerung zu tun hatten, nicht zuletzt mit ehemaligen KZ- 
Haftlingen. Das interne Rundschreiben RS 31/48 des MPD 
vom 1.10.1948 besagte nun, daB Alliierte Untersuchungs- 
kommissionen in einer Reihe von ehemaligen Konzentrati- 
onslagern Untersuchungen durchgefuhrt hatten, mit dem Er- 
gebnis, daB in diesen Lagern "keine Menschen mit Giftgas 
getotet wurden". Unterzeichnet war das Rundschreiben vom 
Leiter des MPD, Major Miiller, und fiir die Richtigkeit hatte 
ein Leutnant Lachout gezeichnet. Zweck des Schreibens war 
offenbar, unberechtigte Anspriiche ehemaliger KZ-Haftlinge 
abzuwehren. 

In Anbetracht des brisanten Inhalts muB das wiederentdeckte 
Dokument in politisch interessierten Kreisen zunachst einge- 
schlagen haben wie eine Bombe, zumal der erwahnte MPD- 
Leutnant noch lebte: es handelte sich um den in Wien leben- 
den Ingenieur Emil Lachout, nach welchem das Dokument 
bald als "Lachout-Dokument" bezeichnet wurde. Wahrend 
nationale Blatter in Osterreich und Deutschland das Doku- 
ment z.T. geradezu uberschwenglich begriiBten, wurde es 
von der Linken, alien voran dem Dokumentationszentrum 
des osterreichischen Widerstandes (DOW), als Falschung 
bekampft. ' Emil Lachout selbst wurde in einen StrafprozeB 
verwickelt. Fiir den Nicht-Osterreicher war schwer erkenn- 
bar, was von dem Falschungsvorwurf zu halten war. Das 
DOW gilt als stark linkslastige Institution, der national ge- 
sinnte Deutsche oder Osterreicher in einem Streit um die 
Gaskammer von Mauthausen einfach nicht die notige Objek- 
tivitat zutrauten. Der ProzeB gegen Lachout, der Klarung hat- 
te bringen konnen, schleppte sich jahrelang dahin. 3 
Es trat die unbefriedigende Situation ein, daB die Echtheit ei- 
nes zeitgeschichtlich wichtigen Dokuments zur Glaubens- 
sache wurde. Die folgende Analyse ist ein spater Versuch, im 
zeitlichen Abstand von iiber 15 Jahren ein objektives Bild 
tiber die Echtheit des Lachout-Dokuments zu gewinnen. 
Hierzu erfolgte eine Auswertung der vorhandenen Literatur 
sowie auch der brieflichen Auskiinfte von Herrn Emil 
Lachout gegenuber dem Verfasser dieser Zeilen. 4 ' 5 Auf eine 
weitere Erkenntnisquelle muBte aus Kapazitatsgriinden ver- 
zichtet werden, namlich auf die Akten der osterreichischen 
Behorden und Gerichte, sofern sie zuganglich gewesen wa- 
ren. Das Ergebnis der Analyse fiel trotzdem eindeutig aus, es 
war - dies sei vorweggenommen - fur den Verfasser dieser 
Zeilen unerwartet und iiberraschend. 



Der Text des Rundschreibens spricht fur sich selbst (Abbil- 
dung 1). Er beruhrt eine immer noch offene historische 
Streitfrage, namlich "Gaskammem im Altreich - ja oder 
nein?" 6 Gemeint ist damit, ob es Gaskammern zur Totung 
von Menschen nur in den sog. Vernichtungslagern gegeben 
hat (die nach Kriegsende alle in Polen lagen und fiir westli- 
che Historiker schwer zuganglich waren), oder ob auch in 
den iibrigen Konzentrationslagern - wenn auch in kleinerem 
MaBstab - solche Gaskammern existierten und betrieben 
wurden. 7 

2. Zur Herkunft des Schriftstuckes 

2.1. Der Prozess Wiesenthal gegen Rainer 
Nach einem anscheinend jahrzehntelangen Archiv-Schlum- 
mer tauchte das Lachout-Dokument im Jahre 1987 unter my- 
steriosen Umstanden wieder auf. Der Ausloser war offen- 
sichtlich der ProzeB Simon Wiesenthal gegen Friedrich 
(Friedl) Rainer vor dem Strafbezirksgericht Wien. 8 Rainer ist 
der Sohn des friiheren Gauleiters von Karnten. In dem Pro- 
zeB ging es u.a. um die Existenz von Gaskammern in Dachau 
und Mauthausen. Nach Lachouts Darstellung 5 fragte der Be- 
klagte Rainer im Sommer 1987 telefonisch bei Lachout an, 
ob er fur ihn, Rainer, als Entlastungszeuge aussagen wolle. 
Lachout sagte zu und wurde in einem Schriftsatz vom 
3.9.1987 als Zeuge fiir Rainer benannt. 

Der ProzeB Wiesenthal ./. Rainer, auf den wir hier nicht na- 
her eingehen konnen, wurde Anfang September 1987 vor 
dem Strafbezirksgericht Wien eroffnet. Bereits hier beginnen 
die Widerspriiche. Wahrend das DOW vermerkt, daB Lach- 
out zur "Hauptverhandlung" am 9.9.1987 nicht erschienen 
sei, 2 gibt dieser an, daB er bei der "Eroffnung" des Gerichts- 
verfahrens Gerd Honsik kennengelernt habe. 9 Moglicherwei- 
se waren Eroffnungstermin und Hauptverhandlung nicht 
identisch. Honsik war der Herausgeber der nationalen Zeit- 
schrift Halt, der bei dem (Wieder-) Auftauchen des Lachout- 
Dokuments eine Rolle spielen sollte. Honsik stellte sich 
Lachout vor, erzahlte ihm, daB ihm ein gleichartiges Verfah- 
ren (Podgorsky ./. Honsik) bevorstehe und fragte ihn, ob er 
auch fiir ihn (Honsik) als Zeuge auftreten wolle dafiir, daB es 
in Mauthausen und Dachau keine Gaskammern gegeben ha- 
be. Lachout stimmte zu. Auf die Aussage Lachouts, der als 
Entlastungszeuge fur Rainer geladen war, wurde vom Gericht 
dann allerdings verzichtet. 10 Quasi als Ersatz fiir seine vom 
Gericht verschmahte Zeugenaussage verfaBte Lachout eine 
Eidesstattliche Erklarung 11 mit Datum 16.10.1987, die iiber 
Rainers Anwalt dem Gericht zugeleitet und bald darauf in der 
Zeitschrift Sieg 12 veroffentlicht wurde. 

Wie Rainer an den ihm (angeblich) unbekannten Emil 
Lachout geriet, ist unklar. Lachout meint sich zu erinnern, 
daB Rainer bereits bei der ersten Kontaktaufnahme von ei- 



166 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



nem "Lachout-Dokument" gesprochen und dabei den Namen 
Gerd Honsik erwahnt habe, der ihm (Lachout) damals noch 
unbekannt gewesen sei. Demnach hatte Honsik also, noch 
vor Lachout, eine Kopie des Lachout-Dokuments besessen 
und deshalb Rainer empfohlen, sich an Lachout zu wenden. 
Das wiirde bedeuten, daB das Lachout-Dokument schon aus 
irgendeinem Archiv aufgetaucht war, noch bevor Lachout of- 
fiziell damit konfrontiert wurde. Ubereinstimmend damit le- 
sen wir auch in Halt, daB Gerd Honsik das Dokument "auf- 
gestobert" habe. 13 Wenn diese Version zutrifft, so erhebt sich 
naturlich die Frage, woher denn Honsik seine Kopie des 
Lachout-Dokuments hatte. Hat er das Dokument aber nicht 
gekannt, so mussen wir uns fragen, wie er und Rainer wissen 
konnten, daB Lachout fur sie ein so wichtiger Entlastungs- 
zeuge sein konnte. 

Der hier geschilderte Hergang folgt weitgehend der Darstel- 
lung Emil Lachouts. Daruber, wie und wann die Verbindung 
zwischen Lachout, Honsik und Rainer zustande kam, sind 
wir vollig auf die Aussagen der Beteiligten angewiesen, und 
diese sind mit Skepsis zu betrachten, denn sie haben z.T. den 
Charakter von Schutzbehauptungen gegenuber der osterrei- 
chischen Staatspolizei und der Justiz. 
Eine Verbindung hatte z.B. zustande 
kommen konnen liber Honsiks Zeit- 
schrift Halt. 



daB Gerd Honsik das Dokument "aufgestobert" habe. Davon, 
daB zwei Beamte zu Lachout mit dem Dokument gekommen 
seien - siehe Version 2 -, ist (noch) nicht die Rede, obwohl 
sich dieser Vorgang ja schon am 27. Oktober 1987, dem Tag 
der Unterschriftsbeglaubigung, abgespielt haben milBte. 
Ebensowenig wird erwahnt, daB Lachout zu diesem Zeit- 
punkt noch mehrere andere Ausfertigungen des Rundschrei- 
bens bei sich zu Hause aufbewahrt haben will. 
Es kann kein Zweifel bestehen, daB Faurisson sich die groBte 
Muhe gab, der Sache auf den Grund zu kommen. Lachout 
empfand das Interview noch 14 Jahre spater als ein "Kreuz- 
verhor". In dem relativ kurzen Bericht, den Faurisson nach 
seinem Wiener Besuch schrieb, ist eine gewisse Skepsis nicht 
zu verkennen ("If this document is genuine and if Emil 
Lachout is telling the truth..."). 15 Prof. Faurisson hat sich in 
dieser Sache also absolut korrekt verhalten. Am 8.12.1987 
kehrte er nach Paris zuriick. Als er sich noch am selben Tag, 
in Begleitung von vier seiner Studenten, in die Sorbonne be- 
gab, wurde die Gruppe von Unbekannten angegriffen. Am 
nachsten Tag, als Faurisson in Paris an einer Bushaltestelle 
wartete, wurde er erneut uberfallen und ihm sein Aktenkoffer 



2.2. Das Wiederauftauchen des 
dokuments - in funf versionen 
Uber die naheren Umstande des (Wie- 
der-)Auftauchens des Lachout- 
Dokuments gibt es mindestens funf wi- 
derspriichliche und voneinander abwei- 
chende Darstellungen. Nur soviel steht 
fest, daB das Schriftstuck in Honsiks 
Zeitschrift Halt zum ersten Male verof- 
fentlicht wurde. 13 Im Chaos der Irrun- 
gen und Wirrungen, der Polemik und 
der Desinformation stellen sich vor al- 
lem folgende Fragen: 

a) Hatte Honsik das Dokument unab- 
hdngig von Lachout irgendwo "auf- 
gestobert", bevor auch Lachout in 
den Besitz einer Kopie kam, oder hat 
er es erst von Lachout bekommen? 

b) Wenn Lachout sein Exemplar nicht 
von Honsik bekam, woher hat er es 
dann? 

c) Was fiir ein Exemplar hat er eigent- 
lich? 

Version 1 

Angesichts der Bedeutung des neu auf- 
getauchten Dokuments reiste Prof. Ro- 
bert Faurisson Anfang Dezember 1987 
nach Wien, um Einzelheiten uber die 
Entstehung und das (Wieder-) Auftau- 
chen des Dokuments zu erfahren. Er 
fiihrte ein zweitagiges Interview mit 
Lachout durch, bei dem Honsik als 
Dolmetscher fungierte. Honsik berich- 
tete uber das Dokument und den Be- 
such Faurissons in seiner Zeitschrift 
Halt. 14 Man erklarte Prof. Faurisson, 



Miiitarpolizeilicher Dienst 




Fiir 
de 



RepugJ 
Wad 



Ci_li 



&1SSBBJSS 

Wien, 1.10.1946 
10. Ausfertigung 



H u n d a c h r e i' b e'n ' Nr. 31/48 

Die Alliierten Untersucliungskoiiiiaissionen haben biaher 

festgeatellt, class in folgenden Xonzentrationslagern 

keine Menachen nit Giftgas getatet vurden: 

gergen-Belaen, Buchenwald, Eachau, Flosaenbtirg, Gros6- 

Bosen, Mauthauaan und' Nebenlager, Hatzweiler, Heuen- 

gamme, 'HiederhBgen(Wswel6burgJ, BavensbrUek, Sachsen- 

hausen, Stutthof, Ihereaienatadt. 

In diesen IHllen konnte nachgewiesen werden, dass Ge- 

atandnisee durch Poltarungen erpreaat wurden und Zeugen- 

auaaagen falsch waren. 

Dies iat bei. den KV-Erhebungen und Einveroaimen zu be- 

rilcksichtigen. 

Ebeoalige KZ-Haftling'e, welohe bei Einvernahmen Angaben 

liber die Ermordung von Menschen, InBbeBondere von Judcn, 

mit Giftgaa in diesen KZ machen, iat dieses Untersuchung! 

ergebnis zur Kenntnis zu bringen. Sollten oie welter auf 

ihre AuaBagen bestehen, 1st die Anzeige wegen ralBcher^ 

Zeugenaussage zu eratattin. 

Im ES 15/48 kann P. 1 gestrichen werden. .'•(■•?$. 

Der Leiter des MPD. : /,~ 

MUller, Major | ^ ' 



die Biohtigkeit 
c Ausfertdgung: 
ihout, leutnant 

H.d.A.:' 

utyic Osterralch 

KtifeJWj'Wien 

Commando 




L.S. 



Ich bescatige hiemit, dacs ich am l.nkcober 
als AngehSriger des roilicHrpolizei lichen Dienscc: 
beim Alliierten MilitSrkommando die Richtigkeic 
der Uundschreiben-Ausfercicung EcmSss i 18 Abs.'i 
AVC beglaubigc habe. 

wicn. 27. Gix1387 



iiir_. 



~)ia Echthait dsr Unterschrifx 



\r.tv.u.M 



J,'lf^ --1-I 



wird besiatini 



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/Wien, 



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Dogon ttaiieharv 




■nguBh 

mlt .TmrrSSTfltbOl 1 



irksgerichi; r avoriten 

01 Wion, Anasllgasso '35 . fX • t , 







Abbildung 1: Das Lachout-Dokument in seiner heutigen Form. Faksimile- 
Reproduktionen des Dokuments linden sich auch in den Quellen zu Anm 1 und 2. 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



167 



entrissen, in dem sich "die Kopien einiger wichtiger Wiener 
Dokumente sowie die gesamten in Wien kurz zuvor mit Ing. 
Lachout gemachten Niederschriften" befanden. Dies berich- 
tete jedenfalls Emil Lachout in einem Interview mit der Zeit- 
schrift S7eg. 12 

Version 2 

Wenige Tage nach Faurissons Besuch erkundigt sich auch 
die Staatspolizei nach der Herkunft des Dokuments. Bei sei- 
ner ersten Einvernahme am 11.12.1987 bringt Lachout die 
damals gerade in Wien weilende Historikerkommission ins 
Spiel, welche die Rolle des angeblicher Kriegsverbrechen be- 
schuldigten Bundesprasidenten Kurt Waldheim wahrend sei- 
ner Wehrmachtszeit auf dem Balkan uberprufen sollte. 
Lachout sagt dazu folgendes: 9 

"Hierzu gebe ich an, dafi die Historikerkommission mir ei- 
ne Kopie dieses Dokumentes im September 1987 zur Be- 
gutachtung und Bestdtigung vorgelegt hat. Ich sollte ledig- 
lich der Kommission die Richtigkeit und Echtheit des Mili- 
tdrpolizeilichen Dienstes bzw. des Rundschreibens Nr. 
31/48 des MPD bestdtigen. Mir wurde lediglich eine Kopie 
zur Bestdtigung ubersandt. Nach reiflicher Uberlegung 
und genauer Begutachtung der Kopie habe ich am 27. Ok- 
tober 1987 mit meiner Unterschrift die Richtigkeit und den 
Inhalt bestdtigt. Ich habe mir von der mir zur Bestdtigung 
vorgelegten Abschrift (Rundschreiben des MPD Nr. 31/48 
vom 1.10.1948), nachdem durch meine Unterschrift die 
Richtigkeit bestdtigt wurde, eine Kopie angefertigt, um 
eventuellen Fdlschungen entgegenzuwirken. " 
Zum SchluB der Vernehmung sagt er: 9 

"Nochmals mochte ich erwdhnen, daft ich durch die im 
Moment tdtige Historikerkommission (WALDHEIM) im 
September 1987 schriftlich um eine Stellungnahme ersucht 
wurde. Das genaue Datum und den genauen Namen des 
Unterzeichneten habe ich momentan nicht im Geddchtnis, 
ich besitze jedoch dieses Schreiben, welches ich zur Ein- 
vernahme nicht mitgenommen habe, da ich nicht wufite, 
dafi es notwendig ware. " 
Einige der Aussagen Lachouts haben den Charakter von 
Schutzbehauptungen. Nachstehend sei nur auf einige Unge- 
reimtheiten hingewiesen: 
a) Das Schreiben der Historiker 

Betrachten wir noch einmal genau Lachouts obige Aussa- 
ge bei der Staatspolizei, so sagt er sinngemaB folgendes: 
Zunachst wurde ihm von den Historikern eine Kopie des 
Dokuments mit einem Begleitschreiben "ubersandt", und 
dann (offenbar, als sein Bescheid positiv ausfiel), wurde 
ihm eine Abschrift des Rundschreibens "zur Bestatigung 
vorgelegt". Diese Bestatigung habe er erteilt, seine Besta- 
tigung auf dem Bezirksgericht Wien-Favoriten beglaubi- 
gen lassen und sich von dem bestatigten und beglaubigten 
Rundschreiben fiir sich selbst eine Fotokopie angefertigt. 
Diese Darstellung wirft Fragen auf: Wieso haben ihm die 
Historiker beim ersten Mai eine Kopie (also Fotokopie) 
des Rundschreibens zugeschickt, beim zweiten Mai aber 
eine Abschrift? Im Jahre 1987 fertigte man keine Ab- 
schriften mehr an, sondern nur noch Fotokopien. Und 
warum haben sie sich nicht personlich mit ihm getroffen, 
wo sie schon mal in Wien weilten, sondern nur per Post 
mit ihm verkehrt? So verwundert es daher nicht, dafi ein 
Schreiben an Lachout von den Historikern vehement be- 
stritten 16 und von Lachout auch nie vorgelegt wurde. In 
seiner zweiten Einvernahme wird er nochmals nach dem 



Schreiben der Historiker gefragt. Er hat es aber nicht mit- 
gebracht unter Berufung auf seine "Amtsverschwiegen- 
heit." 10 

b) Woher hatte Honsik sein Exemplar? 

Zur Frage, woher Honsik das Dokument bekommen habe, 
sagt Lachout, "daB ich eine Abschrift der Urkunde nicht 
dem Herrn Honsik personlich iibergeben habe", und deu- 
tet an, daB Honsik sich sein Exemplar aus einem Archiv 
besorgt haben konnte. 9 In seiner 2. Vernehmung 10 sagt 
Lachout, daB er das Dokument an verschiedene Institute 
bzw. Universitaten verschickt habe, nicht allerdings in 
Osterreich, aber z.B. an das "Institut fiir Zeitgeschichte in 
Freiburg im Breisgau, weiters an die Universitaten Lon- 
don und Paris sowie an eine Vielzahl weiterer Personen 
und Institute, genaue Anschriften kann ich nicht ange- 
ben". Er bestreitet erneut, das Dokument an Honsik 
iibermittelt zu haben; woher Honsik sein Exemplar habe, 
wisse er nicht. 10 Nun gibt es allerdings weder eine "Uni- 
versitat Paris" noch eine "Universitat London". Allein Pa- 
ris hat etwa 14 Hochschulen, und selbst die Sorbonne ist 
in mindestens zwei Universitaten unterteilt. Auch die Be- 
zeichnung des Instituts in Freiburg ist nicht korrekt; hier 
sind offensichtlich zwei Institute - das Institut fiir Zeitge- 
schichte in Miinchen und das Bundesarchiv/Militararchiv 
Freiburg - ineinandergeflossen. Die ganze Aktion ist un- 
glaubwiirdig, zumal Lachout nie ein entsprechendes Be- 
gleitschreiben vorgelegt hat, geschweige denn eine Ant- 
wort der obengenannten Adressaten. Auch steckt in dieser 
Geschichte ein logischer Widerspruch: Wenn er das Do- 
kument so breit gestreut haben will, warum hat er es dann 
nicht auch an Honsik geschickt, dem er ja helfen wollte? 

c) Die Hausdurchsuchung 

Bei einem Interview mit der Zeitschrift Sieg 11 erwahnt 
Lachout eine Haussuchung durch die Staatspolizei, die 
bei ihm am 15.09.1987 durchgefiihrt und bei der ver- 
schiedene Dokumente beschlagnahmt worden seien. In 
den beiden Vernehmungen bei der Staatspolizei ist aber 
weder von der Haussuchung noch von beschlagnahmten 
Dokumenten die Rede. ' 

Version 3 

Ebenfalls im Dezember 1987, vermutlich kurz nach der er- 
sten Einvernahme durch die Staatspolizei, werden das Rund- 
schreiben Nr. 31/48 sowie Lachouts Eidesstattliche Erkla- 
rung 11 durch die nationale Zeitschrift Sieg (Hrsg. Walter 
Ochensberger) abgedruckt. 12 Man darf wohl davon ausgehen, 
daB alles, was Ochensberger in dem betreffenden Sieg- 
Artikel iiber Entstehung und Wiederauftauchen des Doku- 
ments schrieb, auf Emil Lachout zuriickgeht. Hier lesen wir 
nun, daB Lachout der Zeitung Halt das Dokument iiberlassen 
habe. In einem Kasten "Portrat des Kronzeugen" (Lachout) 
bringt Sieg einige weitere Einzelheiten. 12 Demnach sei "im 
Jahre 1948 eine alliierte Kommission" zusammengetreten, 
um "auf Wunsch der osterreichischen Bundesregierung die 
Vorfalle im KZ Mauthausen wahrend des Zweiten Weltkrie- 
ges bis hin zur Befreiung des Lagers zu untersuchen." Bei 
diesen Erhebungen durften auch zwei osterreichische "Gen- 
darmerieoffiziere", namlich Major Miiller als Leiter des "Mi- 
litarpolizeilichen Dienstes" (MPD) und Leutnant Lachout, 
teilnehmen. Lachout habe danach "namens des MPD drei- 
zehn Aktenordner mit den Erkenntnissen der Untersuchungs- 
kommission der osterreichischen Bundesregierung iiberge- 
ben." 



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VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



Weiter heiBt es: 

"Er [Lachout] ist auch im Besitz der Kopien wichtiger Do- 

kumente, von denen er uns eines [das Lachout-Dokument] 

uberlassen hat, das beweist, dafi die Bundesregierung seit 

1948 daruber unterrichtet war, dafi es in Mauthausen (wie 

auch in Dachau) keine Gaskammern zur Totung von Men- 

schen gegeben hat. " 

Am 27. Okt. 1987, "kurz nach seiner Pensionierung", habe 

nun Lachout "sein Schweigen gebrochen und ein gerichtlich 

beglaubigtes Dokument [das Lachout-Dokument] der Zeitung 

'Half exklusiv iibergeben." 12 

In einem spateren Interview mit Sieg 11 bestatigt Lachout indi- 
rekt, daB er schon seit 1948 eine Abschrift des Rundschrei- 
bens RS 31/48 besessen und dieses 1987 hervorgeholt habe. 
Auf die Frage "Zu welchem Zweck haben Sie damals fur sich 
das 'Rundschreiben Nr. 31/48' mitgenommen?" erklart er: 
"Ich habe erkannt, dafi dieses Rundschreiben historische 
Bedeutung erlangen konnte. Aufierdem ist dieses Rund- 
schreiben fur mich ein personlicher Dienstnachweis und 
vor allem eine Erinnerung. " 
Im selben Interview erklart er, daB er noch mehrere wichtige 
Dokumente bei sich zu Hause gehabt hatte, darunter weitere 
Ausfertigungen des Rundschreibens, die aber alle bei der 
Haussuchung beschlagnahmt worden seien. 

Version 4 

Als Lachout sich im April 1988 in Toronto aufhalt und Ernst 
Zundels Samisdat-Verlag ein Video-Interview mit ihm auf- 
nimmt, wird die Frage nach den Umstanden des Wiederauf- 
tauchens erneut gestellt. Lachouts Antwort, die in einer 
DOW-Broschure 1 wortlich wiedergegeben wird, klingt - da 
muB man der Verfasserin Bailer-Galanda zustimmen - ziem- 
lich verworren. Nun ist es nicht jedermanns Sache, vor lau- 
fender Kamera einen komplizierten Sachverhalt prazise, 
druckreif und in der gebotenen Kiirze darzustellen. Anderer- 
seits muBte Lachout mit dieser Frage rechnen. Er sagt sinn- 
gemaB folgendes: 

Er habe auf die Existenz des Dokuments "Jahre vorher" (also 
schon vor 1987) hingewiesen. Im Zuge der Waldheim- 
Erhebungen (1987) seien dann zwei von der "Waldheim- 
Kommission" (der gegen Waldheim zusammengetretenen 
Historiker-Kommission) beauftragte Beamte zu ihm gekom- 
men und hatten ihn gefragt, ob er derjenige sei, der einstmals 
das Dokument richtiggezeichnet habe. Man habe ihm eine 
Kopie des Dokuments uberlassen, er habe diese mit seinen 
eigenen Aufzeichnungen verglichen und Ubereinstimmung 
festgestellt. Darauf habe er seine friihere Unterschrift beim 
Bezirksgericht Wien-Favoriten bestatigt und das Schriftstiick 
sei an das Prasidialburo des Bundesprasidenten zuriickge- 
gangen. 18 

Dafiir, daB Lachout schon vor 1987 auf die Existenz des Do- 
kumentes hingewiesen hat, gibt es keine Belege. In der Ver- 
sion 4 tauchen nun erstmals die "beiden Beamten" als Uber- 
bringer auf - die GroBen Unbekannten der Affare. Die Kor- 
rektur gegenuber der Version 2 wurde offenbar notwendig, 
nachdem die Historiker eine Anfrage bei Lachout bestritten 
hatten. 16 Nun sollen sie zwei Beamte mit der Uberbringung 
des Dokuments beauftragt haben. Die Historiker waren aber 
gar nicht berechtigt, osterreichischen Beamten Auftrage zu 
erteilen. Ferner ist schwer vorstellbar, daB der gewissenhafte, 
akribisch genaue Beamte Lachout mit zwei Unbekannten, die 
sich nur fliichtig ausweisen, einfach so aufs Bezirksgericht 
geht. Immerhin miiBten die beiden Beamten etwas von einer 



"Prasidialkanzlei" gemurmelt haben, denn wie kommt 
Lachout sonst darauf, daB sie von der Prasidialkanzlei des 
Bundesprasidenten gekommen seien? Nach der Beglaubi- 
gung sind sie dann spurlos verschwunden und nie wieder 
aufgetaucht. Logischerweise miiBten sie die - nunmehr be- 
glaubigte - Abschrift von 1948 wieder mitgenommen, aber 
Lachout eine Fotokopie uberlassen haben. 

Version 5 

Auf schriftliche Anfrage, wie er zu der Kopie des "Lachout- 
Dokuments" gekommen sei, gibt Emil Lachout heute folgen- 
de Darstellung, wobei er die Version 4 in puncto "Uberbrin- 
ger" neuerlich korrigiert: 4 

"Im September 1987 liefi mir der sozialdemokratische In- 
nenminister Karl Blecha, Prdsident der Osterreichisch- 
Arabischen Vereinigung, tiber seine 'Prasidialkanzlei ' eine 
Kopie des MPD-Rundschreibens Nr. 31/48 vom 1.10.1948 
zugehen, die sich im Archiv des Innenministeriums befun- 
den hatte. 

Seit etwa 1985 ist in Osterreich die Bezeichnung 'Mini- 
sterbiiro ' durch 'Prasidialkanzlei ' ersetzt worden. Das hat 
zu Verwechselungen mit der 'Prasidialkanzlei des Bundes- 
prasidenten ' gefuhrt. Was ware Osterreich ohne Titel? 
Tatsachlich wurde in meinem Wiener Prozefi irrtumlich 
(zeitweise) angenommen, dafi sich die Prasidialkanzlei des 
Bundesprasidenten an mich gewandt hatte. Es stellte sich 
aber heraus, dafi die betr. Beamten aus der 'Prasidialkanz- 
lei' des Innenministeriums waren. Das wurde spater auch 
durch die Ratskammer des Landesgerichts fur Strafsachen, 
Wien, bestatigt. " 
Die beiden Beamten seien also nicht von der Historiker- 
Kommission gekommen und auch nicht vom Bundesprasi- 
denten Kurt Waldheim bzw. seiner Kanzlei, sondern vom In- 
nenminister Karl Blecha. Folglich sei das Dokument auch 
nicht an die "Prasidialkanzlei des Bundesprasidenten" zu- 
riickgegangen, sondern an die "Prasidialkanzlei des Bundes- 
innenministers". In diesen beiden Punkten ware Lachout in 
Toronto also einem verzeihlichen Irrtum unterlegen, was die 
Wahrheit seiner Geschichte im Kern nicht beruhrt hatte. Selt- 
sam klingt natiirlich, bei allem Verstandnis fur osterreichi- 
sche Besonderheiten, daB auch das Innenministerium fiber 
eine "Prasidialkanzlei" verfiigen soil. Bei einer telefonischen 
Anfrage des Verfassers beim Bundesinnenministerium in 
Wien (2001) wurde die Existenz einer "Prasidialkanzlei" des 
Innenministers verneint. 

Alles, was wir iiber das Wiederauftauchen des Schriftstiickes 
erfahren, geht letztlich auf Emil Lachout zuriick. Es ist eine 
Geschichte voller unbewiesener Behauptungen und Wider- 
spriiche, von GroBen Unbekannten, verschwundenen Doku- 
menten, verschwundenen Aktenbestanden, einer Verschwo- 
rung des Schweigens durch die osterreichischen Regierun- 
gen. Keine der fiinf Versionen halt einer genaueren Priifung 
stand. Angeblich Beteiligte (mal die Historiker, mal der In- 
nenminister Blecha) haben Lachouts Darstellung glaubwur- 
dig widersprochen. Gerd Honsik lebt heute im Exil. Man 
kann natiirlich Lachout zugute halten, daB er unter Druck 
stand wegen des schwebenden Verfahrens gegen ihn, so daB 
seine Darstellungen z.T. den Charakter von Schutzbehaup- 
tungen tragen. Auch haben all diese Widerspruche noch 
nichts zu tun mit der Echtheit des Lachout-Dokuments, ge- 
schweige denn mit der Richtigkeit oder Unrichtigkeit seines 
Inhalts. Aber sie sind nicht gerade geeignet, das Vertrauen in 
dieses Dokument zu starken. 



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2.3. WO WAR DAS DOKUMENT ZWISCHEN 1948 UND 1987? 

Zur Beurteilung der Echtheit eines Dokuments ist es wichtig, 
daB es sich liickenlos bis zu seinem Ursprung zuriickverfol- 
gen laBt. Auf diese Forderung der Urkundenlehre wird zu 
Recht von Bailer-Galanda hingewiesen. 1 Wo also hat das 
Dokument zwischen 1948 und 1987 "geschlummert" - so- 
fern es denn schon existierte? 

In seinem Interview mit der Zeitschrift Sieg 17 antwortet 
Lachout auf die Frage, wo sich seiner Meinung nach die Ak- 
ten des Militarpolizeilichen Dienstes derzeit befinden konn- 
ten, daB die Alliierten "alle einschlagigen Unterlagen beim 
Abzug aus Osterreich mitgenommen" hatten. Er deutet an, 
daB diese Akten unter VerschluB gehalten werden, wenn sie 
nicht schon vernichtet sind. Als Beleg wird eine Auskunft 
des Osterreichischen Staatsarchivs angefuhrt. 19 "Die in Oster- 
reich zuriickgebliebenen Reste sind nachweislich mit anderen 
Akten verschwunden." 17 Die Mitnahme der Akten durch die 
Alliierten widerspricht allerdings Lachouts Behauptung, daB 
der Militarpolizeiliche Dienst (MPD) kein alliiertes, sondern 
ein osterreichisches Exekutivorgan gewesen sei. 
In seinem Interview in Toronto geht Lachout auf die Archiv- 
Frage anscheinend nicht ein, sondern laBt seine Geschichte 
mit den beiden mysteriosen Beamten beginnen. Bailer- 
Galanda schreibt: 1 

"Diese wirren Angaben lassen jedenfalls den Weg des 
'Dokuments' von der angeblichen Entstehung 1948 bis zur 
Publikation 1987 nicht nachvollziehen. " 
Das ist zwar richtig, aber nicht geeignet, Lachout zu widerle- 
gen, denn gesetzt den Fall, das Dokument habe sich wirklich 
in einem osterreichischen Archiv befunden und ware von ir- 
gendeiner Behorde (Innenministerium) gefunden oder gezielt 
wieder hervorgeholt worden, so konnte Lachout das natiirlich 
nicht wissen. Es bleibt aber die Tatsache, daB das Schrift- 
stiick ein Einzelstuck darstellt, d.h. es steht vollig isoliert da 
und es gibt keine vergleichbaren Dokumente, aus denen man 
auf die Existenz eines entsprechenden Aktenbestandes 
schlieBen konnte. 

Vierzehn Jahre spater (2001) erzahlte Lachout, daB er im 
Auftrag der Liga der Rotkreuzgesellschaften beim Ungarn- 
Aufstand 1956 an der osterreichisch-ungarischen Grenze 
eingesetzt gewesen sei. Im Zusammenhang mit der staatspo- 
lizeilichen Uberprufung seiner Person, die hierfur notwendig 
war, sei wohl die "militarisch beglaubigte Abschrift" (er 
meint das Rundschreiben 31/48, also das Lachout-Doku- 
ment) in das Innenministerium gelangt. 4 Demnach ware es 
also doch in einem osterreichischen Archiv gewesen und 
nicht von den Alliierten mitgenommen worden. Hier handelt 
es sich freilich um eine bloBe Vermutung Lachouts (besten- 
falls) oder eine Desinformation (wahrscheinlich). 

2.4. Die Motive 

Zur Beurteilung der Echtheit ist eine weitere Frage unerlaB- 
lich: "Wozu existiert ein Dokument uberhaupt?" Wenn ein 
amtliches Schriftstuck (Urkunde) erstellt wird, ob echt oder 
falsch, so unterzieht man sich dieser Miihe doch nur, weil 
damit etwas "bekundet" werden soil. Quod non est in actis, 
non est in mundo! Der Zweck oder die Tendenz eines Doku- 
ments lassen daher Rtickschlusse zu fiber die Motive des Er- 
stellers und die Entstehungsgeschichte. Nun geht die Absicht 
der "alliierten Untersuchungskommissionen" bzw. des MPD 
aus dem Text selbst zwar recht klar hervor: man wollte Fal- 
schaussagen ehemaliger KZ-Haftlinge und daraus abgeleitete 
Forderungen abwehren. Da aber die Existenz von Alliierten 



Kommissionen, welche die ehemaligen deutschen Konzentra- 
tionslager im Jahre 1948 nochmals untersucht haben sollen, 
ebenso wie die Existenz des "MPD" nicht belegbar ist, kon- 
nen wir dieses Motiv ausschlieBen. 

Ein durchaus reales Motiv hatten aber die drei Manner, die 
am Wiederauftauchen des Rundschreibens unmittelbar betei- 
ligt waren, namlich Gerd Honsik, Emil Lachout und Fried- 
rich Rainer. Damals (1987) sahen sowohl Rainer als auch 
Honsik einem Strafverfahren wegen "nationalsozialistischer 
Wiederbetatigung" entgegen - Lachout folgte bald darauf. In 
den bevorstehenden Prozessen gegen Rainer bzw. Honsik 
ging es u.a. um die Frage, ob es in dem ehemaligen KL 
Mauthausen eine Gaskammer gegeben hat oder nicht. Mogli- 
cherweise haben Honsik, Lachout und Rainer, die ja iiber- 
zeugt waren, daB die heute in Mauthausen gezeigte Gaskam- 
mer ein Schwindel ist, sich erhofft, durch Einfuhrung des 
Rundschreibens in ihre Gerichtsverfahren eine Erorterung der 
Gaskammer-Frage zu erzwingen. Das Lachout-Dokument 
verdankt also moglicherweise seine Existenz prozeBtakti- 
schen Uberlegungen. Die Gerichte gehen derartigen Sachdis- 
kussionen aber konsequent aus dem Wege (in Deutschland 
z.B. durch den Hinweis auf die "Offenkundigkeit"). Inwie- 
fern der eine oder andere der Beklagten im Zusammenhang 
mit dem Rundschreiben gutglaubig war, sei dahingestellt. 

3. Gab es einen Militarpolizeilichen Dienst? 

3 . 1 . Die Aussagen Emil Lachouts 

Emil Lachout hat den "Militarpolizeilichen Dienst (MPD)" 
als eine "Spezialtruppe" bezeichnet, "die aus den Reihen der 
osterreichischen Exekutive rekrutiert war und deren Angeho- 
rige schlieBlich auch als Vertreter Osterreichs mit den 'Vier 
im Jeep' mitfahren durften." 20 Von dieser Truppe, also der 
ausstellenden Behorde des Rundschreibens Nr. 31/48, bei der 
Lachout von 1947 bis 1955 gedient haben will, hatte im 
Osterreich des Jahres 1987 anscheinend noch niemand etwas 
gehort. Die Frage, ob dieser "Militarpolizeiliche Dienst" exi- 
stiert hat oder nicht, ist der Angelpunkt der ganzen Affare. 
Hat es den MPD gar nicht gegeben, so ist auch das "Rund- 
schreiben Nr. 31/48" erledigt. Die osterreichischen Behorden 
waren offenbar selber zunachst unsicher, und man ging un- 
verziiglich daran, diese Frage zu klaren. So wurde Lachout in 
seiner zweiten Vernehmung durch die Staatspolizei auch uber 
den MPD befragt, und er sagte dazu folgendes aus: 10 

"In der Zeit von Kriegsende bis etwa November 1945 hat 
es ein 'Wachbataillon ' gegeben, welches anschliefiend den 
militarpolizeilichen Dienst darstellte. Diese Bezeichnung 
wurde deshalb gewdhlt, weil es den Ausdruck Militdrpoli- 
zei fiir Osterreicher nicht geben konnte. Zugeordnet war 
dieser militarpolizeiliche Dienst der russischen Militar- 
kommandantur in der russischen Besatzungszone. Bei den 
anderen Alliierten (Englander, Amerikaner und Franzosen) 
hat es auch Verbdnde gegeben (militarisch), die jedoch 
nicht diese Bezeichnung filhrten. Der militarpolizeiliche 
Dienst bestand aus ca. 500 Mann (Osterreicher), wobei 
pro Kompanie ein Russe als Dolmetsch zur Verfugung 
stand (Offizier) und pro Zug ein russischer Unteroffizier. 
Die 500 Mann standen der russischen Besatzungszone fiir 
Osterreich zur Verfugung, und jede Bezirkskommandantur 
hatte einen Trupp zugeteilt (von 4 bis 10 Mann). Diese Td- 
tigkeit beim militarpolizeilichen Dienst wurde von einem 
geringen Teil nicht als hauptberufliche Tatigkeit ausgeubt. 
Ich war seit Juli 1947 beim Magistrat der Stadt Wien, Ma 
59 [Magistratsabt. 59], Marktamt - Lebensmittelpolizei der 



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Stadt Wien. Wie ich schon in meiner ersten Aussage erklar- 
te, war ich dann ab 1.10.1947 beim schon erwdhnten mili- 
tarpolizeilichen Dienst, nebenberuflich. In der Trostkaser- 
ne waren sowjetische Truppen stationiert und auch der mi- 
litdrpolizeiliche Dienst (MPD) in der Starke eines Zuges 
ca. 30 bis 40 Mann. Der direkte Vorgesetzte des MPD war 
der Oberbefehlshaber der sowjetischen Streitkrdfte in 
Osterreich. Die Kosten sind aus dem Besatzungsbudget 
beglichen worden. Die Waffen wurden von der russischen 
Besatzungsmacht geliefert (deutsche Beutebestande), und 
wurden ergdnzt aus Waffenfunden. 

Die Aufgabe des MPD bestand darin, im Bereich der russi- 
schen Besatzungszone mit der russischen Militdrpolizei 
mitzufahren (oder mitzugehen), um bei etwaigen Interven- 
tionen einerseits als Zeuge zur Verfiigung zu stehen, ande- 
rerseits als Osterreicher bei Amtshandlungen mit Osterrei- 
chern zu unterstiitzen. Zur Uniformierung gebe ich an, dafi 
die russische Besatzungsmacht russische Uniformen trug, 
ich habe sowie auch Kollegen eine gendarmerieahnliche 
Uniform ohne Distinktionen [Rangabzeichen] mit rot-weifi- 
roter Armbinde getragen. [...] Der in der Trostkaserne sta- 
tionierte Zug war ein Einsatzzug, der fur die gesamte so- 
wjetische Besatzungszone in Osterreich zustdndig war. 
[...] Ich bin derzeit aufder Suche nach jenen Kollegen, die 
zur damaligen Zeit bei dem Zug in der Trostkaserne Dienst 
gemacht haben. " 
Wie aus Lachouts Darstellung hervorgeht, war der "Militar- 
polizeiliche Dienst" (MPD) also keine alliierte Dienststelle, 
sondern eine osterreichische Hilfstruppe im Dienst der Alli- 
ierten. Auf dem verwendeten Stempel steht ja auch "Repu- 
blik Osterreich". Laut Lachout hatte jede der vier Besat- 
zungsmachte eine solche Hilfstruppe zur Verfiigung, wobei 
er selbst bei der den Sowjets zugeordneten Truppe diente. Ob 
diese vier Einheiten alle als MPD zusammengehorten oder 
sich verschieden benannten, wie iiberhaupt die Organisation 
und die Unterstellungsverhaltnisse des MPD - das alles 
bleibt nebulos. Wir wissen iiber diese Truppe so gut wie 
nichts, und das wenige stammt ausschlieBlich von Emil 
Lachout. Auf eine Anfrage des DOW an den damaligen Bun- 
desminister fur Landesverteidigung Robert Lichal, ob es im 
Jahre 1948 ein "Wachbataillon Wien" gegeben habe, wurde 
dies von Lichal eindeutig verneint. 21 

3.2. ZweifelamMPD 

Ein direkter Beweis, da(3 irgend etwas, nennen wir es (A), 
nicht existiert hat, ist nach den Gesetzen der Logik nicht 
moglich. Die Beweislast tragt in diesem Fall derjenige, der 
die Behauptung aufstellt, dafi (A) existiert habe. Der Gegner 
kann hochstens beweisen, daB etwas anderes (B) existiert hat, 
dessen Existenz die Existenz von (A) ausschlieBt (Prinzip des 
Alibi-Beweises), oder er tragt Hinweise (Indizien) zusam- 
men, welche die Existenz von (A) unglaubwiirdig machen. 
Das DOW meldete bereits friihzeitig Zweifel an, 22 wobei ei- 
nige durchaus berechtigt waren, andere Argumente jedoch 
etwas zu kurz griffen. So unterstellte man, Lachout habe be- 
hauptet, daB das Rundschreiben ein alliiertes Dokument ge- 
wesen sei, was sich leicht widerlegen lieB. So wies Bailer- 
Galanda darauf hin, daB auf den von Lachout vorgelegten 
Schriftstucken (er hatte noch einige weitere Schriftstiicke 
dem Gericht eingereicht) mal die Bezeichnung "Militarpoli- 
zeilicher Dienst", mal "Alliiertes Militarkommando fur 
Osterreich" auftaucht. Die Verfasserin stellt fest, daB "gemaB 
aller vorhandenen Unterlagen und Zeugenaussagen iiber die 



Besatzungszeit in Osterreich" keine alliierten Behorden mit 
diesen Bezeichnungen existierten. Sie zitiert einige alliierte 
Publikationen von damals, in denen ein "Militarpolizeilicher 
Dienst" nicht erscheint und bringt weitere Indizien dafiir, daB 
das Schriftstuck kein alliiertes Dokument sein konne. 22 So 
muBten damals alliierte Dokumente auf englisch, franzosisch 
oder russisch abgefaBt sein, und man hatte wohl kaum amts- 
deutsche Abkiirzungen wie "F. d. R. d. A." (Fur die Richtig- 
keit der Ausfertigung) und "RS" (Rundschreiben) verwendet. 
Auch sei es nicht moglich, daB Lachout am 1.10.1948 die 
Richtigkeit der Ausfertigung "gemaB § 18 Abs. 4 AVG be- 
glaubigt" habe, da die Alliierten eine solche Amtshandlung 
wohl kaum nach den osterreichischen Bestimmungen vorge- 
nommen hatten. Diese Argumentation des DOW ist zwar sach- 
lich richtig, geht aber trotzdem daneben, denn sie iibersieht, 
daB - immer nach Lachout - der MPD eben keine alliierte, 
sondern eine osterreichische Dienststelle gewesen sein soil. 
Man kann allerdings an der Existenz des MPD sehr wohl 
weitere Zweifel anmelden. Zunachst einmal ergibt es keinen 
Sinn, warum die verschiedenen osterreichischen Nachkriegs- 
Regierungen die Existenz einer solchen Truppe beharrlich 
verschwiegen und die betreffenden Akten unterdruckt haben 
sollen. Ferner ist es schwer vorstellbar, daB eine Truppe, die 
doch wohl jahre lang auch mit der Bevolkerung und ehemali- 
gen KZ-Haftlingen zu tun hatte, so vollig aus dem BewuBt- 
sein der Osterreicher entschwunden und in ein mysterioses 
Dunkel versunken sein soil. Als 1987 das Dokument (wie- 
der-) auftauchte, muBten doch noch viele der ehemaligen 
MPD-Angehorigen am Leben gewesen sein. Wenn ein MPD- 
Mann z.B. im Jahre 1920 geboren war, dann war er 1948 et- 
wa 28 und 1987 etwa 67 Jahre alt. Lachout sagt in seiner 
zweiten Vernehmung vor der Staatspolizei, er sei auf der Su- 
che nach "jenen Kollegen, die zur damaligen Zeit bei dem 
Zug in der Trost-Kaserne Dienst gemacht haben." 10 Gemeldet 
hat sich offensichtlich kein einziger, auch keine Witwe, kein 
Sohn oder Tochter - obwohl der Fall Lachout damals in 
Osterreich hohe Wellen schlug. 

Wenn der MPD 1955 aufgelost worden ist, dann hatten die 
Manner in andere Exekutivorgane des Staates (Polizei, Bun- 
desheer) iibernommen und eine Ubernahmeregelung erlassen 
werden miissen. Nichts dergleichen ist in Osterreich bekannt. 
Auch von einer Traditionspflege der Truppe hort man nichts, 
keine Kameradschaftstreffen, keine Chronik - eine Geister- 
armee. Kein Dienstausweis wurde jemals gesichtet, keine 
Uniform, kein Personaldokument, kein Foto, das einen MPD- 
Angehorigen in Uniform zeigt. Wenn es doch etwas derglei- 
chen gibt, dann stammt es von Emil Lachout. Prof. Faurisson, 
der 1987 extra nach Wien kam, um sich eine Meinung zu bil- 
den, erinnert sich: 23 

"Ich bat ihn [Lachout], die Trost-Kaserne aufzusuchen, 
damit er mir zeigen konne, wo genau sich sein Biiro befun- 
den hatte (selbst wenn man uns nicht hineingelassen hatte, 
so hatte er es vielleicht von aufien zeigen konnen). Aber 
aus irgendeinem Grund wollte er mir den Ort nicht zei- 
gen. " 
Wen wundert es da noch, daB natiirlich auch Lachouts dama- 
liger Vorgesetzter beim MPD, der Major Anton Miiller, nie 
irgendwo in Erscheinung getreten ist - auBer in den Erzah- 
lungen Emil Lachouts. 

3.3. Die Aktenlage 

Wie Emil Lachout in seinem S/eg-Interview von 1989 an- 

gab, 17 hatte er bei sich zu Hause eine Reihe von Dokumenten 



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(bzw. Kopien) aufbewahrt, die damals wie heute von groB- 
tem Interesse gewesen waren - wenn sie denn existierten. Als 
Beweis fur die Existenz des MPD fiihrt Lachout u.a. an: 

- 3 Stuck Kopien des L[achout-]Dokuments (MPD-Rund- 
schreiben Nr. 31/48) mit den Ausfertigungsnummern 15, 
22 und 34 (also zusatzlich zu der Ausfertigung Nr. 10)! 

- MPD-Standesmeldung vom 1.1.1949 

- MPD-Standesmeldung vom 1.3.1955 

- MPD-Schreiben vom 10.1 1.1948, Vorlage des "Gutachtens 
iiber den sogenannten Gaswagen von Mauthausen" 

- Schreiben der Alliierten vom 14.2.1955 iiber die Auflosung 
des MPD (Ende Marz 1955) 

- Mehrsprachiger MPD-Dienstausweis vom 25.10.1945 
[sic!] mit alien Beforderungen bis zum Major 

- MPD-Schreiben vom 27.10.1948 (Riicksendung des Unter- 
suchungsberichtes von US-Oberst Dr. [sic] Stephen Pinter) 

- MPD-Schreiben vom 16.11.1948, Vorlage der ubersetzten 
Pinter-Untersuchungsberichte betr. Mauthausen an das 
Bundeskanzleramt 

Einige dieser Dokumente waren geradezu sensationell. Das 
Dumme ist nun Sie wurden alle bei einer Haussuchung am 
15.09.1988 durch die Staatspolizei beschlagnahmt (anschei- 
nend ohne Quittung) und sind seitdem spurlos verschwun- 
den... 17 Andere Dokumente hat die Staatspolizei anscheinend 
zuriickgelassen, so z.B. ein Schreiben eines "Polizeilichen 
Hilfsdienstes fur die Kommandantur der Stadt Wien" 24 vom 
7.5.1945 (!), gerichtet an den "Polizeichef fiir den 1. Bez., 
Wien I., Stallburggasse 4". Das Schreiben zielt offenbar dar- 
auf ab, die Existenz des MPD dadurch glaubhaft zu machen, 
daB die Existenz einer Vorganger-Organisation suggeriert 
wird. Fiir eine Analyse dieses Schreibens ist hier nicht der 
Platz. Erstaunlich ist jedenfalls, daB es am 5.5.1945 bereits 
wieder eine osterreichische Staatskanzlei gegeben haben soil 

- drei Wochen nach der Eroberung Wiens durch die Rote 
Armee und drei Tage vor der Kapitulation der Wehrmacht. 
Gluckliches Osterreich! Hatte sich das Leben in Wien An- 
fang Mai 1945 wirklich schon wieder so weit normalisiert, 
daB es eine Staatskanzlei gab, die man bewachen muBte? Das 
schonste an dem Dokument ist aber ein prachtiger groBer 
Rundstempel mit der Aufschrift (in deutsch und russisch): 
"Polizeilicher Hilfsdienst f. d. Kommandantur d. Stadt 
Wien", in der Mitte der osterreichische Doppeladler (Abbil- 
dung 2). Es eriibrigt sich fast zu sagen, daB man ansonsten 
von diesem "Polizeilichen Hilfsdienst" genau so wenig etwas 
gehort hat wie vom MPD. 

Bemerkenswert sind ubrigens die beiden oben erwahnten - 
leider verschwundenen - MPD-Schreiben vom 27.10.1948 
und vom 16.11.1948, in denen der U.S. Oberst Stephen Pin- 
ter mit Mauthausen in Zusammenhang gebracht wird. Wir 
kommen darauf zuriick. 

4. Zur Entstehung und Form des Schriftstiicks 

4.1. Das Kopierverfahren 

Zur Entstehung des Rundschreibens hat Emil Lachout bei 
verschiedenen Gelegenheiten widerspruchliche Angaben ge- 
macht, so z.B. gegeniiber der Staatspolizei 9 ' 10 oder im 2. 
Ziindel-ProzeB in Toronto. 25 Demnach habe er selbst das 
Rundschreiben seinerzeit entworfen und zur Unterschrift 
durch seinen Vorgesetzten Major Muller vorbereitet. Miiller 
habe es vor seinen Augen unterschrieben. Er (Lachout) habe 
dann im Biiro die Kopien anfertigen lassen, die er durch Un- 
terschrift und Stempel richtigzeichnete. AuBerdem sei das 
Rundschreiben in die drei Sprachen der Alliierten ubersetzt 



worden und durch einen Kontrolloffizier bestatigt worden. 
Erst dann sei es zur Verteilung freigegeben und an alle Mili- 
tarkommandos in der russischen Zone verteilt worden. Einige 
Ausfertigungen sollen auch an die Alliierten und die osterrei- 
chische Bundesregierung gegangen sein. 10 Die Darstellung 
Lachouts wirft wieder einmal Fragen auf: 

a) Zum Vervielfaltigungs-Verfahren 

Bei dem damals verbreiteten Hektographie-Verfahren 
muBte das Original auf eine spezielle Folie (Matrize) ge- 
tippt werden, von der man bis zu 100 Kopien "abziehen" 
konnte. Ob man auch amtliche Rundschreiben hektogra- 
phierte, ist unklar. Ansonsten kam zur Vervielfaltigung ei- 
nes Dokuments damals wohl nur ein Druck-Verfahren in 
Frage, wobei man auch Unterschriften in Faksimile wie- 
dergeben konnte. Bei kleinen Stuckzahlen blieb immer 
noch das Abschreiben per Schreibmaschine. Laut Emil 
Lachout wurden etwa 50 - 60 Ausfertigungen des Rund- 
schreibens angefertigt und verteilt. Hat man damals ein 
Rundschreiben, auch wenn es nur eine halbe Seite lang 
war, wirklich 50-60 mal abgetippt? Natiirlich konnte man 
von einem Bogen auch mehrere Durchschlage anfertigen - 
aber galten die als vollwertige Dokumente? 

b) Richtigzeichnung 

"Fiir die Richtigkeit der Ausfertigung" (F. d. R. d. A.) zeich- 
nete Lachout angeblich auf jeder einzelnen der 50 - 60 Aus- 
fertigungen. Selbst wenn man die schwierigen Nachkriegs- 
verhaltnisse berucksichtigt, so mutet dieses Verfahren doch 
sehr umstandlich an. Hatte der Major Muller denn keinen 
Faksimile-Stempel mit seiner Unterschrift? 

4.2. Welche Version des Dokuments liegt eigentlich 
vor? 

Das Original des MPD-Rundschreibens RS 31/48, das am 
1.10.1948 von Major Muller unterzeichnet und von Leutnant 
Lachout richtiggezeichnet wurde, ist verschollen. Theoretisch 
miiBte es sich in einem osterreichischen Archiv befinden. 
Durch Abschriften, nachtragliche Beglaubigungen und Foto- 
kopien ist heute eine komplizierte Situation entstanden. Die 
Frage ist: Was fur ein Exemplar hat denn nun eigentlich Emil 
Lachout in Handen? Das hangt davon ab, welcher der oben 
dargestellten fiinf Versionen man Glauben schenken will. 
Laut Version 3 hat Lachout im Jahre 1948 "Kopien wichtiger 
Dokumente" mit nach Hause genommen, womit der damals 
20-Jahrige eine geradezu prophetische historische Weitsicht 
bewiesen hatte. Er hat diese Version allerdings nur gegen- 
iiber Sieg 12 ' 17 vertreten, in den spateren Versionen 4 und 5 ist, 
wahrscheinlich wegen des Problems Abschrift, davon nicht 
mehr die Rede. Das heute als Lachout-Dokument bekannte 
Schriftstuck ist namlich nicht eine der damals zur Verteilung 
angefertigten Maschinenabschriften ("10. Ausfertigung"), 
sondern, wie auch Lachout gegeniiber der Staatspolizei ein- 
geraumt hat, 10 nur eine damals angefertigte Abschrift der 10. 
Ausfertigung. 

Laut Version 4 und 5 wurde ihm das Dokument, also die Ab- 
schrift der 10. Ausfertigung, nun von den beiden unbekann- 
ten Beamten vorgelegt. Theoretisch miiBte der Text zu die- 
sem Zeitpunkt mit Abschrift und "Militarpolizeilicher 
Dienst" begonnen und mit der Richtigzeichnung (F. d. R. d. 
A.), Lachouts Unterschrift und dem Stempel "Republik 
Osterreich - Wachbataillon Wien - Kommando" geendet ha- 
ben. Alles andere sind spatere Zusatze (Abbildung 1). Auf 
dem vergilbten Nachkriegspapier dieser Abschrift miiBten 
sich die Stempelmarken vom Oktober 1987 befinden. Dann 



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haben natiirlich die Beamten ihr nunmehr beglaubigtes und 
mit Stempelmarken versehenes Exemplar wieder mitgenom- 
men, wobei sie Lachout erlaubten, sich eine Fotokopie anzu- 
fertigen. Lachout kann also nur eine Fotokopie dieser Ab- 
schrift besitzen, auf der auch die Stempelmarken nur in Ko- 
pie erscheinen. 

Das beglaubigte Exemplar mit den echten Gebiihrenmarken 
wurde also von den Beamten wieder mitgenommen. Es ist 
niemals wieder aufgetaucht, keine Behorde, kein Innenmini- 
ster hat von dem Dokument jemals Gebrauch gemacht. Wenn 
die osterreichischen Behorden das Dokument aber unterdriik- 
ken wollten - warum sind sie damit iiberhaupt erst zu 
Lachout gegangen? Fragen tiber Fragen... und jede Antwort 
reiBt wieder neue Fragen auf. 26 



4.3. FORMALE ASPEKTE DES 
SCHREIBENS 

Der urspriingliche Schriftsatz be- 
ginnt, wie bereits erwahnt, mit der 
ausstellenden Behorde "Militarpo- 
lizeilicher Dienst" und endet mit 
dem Stempel "Republik Osterreich 
- Wachbataillon Wien - Komman- 
do". Alles andere sind spatere Zu- 
taten. Gemessen an den Anforde- 
rungen, die man an ein Dokument 
stellen muB, und sei es auch nur die 
Vervielfaltigung eines Rundschrei- 
bens, fallt bei naherer Betrachtung 
folgendes auf: 

a) Kein Briefkopf 
Das Schriftstuck wurde nicht auf 
einen Briefbogen mit vorge- 
druckter Kopf- und FuBzeile, 
sondern auf blankes Papier ge- 
tippt. Dazu auBert sich Lachout 
bei der Staatspolizei wie folgt 10 : 

"Intern wurde aufier der Nen- 

nung MPD nichts angefuhrt. 

Im ubrigen Schriftverkehr 

bzw. Akten wurden als Kopf 

Stempel verwendet (cyrillische 

Buchstaben), sinngemdfi hat 

der Kopf z.B. gelautet: 'Be- 

zirkskommandantur der Roten 

Armee in Favoriten '. Darun- 

ter stand noch in russisch 

'Osterr. m ilitdrpolizeilicher 

Dienst ' in Klammerausdruck 

auch deutsch. " 
Lachout behauptet also, daB es im internen Schriftverkehr 
des MPD keine Briefkopfe gegeben habe. Dies erscheint - 
selbst angesichts der Nachkriegsverhaltnisse - wenig 
glaubwiirdig. Das Fehlen eines Briefkopfes wurde bereits 
vom DOW moniert, wobei man aber auf die Vorstellung 
von einem alliierten Dokument fixiert war: 

"Es ist undenkbar, dafi eine alliierte Behorde auf ihrem 

amtlichen Papier keinen eigenen Kopf mit Angabe der 

zustandigen Kommandantur trug. " 

b) Abschrift einer Abschrift?! 

Uber dem ersten Wort des eigentlichen Textes - "Militar- 
polizeilicher Dienst" - steht, in der obersten Zeile rechts 
und meist gar nicht beachtet, das Wort " ABSCHRIFT ". 



Prof. Dr. Robert Faurisson 
zum Fall Lachout 

"Ich bin mir nicht absolut sicher, ob 
wir Emil Lachout trauen konnen. Ich 
hatte wirkliche Schwierigkeiten, pr'a- 
zisere Informationen uber die 'Kom- 
mission' von ihm zu erhalten." 

(Schreiben an den Autor, 23.6.2002) 

"Ich bat ihn [Lachout], die Trost- 
Kaserne aufzusuchen, damit er mir 
zeigen konne, wo genau sich sein Bu- 
ro befunden habe (selbst wenn man 
uns nicht hineingelassen hatte, so 
hatte er es vielleicht von aulien zei- 
gen konnen). Aber aus irgendeinem 
Grund wollte er mir den Ort nicht zei- 
gen. [...] Wie Sie wissen oder wissen 
sollten, ein Mythomane begnugt sich 
nicht mit einer Luge; er lugt fast un- 
unterbrochen. Lachout zum Beispiel 
kann einem keine eigene Meinung 
oder Stellungnahme senden, ohne es 
als 'Gutachten' (sic) zu prasentieren. 
Das ist bereits eine Luge oder doch 
zumindest eine unzulassige Art von 
Druck oder Verzerrung. [...] 

PS: Nachdem Zundel nach Lachouts 
Aussage vor Gericht eine lange Un- 
terhaltung mit ihm hatte, sagte er mir, 
er konne dem Mann nicht trauen. " 
(Schreiben an den Autor, 5.8.2002) 



Da angeblich von dem Original 50 bis 60 numerierte Aus- 
fertigungen getippt wurden, ware es nicht notig gewesen, 
jede einzelne als Abschrift zu kennzeichnen. Wenn trotz- 
dem " ABSCHRIFT " dasteht, so kann das eigentlich nur 
bedeuten, daB von der 10. Ausfertigung des Rundschrei- 
bens noch einmal eine Abschrift angefertigt wurde. Von 
der osterreichischen Staatspolizei wurde Lachout bei sei- 
ner zweiten Einvernahme offenbar auf diese Ungereimt- 
heit angesprochen. Er akzeptiert die Logik seiner Verneh- 
mer, wonach das vorliegende Papier eigentlich nur die 
Abschrift der 10. Ausfertigung sein diirfte, indem er 
sagt: 10 

"Warum es gerade von der 10. Ausfertigung eine Ab- 
schrift gibt, kann ich nicht angeben. " 

Spater, in seinem Sieg- 

17 



Interview von 1989, laBt er den 
Eindruck entstehen, daB er selbst 
damals beim MPD die bewuBte 
Abschrift von der 10. Ausferti- 
gung veranlaBt und mitgenom- 
men habe (vgl. Version 3). 
Im Falle einer Abschrift wurde 
sich das Fehlen eines Briefkop- 
fes natiirlich erklaren. Aber 
Lachout hat dieses Argument 
gar nicht gebraucht, sondern be- 
hauptet, daB es im internen 
Schriftverkehr des MPD keine 
Briefkopfe gab (vgl. a). Sollte er 
wirklich bereits 1948 eine Ab- 
schrift der 10. Ausfertigung mit 
nach Hause genommen haben, 
dann ist allerdings die Geheim- 
nistuerei uber das Wiederauftau- 
chen des Dokuments und die 
verschiedenen Legenden (mal 
hat es Honsik aufgestobert, mal 
sind die Historiker oder die zwei 
Beamten damit angekommen) 
unverstandlich. Sollten wirklich 
die beiden Beamten mit dem 
Schriftstuck angeriickt sein, so 
muB man sich fragen, wieso das 
Osterreichische Staatsarchiv 

oder das Innenministerium nicht 
einmal eine der 50-60 Ausferti- 
gungen zur Verfiigung hatte, 
sondern nur diese zweitrangige 
Abschrift. 
c) Numerierte Ausfertigungen 
Die Numerierung der einzelnen Ausfertigungen bei einem 
Rundschreiben ist ungewohnlich, denn so verfahrt man 
nur bei einem kleinen Empfangerkreis mit hoher Geheim- 
haltungsstufe. In seiner zweiten Einvernahme bei der 
Staatspolizei gibt Lachout an: 10 

"dafi es sich um einen internen Erlafi an die Wachpo- 
sten (Trupps) bei den Bezirksmilitdrkommandos der Al- 
liierten in Osterreich handelt. [...] Welters erkldre ich 
den Ausdruck 10. Ausfertigung damit, dafi ein Rund- 
schreiben nach einem bestehenden Verteilerschlilssel 
verteilt wurde. In solchen Rundschreiben wurde das 
Wort Ausfertigung' mit Maschine vorgeschrieben, die 
Zahl wurde handschriftllch etngesetzt. " 



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Da auf dem Lachout-Dokument die Nummer der Ausferti- 
gung nicht von Hand, sondern mit der Maschine eingesetzt 
ist, kann es sich, nach der Logik der Staatspolizei, der 
Lachout nicht widerspricht, bei dem heutigen Exemplar 
nur um eine Abschrift der 10. Ausfertigung handeln. 

d) Keine Unterschrift 

Als Unterzeichner ist angegeben "Der Leiter des MPD: 
Miiller, Major", dessen Unterschrift allerdings fehlt. Wie 
Lachout aussagt, unterschrieb Miiller nur auf dem Origi- 
nal, das verschollen ist - falls es jemals existiert hat. War- 
um hatte Miiller, angeblich Leiter einer Truppe von 500 
Mann, keinen Faksimile-Namensstempel? 

e) Der Stempel 

Das einzige "Amtliche" an dem ursprunglichen Schrift- 
sttick ist ein einfacher Dreizeilen-Stempel, wie man ihn 
auch mit einem Spielzeug-Stempelkasten fur Kinder her- 
stellen kann. Dabei fallen zwei Punkte auf: 

- Obwohl es sich um ein Rundschreiben des "Militarpoli- 
zeilichen Dienstes" handeln soil, lautet der Stempel 
"Republik Osterreich - Wachbataillon Wien - Kom- 
mando". Ein Wachbataillon ist aber nicht dasselbe wie 
eine polizeiliche Hilfstruppe. Aufgrund der Recherchen 
des DOW gab es im Jahre 1948 kein "Wachbataillon 
Wien". 1 Dies ist ein schwerwiegendes Indiz gegen die 
Echtheit des Stempels und des Dokuments. 

- Selbst fur die Nachkriegszeit ist der verwendete Stempel 
fur eine Organisation wie den MPD ein biBchen diirftig, 
zumal ja die Vorgangerorganisation "Polizeilicher Hilfs- 
dienst" - deren Existenz genauso zweifelhaft ist - bereits 
am 7.5.1945 (drei Wochen nach dem Fall Wiens!) iiber 
einen prachtigen groBen Rundstempel verfugte (Abb. 2). 



.,"• IOLIZEILICHER H1LFSDIENST %f 

FUR DIE KOMMANDANTUR DER STADT WIEN 



Sefcreturiet 
lei/Chr. 



/a den 

Poliscicief fUr 
P I B E I-» 



StalVt-urc£CEre i- 



^ctriift: Sclrutsi Qqs Stactscntes ike Heerwesen - TC&cl^eotell-uiic. 



12.t Eelireilen vi 
einer Buclie fur 
Schv.-ET3Enter2T.l: 

Die Fiichiariuisch' 
^e 2 Ham lIIBbi 



Sti--- tcksui;] 



Z '-?' 



rpynnA nawuEflCKOH 

nOMOUUH KOMEHAATyPbl T. BEHA 



wi.Bi-9Hi.XsS.- 



>s 5. 5. a. J. crsucht file Sta: ts3;r.nzle± nm Etelluiig 
den Ecfcutz des StaatDJiiateB flix Hcenvesen in YJien I., 
tz 1. ' - 

if t hfct 8 UPjin au "laaf tssefen» " v/elche eicli alinechselnd 
;n. rr-ehtaitritt SOnt^fi fien;7.S.45» 9«oo tffar. 



ir PoliceicJief 




/&~X^" 



REPUriL!K.esrF.? R E^ H 

ETAATS.V.^id 

Eing. '1 8 !-;Al<>5" 
-:. .>'.%, 



c-°-if, 



■ .'i • 



ABKHBIFI 

8EM, §45/2 STPO 

UNEESSERICIII Fflf! 

STRAFSSCHEd WIEN' 



Abbildung 2: Polizeilicher Hilfsdienst fur die Kommandantur 
derStadt Wien, Schreiben an den Polizeichef fur den 1. Be- 
zirk vom 7.5. 1945 - so jedenfalls behauptet es Emil Lachout 



Aus der Tatsache, daB Lachout bei seiner zweiten Einver- 
nahme offenbar recht eingehend zu den formalen Aspekten 
des Rundschreibens befragt wurde, kann man schlieBen, daB 
auch die Staatspolizei Zweifel an der Echtheit hatte und daB 
man von der Herkunft des Dokuments aus einem osterreichi- 
schen Archiv (die "zwei Beamten") nichts wuBte. 

4.4. Die Beglaubigungen 

Mit Ausnahme des ersten Stempels "Republik Osterreich - 
Wachbataillon Wien - Kommando" wurden die diversen 
Stempel und Stempelmarken alle erst im Oktober 1987 ange- 
bracht. Zunachst einmal bestatigt Emil Lachout am 27. Okt. 
1987, daB er derjenige war, der am 1.10.1948 "Fur die Rich- 
tigkeit" gezeichnet hat. Diese Bestatigung kostete eine 120- 
Schilling-Stempelmarke, die per Rundstempel des Bezirksge- 
richts Wien-Favoriten entwertet wurde. Ferner bestatigt das 
Bezirksgericht die Identitat Lachouts und die Echtheit seiner 
Unterschrift, was noch einmal 120 Schilling kostet. Die iibri- 
gen 40 Schilling (2 Gerichtskostenmarken a 20,- Schilling) 
waren fallig fur die Registrierung des Vorgangs. 
Uber die Echtheit des Dokuments selbst sagen die Stempel 
und Gebuhrenmarken vom Oktober 1987 gar nichts aus. Der 
am linken Rand befindliche Funf-Zeilen-Stempel schlieBlich 
ist ein privater Stempel Lachouts. Alle Stempel und Gebuh- 
renmarken konnen letztlich nicht dariiber hinwegtauschen: 
das Lachout-Dokument ist ein Einzelstiick zweifelhafter Her- 
kunft. AuBer dem vorliegenden Rundschreiben Nr. 31/48 ist 
bis heute kein einziges weiteres Dokument des MPD aufge- 
taucht. 

5. Textkritik 

5.1. Die Kernaussage des Dokuments 
Unmittelbar nach der Einnahme der Konzentrationslager 
fiihrten die Siegermachte Untersuchungen zur Aufdeckung 
angeblicher oder tatsachlicher deutscher Verbrechen durch. 
Aufgrund der alliierten Berichte sowie auch der Aussagen 
ehemaliger Haftlinge gab es 1945 von den etwa 15 groBen 
deutschen Konzentrationslagern kaum eines, von dem nicht 
die Existenz einer Gaskammer behauptet wurde. Dazu gehor- 
ten auch solche Lager, bei denen man die Gaskammer- 
Behauptung inzwischen stillschweigend fallengelassen hat 
(Buchenwald, Bergen-Belsen u.a.) oder wo die Existenz einer 
Gaskammer hochst zweifelhaft ist (Dachau, Mauthausen, 
Sachsenhausen u.a.). Wieder andere sind der Geschichtsfor- 
schung in vielen europaischen Landern durch die Strafgeset- 
ze entzogen. 

Die Kernaussage des Rundschreibens besteht nun bekannt- 
lich darin, daB die Alliierten im Jahre 1948 eine Uberpriifung 
ihrer ersten, 1945 entstandenen Berichte vorgenommen und 
zu diesem Zweck "Alliierte Untersuchungskommissionen" in 
eine Reihe von ehemaligen Konzentrationslagern entsandt 
hatten. In Absatz 1 des Rundschreibens wird festgestellt, daB 
in den 1 3 genannten Lagern "keine Menschen mit Giftgas ge- 
totet wurden". Absatz 2 bezieht sich auf ein friiheres MPD- 
Rundschreiben RS 15/48, das verschollen ist. Emil Lachout 
gibt an, daB es einen ahnlichen Inhalt hatte, daB aber noch 
nicht alle 13 Lager aufgefuhrt waren, weil die Untersuchun- 
gen noch im Gange waren. 15 

Solche quasi revisionistischen Untersuchungen widerspre- 
chen allerdings diametral der Nachkriegspolitik der Alliier- 
ten, deren Kriegsverbrecherprozesse noch auf vollen Touren 
liefen. Selbst die Tatsache, daB in einem Dokument etwas 
Wahres steht (im Fall des Rundschreibens 31/48 das Nicht- 



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vorhandensein von Gaskammern in bestimmten Lagern), be- 
weist natiirlich nicht, daB das Dokument echt ist. So haben 
namhafte revisionistische Forscher von Anfang an Zweifel an 
der Echtheit gehabt. Wie steht es, abgesehen von der Nichte- 
xistenz gewisser Gaskammern, mit den sonstigen Aussagen 
des Dokuments? Damit sind wir bei dem Problem der "Alli- 
ierten Untersuchungskommissionen". 

5.2. Die Alliierten Untersuchungs-Kommissionen von 
1948 

Aus dem Rundschreiben geht hervor und Emil Lachout hat 
mehrmals in diesem Sinne ausgesagt, 27 daB 1948 nochmals 
alliierte Untersuchungen in ehemaligen deutschen Konzentra- 
tionslagern stattfanden, die eine Uberpriifung der fruheren, 
meist schon 1945 erstellten alliierten Berichte vornahmen. So 
hatten er selbst und sein MPD-Vorgesetzter, Major Miiller, 
bei der Untersuchung des ehemaligen KL Mauthausen als 
osterreichische Beobachter teilgenommen. Das DOW hat 
seine inhaltliche Kritik vor allem auf den Begriff "Alliierte 
Untersuchungskommissionen" konzentriert, den es in dieser 
allgemeinen Form nicht gegeben habe. Gegeben habe es aber 
die United Nations War Crimes Commission (UNWCC) in 
London: 1 

"Der Prozefi gegen die Verantwortlichen des KZ Mauthau- 
sen wurde von einem US-Gericht in Dachau verhandelt, 
wobei auch die Frage der Totungen durch Giftgas behan- 
delt wurde. Es ware also geradezu absurd, wenn dieselbe 
Behorde [UNWCC], die diese umfangreichen Prozesse 
durchfuhrte, ein Dokument dieser Art [Lachout-Dokument] 
verfafit hatte. " 
Es sei dahingestellt, ob die UNWCC die Gerichtsherrin der 
Dachauer Prozesse war, denn das war wohl vielmehr das 
U.S. Kriegsministerium. Ansonsten ist aber dieses Argument 
des DOW nicht von der Hand zu weisen: die Alliierten oder 
die Amerikaner, die damals noch Kriegsverbrecherprozesse 
durchfuhrten, dachten gar nicht daran, ihre fruheren KZ- 
Berichte in Zweifel zu ziehen und zu iiberpriifen. Wie steht 
es also mit der von Lachout behaupteten "Alliierten Untersu- 
chungskommission", die 1948 in Mauthausen gewesen sein 
soil? Tatsachlich hat es namlich 1948/49 zwei amerikanische 
(nicht alliierte!) Untersuchungskommissionen gegeben, die 
auch in Deutschland und Osterreich tatig waren: die Simp- 
son/van Roden-Kommission und den Baldwin- AusschuB. 
Diese Kommissionen befaBten sich allerdings nicht mit den 
(angeblichen) Verbrechen in den deutschen Konzentrations- 
lagern, sondern mit dem ungesetzlichen Vorgehen der US- 
Militargerichtsbarkeit. 28 Das Vorgehen der amerikanischen 
Untersucher und Kriegsgerichte bei der Vorbereitung und 
Durchfiihrung der Kriegsverbrecher-Prozesse, ganz beson- 
ders bei dem Malmedy-ProzeB, hatte zu Protesten gegen die- 
se Art der Justiz gefuhrt, u.a. durch deutsche Bischofe und 
die deutschen Rechtsanwalte der Angeklagten. In der ameri- 
kanischen Presse erschienen Berichte iiber brutale MiBhand- 
lungen der Beschuldigten (zumeist junge Soldaten der Waf- 
fen-SS), schlimmste Haftbedingungen, Methoden der psychi- 
schen Folter wie totale Isolierung, Scheinverfahren (mit To- 
desurteil und Scheinhinrichtung), falsche Zeugen, falsche 
Beichtvater, Behinderung der Verteidigung usw. Diese haar- 
straubenden, der amerikanischen Rechtstradition hohnspre- 
chenden Justizverhaltnisse drohten die Glaubwiirdigkeit der 
Kriegsverbrecher-Prozesse und das Ansehen der amerikani- 
schen Justiz zu erschuttern. In Amerika brach eine Kampagne 
los gegen die Massenhinrichtungen im Kriegsverbrecher- 



Gefangnis Landsberg unter dem Motto "Stop the hanging 
machine". Im Mai oder Juni 1948 beauftragte der Armeemi- 
nister Royall - widerwillig - zwei Armee-Richter des Judge 
Advocate General Department (JAGD), namlich Oberst Gor- 
don Simpson und Oberst Edward Leroy van Roden, mit der 
Bildung einer Untersuchungskommission. Diese sog. Simp- 
son/van Roden-Kommission traf am 12. Juli 1948 in Miin- 
chen ein und legte am 15. Sept. 1948 einen Bericht vor, der 
vom Armeeminister - widerwillig und erst unter dem Druck 
der Offentlichkeit - am 6. Jan. 1949 zur Veroffentlichung 
freigegeben wurde. 28 

Wenn nun Lachout von einer Untersuchungskommission er- 
zahlt, die 1948 in Mauthausen gewesen sein soil, so paBt dies 
zeitlich gut zur Tatigkeit der historischen Simpson/van Ro- 
den-Kommission. Lachout steuert einige Details dazu bei. So 
soil besagte "Alliierte Untersuchungskommission" aus je 
zwei Ermittlern der Militarpolizei der vier Besatzungsmachte 
sowie zwei osterreichischen Beobachtern (Miiller und Lach- 
out) bestanden haben. Leiter der Kommission war angeblich 
der Anwalt des US-Kriegsministeriums Oberst Stephen F. 
Pinter. Die Kommission sei 1949 aufgelost worden und nur 
bei Bedarf wieder zusammengetreten. 25 Im 57eg-Interview 17 
erwahnt Lachout im Zusammenhang mit einem angeblichen 
Untersuchungsbericht Pinters zwei einschlagige MPD- 
Schriftstucke, die anlaBlich einer Haussuchung bei ihm be- 
schlagnahmt worden seien (vgl. 3.3). Seine Darstellung ist al- 
lerdings korrekturbediirftig. Aufgabe der Simpson/van Ro- 
den-Kommission, so wie spater des sog. Baldwin-Ausschus- 
ses, war namlich die Uberpriifung der amerikanischen Mili- 
tar-Gerichtsbarkeit und deren ungesetzliche Methoden, nicht 
die nochmalige Inspektion der ehemaligen deutschen Kon- 
zentrationslager. Dafiir, daB Simpson und van Roden eine 
oder mehrere Unterkommissionen in die ehemaligen KZ ent- 
sandt hatten, gibt es - auBer im Lachout-Dokument - keiner- 
lei Beleg. AuBerdem war die Simpson/van Roden-Kommis- 
sion eine rein amerikanische Veranstaltung. Die mysteriose 
"Mauthausen-Kommission" hatte aber, laut Lachout, eine al- 
liierte Zusammensetzung - trotz des inzwischen ausgebro- 
chenen "Kalten Krieges" (Beginn der Berliner Blockade am 
24. Juni 1948). 

5.3. Der nicht vorhandene Bericht der imaginaren 
Mauthausen-Kommission 

Wo es eine Untersuchungs-Kommission gibt, da gibt es auch 
einen Bericht. So wurde bekanntlich schon im Juni 1945 ein 
amerikanischer Bericht iiber das KL Mauthausen erstellt. 29 
Sollte 1948 nochmals eine alliierte Kommission in Mauthau- 
sen gewesen sein, so mtiBte auch sie einen Bericht iiber ihre 
Erkenntnisse abgeliefert haben. Ein solcher ist aber bis heute 
nicht aufgetaucht. Um so mehr ist man elektrisiert, wenn sich 
plotzlich doch ein Hinweis auf einen solchen zweiten Maut- 
hausen-Bericht fmdet. Als Entgegnung auf zwei Artikel von 
Till Bastian in Die Zeit 30 brachte der damals 80-jahrige Gene- 
ralmajor a.D. der deutschen Wehrmacht, Otto Ernst Remer, 
eine Broschure des Titels Die Zeit liigt! heraus. 31 Im Quel- 
lenverzeichnis dieser Broschure steht nun unter [56]: S. Pin- 
ter, Mauthausen-Bericht, Beilage 3/Us-Army Chemical 
Corps, 5.8.1948 [sic]. 

Da wird also der historische Oberst Stephen F. Pinter als 
Verfasser und der 5.8.1948 als Datum eines zweiten Maut- 
hausen-Berichts genannt! Dieser Bericht ware eine kleine 
Sensation, denn er ware natiirlich der fehlende Beweis fur die 
von Lachout behauptete Mauthausen-Kommission des Jahres 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



175 



1948. Es wird allerdings weder ein Archiv-Fundort noch eine 
Archiv-Signatur genannt. Merkwiirdig ist auch, daB der Be- 
richt von derselben US-Einheit gekommen sein soil, dem 3rd 
U.S. Army Chemical Corps, 29 deren Bericht von 1945 man 
doch eigentlich uberprufen wollte! In welchem Zusammen- 
hang wird eigentlich dieser mysteriose Bericht zitiert? An- 
merkung 56 befmdet sich in der Beschriftung eines Dia- 
gramms, die da lautet: 

"Grafik 1: Verdampfungsgeschwindigkeit von Blausdure 
vom Trdgermaterial des Zyklon B nach US-Army Chemical 
Corps [56] . " 
Das Diagramm wird in der Remer-Broschiire gebracht als Il- 
lustration fur die langsame Verdampfung von Blausaure 
(HCN). Die Beschaftigung mit einer typisch revisionistischen 
Fragestellung (Verdampfungsgeschwindigkeit von Blausau- 
re) schon im Jahre 1948 wirkt zwar ungewohnlich, ist aber 
nicht ausgeschlossen. So bestimmte die im Spatsommer 1944 
in Majdanek tatige polnisch-sowjetische Kommission z.B. 
das Fiillgewicht der Zyklon B-Dosen durch Wagung vor und 
nach Verdampfung der Blausaure. 32 Von Germar Rudolf ho- 
ren wir nun, daB er selbst den GroBteil der besagten Remer- 
Broschiire verfaBte und daB das Diagramm ihm von Emil 
Lachout zugesandt wurde. 33 

Es geht offensichtlich auf entsprechende Firmenschriften der 
DEGESCH (Irmscher 1942) bzw. der Detia Freyberg GmbH 
(1991) zuriick, wie sie spater von Lamprecht reproduziert 
wurden, 34 jedoch sind im Diagramm (wahrscheinlich aus 
Versehen) die Verdampfungszeiten lOmal langer dargestellt 
als in Wirklichkeit. Wegen dieses Fehlers hatte auch Rudolf 
an dem Diagramm Zweifel. In der Erstausgabe des Rudolf- 



Der WeIne KfttEchisMus von Dr. Martin Luther, 8. CEbot 



SoUSt nidji 

fatScIj ^eugniS 

vc&eu Joibcc Lenten FBtdjSten ! 



t 



Auch wenn diESER bti dER SS in Auschwitz, Mauthausen, OracJour 
u.s-w. WAR 



Odim qAR se!n Name im „HANdbuch dES OsTERREicbiscliEN 
REchsTSEXiREMismus" (DOW) AufschEirJT 



Dieses CEboT steIit weit uder dEM VERfAssuNqs' urjd MENSchENwidRi'qEN 

VERboTSqESEIl UNd AliNl'dlER NoRMEN VON UN'RecEiTSSTAATEN 1 



Es qili Rjr aIIe, Auch Fur poUtiscFie MAcFnFiAbERER, StaatsanwaIte, RichTER, 

PsEudo^HisTORIKER, BischdFE, SupERINTENdENTEN, PFaRRErInNEN US.W. ! 



ABSCHRI 
GEM. §45/2 STPO 

LANDESGERICHT FOR 
STRAFSACHEN WEN 
HI Iv1><i*f/(R 



MEN5CHENRECHTSK0HMIS- 
S I ON URTEIL V. 3. 12. 96 
OZ ,23019 / 83 • AKT ZUR 
VERdFFENTL I CHUNG FRE I - 

GE6EBEN"15.1Z.l9g7'DH 



,4*M*W W-* La 



Abbildung 3: Eine der etwa 300 Eingaben, die Emil Lachout 

unterAusnutzung der osterreichischen Strafprozellordnung 

dem Gericht zur Kenntnis brachte. 



Gutachtens vom Juli 1993 zitiert er das Diagramm bzw. den 
(angeblichen) Pinter-Bericht zwar noch, laBt dabei aber 
schon Skepsis erkennen. 35 In den spateren Fassungen des 
Rudolf-Gutachtens wird der (angebliche) Pinter-Bericht nicht 
mehr erwahnt. 36 Die Aussage von Germar Rudolf ist ein wei- 
terer Beleg dafiir, daB fuhrende Revisionisten den Aussagen 
Emil Lachouts skeptisch gegeniiberstanden und daB die Le- 
gende von einer alliierten, von Pinter geleiteten Kommission 
in Mauthausen auf Lachout zuriickgeht. 
Der bei Remer erwahnte und uns so brennend interessierende 
Bericht vom "5.8.1948" entpuppt sich somit auch als Phan- 
tom. Den echten AbschluBbericht von Simpson und Van Ro- 
den kennen wir zwar nicht, jedoch ware die Feststellung 
"keine Gaskammern" so sensationell gewesen, daB man da- 
von gehort hatte. Man konnte dem entgegenhalten, daB die 
Ergebnisse geheim bleiben sollten, aber wieso wurden sie 
dann ausgerechnet bei dem in der Sowjetzone Osterreichs ta- 
tigen MPD bekannt gemacht, und das nach Ausbruch des 
Kalten Krieges? 

Noch einmal zu dem erwahnten U.S. Oberst Stephen F. Pin- 
ter, der in den Nachkriegsjahren Anwalt des US-Kriegsmini- 
steriums bei der U.S. War Crimes Investigation in Deutsch- 
land und Osterreich tatig war. Pinter, ein echter Deutsch- 
Amerikaner und im Zivilberuf Rechtsanwalt, war nicht ohne 
Sympathie fur die besiegten Deutschen und fuhrte seine Un- 
tersuchungen gegen die Beschuldigten anscheinend sehr ob- 
jektiv durch, wodurch er sich wohltuend vom Gros seiner 
Kollegen unterschied. Man weiB uber diesen verdienstvollen 
Mann nur sehr wenig, und so diirfte er vielen nur aufgrund 
seines Leserbriefes an eine amerikanische Sonntagszeitung 
bekannt sein (1959), in welchem er sich zur Gaskammerfrage 
auBert. 37 

Als Prof. Faurisson im Dezember 1987 sich in Wien mit 
Honsik und Lachout unterhielt, war von Pinter anscheinend 
nicht die Rede. Faurisson erkannte aber sofort, daB Lachouts 
Aussagen, das Lachout-Dokument und der Pinter-Brief sich 
gegenseitig bestatigen und erganzen, und so schrieb er: 15 
"Stellt dieses Dokument nicht eine Bestdtigung der Aussa- 
ge eines gewissen Stephen Pinter dar, die dieser 1959 
machte? " 
Ein Jahr spater deutet dann auch Emil Lachout an, daB die 
Mauthausen-Kommission (1948) durch Pinter geleitet wor- 
den sei, d.h. er zahlt zwei (angebliche) MPD-Schreiben auf 
(vgl. 3.3), die sich auf Pinters (angeblichen) Mauthausen- 
Bericht beziehen und (angeblich) anlaBlich einer Haussu- 
chung bei ihm beschlagnahmt worden seien. 17 Die Aussage 
von Pinter als Leiter einer zweiten Mauthausen-Kommission 
hat Lachout auch spater wiederholt. 5 Schade nur, daB es diese 
Kommission nicht gab, und so kann es auch nicht stimmen, 
daB Pinter sie geleitet hat. Vermutlich wurde der historische 
Oberst Pinter nur ins Spiel gebracht, um der fiktiven "alliier- 
ten Kommission" eine gewisse Glaubwurdigkeit zu verlei- 
hen. 

6. SchluBbetrachtung 

AuBer dem Lachout-Dokument, den Erzahlungen Emil Lach- 
outs und einem ebenfalls von Lachout stammenden "Pinter- 
Bericht" gibt es nichts, was die Tatigkeit alliierter Untersu- 
chungskommissionen belegt, die im Jahre 1948 in ehemali- 
gen deutschen Konzentrationslagern, speziell im KL Maut- 
hausen, tatig gewesen sein sollen. Entsprechende Berichte 
sind nie aufgetaucht. Diese Kommissionen sind ein Phantom. 



176 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



SchlieBlich hatte ihre Existenz auch der Umerziehungs- 
Politik der Alliierten widersprochen. Ebensowenig nach- 
weisbar ist der "Militarpolizeiliche Dienst" im Osterreich der 
Nachkriegsjahre. Auch hier gehen alle Angaben sowie auch 
Dokumente, die direkt oder indirekt die Existenz des MPD 
glaubhaft machen sollen, letztlich auf Emil Lachout zuriick. 
Diese Truppe ist eine Geisterarmee. Deshalb kann auch die 
Entstehungsgeschichte des Lachout-Dokuments nicht stim- 
men. Dariiber, wie und woher das Schriftstiick im Jahre 1987 
auftauchte, gibt es mindestens 5 Versionen voller Unge- 
reimtheiten und Widerspriiche. Damit bleibt nur ein SchluB 
ubrig: 

Das Rundschreiben ist eine Falschung. 
Fiir den Zweck dieser Studie mag offenbleiben, wer der Fal- 
scher ist. 

Fiir viele, die bisher an das Dokument glaubten, mag diese 
Erkenntnis iiberraschend sein. DaB sich der Glaube an die 
Echtheit des Dokuments bis heute halten konnte, liegt nicht 
zuletzt daran, daB die Kritiker im DOW ihre Recherche- 
Ergebnisse mit einer heftigen Polemik gegen den Revisio- 
nismus verbanden und so das Vertrauen in ihre wissenschaft- 
liche Seriositat selbst erschiitterten. 

Das Motiv fur die Falschung waren vermutlich prozeBtakti- 
sche Griinde, namlich um in den Strafverfahren gegen Rainer 
bzw. Honsik eine Diskussion der Gaskammer-Frage (beson- 
ders im Zusammenhang mit Mauthausen) zu erzwingen. Das 
Gericht lieB sich aber darauf nicht ein und lieB das Verfahren 
gegen Lachout jahrelang schweben, wahrscheinlich gerade, 
um eine Diskussion der Gaskammer-Frage zu vermeiden. Fiir 
die revisionistische Zeitgeschichtsforschung stellt das Doku- 
ment heute eine Belastung dar, denn Gegner wie das DOW 
werden weiterhin mit Wonne diese Falschung dem gesamten 
Revisionisms anlasten. Dieser Vorwurf ist allerdings nicht 
berechtigt, denn auch namhafte Revisionisten (Faurisson, 
Ziindel) waren von Anfang an skeptisch. Es konnte aber 
nicht ihre Aufgabe sein, die verworrene Geschichte des Do- 
kuments aufzuklaren. Ein Wissenschaftler wie Prof. Fauris- 
son, der 1987 extra nach Wien gereist war, um sich eine 
Meinung zu bilden, hat sich deutlich zuruckgehalten. 
In der Frage "Gaskammern im Altreich?" muB man jedenfalls 
auf das Lachout-Dokument als Beweismittel verzichten, und 
das gilt auch fur die Frage der Mauthausen-Gaskammer. Das 
heiBt iibrigens nicht, daB alles, was in dem "Rundschreiben 
RS 31/48" steht, falsch sein muB, weil das Dokument ge- 
falscht ist! Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang ein 
Satz aus einer Urteilsbegrundung des Oberlandesgerichtes 
Wien, 38 der allerdings so verklausuliert ist, daB man ihn 
mehrmals lesen muB. Dort macht namlich das Gericht einen 
feinen Unterschied zwischen einer Argumentation, daB es in 
einzelnen, namentlich genannten Konzentrationslagern keine 
Massenvernichtung durch Giftgas gegeben habe (anschei- 
nend nicht strafbar), und der "sogenannten 'Gaskammerlu- 
ge'", wonach "eine Massenvernichtung durch Giftgas in 
Konzentrationslagern den Nationalsozialisten schlechthin zu 
Unrecht unterstellt werde" (strafbar). Das Gericht ging aber 
davon aus, daB das Dokument auch fur die letztere, strafbare 
Argumentation herangezogen worden sei, was fiir Beamte die 
Pflicht bedeute, gegen "derartige neonazistische Aktivitaten 
einzuschreiten". 

Zur Klarung der Gaskammerfrage von Mauthausen haben die 
verschiedenen Prozesse im Zusammenhang mit dem 
Lachout-Dokument jedenfalls nichts beigetragen. Der ProzeB 
gegen Emil Lachout schleppte sich jahrelang dahin. Man hat- 



te offenbar nicht damit gerechnet, daB Lachout den SpieB 
umdrehen und die Republik Osterreich in StraBburg wegen 
Verweigerung eines Menschenrechtes (durch ProzeBver- 
schleppung) verklagen wiirde. Lachout bekam Recht 39 - 
nicht in Sachen Gaskammer, versteht sich, sondern wegen 
der ProzeBverschleppung - und die Republik Osterreich zahl- 
te an ihn eine "gerechte Genugtuung". 

7. Anmerkungen 

' Brigitte Bailer-Galanda, Wilhelm Lasek, Wolfgang Neugebauer, Gustav 
Spann (Dokumentationszentrum des osterr. Widerstandes), Das Lachout- 
"Dokument" -Anatomie einer Falschung, Verlag DOW, Wien 1989. 
Brigitte Bailer-Galanda, "Das sogenannte Lachout-'Dokument"', in: 
DOW und Bundesministerium fiir Unterricht und Kunst (Hg.), Amoklauf 
gegen die Wirklichkeit. NS- Verbrechen und revisionistische Geschichts- 
klitterung, 2. Aufl., Verl. DOW, Wien 1992. 

Zum Fall Lachout vgl. den Beitrag von Johannes Heyne, "Die 'Gaskam- 
mer' im KL Mauthausen - Der Fall Emil Lachout", VffG 7(3&4) (2003), 
S. 422-435. 

4 Emil Lachout, Schreiben vom 5.8.2001 an den Verfasser 
Emil Lachout, Schreiben vom 25.9.2001 an den Verfasser 
Vgl. dazu Reinhold Schwertfeger, "Gab es Gaskammern im Altreich?", 
VffG 5(4) (2001), S. 446-449. 

7 Von den im Lachout-Dokument genannten 13 ehemaligen deutschen 
Konzentrationslagern lagen neun auf dem Gebiet des "Altreichs" und die 
tibrigen vier in den seit 1938 angegliederten Gebieten. Von den sog. Ver- 
nichtungslagern, die sich heute alle auf polnischem Boden befinden, wird 
keines erwahnt. Mit "Altreich" ist Deutschland in den Grenzen von 1937 
gemeint. Das kann zu MiBverstandnissen ftihren, denn ftinf KL (Au- 
schwitz in Ost-Oberschlesien, Mauthausen in Oberosterreich, Natzweiler 
im ElsaB, Stutthof bei Danzig, Theresienstadt im Reichsprotektorat Boh- 
men und Mahren) lagen streng genommen nicht auf dem Gebiet des Alt- 
reichs, da die betr. Gebiete erst zwischen 1938 und 1940 dem Deutschen 
Reich angegliedert wurden. 

8 ProzeB Wiesenthal vs. Rainer (Strafbezirksgericht Wien, Aktenzeichen 
ZL 9 V 939/86). 

Bundespolizeidirektion Wien, Staatspolizeiliches Btiro, Niederschrift 
(Zahl I - Pos 501 AV B/14b/87 res) vom 1 1.12.1987 (1, Vernehmung 
Lachouts). 

10 Bundespolizeidirektion Wien, Staatspolizeiliches Btiro, Niederschrift 
(Zahl I - Pos 501/IV B/14b/87 res) vom 2.2.1988 (2. Vernehmung 
Lachouts). 

11 Emil Lachout, Eidesstattliche Erklarung vom 16. Okt. 1987, beglaubigt 
vom Bezirksgericht Wien-Favoriten (G 1350/87). 

12 Walter Ochensberger (Hrsg.), Sieg Nr. 1 1/12 (Nov./Dez. 1987), S. 7-9. 

13 Gerd Honsik, "Regierungsbeauftragter bricht sein Schweigen - Mauthau- 
senbetrug amtsbekannt! Major Lachouts Dokument exklusiv im Halt", 
Halt Nr. 40, Wien, Nov. 1987. 

14 Gerd Honsik, "Das Dokument ist echt! Faurisson eilt nach Wien!", Halt 
Nr. 41, Wien, Dez. 1987. 

15 Robert Faurisson, "The Miiller Document", The Journal of Historical Re- 
view Vol. 8 No. 1 (1988), S. 117-126. 

16 Schreiben Prof. Dr. Manfred Messerschmidt (Militargeschichtliches For- 
schungsamt Freiburg) vom 14. 7.1988 an das DOW. 

17 Exclusiv-Interview mit Herrn Emil Lachout, Sieg Nr. 6 (1989), S. 16-19 

18 SieheAnm. 1, S. 11. 

19 Auskunft des Osterr. Staatsarchivs vom21.9.1988 (GZ 0695/0-R/88); im 
Gerichtsakt des Verfahrens DOW vs. Lachout; zitiert nach Anm. 14, S. 
16. 

20 Siehe Anm. 17, S. 9 (Kasten). 

1 Dr. Robert Lichal, Bundesminister fiir Landesverteidigung, Schreiben an 
Dr. Wolfgang Neugebauer, DOW, vom 20.2.1989; Faksimile siehe Bai- 
ler-Galanda et al. , Anm. 1, S. 16. 

22 SieheAnm. 1, S. 12-16. 

" 3 Robert Faurisson, Schreiben an den Verfasser vom 5.8.2002. 

24 Polizeilicher Hilfsdienst fiir die Kommandantur der Stadt Wien, Schrei- 
ben vom 7.5.1945 (Kopie von Emil Lachout an den Verfasser). 

25 Barbara Kulaszka (Hg.), Did Six Million Really Die? Report of the Evi- 
dence in the Canadian "False News " Trial of Ernst Ziindel, Samisdat 
Publishers Ltd., Toronto 1992 

26 Bei alien heute irgendwo reproduzierten Abbildungen - auch der hier ge- 
zeigten - handelt es sich offensichtlich stets um Fotokopien des Lachout- 
schen Exemplars. Dabei ist zu beachten, daB das Schriftstiick manchmal 
nur teilweise abgebildet ist. Die hier gebrachte Abbildung des Rund- 



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111 



schreibens Nr. 31/48 (Lachout-Dokument) gibt laut Emil Lachout (2001) 
das Schriftstiick vollstdndig wieder (Abbildung 1). 

27 R. Faurisson, aaO. (Anm. 15), S. 1 19, 123f., E. Lachout, aaO. (Anm. 4), 
S. 8 und ders., aaO. (Anm. 5), S. 16. 

28 Vgl. Ralf Tiemann, Der Malmedyprozess. Ein Ringen um Gerechtigkeit, 
Munin-Verlag, Osnabriick 1990. 

29 Report of Investigation of Alleged War Crimes [in Mauthausen], 
Headquarters Third U.S. Army, Office of the Judge Advocate, by Eugene 
S. Cohen, Major and Investigator-Examiner, 5 1 4 th Quarter Master Group, 
17 th June 1945 (IMT Document 2 1 76-PS) 

30 Till Bastian, "Die Auschwitz-Lugen", in: Die Zeit, Nr. 39 vom 18.9.1992; 
Till Bastian, "Der 'Leuchter-Report'", in: Die Zeit, Nr. 40 vom 25.9.1992 

31 Otto Ernst Remer (Hg.), Die Zeit liigt\, Remer-Heipke Verlag, Bad Kis- 
singen 1992, vgl. http:vho.Org/D/Beitraege/Zeit.html. 

32 Vgl. J. Graf, C. Mattogno, KL Majdanek. Eine historische und technische 
Studie, 2. Aufl., Castle Hill Publishers, Hastings 2004, S. 130. 

3 Germar Rudolf, Schreiben vom 13.5.2004 an den Verfasser. 
34 Vgl. Wolfgang Lamprecht, "Zyklon B - eine Erganzung", in: VffG, 1(1) 



(1997), S. 2-5. 

Rudiger Kammerer, Armin Solms (Hg), Das Rudolf Gutachten. Gutach- 
ten iiber die Bildung und Nachweisbarkeit von Cyanidverbindungen in 
den "Gaskammern" von Auschwitz, Cromwell Press, London 1993, S. 
58f.; vgl. www.vho.org/D/rgal/verdampf.html. 

G. Rudolf, Das Rudolf Gutachten, 2. Aufl., Castle Hill Publishers, Hast- 
ings 2001; ders., The Rudolf Report, Theses & Dissertations Press, Chi- 
cago, IL, 2003 . 

Stephen F. Pinter, Letter to the Editor, in: Our Sunday Visitor (Hunting- 
ton, Indiana), 14.06.1959, p. 15 

Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 10.9.1990, Zl. 27 Bs 199/90; zi- 
tiert nach Bailer-Galanda, aaO. (Anm. 2), S. 8 If. Es ging um eine von 
Emil Lachout angestrengte Privatklage gegen die DOW-Mitarbeiterin 
Mag. Brigitte Bailer-Galanda und einige Journalisten, wobei Bailer- 
Galanda in zwei Instanzen freigesprochen wurde. 
Europarat Ministerrat, Beschwerde Nr. 23019/93, angenommen am 8. 
Okt. 1999 auf der 680. Sitzung der Delegierten der Minister. 



Der wahre Brand 

Von Johannes Heyne 



Das Schweigen 

Stadte sind Bilder ihrer Geschichte. In den meisten Stadten 
der Deutschen sind die Bilder zerstiickelt. Zwischen der 
schmucklosen Architektur der Moderne geben nur wenige 
Bauwerke noch Zeugnis von vergangener Zeit. Dieser Urn- 
stand wird in der Regel so erklart: 
Die Stadt ist wdhrend des Zweiten Weltkrieges durch alli- 
ierte Bomben zerstort worden. Die Zerstorung mufite sein 
wegen Hitler und Auschwitz. Die Bombentoten waren Na- 
zis. Die Deutschen haben mit Bombenwerfen angefangen. 
Der Schmerz von damals war zu groB, um voll empfunden 
werden zu konnen. So lieB man sich die Schuldzuweisungen 
der Bomber gefallen, um sich dem AusmaB des Elends nicht 
stellen zu miissen. Die alten Stadtbilder und die Toten der 
Bombennachte sind als zu Recht Vernichtete aus dem Ge- 
denken getilgt. 

Buch und Autor 

Im November des Jahres 2002 erschien im Propylaen-Verlag 

ein neues Buch iiber den Bombenkrieg: Jorg Friedrichs 

Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940-1945. 

Jorg Friedrich, geboren 1944, fristete bis- 

her mit Veroffentlichungen uber NS- 

Verbrechen und Kriegsrecht 1 eine unauf- 

fallige Existenz. Der Brand wurde zu ei- 

nem weder vom Autor noch vom Verlag 

erwarteten Erfolg. Das Werk wurde zum 

meistbeachteten Buch des Jahres und ist es 

zwei Jahre nach seinem Erscheinen noch 

immer, z. Zt. in der 13. Auflage. 

Der Autor prasentiert das Thema als eine 

Mischung aus geschichtswissenschaftlicher 

Darstellung und schauendem Erleiden, als 

ein Geschehen in Zeit und Raum und zu- 

gleich als Mitteilung des "Ichs", der Quelle 

raum- und zeitlos irrlichternder Bilder und 

Gedanken. Der Bombenkrieg ist nicht 

chronologisch, sondern nach Themen an- 

geordnet. 




Ohne Vorbereitung wird der Leser hineingenommen in das 
Sterben. Mai 1943, Zerstorung Wuppertals. Ein sechzehn- 
jahriger Praktikant ist zur Leichenbergung eingeteilt: 2 

"Es hiefi: da sechs Tote, da zwanzig Tote usw. Teilweise 
lagen die Leute ganz friedlich da, wie Schlafende. Sie wa- 
ren an Sauerstoffmangel erstickt. Andere waren vollig ver- 
brannt. Die verkohlten Korper mafien nur noch funfzig 
Zentimeter. Wir bargen sie in Zinkbadewannen und 
Waschkesseln. In einen Kessel pafiten drei, in eine Wanne 
sieben oder acht Korper. [...] Die normalen Brandleichen 
hatten nicht mehr viel mit Menschen zu tun, sie waren wie 
schwarze Pdckchen. Hing aber ein unversehrter Korperteil 
daran, wurde einem plotzlich wieder bewufit, worum es 
sich handelte. " (S. 19) 
Der Leser schaudert. Bei manchen mag schon jetzt der 
Schmerz die Erstarrung sprengen. Die ersten Flammen des 
"Brandes" ziingeln in den Rissen. 

Die Waffe 

Es folgt die Darstellung der Waffe, welche dieses Leiden 

verursachte: 

"Seit der Jahreswende 1942/43 drdngten 
Forschungsstabe im britischen Luftwaf- 
fenministerium darauf, die Vernich- 
tungseigenschaften des Feuers fortzu- 
entwickeln. [...] Nur bedurfte der An- 
griffsgegenstand naherer Analyse [...] 
Als Brandingenieure aus Feuerwehr- 
diensten hinzustiefien, war eine neue 
Wissenschaft geboren. Der Beruf, das 
Feuer zu bekdmpfen, und der, es anzu- 
ziinden, befafit sich mit derselben Sache, 
der Brennbarkeit der Stojfe. Aus der 
physischen Beschaffenheit der deutschen 
Siedlung resultieren Art und Weise der 
Brandlegung. Die Bombe soil zwischen 
acht und dreifiig Minuten am Fleck des 
Auftreffens brennen. Sie ist nur ein Keim. 
Wie er sich dehnt, der Brand springt, 



Jorg Friedrich 



178 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



n 



Jorg 
Friedrich 



Hindernisse passiert, Strafienfreifldchen iiberquert, kilome- 
terweit die Flache erfafit, ist eine Aufgabe fur Mathemati- 
ker, Statistiker und Operationsauswerter. 
Die Feueringenieure ermitteln die Eigenschaften deutschen 
Mobiliars, denn zundchst ist es der Haushalt, der sich ent- 
ziindet. Krempel auf Dachboden, Nahrungsvorrate, Klei- 
der, Polster. Das Inventar wiederum steckt das Gebaude 
an. Feuerversicherungskarten wurden organisiert und 
Luftbilder stereometrisch aufbereitet, um ruckzuschliefien 
auf Brandabschnitte, Brandmauern. " (S. 21) 
"[...] eine Division von Okonomen, Nachrichtendienstiern 
und Luftbild-Auswertern [setzt] eine Anatomie Deutsch- 
lands zusammen, The Bomber 's Baedeker. 
Im Januar 1943, kurz vor der Ruhrschlacht, hatte das Mi- 
nisterium fur wirtschaftliche Kriegfuhrung einen so be- 
zeichneten Katalog herausgegeben. Er umfafite die deut- 
schen Stddte von tiber fiinfzehntausend Einwohnern mit al- 
lem Inventar. Das Stadtziel umgab ein Kreis im Dreimei- 
lenradius, zu der Zeit die kleinste 
Mafieinheit im Bomber Com- 
mand, 4,8 Kilometer. Was produ- 
ziert, gelagert und befordert, was 
besiedelt, versammelt, verteidigt 
und verschanzt war im Reich, was 
Rohstoffe, Kenntnisse, Kunst- 
schdtze und Heiligtiimer barg, 
kam auf die Liste. " (S. 35) 
Ein tiber Tage gestrecktes Bombar- 
dement mit den verschiedenen 
Brandgemischen aus Benzin, Gum- 
mi, Kunstharz, 01, fltissigem As- 
phalt, Gelees und kleinen Mengen 
von Metallseifen, Fettsauren sowie 
etwas Phosphor entfaltete ein Zer- 
storungsmaB, das nur Nuklearwaf- 
fen tibertreffen (S. 28). Diese Waffe 
ist industriell hergestellt worden. 
Der Brand ztindelt an der "Singula- 
ritat deutscher Schuld". 
Als Kritik sei angemerkt, daB dem 
Buch eine Vorstellung des Luft- 
kriegsrechtes fehlt, d.h., die einzel- 
nen Bombardements werden nicht 
auf ihre RechtmaBigkeit im Sinne 
des Kriegsrechtes untersucht. Zur 
Information fur unsere Leser werden daher hier "Luftkriegs- 
recht" und eine "Chronologie des Bombenkrieges" zwi- 
schengeschoben. Zugrunde gelegt sind die von Jorg Friedrich 
nicht verwendeten Standardwerke tiber den Bombenkrieg: 
Maximilian Czesanys Europa im Bombenkrieg 1939-I945 i 
und Franz Kurowskis Der Luftkrieg iiber Deutschland. 4 

Luftkriegsrecht 

Grundlage des Kriegsrechtes ist die 1907 von der II. Haager 
Friedenskonferenz verabschiedete und von den Teilnehmer- 
staaten als Vertragsrecht anerkannte Haager Landkriegsord- 
nung. Es wird zwischen Kombattanten und Zivilisten unter- 
schieden. Letztere sind wahrend der Kriegshandlungen zu 
schtitzen. 

Nach dem Ersten Weltkrieg glaubte man, das Kriegsrecht 
durch ein eigenes Luftkriegsrecht erganzen zu mtissen. Im 
Jahre 1923 entstanden die Haager Luftkriegsregeln, die je- 
doch von keiner Regierung als geltendes Recht angenommen 




Der Bram^ 




Deutschland 
im Bombenkrieq 
1940-1945 



wurden. Auch weitere Bemtihungen um ein positives Luft- 
kriegsrecht scheiterten am Widerstand der einzelnen Regie- 
rungen, trugen aber dennoch zur Ausbildung eines von alien 
Staaten anerkannten Kriegsgewohnheitsrechtes bei. Uberdies 
wurden folgende Artikel der Haager Landkriegsordnung auf 
den Luftkrieg bezogen: 

Art. 22 

Die Kriegftihrenden haben kein unbeschranktes Recht in der 

Wahl der Mittel zur Schadigung des Feindes. 

Art.23 e: 

(Es ist untersagt) der Gebrauch von Waffen, Geschossen oder 

Stoffen, die geeignet sind, unnotige Leiden zu verursachen. 

Art. 25 

Es ist untersagt, unverteidigte Stadte, Dorfer, Wohnstatten 
oder Gebaude, mit welchen Mitteln es auch immer sei, anzu- 
greifen oder zu beschieBen. 

Art. 27 

Bei Belagerungen und BeschieBun- 
gen sollen alle erforderlichen Vor- 
kehrungen getroffen werden, um die 
dem Gottesdienst, der Kunst, der 
Wissenschaft und der Wohltatigkeit 
gewidmeten Gebaude, die ge- 
schichtlichen Denkmaler, die Hos- 
pitaler und Sammelplatze ftir Kran- 
ke und Verwundete so viel wie 
moglich zu schonen, vorausgesetzt, 
daB sie nicht gleichzeitig zu einem 
militarischen Zwecke Verwendung 
finden. 5 

Als Luftkriegsrecht gilt somit: 
Bombardierung ist erlaubt 

- bei der Einnahme verteidigter 
Stadte zur Untersttitzung des Bo- 
denkrieges. Dabei sollten, wenn 
moglich, nur militarische Ziele 
mit Bomben belegt werden. Die 
Moglichkeit ist nicht immer ge- 
geben. 

- zur Vernichtung gegnerischer 
kriegsrelevanter Einrichtungen. 

Verboten sind 

- Nachtangriffe wegen der Schwierigkeit, in der Dunkelheit 
militarische von nichtmilitarischen Zielen zu unterschei- 
den. 

- Bombardierung reiner Wohngebiete. 

Falls eine Kriegspartei luftkriegsrechtverletzende Bombar- 
dierungen unternimmt, sind den Angegriffenen Repressalien 
erlaubt, d.h., Angriffe auf nichtmilitarische Ziele gleichen 
AusmaBes, um den Gegner zur Einstellung seiner kriegs- 
rechtswidrigen Handlung zu zwingen. 

Verlauf des Bombenkrieges 

Erster Weltkrieg 

Im Januar 1915 flogen zwei 190 Meter lange Zeppeline tiber 
die Ostktiste Englands und warfen tiber Yarmouth und 
King's Lynn Bomben ab. Der erste Zeppelin-Angriff auf 
London erfolgte am 31. Mai 1915. Dabei kamen 28 Men- 
schen um, 60 weitere wurden verletzt. Viele Gegenden in 




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179 



GroBbritannien wurden nachfolgend angegriffen, wie etwa 
Gravesend, Sunderland, Edinburgh, die Midlands und die 
Home Counties. Bis Ende Mai 1916 fielen mindestens 550 
britische Zivilisten den deutschen Zeppelinen zum Opfer. Die 
Kaiserliche Armee verwendete 115 Zeppeline fur ihre An- 
griffe, von denen 77 entweder vollig zerstort oder unbrauch- 
bar beschadigt wurden. Aufgrund der groBen Verluste stellte 
Deutschland die Zeppelinangriffe im Juni 1917 ein. 

1919 

Der damalige britische Riistungsminister Churchill legt einen 

Plan vor, Berlin mit tausend Bombern anzugreifen. 

1920 

Der italienische General Douet vertritt in Luftherrschaft die 
These, Luftkrieg musse nicht nur taktisch zur Unterstutzung 
von Bodentruppen, sondern strategisch als selbstandige 
Kriegshandlung gefiihrt werden, und zwar gegen das Hinter- 
land des Gegners, ohne Unter- 
scheidung von Kombattanten 
und Zivilisten. Die Kolonial- 
machte bombardieren nachfol- 
gend in diesem Sinne Aufstan- 
de in ihren Kolonien nieder. 

1928 

Die These Douets wird vom 

Oberbefehlshaber der R.A.F., 

Lord Trenchard, zustimmend 

aufgegriffen. 

1929 

Bildung eines britischen Nach- 

richtennetzes, um Informatio- 

nen iiber bombardierungswerte 

Ziele in Deutschland zu sam- 

meln. 

1932 

England beginnt, viermotorige 
Langstreckenbomber fiir einen 
zukiinftigen strategischen Luft- 
krieg zu bauen. 




1933 

In den USA wird der erste Langstreckenbomber in Auftrag 
gegeben. 

14.7.1936 

Aufstellung des Bomber Commands innerhalb der R.A.F. 
Die wiedererstehende deutsche Luftwaffe besitzt keine Lang- 
streckenbomber. Sie versteht sich nur als taktische Waffe zur 
Unterstutzung des Bodenkrieges. 

1.9.1939 

Beginn des Zweiten Weltkrieges. Britische Bomben fallen 

auf militarische Objekte in Wilhelmshaven und Cuxhaven. 



Winston Churchill 



Anfang 1 940 

Briten bombardieren militarische Objekte auf Sylt. 

10.5. 1940 

Churchill wird britischer Premierminister und kiindigt am 
nachsten Tage die Eroffnung des strategischen Bombenkrie- 
ges gegen das deutsche Hinterland an. 

11.5.1940 

Britische Nacht-Bombardierung auf Wohngebiete der unver- 
teidigten Stadt Monchen-Gladbach. Diese und alle weiteren 
britischen Bombardierungen fallen unter Kriegsverbrechen. 

14.5. 1940 

Deutsche Bombardierung der verteidigten Stadt Rotterdam. 
Die Kapitulation erfolgte erst, als die Bomber bereits unter- 
wegs waren und nicht mehr alle rechtzeitig zuriickgerufen 
werden konnten. Dieser Angriff war, obwohl es wegen un- 

giinstigen Umstanden auch zur 
Vernichtung von Wohngebie- 
ten kam, durch das Kriegsrecht 
gedeckt. 

August 1940 

Unternehmen 'Seelowe'. Die 
deutsche Luftwaffe wollte die 
R.A.F. in einer Luftschlacht 
vernichten, um dadurch eine 
Invasion zu ermoglichen. Die 
R.A.F. aber stellte sich auf 
Weisung Churchills nicht zur 
Schlacht, sondern wich nach 
Norden aus. Die deutsche 
Luftwaffe muBte sich damit be- 
gniigen, militarische Ziele in 
England zu bombardieren. Die- 
se Bombardierungen waren zu- 
gleich Repressalien fur die 
fortgesetzten britischen Bom- 
bardierungen deutscher Wohn- 
gebiete. 

14/15. 11. 1940 

Deutscher Bombenangriff auf 
das Zentrum der britischen Rii- 
stungsindustrie in Coventry. Der Angriff war zugleich Re- 
pressalie fiir die Bombardierung Miinchens. Durch Ent- 
schliisselung des deutschen Codes war den Briten der Zeit- 
punkt des Angriffs bekannt. Churchill verhinderte, daB die 
Einwohner Coventrys vor dem Angriff die Stadt verlieBen. 
Obwohl nur die Rustungsindustrie bombardiert werden soll- 
te, kam es auch zur Zerstorung von Wohngebieten und der 
Kathedrale. Der Angriff auf Coventry verstieB nicht gegen 
das Luftkriegsrecht. 

Die Deutsche Luftwaffe konnte trotz der schwachen briti- 
schen Abwehr auf Dauer den Luftkrieg gegen England nicht 
durchhalten, weil sie keine Langstreckenbomber besaB. 



25/26. 9. 1939 

Bombardierung der verteidigten Stadt Warschau durch die 
Deutsche Luftwaffe, nachdem die Stadt mehrfach vergeblich 
zur Ubergabe aufgefordert worden war. Die Bombardierung 
war kriegsrechtlich gedeckt. 



Januar 1941 

Die Invasion Englands wird abgesagt. 

10.5. 1941 

Letzter deutscher Luftangriff auf London. 



180 



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14.2.1942 

Obwohl England nun nicht mehr von 
Deutschland angegriffen wird, wird ei- 
ne Verscharfung des Luftkrieges gegen 
Deutschland beschlossen: Es sollen in 
Flachenbombardements vornehmlich 
Wohngebiete angegriffen werden, um 
die Zivilbevolkerung zu demoralisieren 
und sie womoglich zu einem Aufstand 
gegen ihre Fiihrung zu bewegen. 
Initiator dieser Bestimmung war der 
wissenschaftliche Berater Churchills, 
der aus Deutschland stammende Jude 
Frederick Alexander Lindemann. 
Lindemann wurde 1886 in Baden- 
Baden geboren, studierte in Deutsch- 
land Naturwissenschaften, wanderte im 
Ersten Weltkrieg nach England aus, 
wurde in Oxford Professor, lernte 1932 
Churchill kennen, mit dem er am 10. 
Mai 1940 als Berater des Premiermini- 
sters in die Downing Street einzog. 
Bald darauf wurde er zum Lord Cher- 
well ernannt. 

Anfang 1942 hatte Lindemann eine 
Kabinettsvorlage iiber die zukiinftige Bombenstrategie gegen 
Deutschland eingebracht. Es sollten von Marz 1942 bis Sep- 
tember 1943 in alien groBeren deutschen Stadten mindestens 
funfzig Prozent aller Wohnhauser zerstort werden. Die Ar- 
beitersiedlungen seien zu bevorzugen. Genaue technische 
Anweisungen iiber die GroBbrande auslosenden Bombenmi- 
schungen und iiber die zeitliche Abfolge der Abwurfe waren 
beigefiigt. 

Die als "Lindemann-Plan" bekannt gewordene Kabinettsvor- 
lage gehort wie der Morgenthau-Plan, der Kaufman-Plan, der 
Hooton-Plan sowie die Aufrufe Ilja Ehrenburgs an die Rote 
Armee, alles Deutsche wegzumorden, in die Reihe judischer 
Vernichtungsplane gegen Deutschland. Von all diesen Planen 
wurde der Lindemann-Plan am effektivsten in die Tat umge- 
setzt. 




durch die Alliierten hatten zur Kriegs- 
entscheidung nichts beigetragen. 



Frederick Alexander Lindemann 



22.2.1942 

Arthur Harris wird als Chef des Bomber Commands mit der 

Ausfiihrung des Lindemann-Planes beauftragt. 



12.5.1942 

Die 8. Luftflotte der USA landet mit 
ihren Langstreckenbombern auf 
englischem Boden, um sich fortan 
an der Bombardierung deutscher 
Stadte zu beteiligen. 

Herbst 1944 

Nachdem die deutsche Flugzeugin- 

dustrie zerstort ist, gibt es in 

Deutschland keine Abwehr mehr. 

Das Land ist bis kurz vor Kriegsen- 

de den sich steigernden Angriffen 

aus der Luft ausgesetzt. Kaum eine 

deutsche Stadt bleibt unversehrt, ca. 

600 000 Zivilisten sterben. 

Es wird die Ansicht vertreten, die 

Bombardierungen Deutschlands 



Strategic 

Jorg Friedrich beginnt sein Kapitel iiber 
Strategie mit folgenden Worten: 

"Metropolen, Warschau am 25. Sep- 
tember 1939 und Rotterdam am 14. 
Mai 1940, mobilisierten auf Anhieb 
jene Kraft, die sich so bitter an der 
deutschen Seite rachen sollte, das 
Feuer. " (S. 64) 
Am Seitenende erfahrt der Leser, daB 
dieses kein strategisches Luftbombar- 
dement gewesen ist, sondern nur eine 
Unterstiitzung von Bodenoperationen. 
Und der Leser erfahrt weiter: 

"Eine vorsatzliche Bombardierung 
ziviler Ziele ist den [deutschen] Luft- 
waffenakten nicht zu entnehmen, es 
wurden Flugpldtze, Flugzeugwerke, 
Docks, Hafenanlagen, Werften zer- 
stort. " (S. 73) 
Zur Bombardierung Liibecks heiBt es: 
"Harris hatte Art und Menge der 
Bomben aus der Analyse des deutschen Coventry-Angriffs 
gewonnen. " (S. 86) 
Und bald darauf: 

"Arthur Harris sammelte [...] Trophden. Er klebte die 
Luftphotographien der Ruinenskelette in ein blaues Album, 
das der Regierung, dem Buckinghampalast und Josef Sta- 
lin zuging. " (S. 97) 
Lord Cherwell - der Name Lindemann wird im Text nicht 
genannt, wohl aber im Index - erscheint zum einen als be- 
deutungsloser und belachelter Berater des Premierministers, 
zum anderen als Befiirworter des Abwurfs von Milzbrand- 
bakterien auf Feindesland, wozu es aber nicht kam. 
Der Leser befindet sich bei der Zuordnung von Bose und Gut 
auf schwankendem Boden. 

Im Dichterwerden der Bombenabwiirfe auf das immer wehr- 
loser werdende Reich verlieren sich jedoch die januskopfigen 
Schuldzuweisungen an die Deutschen. Im Riickblick erschei- 
nen sie nur noch wie Leerformeln, iiber welche das wirkliche 
Geschehen hinweggegangen ist. Sie wirken wie zusammen- 
hanglose Bruchstucke eines geborstenen GefaBes, geborsten 
in den Flammen vom Brand. 

Die Angriffswellen der Lancaster 
(britischer Langstreckenbomber) 
und Boing 17 (US-Langstrecken- 
bomber) ohne Zahl und ohne 
Schranken sollten so lange die Stad- 
te in den Grund versenken, bis kei- 
ne mehr iibrig war. Darum verende- 
ten auf den letzten Metern zum 
Waffenstillstand Freiburg, Heil- 
bronn, Niirnberg, Hildesheim, 
Wiirzburg, Mainz, Paderborn, Mag- 
deburg, Halberstadt, Worms, Pforz- 
heim, Trier, Chemnitz, Potsdam, 
Dresden, Danzig und andere. 
Eine von militarischen Zwecken 
fast entbundene, von jedem Ge- 
Arthur Harris fechtsrisiko befreite Vernichtungs- 




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walze bearbeitete von Januar bis Mai 1945 noch einmal das 

Land(S. 108). 

28. Juli 1943, Hamburg: Die engen Hinterhofe werden zu 

gluhenden Verliesen, die dort Gefangenen fmden keinen 

Ausgang mehr und erwarten den Tod. 

"Im Zenit des Feuersturms lafit die pure Hitzestrahlung 
Hduser sich auf einen Schlag vom Dach bis zum Erdge- 
schofi wie eine Stichflamme entziinden. Die Sturmbden Zie- 
hen aus den Hduserkellern Sauerstoff heraus wie eine gi- 
gantische Pumpe. [...] Dadurch rasten durch die Horizon- 
tale Windgeschwindigkeiten von 75 Metern pro Sekunde. 
Darin verlieren Menschen den Stand. [...] Die ihm begeg- 
neten, wurden in den Schmelzofen gerissen wie die armen 
Seelen in die Verdammnis. " (S. 113f.) 

Was immer im Fortgang noch aufblitzt an irrlichternder 

Hahme gegen Volk, Fiihrer und Reich, es gewinnt keine 

Konturen mehr in den verzehrenden Flammen. 

Land 

In diesem Kapitel von Friedrichs Buch wird das Vernich- 
tungswerk im einzelnen abgeschritten: Die zerstorten Stadte 
im Norden: Liibeck, Rostock, Wismar, Stralsund, Stettin, 
Danzig, Hamburg, Bremen, Braunschweig, Hannover...; im 
Westen: Duisburg, Essen, Koln, Bonn, Wiesbaden, Mann- 
heim, Aachen, Trier...; im Siiden: Freiburg, Wiirzburg, 
Nvirnberg Augsburg, Stuttgart, Miinchen...; und im Osten: 
Leipzig, Magdeburg, Halberstadt, Dresden, Darmstadt, Ber- 
lin... 

Wie um Abschied zu nehmen, wirft der Autor noch einmal 
einen Blick in die Schatzkammern unserer Stadte, ehe das 
Zerstorungswerk ihn ergreift. 
Stettin, Jacobikirche, Bau der neuen Orgel: 

"Ein Werk, das in Gestalt und Klang die Himmel nach- 
ahmte, war Arp Schnitgers neue Orgel. [...] Meister Schu- 
rich aus Radeberg bei Dresden nebst ftinf Gesellen [hatte] 
den Neubau begonnen und war darilber verschieden, auf 
Dietrich Buxtehudes Empfehlung feilte Schnitger weiter an 
Pfeifen und Windlade, nahm Balthasar Held hinzu, seinen 
Kompagnon; am 11. Januar 1700 war Orgelweihe." (S. 
188) 
Nach dem 17. August 1944 war Stettin Vergangenheit. 

"Die edelste Backsteinkirche Pommerns, St. Jacobi, auf 
Pfahlen ruhend, die Pfeiler schon aus dem Lot gewichen, 
doch von eisernen Querstreben gehalten, nahm den letzten 
Stofi. [...] Und des Feindes Macht machte mit der Zer- 
trilmmerung des Jacobikirchenschiffs auch Arp Schnitgers 
Orgel fur immer stumm. " (S. 189) 
Der Autor berichtet nicht, was andere sahen. Er selbst ist es, 
der sieht, wie die steinernen Dichtungen unseres Volkes 
Stuck fur Stuck dahinsinken, meist, um nie mehr wieder auf- 
zuerstehen. Es ist, als sprache nicht er selbst. Es ist, als habe 
der starr gewordene Schmerz des Volkes um sein zerstuckel- 
tes Gesicht von ihm Besitz ergriffen, um durch ihn zu reden. 
"Die [...] geschichtlichen Schreine wie Hildesheim, Mag- 
deburg, Dresden, Wiirzburg, Niirnberg werden im letzten 
Kriegsvierteljahr seriell zerstort. Allem Anschein nach ist 
dabei Verstand am Werk. Sind nicht diese Stadte die gro- 
fien Darsteller? Sie stellen dem Volk der Deutschen seine 
Herkunft dar. Aus Kaiserburg und Kontor, Werkstatt und 
Residenz, Dom und Markt, Kloster und Gasse, Universitdt 
und Spital, Brticke und Damm. Dies war lange vorhanden, 
bevor ein Staat bestand. " (S. 321) 
Augsburg, 25. Februar 1944: 



"Der Brand liefi sich von der klirrenden Kdlte nicht auf- 
halten. Er entziindete den Stolz der Burger, das Renais- 
sance-Rathaus Elias Holls, des Baumeisters der Stadt, 
Zeugnis und hohe Stirn ihrer einst weltumspannenden Fi- 
nanzmacht. " (S. 329) 
Miinchen, Juli 1944: 

"Auf den Strafien steht geretteter Hausrat umher, gebiin- 

delte Oberbetten, Kommoden aus friiherer Zeit, iiber Gene- 

rationen vererbte Gemalde, vor sich hin weinende Greisin- 

nen bewachen Krempel. Am Siegestor, notiert Hausenstein 

[Kunsthistoriker, der die Bombardierungen Munchens in 

einem Tagebuch festhielt], stehe ein Bronzelowe seit einem 

Monat auf dem Kopf der Untergang der Stadt sei so radi- 

kal, dafi man es nicht realisieren konne, obwohl man es vor 

Augen habe. 'Man meint, durch einen absurden Traum zu 

wandeln... '" (S. 332) 

Immer dichter drangen die Bilder der einsttirzenden Stadte 

auf ihn ein, begleitet von den Schreien der Verbrennenden, 

dem Stohnen der Sterbenden unter der Last des schweren 

Gesteins. Die Schilderungen bekommen etwas Atemloses, so, 

als konne der Berichterstatter das fortgesetzte Zusammen- 

stiirzen von "Ewigem" kaum mehr ertragen. 

Er sucht im Zynismus Halt. Koln: 

"Koln war eine Stadt mit wenigen Menschen und vielen 
Ratten geworden, die auf den Schuttbergen umherhuschten 
und sich an den Kellervorraten masteten. Das Rattengift 
war ausgegangen. In Stille schwelten Trtimmer und Bal- 
ken, die Feuer knisterten in verodeten Strafien. Am 2. Mdrz 
griffen 858 Lancaster und Halifaxe die letzten zwei Male 
Koln an, toteten Hunderte von Leuten, die ungeborgen auf 
den Strafien liegen blieben, Zigtausende flohen den Ort, 
bevor ihn das VII. US-Corps am 6. Mdrz 15.30 Uhr betrat. 
Von den 768 000 Einwohnern erwarteten Zehntausend die 
Befreier. Ftinf Prozent der Altstadt waren erhalten." (S. 
260) 
Er wehrt sich gegen die Ubermachtigen mit den Scharfen des 
Hohns. Dusseldorf: 

"Die Stadt erlitt 243 Luftangriffe, davon neun schwere. In 
der Nacht zum Pfingstsamstag 1943 wurden vierzig Qua- 
dratkilometer zwischen Hauptbahnhof und Derendorf ab- 
gebrannt, 140 000 Personen obdachlos gemacht, 30 000 
verwundet und 1300 Personen getotet, sechzehn Kirchen, 
dreizehn Krankenhduser und achtundzwanzig Schulen 
verwustet, kurz, ein Ausdruck der Uberlegenheit der briti- 
schen tiber die deutsche Luftwaffe, wie Churchill sagte. " 
(S. 255) 
SchlieBlich versucht er sich dorthin zu retten, wo die Men- 
schen damals Uberleben suchten. Berlin: 

"Durch Berlin geht man wie auf dem Meeresboden. Uber- 
all Wracks und leblos treibende Korper. Auf dies Zwi- 
schenreich ist in der Nachkriegszeit der Begriff der 'Emo- 
tionsldhmung' zugeschnitten worden. Der Strom der Emp- 
findungen stockt, weil die Seele ihn nicht mehr behaushalten 
kann. Sie verkrustet, und diese Partie wird taub. " (S. 370) 
Dennoch: Die Gefiihlsverkrustung ist aufgebrochen, um nie 
wieder in Erstarrung zu verfallen. 

Schutz - wir - Stein 

Die Waffe des Gegners war darauf angelegt, "millionenfach 

zu toten" (S. 406), es starben ca. 600 000 Menschen in den 

Flammen. 

Staat und Partei und Wehrmacht schmolzen zusammen in der 

Abwehr des allnachtlichen Untergangs und vollbrachten "das 



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Mirakel der unverzagten Ingangsetzung lebenswichtiger An- 
lagen und Dienste." (S. 418) 

Evakuierung und Kinderlandverschickung, Verdunkelung, 
Turmerwache und Sirenensignale, Bunkerbauten, Ausbau 
von Stollen und Kellerfluchten, und schliefllich die Sicherung 
von Bibliotheken und Kunstgegenstanden: 

"Der US Bombing Survey nennt das Unterfangen, die deut- 
sche Stadtbevolkerung in einem gestuften Sicherheitskon- 
zept in Kellern, Stollen, Bunkern, Grdben unterzubringen, 
Krankenhauspatienten, Kunstwerke, Akten, Bibliotheken, 
Archive zu bunkern, innerhalb von zehn Minuten jeden ei- 
nen mehr oder minder geschutzten, hdufig gasdichten Un- 
terstand erreichen zu lassen, 'the most tremendous con- 
structional program in civilian or passive defense for all 
time. " (S. 396f.) 

"Dafi im Feuersturmareal die Verlustquote beispielsweise 
0,28 Prozent ausmacht, verdankte sich dem Ineinander- 
greifen der zwei Schutzschilde, des Bunkers und der Was- 
sergasse der Feuerwehr. " (S. 424) 
Loschen, Zeitziinder entscharfen, 
Verschiittete bergen, Verwundete 
betreuen, Tote bestatten, Lebende 
speisen, die Arbeit wird von alteren 
Mannern, Frauen und Jugendlichen 
bewaltigt. Fremdarbeiter und Haft- 
linge mussen mit zugreifen. 
Fur die Demontage eines Blindgan- 
gers riskierte der Feuerwerker sein 
Leben: 

"Oft mufiten wir [schreibt ein 
Sprengmeister] an den Fiifien 
aufgehdngt, mit dem Kopf nach 
unten, Bomben entscharfen. Dann 
gab es Lehmgebiete, da ging die 
Bombe vier Meter hinunter, da 
mufiten wir im Finstern die Bom- 
be entscharfen. Man war schon 
im Grab drin. Bei jeder Bombe 
macht man die Erkennungsmarke 
und den Ehering ab und liefi alles 
im Auto. Dann ging es an die 
Bombe, es war ein bewufites Ster- 
ben. " (S. 427) 

Ein HJ-Meldefiihrer aus Saarbrucken nach dem Angriff vom 
30. Juli 1942: 

"Wir versuchten, teils mit blofien Hdnden, Steinbrocken, 
Trager, Deckenbalken wegzuschaffen, um nur schnell an 
die Verschutteten heranzukommen. Viele von ihnen waren 
schon tot und teilweise ganz schrecklich zugerichtet. Es 
war jedesmal ein Schock, wenn jemand dabei war, den ich 
gekannt hatte. Wir wohnten ja gleich nebenan um die Ek- 
ke. " (S. 428) 
Der Autor kann die zunftbedingte Abneigung gegen den Fiih- 
rerstaat nicht durchhalten. Fremdarbeiter sind die "Sklaven", 
doch "Als die loyalsten Heifer gelten Polen und Ukrainer" 
(S. 485). Sklaven sind nicht loyal. Juden durfen nicht in die 
schutzenden Bunker, aber das jiidische Ehepaar Singer darf 
doch (S. 404). Wehrkraftzersetzung und Plunderung wird mit 
dem Tode bestraft. Die Wehrkraft zersetzende Jiidin Amelie 
Paasch aber wird nicht hingerichtet, sondern nur nach Au- 
schwitz verschickt. Die Volksgemeinschaft hat im Bomben- 
krieg die Feuerprobe bestanden. 




Ich 

Das Ich, der vielgestaltige Trager alien Geschehens, leidet bis 
zum AuBersten: 

"Schlimmer als die Detonation selbst ist die Angst davor, 
die sich in das Ich eingrdbt und Leib und Seele begleitet, 
Tag und Nacht. Und die Angst wird an folgende Genera- 
tionen weitergegeben. 

Krieg ist in die Sensorik eingeschliffen und zieht nicht wie- 
der ab, fur Kind und Kindes kind nicht. " (S. 496) 
"Der Augenblick der Detonation hebt Raum und Zeit auf 
der Einschlag ist angstfrei, dann aber kommt das Entset- 
zen. Dennoch mufi ohne Riicksicht auf die Gefuhlslage dem 
Entsetzen, was immer moglich, entrissen werden. 
Der Bombenkrieg erzeugt eine eigene Vernunft und hat die 
Emotions stilr me nicht gezeitigt, die seinem Grauen ent- 
sprechen. Sie sind weggefiltert worden durch einen seeli- 
schen Immunschirm. " (S. 501) 

"Im Nachhinein protokollierte Berichte zeichnen das Ich 
des Bombenkriegs gelegentlich als zweites Ich. Es unter- 
scheidet sich vom ersten Ich 
durch die Panzerung des Empfin- 
dens. " (S. 503) 

"Die Gefiihlswelt hat Vollziige 
wie das Auflesen der Korperreste 
von Angehdrigen in Zinkeimern 
nicht mehr reflektiert. [...] 
Die Zivilperson hielt einem fur 
unmoglich erachteten Leidens- 
druck stand. Es hat nicht den An- 
schein, dafi die Betdubung spd- 
terhin gewichen ist. [...] Eine Be- 
tdubung beseitigt nicht den 
Schmerz, sie blockiert nur seine 
Wahrnehmung. Er ist nichtsde- 
stoweniger vorhanden. Die erin- 
nerten Szenen uberliefern eine 
Folter, die nicht auf immer un- 
aussprechlich sein wird. " (S. 
504f.) 
Jorg Friedrich, Nachkomme der 
Kriegsgeneration, hat sich der Fol- 
ter gestellt und dem Schmerz Worte 
gegeben. Nun stromt dieser iiber 
Kinder und Kindeskinder dahin, um, wo immer er beruhrt, 
die schiitzende Panzerung auf immer zu zerschmelzen. 
Das Mittel des Schmerzes ist das geschriebene Wort, das Pa- 
pier. 
Der Brand schlieBt so: 

"[...] das Papier [wird] sich seiner [des Brandes] bemdch- 
tigen, es hat langeren Atem als das Feuer. " (S. 539) 

Brandopfer 

Die Arbeitsergebnisse der Revisionisten sind bei Zeithistori- 
kern bekannt, wenn auch die Starrsinnigen und Phlegmatiker 
unter ihnen - und das sind die meisten - trotz der erwiesenen 
Nichtexistenz der Judenvemichtung durch die Nationalsozia- 
listen noch immer in den Rauchschwaden des jiidischen 
Brandopfers nisten. 

Jorg Friedrich ist Zeithistoriker. Auch er weiB! Und er ist 
weder ein Starrkopf noch ein Phlegmatiker. Angesichts des 
wirklichen Brandopfers des letzten Jahrhunderts weiB er dem 
Leser sein Wissen mitzuteilen. 



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Auschwitz, der imaginare Brandopferaltar der geopferten Ju- 
denheit, vor dessen Hoheit die Welt kniet und durch dessen 
Weihe jede von den Geopferten ausgeheckte Malice zur ge- 
rechten Abstrafung mutiert, Auschwitz ist nur vier mal er- 
wahnt: 

"Nachdem die Zunderfabrik in Essen einen Treffer erhal- 
ten hatte, wurde der en Fertigung nach Auschwitz verla- 
gert. " (S. 94) 
Also wurde in Auschwitz nicht nur vernichtet, sondern auch 
etwas geschaffen. 

Ein Stuttgarter Rechtsanwalt endete in der "Gaskammer von 
Auschwitz." (S. 339) Nur einer. 

Die schon erwahnte Jtidin Amalie Paasch wurde nicht wegen 
ihres Judentums, sondern wegen systemfeindlicher AuBerun- 
gen "nach Auschwitz verbracht." (S. 452) Wieso hielten sich 
urn diese Zeit noch Juden unbeanstandet im Reich auf? 
Seite 130heiBtes: 

"Ein Ort indes blieb verschont, obwohl nicht wenige seiner 
Bewohner als einzige den Angriff ersehnten: Im Friihsom- 
mer 1944 war vier judischen Insassen des Vernichtungsla- 
gers Auschwitz die Flucht gelungen. Sie unterrichteten ihre 
Gemeinde in der Slowakei von den Funktionen der Gas- 
kammer. Die Nachricht erreichte die Schweiz und am 24. 
Juni die Regierungen in Washington und London, verbun- 
den mit der Bitte um Bombardierung eines Verkehrsziels, 
der Gleisanlagen nach Auschwitz. [...] Es kam nicht zu 
diesem Verkehrsangriff und auch zu keinem Plan fur die- 
sen Verkehrs angriff. " 
Keine einzige Bombe also wurde zur Rettung der Judenma- 
ssen aus den "Gaskammern" abgezweigt. Jorg Friedrich ent- 
halt sich des Kommentars. 
Die derzeit nur im Zusammenhang mit der "Judenvernich- 




tung" gebrauchlichen Vokabeln wie "Massenvernichtung", 
"Brandopfer", "Krematorium" und "Vergasung" werden in 
Brand mit neuem Inhalt versehen: 

"Massenvernichtung ist Millimeter arbeit, sie kdrne nicht 
zustande, wiirden wahllos Bombentonnen auf einen Ort ge- 
laden, denn damit wurde er gut fertig. " (S. 361) 
"In Kassel und Hamburg wurden siebzig bis achtzig Pro- 
zent der Brandopfer im Keller vergast. " (S. 378) 
"Der Keller nahm nach einer Zeit die dufiere Hitze auf und 
arbeitete wie ein Krematorium, oder er fiillte sich unmerk- 
lich mit todlichen Brenngasen. Gasvergiftungen gaben die 
Hamburger Behorden als die mit siebzig bis achtzig Pro- 
zent haufigste Todesursache an. " (S. 194) 
Der wahre Brand des letzten Jahrhunderts hat das Auschwit- 
zer Opfertum der Juden zu Bagatellen zerfetzt. 

Brandstatten 

Der Erfolg von Der Brand veranlaBte Jorg Friedrich, das Ge- 
sehene auch als Bild vorzustellen. Er suchte die Stadtarchive 
nach Bildern ab, "die erzahlen, was Worterzahlungen tiber- 
steigt." 6 Im Oktober letzten Jahres erschien im Propylaen- 
Verlag der Bildband Brandstatten. Der Anblick des Bomben- 
kriegs. 

Brandstatten ist ebenfalls ein noch immer anhaltender Ver- 
kaufserfolg. Der Band ist in themenbezogene Kapitel einge- 
teilt, denen jeweils eine Einleitung beigegeben ist. Die Bilder 
sind mit Worten versehen, welche sich in das, was das Bild 
vermittelt, einfiigen. Es werden nachfolgend aus dem 238 
Seiten starken Bildband zu jedem Kapitel je ein Beispiel vor- 
gestellt. 

Uber die Darstellbarkeit der Toten des Bombenkrieges war es 

zwischen Autor und Verlag zur Meinungsverschiedenheit 

gekommen. Auf der letzten Seite des Bandes zwischen Bild- 

nachweisen und Impressum heiBt es in einer kleinen Notiz: 

"Die Wiirde der Opfer, die einen schrankenlosen Abdruck 

der fotografischen Uberlieferung verbietet, und das histo- 

rische Zeugnis des Grauens von Krieg sind schwer gegen- 

einander abzuwdgen. Dem einen Gut ist nicht zu entspre- 

chen, ohne das andere zu verletzen. Autor und Verlag ha- 

ben dazu unterschiedliche Auffassung, ubergeben jedoch 

den Band der Offentlichkeit im gegenseitigen Respekt vor 




FRUHER 

Hamburg, Fleet: 

"Stadt und Rauch voll Trangeruch, Walfischf linger und 
Schaluppen, Nebel weht um Pfahl und Schuppen Wie ein 
rissig Segeltuch. Peter Huchel, Der Hafen " (S. 20f.) 



Angriff 

Royal Air Force Stabschef Sir Charles Portal (Mitte) 

"Es ist klar, dafi die Zielpunkte die Siedlungsgebiete sein 
werden. " (S. 40) 



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Abwehr 
Berlin 1943: 

"Wir hatten Jungvolkuniform an und wollten schlafen. 

(S. 75) 




Bergung 
Hamburg 1943: 

"Wir bargen sie in Zinkbadewannen und Waschkesseln. 

In einen Kessel passen drei, in eine Wanne sieben oder 

acht Korper. " (S. 125) 



ZUFLUCHT 

Diakonissenbunker Bremen 1945: 

"Der Hochbunker war bewehrt, einer 1000 kg Bombe 
standzuhalten. Es sind insgesamt 45 Durchschldge gezdhlt, 
der verhdngnisvollste am 15.3.1945 in Hagen mit 400 To- 
ten. " (S. 95) 

der Haltung des anderen; der Leser moge sich sein eigenes 
Urteil bilden. " 

Heute 

Bilder von heute sind auch aus der Anschauung bekannt. Die 
Bilder des Bomben-Brandes waren bisher so gut wie unsicht- 
bar. Nun sind sie da, winzige Ausschnitte des Grauens von 




damals, Ausschnitte aber, welche heller noch als durch Worte 
die Erinnerungen auch bei Kindern und Kindeskindern auf- 
lodem lassen und die erstorbene Seelen mit den abgedrangten 
Schmerzen ftillen. 

In den Brandstatten vergliiht auch die Begriindung des Bran- 
des, die "Deutsche Schuld": 

" ' Massentotung durch Fliegerbomben kennen allein zwei 
Gesellschaften als nachhaltige Erfahrungstatsache, die Ja- 
paner sechs Monate, die Deutschen funfjahre long. Sie ist 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



185 



im geschichtlichen Gedachtnis verzeichnet ah Volhtrek- 
kung der gerechten Sache. 

Schorr aus technischen Grunden ist das flachenwirksame 
Luftbombardement niemand anderem ah Rechtsfeinden zu- 
zumuten. Es benotigt Schurkenvolker, weil eine Personifi- 
zierung eines Strafvollzuges ihm ganz unmoglich ist. Die 
Waffe antwortet scheinbar aufdie Sundhaftigkeit der Stadt. 
In Wirklichkeit ist es umgekehrt. Die Kollektivitdt der 
Schuld entspricht genau dem Streubezirk der Waffe. Nach 
neuzeitlichen Rechtsbegriffen ist Schuld Tatschuld und Ta- 
ter ein Zurechnungsfahiger. Doch erkannte die Bombe 
nicht, went Missetaten zuzurechnen waren, unterschied 
nicht Blockwart und Blockwartkind. Das einzige, was sie 
finden konnte, war eine Ortschaft, anders war sie nicht 
anwendbar. Darum bestrafte sie keine Schuld, sondern er- 
kldrte die Bestr often filr schuldig. Abgesehen davon fdllt 
ein Kriegsmittel gar keine Rechtsurteile. Es setzt sich ein 
Kampfziel, nichts weiter. " (S. 6) 
Am Ende des Bandes heiBt es: 

"Wer bombt, und sei es, er befreie, hat unrecht. " (S. 225) 

Die Folgen 

Die Bomber 

In England sind Der Brand und Brandstdtten auf Verarge- 
rung gestoBen. Britannien ist aus dem Krieg nur als Mitsieger 
hervorgegangen. Gekampft und gesiegt haben andere. In der 
zweiten Kriegshalfte war den Briten nur noch eine Kampf- 
handlung geblieben: den gegen eine Welt kampfenden Feind 
dort zu verletzen, wo er wehrlos war. 




Andere Mitsieger wie Polen, Tschechen, Jugoslawen haben 
nach der Kapitulation das Kampfen erneut begonnen und an 
allem Deutschen, das ihnen in die Hande fiel, gefahrlos ihren 
Blutdurst gestillt. Zwischen diesen und den britischen Mit- 
siegern gibt es keinen Unterschied. Die Bombardierung 
Dresdens und die polnischen Qualereien und Morde an den 
Oberschlesiern im Lager Lamsdorf sind von der gleichen 
Qualitat. 

Britannien hatte eine Ehre. Die Ehre ist verloren. Im Phantom 
vom vernichteten Nazi-Ungeist fiihrte die Ehre noch eine 
Schattenexistenz. Der Brand hat auch die Schatten aufgelost. 
In den USA haben Der Brand und Brandstdtten keine Reak- 
tionen hervorgerufen. Die Staaten sind weiter Herr iiber Gut 
und Bose, Leben und Tod und fahren fort, Schurkenstaaten 
per Bomben zu befreien. Sie haben keine Ehre verloren, weil 
sie nie eine harten. 




Trummer 

Bild Internat, K6ln, Internat St. Ursula, 5.6.1942: 

"[...] das Geschirr kaputt, die Turen alle ram aus Wan- 
den und Schranken, die Kleider im Dreck " (S. 182) 








Versorgung 

NS-Frauenschaft im Hotel Excelsior, Berlin, Februar 1945: 
"Am Tage wurden gegen sechs Zentner Brote ver- 
schmiert. Das Essen war iiberhaupt prima. " (S. 158) 



Trummerleben 

Bild Trummerleben, Dresden, Februar 1945: 

"Ich sagte, mein Mann liegt unter den Triimmern, und ich 
habe vierzig Jahre hier gewirkt, ich bleibe hier. Ich hatte 
mir ein Notbett in den Rdumen der Hitlerjugend ge- 
macht. " (S. 210) 



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Partei 

Bild Partei, Kassel, Oktober 1943: 

"Karl Weinrich, NSDAP-Gauleiter Kurhessen, besucht die 

zerstorte Gauhauptstadt. " (S. 221) 

Die Zerbombten 

In Deutschland haben die Brande von Brand und Brandstdt- 
ten machtig um sich gegriffen. Keine groBere Tageszeitung, 
keine Wochenzeitschrift, die nicht mit Rezensionen aufwarte- 
te. Internet-Dienste bieten Buchbesprechungen an. In Presse, 
Rundfunk, Fernsehen und bei Autorenlesungen wird Jorg 
Friedrich iiber seine Werke befragt. Bild, Spiegel und GEO 
brachten eigene Darstellungen des Bombenkriegs. Die behar- 
rende Zeitgeschichtsbranche ist irritiert und glaubt ihr Fun- 
dament ins Wanken gebracht. 
Einer verlor ganzlich die 
Fassung: Ralph Giordano: 8 

"Es gibt kein Werk iiber 

den Zweiten Weltkrieg, 

jedenfalls kenne ich kei- 

nes, das die Deutschen 

von damals derart in die 

Opferrolle drangt, wie 

dieses - wobei aufein ge- 

radezu inflationistisches 

Fotomaterial zuriickge- 

griffen werden kann. Eine 

vergleichbare optische 

Imprimatur iiber die un- 

geheure Zahl deutschver- 

ursachter Opfer gibt es 

nicht — weder was den 

Holocaust, die mobilen 

Todesschwadronen der 

Einsatzgruppen, die sta- 

tionaren Todesfabriken 



noch den Kosmos des Vernichtungsapparates uberhaupt 
anbetrifft. Der Zyklon-B-Mord an 2000 Menschen auf ein- 
mal in der grofien Gaskammer von Auschwitz ist nie ge- 
filmt oder fotografiert worden. Es hdtte nicht seinesglei- 
chen gehabt. " 

Sehr schade! Andere stellen dem Verfasser Fangfragen, um 

ihn zuriickzupfeifen. Die Welt: 9 

"Behaupten Sie, dafi Churchill ein Kriegsverbrecher war? 
Jorg Friedrich: Nein, mit keiner Zeile. Churchill war der 
Verantwortliche fur die Vernichtung einer halben Million 
Zivilisten, um ihre Moral zu knicken. Die Bombardierung 
von Coventry 1940 kostete 568 Ziviltote. Als der Krieg be- 
reits gewonnen war, als die alliierten Heere schon in der 
Eifel standen, im Januar 1945, erreichte der Bombenkrieg 
seinen Hohepunkt: nicht zur Eroberung, sondern zur Be- 
strafung von Deutschland. Pro Tagfielen im letzten halben 
Jahr des Krieges durchschnittlich 1023 Zivilisten den 
Bombardements zum Opfer. Zerstort worden sind Stddte 
wie Pforzheim mit knapp 63 000 Einwohnern —jeder dritte 
starb. Ist das ein Kriegsverbrechen? Das mufi jeder fur 
sich selbst entscheiden. Ich beziehe dazu keine Stellung. " 

Spiegel online: 10 

"Es gibt Leser, die sich bei einigen Ihrer Formulierungen 
an die Sprache des Holocausts erinnert filhlen. War Ihnen 
eine solche semantische Ndhe zur Sprache des Volker- 
mords beim Schreiben bewufit? 

Friedrich: Nein, weil es diese Ndhe nicht gibt. Das wird 
von Leuten behauptet, die meinen, dafi alles, was in Au- 
schwitz existierte — sei es ein Lazarett, eine Kapelle oder 
eine Menschenverbrennungsanlage - sprachlich kontami- 
niert ist. Das Hauptwerkzeug des Holocaust war die Ei- 
senbahn - ist deshalb das Wort Eisenbahn vorbelastet? " 

Manche verstehen ihn. Michael Sturmer beendet sein Rund- 

funkinterview mit Jorg Friedrich so: 11 

"Die grofien, drangenden, furchtbaren Fragen bleiben. Ei- 
nen Dialog der Lebenden mit den Toten hat der franzosi- 
sche Historiker Marc Bloch, der im Zweiten Weltkrieg er- 
schossen wurde, die Geschichte genannt. Die Lebenden 
konnen sich, wenn sie diese Bilder anschauen, den Fragen 
an die Toten nicht entziehen. " 

Einige wagen es, sich den Stromen des Schmerzes zu iiber- 

geben. Schon vor Erscheinen von Brandstdtten veroffentlich- 




Ralph Giordano: "Es gibt keine optische Impre- 
matur der ungeheuren Zahl deutscher Opfer. " 
Nicht nur optisch, sondern auch dokumenta- 
risch, demographisch, materiel!, forensisch . . . 




VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



187 



te GEO im Februar 2003 zwei bebilderte Reportagen iiber 
den Bombenkrieg. 12 Nach dem Standard-Bekenntnis zu deut- 
schen Verbrechen und Weltkriegsentfesselung schildert der 
Autor Christoph Kucklick die Stationen des Bombenkrieges 
mit einer Anteilnahme, die dem Leser immer wieder die Tra- 
nen in die Augen treibt, Tranen des Mitleidens und Tranen 
des ohnmachtigen Zorns. Christoph Kucklick ist kein Zyni- 
ker. 

Im gleichen Jahr noch faBt er die Berichte in einem Buch zu- 
sammen: Feuersturm. Der Bombenkrieg gegen Deutsch- 
land. u Lange hat der Schuld-Kult die Deutschen vor den 
Brandschmerzen geschutzt. Schmerz war ins Polnische aus- 
gelagert worden, in Gaskabinette, in denen nur Juden saBen. 
Dort tat der Schmerz nicht weh. Um die eigenen Feuer- und 
Gastoten nicht beweinen zu mussen, wurde ihnen der la- 
chelnd bejammerte Gashorror aufgehalst. Tote konnen sich 
nicht wehren. 

Die Deutschen haben sich mit dem Schuld-Kult auf die Seite 
der Sieger geschlagen, sind zu Mitsiegern geworden gegen 
ihre Vater, gegen sich selbst. Der Preis, den die Deutschen 
zahlten, heiBt: Leere. 

Die Bilder des wahren Brandes haben die gefalschten Bilder 
von Auschwitz und Co. zum Erblassen gebracht. Die Bilder 
der Bombentoten beriihren das gelahmte Gefiihl der Deut- 
schen, dieses beginnt, die Leere zu fiillen. Die besiegten Va- 
ter, die Toten reden. Sie reden von ihrem Kampf, von ihren 
Leiden. Sie reden von dem, wofiir sie lebten, von der Volks- 
gemeinschaft. 

Wenn die Deutschen sich dem Schmerz des Brandes stellen, 
der ihnen das Gestern vernichtete, dann konnen sie gesunden. 
Jorg Friedrich hat den Weg frei gemacht. 
Seher schreiben nicht nur Geschichte, sie greifen auch in die 
Geschichte ein. 



Anmerkungen 

' Jorg Friedrich, Freispruch fur die Nazi-Justiz, 1 982; Kalte Amnestie, 
1 984. In diesen Btichern klagt der Autor iiber die unzureichende juristi- 
sche Verfolgung der NS-Verbrechen. Das Gesetz des Krieges, 1993. Hier 
befaBt sich der Autor mit den Wehrmachtsverbrechen im RuBlandkrieg 
1941-1945 und ihrer juristischen Aufarbeitung im Niirnberger ProzeB. 
Fiir dieses Werk erhielt er im Jahre 1995 den Ehrendoktor der Juristi- 
schen Fakultat der Universitat Amsterdam sowie den Pioom Award der 
der UNO zugehorigen Gesellschaft zur Erforschung des Volkermords an 
der Universitat Leyden. In dem soeben in Deutschland und Japan er- 
schienenen Buch Kriegsverbrechen in Europa und im Nahen Osten im 
20. Jahrhundert (herausgegeben von Franz W. Seidler und Alfred M. de 
Zayas) bearbeitete Friedrich die Stichworte "Babi Jar" (ein Judenmassa- 
ker in Kiew im September 1941) und "SS-Einsatzgruppen". Daneben ist 
er Mitarbeiter in diversen Fernsehsendungen iiber NS-Verbrechen und 
Kriegsrecht. 

Alle Seitenangaben aus Der Brand. Zitat aus: Herbert Pogt (Hg.j Vor 
funfzig Jahren. Bomben aufWuppertal, Wuppertal, 1993, S. 137. 

3 Maximilian Czesany, Europa im Bombenkrieg 1939 - 1945, 3. Aufl. 
Graz 1998. 

4 Franz Kurowski, Der Luftkrieg iiber Deutschland, Dtisseldorf 1 977. 

5 Czesany, S. 691-693. 

6 Jijrg Friedrich, Brandstdtten. Der Anblick des Bombenkriegs, Miinchen 
2003, S. 239. Die nachfolgenden Seitenangaben im Text beziehen sich 
darauf. 

7 Ebenda, S. 127. 

Ralph Giordano, "Das mag begreifen, wer will. Jorg Friedrich zeigt in 
seinem Band 'Brandstdtten ' die Deutschen als Opfer", WELT, 
29.12.2003. 

9 Welt, 3. 1. 2004. 

10 Interview mit dem Berliner Historiker Jorg Friedrich, "Von guten Massa- 
kern und bfisen Massakern", Spiegel Online. 

" Buchbesprechung von Michael Sturmer in: "Politisches Buch", Deutsch- 
land Radio Berlin, 28.1 1.2003. 

12 Christoph Kucklick, "Terror gegen den Terror?" und "Feuersturm", GEO, 
Februar 2003, S. 120-164. 

13 Christoh Kucklick, Feuersturm. Der Bombenkrieg gegen Deutschland, 
Hamburg 2003. 



Stalingrad an der Wolga, Stalingrad an der Spree 

Von Wolfgang Strauss 



HaB statt Versohnung 

In den ersten Septembertagen 1942 bricht die Verteidigung 
von Stalingrad zusammen. Deutsche Panzerdivisionen haben 
den inneren Sperrgurtel aufgerissen und jagen auf den Stadt- 
rand zu. In der Siidstadt und in Stalingrad Mitte fallt ein Wi- 
derstandsnest nach dem anderen. Panzergrenadiere der 6. 
Armee kampfen sich zur Wolga vor und graben sich hier ein. 
Nur im nordlichen Industrievorort Spartakowka halten sich 
die Verteidiger. Mehr als 20.000 Russen und Ukrainer kamp- 
fen als Freiwillige ("Hiwis") auf deutscher Seite. In der Stadt 
herrscht Chaos. In dem wilden Durcheinander ist der sowjeti- 
schen Fiihrung die Ubersicht vollig verlorengegangen. Ange- 
sichts der verzweifelten Lage erklart General Lopatin, daB 
Stalingrad nicht langer gehalten werden konne. Er schlagt 
Stalin vor, die Stadt raumen zu lassen, die Reste der zer- 
schlagenen 62. Armee iiber die Wolga zuriickzunehmen und 
sie dadurch vor der volligen Vernichtung zu bewahren. Stalin 
schickt Lopatin in die Wiiste, ersetzt ihn am 8. September 
durch Wassili Tschuikow. Anfang November dringen Batail- 
lone der westfalischen 16. Panzerdivision in Spartakowka 



ein. Damit ist die letzte starke Riegelstellung der Stalingrader 
Verteidigung aufgerissen. Neun Zehntel der Stadt sind in 
deutscher Hand. In einer Rundfunkrede erklart Hitler so ne- 
benbei: 

"[...] und was Stalingrad betrifft, kann ich dem deutschen 
Volke und der iibrigen Welt versichern: Das werden meine 
Stofitrupps machen. " 
Wie die Stalingrader Schlacht weiterging, weiB man. Fiinf 
Sowjetarmeen, ausgeriistet mit amerikanischen Stiefeln, 
Lastwagen, Panzern, Konserven, stieBen am 19. November in 
den groBen Donbogen hinein, uberrollten die rumanischen 
Frontabschnitte an der Nord- und Siidflanke der 6. Armee 
und setzten zu einer Zangenbewegung an. Am 23. November 
schlossen sich die Zangen bei Kalatsch. Eingeschlossen 20 
deutsche Divisionen. Anfang Februar 1943 taumelten 90.000 
von Hunger, Kalte und ubermenschlichen Anstrengungen 
ausgemergelte deutsche Soldaten in die Gefangenschaft. 
90.000 von urspriinglich 230.000. Es war ein Marsch in den 
Tod, denn von den 90.000 iiberlebte nur jeder Funfzehnte die 
Stalinschen Zwangsarbeitslager. 



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VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



Gewaltig grausam das vergossene Blut auf sowjetischer Sei- 
te. Gefallen eine Million (Zivilisten nicht mitgezahlt). Ver- 
wundete und an ihren Verletzungen gestorbene Sowjetarmi- 
sten, niemand hat sie gezahlt. Gezahlt wurde damals an Sta- 
lins Heimatfront der AusstoB von Granatwerfern, Panzern, 
Katjuschas. Der Mensch, das berichten russische Historiker, 
war nicht einmal eine Kalaschnikowpatrone wert. 
Stalingrad sei heute ein "Symbol der Versohnung", sprach 
Karl-Wilhelm Lange, President des Volksbundes Deutsche 
Kriegsgraberfiirsorge. Versohnung zwischen deutschen und 
russischen Frontkampfern von einst, das soil vorkommen, da- 
fur gibt es Zeugen. Was indes dem Sozialdemokraten Lange 
bei seiner Vorbereitung fur die zentrale Veranstaltung am 
Volkstrauertag - 17. November, Berliner Reichstag, wider- 
fuhr, war das Gegenteil von Versohnung. Blanker HaB 
schlug von den Medienlinken dem Volksbund-Prasidenten 
entgegen. Die Veranstaltung drohte zu platzen, hohnte DER 
SPIEGEL. Das begann mit der Fest-Sinfonie des Franzosen 
Aubert Lemeland. Aus einer Resistance-Familie, ein Nor- 
manne, ein Gaullist, germanophil, gewiB, doch vor allem 
dies: ein Bewunderer der 6. Armee. Und kein heimlicher 
Bewunderer, titelte er doch seine Sinfonie Letzte Briefe aus 
Stalingrad. In der Urfassung des Musikwerkes werden Aus- 
ziige aus zehn deutschen Landserbriefen verlesen, von Offi- 
zieren und Obergefreiten, Briefe des Leids, des Heimwehs, 
der Tapferkeit, auch des Patriotismus. Eben Worte einge- 
schlossener Frontkampfer. Der Spiegel denunzierte; 

"Musiker Lemeland stiitzt sich auf eine erstmals veroffent- 
lichte Briefsammlung, die aus Material entstanden ist, das 
die Propagandaabteilung der Wehrmacht im Auftrag des 
Propagandaministeriums der Nazis zusammengestellt und 
manipuliert hatte -fur ein Heldenbuch ilber die Schlacht 
von Stalingrad. Festredner Thiers e willjedoch nur dann an 
der Veranstaltung teilnehmen, 'wenn keine Nazi-Texte ver- 
lesen werden '. " (46/2002) 
Der brave Sozialdemokrat Karl-Wilhelm Lange muBte vor 
dem Sozi Wolfgang Thierse kapitulieren. Zensur statt Trauer. 
Die vom franzosischen Komponisten ausgewahlten Landser- 
briefe - unterdriickt. An ihrer Stelle horte man Kriegsbriefe 
aus Kempowskis Echolot. 

Die Reaktion des diipierten Komponisten? Lemeland sprach 
von Schamlosigkeit, Verhohnung, Geschichtsklitterung, und 
er erschien nicht im Reichstag. Dafiir saBen als Ehrengaste 
ukrainische, russische, weiBrussische Veteranen, einige von 
ihnen konnten sich an die Gefallenenehrung 1999 in Wolgo- 
grad erinnern. Eine Ehrung mit der Auffiihrung der Leme- 
land-Sinfonie und der Verlesung deutscher Landserbriefe, 
aus denen Heimatliebe, Hoffnung, Schmerz, Opfersinn spra- 
chen, und die Russen in Wolgograd waren ergriffen. Ein 
Herzens-Ja zur Versohnung mit den Deutschen, auch wenn 
Sjuganows Altkommunisten und ordensbehangte Stalintreue 
seit dem ersten Spatenstich fur den kombinierten deutsch- 
russischen Soldatenfriedhof Rokoschka Sturm laufen. 
Auch das Intonieren des Liedes Ich hatt ' einen Kameraden in 
der Feierstunde erregte das MiBfallen des Spiegels, der Thier- 
separtei, der Nie-wieder-Deutschland-Grunen, hatte doch 
Goebbels das Lied am 3. Februar 1943 im GroBdeutschen 
Rundfunk ertonen lassen, vor der Sondermeldung iiber den 
Endkampf der 6. Armee. 

1944 besuchte de Gaulle das Schlachtfeld von Stalingrad. 
Beim Anblick der Ruinen rief der General aus: "Welch ein 
groBes Volk!" Nachdem sein Dolmetscher, der spatere Di- 
plomat Jean Laloy, diesen Satz ubersetzt hatte, applaudierte 



die sowjetische Begleitung. De Gaulle bemerkte das MiBver- 
standnis und korrigierte: 

"Ich meine nicht die Russen, ich meine die Deutschen. " 
Jean Laloy unterlieB es wohlweislich, die Worte des Generals 
ins Russische zu ubersetzen. Heute wurde eine russische Be- 
gleitung dem belegten Ausspruch des groBen Franzosen zu- 
stimmen. Im russischen Deutschlandbild von heute hat die 
militarische wie menschliche Leistung des deutschen Solda- 
ten ihren festen Platz. Das gilt nicht nur fur die Geschichtsre- 
visionisten; sie vor allem aber erinnern an die Standfestigkeit 
und Opferbereitschaft, die Harte und den Todesmut der ein- 
stigen Eroberer und der spater Geschlagenen. Die Tragodie 
der deutschen Stalingradkampfer steht stellvertretend fur ein 
ganzes Volk: Spricht man heute von "den" Deutschen, meint 
man das "Volk von Stalingrad". Das Volk der 6. Armee. Eine 
Legende, ein Mythos - und Mythen sterben nicht im Ge- 
schichtsbewuBtsein der Russen. Die Tatsache, daB sich die 
soldatischen Tugenden der Wehrmacht mit dem Nationalso- 
zialismus verbanden, schmalert nicht den Respekt der Russen 
fur den friiheren Gegner. Hitlers Kolonialpolitik und die Mo- 
ral der Wehrmacht, diesen Gegensatz erlebten Millionen 
Russen als Augenzeugen im sowjetisch-deutschen Krieg. 
Am 2. Februar 1943 hatten die ersten Sowjetsoldaten den Di- 
visionsgefechtsstand der ostpreuBischen 24. Panzerdivision 
im Nordkessel von Stalingrad erreicht. General von Lenski 
lieB seine iiberlebenden Panzergrenadiere zusammenkom- 
men, Offiziere wie Mannschaften. Nach einem Abschieds- 
wort erklang ein dreifaches Hurra auf Deutschland. Die Rus- 
sen, schon in der Bunkertur stehend, lieBen es schweigend 
geschehen. 53 Jahre spater, am 8. Juni 1996, wurde im Wol- 
gograder Steppenvorort Pestschanka ein Denkmal fur "alle 
Opfer der Schlacht um Stalingrad" enthiillt, aufgestellt mit 
Unterstiitzung russischer Behorden und der Bevolkerung 
selbst. Das Denkmal erinnere an die Leiden der hier gefalle- 
nen Soldaten und gestorbenen Zivilisten, heiBt es auf einer 
Inschrift in deutscher und russischer Sprache: 

"Fur die hier Gefallenen und in Gefangenschaft Verstor- 
benen erbitten wir den ewigen Frieden in russischer Er- 
de. " 
Der Ausspruch des Franzosen bedarf der Berichtigung: Ein 
groBes Volk... auch das russische Volk! Es hat sich mit seiner 
Tapferkeit und Standfestigkeit in die Geschichte der Wolga- 
Thermopylen eingemeiBelt. Da wird in die Schlacht auf dem 
Hohepunkt der Septemberkampfe (Tschuikow funkt an die 
Stawka: "Die Front ist nur noch 800 Meter von uns entfernt") 
die 13. Gardeschutzendivision iiber den Strom gebracht. 14. 
September. Zehntausend Mann stark, unter dem Kommando 
von Generalmajor Rodimzew, schon an diesem Tag eine Le- 
gende, nach seinem Soldatentod aufgestiegen am Roten 
Himmel zum "Helden der Sowjetunion". Der russische Leo- 
nidas geht mit seinen Spartanern iiber den FluB, nachts, mit 
Fischerbooten und primitiven Fahren. Ohne schwere Waffen. 
Rodimzews Garde verteidigt Stalingrad Mitte, den Mamai 
Kurgan. Ihr Opfergang kann Stalingrad in diesem September 
nicht retten. Achtundvierzig Stunden spater ist die 13. Garde- 
schutzendivision zusammengeschlagen. Tschuikow morst 
nach Moskau: 

"Noch ein paar Tage solcher Kampfe, und die 62. [sowje- 
tische] Armee ist aufgerieben. " 
Fur die 13. Gardeschutzendivision steht kein Denkmal in Pu- 
tins Metropole. Die letzten noch lebenden deutschen Stalin- 
gradkampfer haben den Namen Rodimzew nicht vergessen. 

©20.11.2002 



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Die Wahrheit tiber die 6. Armee 

"Die Wehrmacht war die beste Armee, im besonderen auf 
einem Gebiet: der Wertschatzung des Lebens des einfachen 
Soldaten. " 
So lautet das Urteil des russischen Zeitgeschichtlers Alexan- 
der Iwanow-Sucharewskij, Sohn eines Frontoffiziers und 
Helden der Sowjetunion. Die Wehrmacht sei eine "ehrbare 
Armee" gewesen, stellte Rudolf Augstein 1981 fest. Sein Ur- 
teil hat der Ostfront-Artillerist niemals revidiert. Kurz nach 
seinem Tode erscheint im Spiegel eine Titel-Story iiber die 
Schlacht von Stalingrad, verfaBt von Redaktionsmitglied 
Klaus Wiegrefe (51/2002). Aus Augsteins "ehrbarer Armee" 
ist eine Terroristenbande geworden. Die Menschen in Stalins 
Bauern- und Arbeiterparadies hatten den Vormarsch der 
Wehrmacht als "Holle" erlebt, behauptet Wiegrefe, ein 68er. 
Beim Eindringen in Stalingrad sei es die Aufgabe der 6. Ar- 
mee gewesen, die gesamte mannliche Bevolkerung zu besei- 
tigen, Frauen und Kinder zu deportieren. Der Spiegel- 
Redakteur beruft sich auf Heer & Reemtsma, wenn er von 
den "Verbrechen" der 6. Armee spricht. Die Stalingrader Ju- 
den hatten "einen Stern tragen mussen". Gefangene Rotarmi- 
sten seien "erschossen", im Kessel befmdliche Zivilisten 
"massakriert" worden. 

Stalingrad wurde im Herbst 1942 von der 6. Armee angegrif- 
fen und, bis auf einen Uferbezirk, von deutschen Truppen er- 
obert. Bestand die Besatzungspolitik der 6. Armee tatsachlich 
nur aus "Verbrechen", wie Wiegrefe suggeriert? Zwei russi- 
sche Historiker, renommierte Geschichtsprofessoren aus Wol- 
gograd, unternahmen den Versuch einer wissenschaftlichen 
Beantwortung dieser Frage. Viktor Lomow ist dort Professor 
am Lehrstuhl fur Theorie und Geschichte des Staates und des 
Rechts, der Zeithistoriker Alexander Epifanow war dort in der 
Glasnost-Ara Geschichtspadagoge fur Untersuchungsrichter 
des damaligen sowjetischen Innenministeriums (MWD). 
Anhand dokumentarischer Unterlagen aus ehemals geheimen 
NKWD-Archiven untersuchten die Professoren Epifanow 
und Lomow die Besatzungspolitik der Wehrmacht und das 
Verhalten der Zivilbevolkerung im Stalingrader Gebiet ein- 
schlieBlich Stalingrad, das von der 6. Armee im Som- 
mer/Herbst 1942 erobert wurde. Ende August 1942 hatte die 
6. Armee 16 Landbezirke des Stalingrader Gebietes und fol- 
gende Stadtviertel von Stalingrad besetzt: Traktorenwerk, 
Ermanwerk, Woroschilowsk, Roter Oktober, Rote Barrikade, 
Dserschinski. 

In der Riesenregion zwischen Donez, Don und Wolga lebten 
damals 785.000 Menschen - Russen, Ukrainer, Kosaken. Die 
meisten waren nicht evakuiert worden. Was spielte sich in 
der Wehrmachts-Etappe ab? Repressalien ohne Ende? Bruta- 
le Unterdriickung? GeiselerschieBungen? Brandschatzung? 
Zwangsverschickung? Militarischer Terror? 
Keineswegs, meinen Epifanow und Lomow. Sie listen auf: 
Biirgermeister wurden in freier, direkter Wahl von den Dorf- 
bewohnern bestimmt - ohne Einmischung der Wehrmacht. 
Komsomolzen, das heiBt Jungkommunisten aus der Arbeiter- 
jugend, verbrannten offentlich ihre Mitgliedsbucher und 
meldeten sich freiwillig zum Dienst in der Wehrmacht oder 
der Hilfspolizei. Bauern und Kosaken nahmen die Auflosung 
der Kolchosen in die eigene Hand, indem sie den Boden un- 
ter sich aufteilten. Parteimitglieder arbeiteten mit den Deut- 
schen zusammen und riickten in Selbstverwaltungsorgane 
auf. Junge Kosakenfrauen heirateten deutsche Offiziere. 
Glaubige der russisch-orthodoxen Kirche erhielten von der 
Wehrmacht ihre Gotteshauser, Kloster, religiosen Schatze, 



sogar ihr Gemeindeeigentum zuriick. 

Und ihre Motive? Aus den Untersuchungsunterlagen der so- 
wjetischen Geheimpolizei beziehungsweise des Volkskom- 
missariats fur Inneres (NKWD) kristallisieren sich folgende 
Hauptbeweggriinde heraus: Der militante HaB auf den bau- 
ern- und arbeiterfeindlichen Kurs Stalins, der Wille zur 
Selbstbefreiung - mit Hilfe der Wehrmacht - und die Uber- 
zeugung von der Unbesiegbarkeit der deutschen Armee. Laut 
Epifanow und Lomow erkannte die Bevolkerungsmehrheit 
im Kommunismus einen permanenten Vernichtungskrieg ge- 
gen die eigene nationale und soziale Identitat. 
Insgesamt sechs Monate lang befanden sich 6. Armee und 
andere Wehrmachtseinheiten auf Stalingrader Gebiet. In die- 
ser relativ kurzen Zeit gelang es den Deutschen, ein dichtes 
Netz von einheimischen Selbstverwaltungsorganen aufzu- 
bauen, besonders in den am Don gelegenen Kosakenbezir- 
ken. Zu den ersten MaBnahmen der deutschen Eroberer zahl- 
ten die Abhaltung von Dorfversammlungen, auf denen die 
Dorfaltesten gewahlt wurden, die Aufstellung einer russi- 
schen Hilfspolizei, die Offnung von Kirchen, die Wiederbe- 
lebung des religiosen Lebens mit Gottesdiensten, Taufen, 
EheschlieBungen, Schulunterricht - und arbeitsfreien Sonn- 
tagen. In einigen landlichen Bezirken duldete die Wehrmacht 
die Liquidierung der kommunistischen Staatsgiiter und die 
Griindung privater Bauernbetriebe. 

Welche Schichten waren vom ersten Tag der Besetzung an 
entschlossen, mit den Deutschen freiwillig zusammenzuar- 
beiten? Epifanow und Lomow nennen folgende Gruppen: 
Die von der Sowjetmacht enteigneten, diskriminierten Klein- 
und Mittelbauern; ehemalige WeiBgardisten und ihre Nach- 
kommen; die Kosakenschaft, den versuchten Genozid durch 
die Bolschewiki im Biirgerkrieg im Kollektivgedachtnis; be- 
kennende glaubige Christen, vor allem Frauen und Priester; 
von der Stalinschen Verfolgung Betroffene, Terroropfer der 
dreiBiger Jahre wie ehemalige GULag-Haftlinge; antistalini- 
stisch ausgerichtete, aber keineswegs antisozialistische Ju- 
gendliche aus der Arbeiterklasse, auf einen wahren russi- 
schen Sozialismus hoffend. 

Die russischen Historiker verschweigen nicht Partisanener- 
schieBungen, Razzien sowie Verhaftungen von Juden und 
andere Strafaktionen. Fur Diebstahl und Brandstiftung wur- 
den Geldstrafen verhangt oder es erfolgte eine "zeitweilige 
Inhaftnahme". Trotz dieser MaBnahmen erfaBte die "Kolla- 
borationsbereitschaft" auch die einstigen Trager des sowjeti- 
schen Regimes - Komsomolzen und Kommunisten, darunter 
altgediente Parteimitglieder. Epifanow stellt fest: 

"Die deutschen Besatzer fiihrten gegen die verbliebenen 
Kommunisten und Komsomolzen keine offenen Repressali- 
en durch. [...] Das NKWD mufite feststellen, dafi die mei- 
sten von ihnen den Deutschen aktiv halfen. " 
Lomow zitiert aus einem geheimen Sonderbericht der 
NKWD-Leitung des wiedereroberten Stalingrader Gebietes 
vom 15. April 1943: 

"Es ist beachtenswert, dafi anstatt von Massenrepressalien 
die Deutschen gerade die Komsomolzen zu antisowjeti- 
scher Propaganda heranziehen. " 
Hervorgehoben wird das "groBe AusmaB" der Zusammenar- 
beit zwischen proletarischer Komsomoljugend und Wehr- 
macht. Ausdriicklich heiBt es, deutschfreundliches Benehmen 
und prodeutsche Haltung, im Privaten wie im Politischen, 
seien typisch gewesen bei den "meisten" Jugendlichen in den 
besetzten Bezirken Stalingrads und des Stalingrader Gebie- 
tes. Wortlich heiBt es im Geheimdossier des NKWD: 



190 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



"Es wurde ein Sonderaufruf an die Jugendlichen gerichtet, 

freiwillig der deutschen Armee beizutreten. Als Ergebnis 

dieser Kampagne traten tiber 50 Jugendliche im Bezirk 

Kotelnikow in die deutsche Armee ein. [...] In der Stadt 

Stalingrad befanden sich fur Wach- und Konvoidienste 

Einheiten mit 800 ukrainischen Jugendlichen im Alter zwi- 

schen 16 und 19 Jahren. [...] Allein 30 Prozent der Kom- 

somolzen, die auf dem besetzten Gebiet verblieben waren, 

arbeiteten in den Verwaltungsorganen, vorwiegend in den 

deutschen Kommandanturen, in Bezirks- und Dorfverwal- 

tungen. [...] und mehr als 50 Prozent aller Komsomolzen 

haben demonstrativ ihre Mitgliedsbucher verbrannt. " 

War die Wehrmacht im allgemeinen, die 6. Armee im spezi- 

ellen eine "Vernichtungsmaschinerie"? Nein, sagen die bei- 

den russischen Historiker. In der Einleitung zu Kapitel 8 

schreiben Epifanow und Lomow: 

"Die von der sowjetischen Propaganda verbreiteten Dar- 
stellungen des Besatzungsregimes der deutschen Wehr- 
macht, die nach ihrem tatsachlichen Charakter nichts mit 
Greueltaten und Verbrechen zu tun hatte, war eines der 
verlogensten Themen der traditionellen sowjetischen Ge- 
schichtsschreibung iiber den Zweiten Weltkrieg. [...] Die 
Aufkldrung hat nicht nur der historischen Wahrheit und 
der Objektivitdt zu dienen, sondern auch der moralischen 
Befreiung von den negativen Erscheinungen, die unter den 
Bedingungen des Stalinschen Totalitarismus hervortra- 
ten. " 
Bleibt festzuhalten: Im Fall Stalingrad und 6. Armee ist Der 
Spiegel der Geschichtsfalschung uberfiihrt. Enthalten sind die 
Aussagen von Epifanow und Lomow in dem Werk Die Tra- 
godie der deutschen Kriegsgefangenen in Stalingrad von 
1942 bis 1956 nach russischen Dokumenten, herausgegeben 
1996 vom Biblio-Verlag, Osnabriick. Augsteins Magazin hat 
das Buch boykottiert, weder erwahnt noch besprochen. 

©20./23. 12.2002 

Stalingrader Schlacht - ein RiB durch das russische Volk 

Zehn der zwolf riesigen Riistungsbetriebe stehen still, darun- 
ter das mit Hilfe von Ford in den zwanziger Jahren errichtete 
Traktorenwerk. Gerade noch vor dem Verfall gerettet die 
8.000 Tonnen schwere Rodina Matj, die Mutter Heimat, das 
Schwert in der Rechten erhoben, die Linke nach Westen zei- 
gend, mit 85 Metern holier als die amerikanische Freiheitssta- 
tue, mit Rissen und Kliiften nicht nur im Fundament. Die Re- 
de ist vom brockelnden Giganten auf dem Mamajew-Hiigel 
vor Wolgograd, dem ehemaligen Stalingrad. 
In dieser von Fabriksterben, Arbeitslosigkeit, Bettlertum, Ju- 
gendabwanderung heimgesuchten Stadt - bis 1925 Zaryzin - 
regieren die harten Reststalinisten, die letzten Treuen aus der 
Kommunistischen Partei der Russischen Foderation (KPRF). 
Sie stellen auch drei Viertel im Gebietsparlament. Der nicht- 
kommunistische Gouverneur ist von ihnen abhangig; kein 
Wunder, dafi dieser Satellit die Riickbenennung der Stadt in 
Stalingrad fordert. 

Nur wenige Meter neben dem Stalingrad-Museum stent am 
Wolgaufer ein Stein, der 1993 aufgestellt wurde. "Hier wird 
ein Denkmal fiir die Opfer der politischen Verfolgungen er- 
richtet", ist darauf geschrieben. Gemeint sind die 66 oder 67 
Millionen, die der Bolschewismus zu Staub zermahlen hat. 
Seitdem ist nichts passiert. Der Stein - mit Staub bedeckt, aus 
dem Stadtbild verbannt, vergessen. 

Als in der Chruschtschow-Ara die Zwangsarbeitslager ihre 
Tore offneten, machte das Wort der Dichterin Anna Achma- 



towa die Runde, dafi sich nun zwei RuBlands in die Augen 
schauen wiirden: das RuBland, das im Archipel GULag ge- 
sessen habe, und jenes, das die Gefangenen in die Holle es- 
kortiert habe. Aber dazu ist es seit dem Umsturz von 1991 
nicht gekommen. Man hat sich nicht in die Augen geschaut. 
Die einen sagen: Es war noch schlimmer. Die anderen sagen: 
Es gab den Schrecken nicht. 

Vor kurzem hat man riesige Massengraber in der Umgebung 
von Sankt Petersburg entdeckt. Gebeine von Menschen, die 
zum Zeitpunkt ihres Todes zwischen funfzehn und siebzig 
Jahre alt gewesen sind. Alle Schadel hatten auf der Riickseite 
ein Loch, entstanden durch einen SchuB aus Revolvern mit 
dem Kaliber von neun und 1 1 ,43 Millimetern. Diese Waffen 
hatten GPU beziehungsweise NKWD in den zwanziger und 
dreiBiger Jahren benutzt. In der GroBen Tschistka erschoB die 
Geheimpolizei ca. zwei Millionen Menschen. Auf dem Pe- 
tersburger Dreifaltigkeitsplatz wurde 1990 eine Tafel ange- 
bracht, daB an dieser Stelle ein Denkmal fur die Opfer des 
Terrors entstehen solle. Mehr als zehn Jahre lang tat die Stadt 
nichts, um diese Ankiindigung wahr zu machen; in dieser 
Zeit war ein gewisser Putin die rechte Hand von Oberbiir- 
germeister Sobtschak. Ehemalige politische Haftlinge brach- 
ten daraufhin 2002 mit einem Schiff einen zehn Tonnen 
schweren Stein von der Insel Solowki, dem Geburtsort des 
GULag, nach Petersburg. Sie stellten ihn auf dem Platz auf 
als Geschenk der GULag-Uberlebenden an die Stadt 
Puschkins, Dostojewskijs, Achmatowas. 
Die allermeisten Wolgograder lehnen die Riickbenennung Hi- 
rer Stadt kategorisch ab. Vor allem die junge russische Gene- 
ration will mit einer Re-Stalingradisierung nichts zu tun ha- 
ben. Sowjetveteranen wtirde man seitens der Jugend "hoh- 
nisch" die Frage stellen: "Sa tschto borolis?", klagt der "Held 
der Sowjetunion" und Literaturfunktionar Wladimir Karpow. 
"Wofiir habt ihr eigentlich gekampft?" (Literaturnaja Gaseta 
vom 18. Dezember 2002) 

"Eine Wiederkehr des Namens Stalingrad wurde Befurchtun- 
gen wecken", sagte Putin im Fernsehen. Am 2. Februar in 
Wolgograd relativierte der President seine Aussage; er selbst 
habe nichts gegen den Namen "Stalingrad", doch konnte eine 
Riickbenennung im Ausland als ein Signal der Riickkehr zum 
Stalinismus miBverstanden werden. 

Ob Wolgograd oder Stalingrad, die Biihne Stalinscher Gigan- 
tomanie, der RiB bleibt. Ein RiB mitten durch die Kriegserin- 
nerung, das Geschichtsgedachtnis, die Nationalidentitat der 
Russen. 

Seit Monaten rollt eine Stalingradwelle fiber Fernseh-, Funk- 
und Pressehauser hierzulande. In Knopps Stalingradserie, 
ausgestrahlt vom ZDF, kamen sowjetische Augenzeugen en 
masse zu Wort. Stalingrader Veteranen mit Ordensteppichen 
vor Brust und Bauch. Unschwer zu erraten war ihre Zugeho- 
rigkeit zur Kommunistischen Partei der Russischen Foderati- 
on, ihre Stalinliebe. Kommentarlos lieB Guido Knopp unfaB- 
bare HaBergusse dieser angeblichen Frontkampfer auf das 
deutsche Publikum niederrieseln. Die Soldaten der 6. Armee 
- Totungsmaschinen, ohne Gefiihl, Bestien, "der Deutsche 
war kein Mensch". 

Zur gleichen Zeit flimmerten auch russische Filme iiber Mos- 
kauer TV-Kanale, doch war kein Streifen durchtrankt von so 
viel Deutschfeindlichkeit wie das Produkt eines Knopp. 
Vom "Mythos Stalingrad" spricht der Historiker und Kriegs- 
schriftsteller Wladimir Beschanow, bertihmt geworden durch 
mehrere Bestseller, darunter Panzerpogrom 1941. Bescha- 
now zerpfliickt die Tabus und Legenden der sowjetischen 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



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Stalingrad-Historiographie. Ihn konnten die russischen Mas- 
senmedien in den "Siegesfeiern"-Wochen heuer nicht iiber- 
gehen. Das spektakularste Interview gab Beschanow der 
Zeitschrift Argumenti i Fakti, 4/2003. "Sensation! Wahrheit 
und Luge uber die Stalingradschlacht", schlagzeilte RuBlands 
auflagenstarkstes Wochenblatt. Ein Zwischentitel lautet: 
"Sieg an der Wolga mit anderthalb Millionen Rotarmistenlei- 
chen erkauft". 

Im von politischer Korrektheit ungezahmten RuBland erklart 
Beschanow: 

"Wir Russen sind nicht mit der Geschichte des Krieges er- 
zogen w or den, sondern mit My then iiber den Krieg. Wir 
sind Gefangene der Mythen. Wie konnte es eigentlich ge- 
schehen, dafi die Deutschen uns im zweiten Kriegsjahr bis 
zur Wolga trieben? Nach der Moskauer Winterschlacht be- 
fand sich Stalin wie im Rausch, voller Euphorie wollte er 
jetzt angreifen, er sah sich schon als Sieger auf dem euro- 
pdischen Schlachtfeld. Am 28. Juni 1942 setzten die Deut- 
schen ihren Vormarsch fort, und nach nur zwei Wochen 
war Stalins Sudwestfront vernichtet. Dabei waren die sieg- 
reichen Deutschen zahlenmafiig weit unterlegen. Im Juni 
kdmpften 270.000 Deutsche mit 400 Panzern gegen 
540.000 Rotarmisten, die 1.000 Panzer besafien. " 
Dem Mythenbollwerk sowjetischer Historiker versetzt Be- 
schanow einen Schlag, wenn er feststellt, dafi die Sowjetar- 
mee mit funffacher Ubermacht die Stadt verteidigte. Ge- 
stiirmt wurde Stalingrad von drei deutschen Divisionen mit 
200 Panzern, wahrend den Verteidigern 20 Divisionen zur 
Verfiigung standen, deren Panzerzahl dreimal hoher war. Be- 
schanow sardonisch: 

"Womit abermals jene makabre sowjetische Gesetzmafiig- 
keit in Sachen Strategie zur Geltung kam: je hoher unsere 
materielle Uberlegenheit, desto hoher unsere personellen 
Verluste! " 
Schreckliche Verluste auch bei der Zivilbevolkerung. Man- 
ner, Frauen, Kinder durften Stalingrad nicht verlassen. Als 
am 22. September der deutsche VorstoB zum Wolgaufer das 
sowjetische Verteidigungsgebiet spaltete, befanden sich in 
der zerbombten Stadt noch 200 000 Zivilisten. Suppe aus Gu- 
laschkanonen der eigenen Armee bekamen die Eingeschlos- 
senen nicht. Zum Tode verurteilt durch Hunger, Seuchen. 
Stalins "Vernichtungskrieg gegen das eigene Volk", um ein 
Wort Solschenizyns zu gebrauchen. Statt Brot bekamen die 
Hungernden einen Malenkow (aber er blieb auf dem Ostu- 
fer!). Dieser Massenmorder, an dessen Handen das Blut der 
GroBen Tschistka klebte, drohte den Stalingrader Parteifunk- 
tionaren mit dem ErschieBen, weil sie den Druck der Stalin- 
grader Prawda eingestellt hatten. "Zu diesem Zeitpunkt", 
sagt Beschanow, "befand sich die Mehrheit der Bolschewiki 
aus Partei, Polizei, Militar auf der anderen Seite der Wolga. 
Geflohen." 

Stalins Stalingrad-Generalen bescheinigt der Experte Be- 
schanow mangelnde Professionalitat, fehlendes strategisches 
Denken und eine bodenlose Menschenverachtung beziiglich 
der eigenen Soldaten. Anstatt wochenlange blutige StraBen- 
kampfe bei der Wiedereroberung einer Triimmerwuste zu 
fuhren, hatte man die Zange um die millionenstarken Wehr- 
machtskrafte im Kaukasus schlieBen miissen. "Dafiir waren 
auf unserer Seite Strategie-Denken und elementare General- 
stabskultur notig gewesen. Davon war bei unseren "Napole- 
ons" nichts zu entdecken", urteilt Beschanow. 
Vernichtend sein Urteil iiber Schukow. Nach dem Kriege be- 
hauptete dieser, er und Marschall Wassilewskij seien die Er- 



finder des Siegesplanes "Stalingrad" gewesen. In Wirklich- 
keit sei Schukows Rolle in der Stalingrader Schlacht nichts 
Herausragendes gewesen, behauptet Beschanow. Erst Anfang 
1943 habe Schukow den Oberbefehl iiber die Sudfront iiber- 
nommen. Schukows Auftrag sei es gewesen, 1942 den Eck- 
pfeiler Rschew, nordwestlich von Moskau, den Deutschen zu 
entreiBen, die deutsche Heeresgruppe Mitte zu zerschmettern, 
ins Baltikum vorzustoBen. Fur diese kriegsentscheidende 
GroBoffensive habe Schukow 1,9 Millionen Rotarmisten ins 
deutsche Feuer gejagt, dennoch die Schlacht verloren. 

"Die Stofiarmeen der Westfront und der Kalinin-Front 
wurden eingekesselt, aufgerieben, zurtick blieben an der 
Wolga bei Rschew eine halbe Million Soldatenleichen und 
1850 Panzerwracks. Rschew aber befand sich immer noch 
in deutscher Hand. " 
So Beschanow. Ironisch, ja fast zynisch seine SchluBbemer- 
kung: 

"Nach dem Kriege gaben die deutschen Feldherren als 
Griinde fur die Niederlage im Osten an: Hitlers Wahnsinn, 
materielles Ubergewicht des Gegners, der russische Win- 
ter. Doch keiner von ihnen schrieb in seinen Memoiren, 
deutsche Generdle hatten nichts von Truppenfuhrung, 
Kriegskunst, Strategie verstanden. " 
DaB die Verteidigung von Stalingrad im September und Ok- 
tober 1942 trotz Stalin, Stawka, Generalitat nicht mit einer 
Niederlage endete, bezeichnet Beschanow als "tschudo" - ein 
Wunder, und dieses Wort schlieBt all die Eigenschaften ein, 
die man dem russischen Menschen nach 25 Jahren seelischer 
und physischer Vergewaltigung nicht mehr zugetraut hatte: 
Ffarte, Stehvermogen, Tapferkeit, Hingabebereitschaft, To- 
desverachtung. 

Erst seit dem Untergang der UdSSR und der Entmachtung 
der KPdSU wagen russische Kriegsforscher die Frage zu stel- 
len, um welchen Preis die Kapitulation der dreiviertelverhun- 
gerten Paulus-Soldaten errungen wurde. Die Verluste der 
Stalinschen Wehrmacht waren groBer als die der Wehrmacht 
Hitlers. Tag fur Tag verlor die Rote Armee 2500 Mann. "Die 
gigantischen Opfer auf unserer Seite haben dazu gefuhrt, daB 
wir aufgehort haben, das Leben jedes einzelnen Menschen zu 
achten", klagt Boris Usik, Direktor des Kriegsmuseums in 
Wolgograd, ein prominenter Militarhistoriker und, was 
schwerer wiegt, ein unkonventioneller Geschichtsrevisionist. 
Nein, der Bestsellerautor und Mythenzertriimmerer Bescha- 
now ist kein Einzelfall. 

Tote, Verwundete, VermiBte, Exekutierte auf sowjetischer 
Seite kamen in sowjetischen Lexika nicht vor. Aufgelistet 
wird heute, daB 707.000 Sowjetarmisten die Medaille "Fiir 
die Verteidigung Stalingrads" erhielten, mehr als 100 den Ti- 
tel "Held der Sowjetunion". 

Erbarmungslos trieben Politkommissare und NKWD- 
Offiziere Welle auf Welle zum Angriff. Wer zuruckwich, 
wurde erschossen. Etwa 12.000 Rotarmisten, eine ganze Di- 
vision, fielen in Stalingrad den Pistolen der hinteren Frontli- 
nie zum Opfer. Putin am 2. Februar in Wolgograd: 

"Die Russen werden immer stolz sein auf die Landsleute, 
die diesen Sieg errungen haben. " 
Die Gebrechlichen, Kranken, an die Matratze gefesselten Sta- 
lingradveteranen erhielten am "Siegestag" (Djen Pobjedi) ei- 
ne Flasche Wodka, eine Schachtel Zigaretten und eine Ta- 
bakdose. 

Uber die Zahl der Gefallenen auf sowjetischer Seite gibt es 
widerspriichliche Angaben. Die Rede ist von einer halben 
Million Soldaten. In der ersten Phase der Schlacht, bei der 



192 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



Verteidigung Stalingrads, sollen laut Sokolow 320.000 Ro- 
tarmisten gefallen sein. Der Historiker Boris Sokolow, ein 
promovierter Philosoph, ist Professor an der Akademie fiir 
Slawische Kultur, Autor einer Schukow-Biographie. Soko- 
low zahlt zu den Co-Autoren des 1995 in Moskau erschiene- 
nen Sammelbandes Plante Stalin einen Angriffskrieg gegen 
Hitler? Der schon erwahnte Kriegshistoriker Boris Usik 
rechnet alle gefallenen Soldaten und Zivilisten, sowie die 
VermiBten zusammen zu der Zahl von 2,6 Millionen Toten 
auf sowjetischer Seite. Heute fehle das Geld, klagt Usik, um 
auf den Schlachtfeldern nach den Knochen von 200.000 
vermiBten Sowjetsoldaten zu suchen. 

Eine andere Frage ist von russischen Revisionisten wie Anti- 
revisionisten bis heute ohne Antwort geblieben. Die Vertei- 
diger von Stalingrad im Schicksalsmonat September, haben 
sie nur diese Stadt verteidigt, nicht auch Kolyma, Norylsk, 
Karaganda, Workuta, das Moskau der Lubjanka und 
Butyrka? Aus historischem Riickblick fallt die Antwort ein- 
deutig aus: Ja. Die Mutigen und die Harten von Stalingrad 
verteidigten den GULag (womit sie die eigenen Ketten harte- 
ten, wie Solschenizyn 1994 feststellte.) Der russische Jude 
Lew Kopelew, ehemaliger Lagerhaftling und ein Mitkampfer 
Solschenizyns, der GULag-Zeuge Kopelew auBerte einmal in 
einem Vergleich Stalin und Hitler, was sich von 1935 bis 
1941 in der Sowjetunion abgespielt habe, sei "selbst mit den 
graBlichsten Ereignissen der Weltgeschichte einmalig, grau- 
sam und sinnlos." 

Und die Zahl der deutschen Kriegsgefangenen nach dem 2. 
Februar 1943? In Knopps ZDF-VWm. am 14. Januar 2003 ist 
von Hunderttausend die Rede, doch ist das eine sowjetische 
Legende, denn in Wirklichkeit sind etwa 200.000 Deutsche 
in Gefangenschaft geraten. Da hingegen nur 5.000 Stalin- 



gradkampfer zuriickkehrten, miissen 195.000 im Soldatengu- 
lag gestorben sein. Die Richtigstellung der Zahlen stammt 
vom Historiker Generalleutnant a. D. Franz Uhle-Wettler 
(Hohe- und Wendepunkte deutscher Militdrgeschichte). Bis 
1945 waren Hunger, Kalte, Folter, ErschieBung, Seuchen die 
iiblichen Totungsmethoden. 

Stundenlang nackt in eisiger Kalte stehen, dann unter das 
Wasser, dann wieder stundenlang nackt in der Kalte zum 
Trocknen. Gefangenenausmerzung. 

In einem <S/?iege/-Interview erwahnte der Historiker Wehler 
"russische Publizisten", die, angesprochen auf den angloame- 
rikanischen Bombenterror, "mit Recht" erwidern, im Ver- 
gleich "mit dem, was ihr bei uns angerichtet habt, ist euer 
Blutzoll ja trotz allem nicht so extrem gewesen" (2/2003). 
Wehler verheimlicht nicht, daB er den Standpunkt dieser 
"russischen Publizisten" teilt. Kurz zuvor war in der FAZ 
(28.12.2002) ein Essay von Iring Fetscher erschienen, "Erin- 
nerungen eines Wehrmachtsinfanteristen von 1941". Iring 
Fetscher marschierte durch ukrainische Dorfer: 

"Jedenfalls wurde ich - zusammen mit meinen Begleitern - 
in alien Dorfern freudig als 'Befreier vom Bolschewismus ' 
begrilfit. Die Bevolkerung [...] glaubte fest an die befrei- 
ende Absicht der deutschen Wehrmacht. Oft wurden mir 
nicht nur gute Pferde zum Kauf angeboten, sondern auch 
Geschenke - meist Weifibrot, Honig und Allasch, ein silfies 
alkoholisches Getrank —fur meine Einheit mitgegeben. In 
einigen Dorfern zogen wir unter Girlanden mit Begrti- 
fiungslosungen fur die Deutschen ein. " 
Nach dem Krieg machte Prof. Dr. Iring Fetscher (SPD) eine 
internationale Karriere als Marxismusforscher. 

© 10./12.2.2003 



Die Vertreibung der Deutschen aus Japan 1947-48 

Von Charles Burdick, Ph.D. 

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde fast alles deutsche Eigentum auBerhalb Deutschlands beschlag- 
nahmt: Wertgegenstande, Valuta, Grundbesitz, Patente, Urheberrechte usw. Der Wert in heutiger Kaufkraft konnte 
sich auf Billionen Dollar belaufen. Dieses Eigentum wurde groBtenteils spater versteigert und an Firmen oder Ein- 
zelpersonen verkauft, und den Erlos behielten die betreffenden Regierungen. Alle Versuche seitens deutscher Pri- 
vatpersonen oder der westdeutschen Regierung, Jahre nach dem Krieg die beschlagnahmten Werte wiederzuerlan- 
gen, schlugen fehl. Ein besonders trauriges Kapitel dieser groBten Plunderung der Menschheitsgeschichte ist das 
iiber den ehemaligen deutschen Verbiindeten Japan, das sich willig der Vertreibung der Deutschen und dem Raub 
deutschen Eigentums in Japan anschloB und sich selbst nach Unterzeichnung eines Friedensvertrags mit den USA 
weigerte, dieses Vorgehen zu iiberdenken. 



"Die Autoritat und der Einflufi derer, die das japanische 
Volk betrogen und dazu verfuhrt haben, sich auf eine 
Welteroberung einzulassen, mufi fiir alle Zeiten beseitigt 
werden. [...] Die japanische Regierung soil alle Hindernis- 
se beseitigen, die der Wiederbelebung und Stdrkung demo- 
kratischer Tendenzen im japanischen Volk entgegenste- 
hen. " 

Vae Victis - Wehe den Besiegten! 

Am 28. August 1945 trafen die ersten amerikanischen Besat- 
zungstruppen auf dem Flughafen Atsugi in Japan ein. Statt 
der erwarteten aufgebrachten Reaktion fanden sie ein Emp- 



fangskomitee vor, das Orangensaft servierte. Die Amerika- 
ner betraten eine vollkommen andere Welt, zu der ihnen die 
Orientierung, die Erfahrung und das Verstandnis fehlte. 
Wahrend ihre Einnahme Deutschlands zur unmittelbaren 
physischen Besetzung und Kontrolle dieses Landes fiihrte, 
schuf die japanische Kapitulation weit mehr Unwagbarkeiten. 
HaB, MiBtrauen, Zweifel und direkte Angst charakterisierte 
das amerikanische Denken. Die Strategie gegeniiber Japan 
sollte eine ganz andere als die gegen Deutschland angewand- 
te werden. 

Der Hauptunterschied lag darin, wie die Besetzung ursprung- 
lich angegangen wurde. 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



193 



President Truman hatte am Anfang General Douglas MacAr- 
thur zum Oberstkommandierenden der Alliierten Streitkrafte 
(Supreme Commander Allied Powers), kurz SCAP, ernannt, 
eine einmalige Stellung im Rahmen eines alliierten Krieges. 3 
Trotz einiger Planung und multinationalem Austausch wurde 
die Anfangsphase der Besetzung von den Amerikanern do- 
miniert. 4 Die Unsicherheit zwischen den USA und RuBland 
in Asien, die Dominanz der amerikanischen Militarmacht auf 
diesem Kriegsschauplatz und die Vorgehensweise des arro- 
ganten MacArthur schlossen jede nennenswerte Zusammen- 
arbeit aus. 5 Deshalb interpretierten die Amerikaner die im Ju- 
li 1 945 auf der Potsdamer Konferenz getroffenen unbestimm- 
ten und vagen Anordnungen nach Gutdiinken und setzten ih- 
re Auffassung um. 

MacArthur iibernahm sofort die vollstandige Befehlsgewalt 
und wies alle Versuche, Macht oder Verantwortung zu teilen, 
briisk zuriick. Von Anfang an bestand er darauf, daB alle 
Kontakte zu auslandischen Regierungen iiber sein Haupt- 
quartier liefen und pflegte die japanischen Behorden zur 
Durchfiihrung seiner Befehle zu benutzen. Diese indirekte 
Vorgehensweise sicherte den Amerikanern die Machtaus- 
iibung hinter den Kulissen, ebenso wie MacArthurs Bestehen 
auf Englisch als Kommunikationssprache. Seine Instruktio- 
nen waren fur die japanische Regierung Direktiven und wur- 
den SCAP-Instruktionen (SCAPIN) genannt. Diese norma- 
lerweise knapp und bestimmt formulierten Befehle gaben die 
Richtlinien fur alle Besatzungsaktivitaten. 6 Die Amerikaner 
setzten unverziiglich eine Politik in Gang, die auf Entwaff- 
nung, Demilitarisierung und Demokratisierung abzielte. Die- 
se Vorgehensweise stellte zugleich eine Revolution und eine 
Reformation dar. Die Auflosung der militarischen Kampf- 
kraft - sowohl der Menschen wie auch der Riistungsgiiter - 
war ein rein mechanischer ProzeB. Die Schaffung einer de- 
mokratischen Gesellschaft erforderte eine langere Zeitspanne 
zwecks Anpassung, Erziehung und Steuerung. Das Entmilita- 
risierungsproblem war das schwierigste direkte Anliegen, 
sowohl wegen der Definition als auch der Umsetzung. 
Strafaktionen standen an erster Stelle. 

SCAP (das Hauptquartier MacArthurs) sauberte die gesamte 
Verwaltungsstruktur des japanischen Lebens. Innerhalb we- 
niger Monate liquidierte SCAP Wirtschaftskartelle, entlieB 
Tausende Beamte und sperrte Hunderte Menschen als 
Kriegsverbrecher ein. 7 Die zwei Kulturen gerieten wegen je- 
der Frage in Streit, da die Biirokratien iiber alle Kontrollen 
strauchelten, und sich sowohl die Eroberer als auch die Er- 
oberten Spielraum zu verschaffen suchten. 
Aus diesen besonderen Verwaltungsproblemen erwuchsen 
fur alle Seiten zahlreiche Uberraschungen. Einerseits bewirk- 
ten die Folgen der bedingungslosen Kapitulation, die materi- 
ellen Schaden der Flachenbombardierung und das Auftau- 
chen so vieler WeiBer bei den Japanern einen offensichtli- 
chen Schock. Auf der Gegenseite machten die Amerikaner 
die unerwartete Entdeckung von etwa 2.000.000 Auslandern 
auf den vier Hauptinseln Japans. Obwohl die groBe Mehrheit 
dieser Menschen Asiaten aus Korea, Formosa, den Ryukyu- 
Inseln und China waren, waren viele Nationalitaten vertreten. 
Einige gehorten den Staaten der Vereinten Nationen an, an- 
dere waren Angehorige neutraler Lander oder Staatenlose, 
und einige wenige waren Burger anderer Feindstaaten. In all 
diesen Gruppen gab es Personen, die ihr ganzes Leben in Ja- 
pan verbracht hatten, ohne sich um Politik oder Ideologie zu 
kummern oder sich dafiir zu interessieren. Dazu gehorten 
aber auch viele Personen, die als Beamte oder Propaganda- 



vertreter der besiegten Machte fur die Achse tatig gewesen 
waren. Es gab auch Angehorige religioser oder kultureller 
Gruppen oder Firmen-Reprasentanten. Es gab zahlreiche Fa- 
milienangehorige, von denen viele nur diirftig ihr Leben fri- 
steten. 

MacArthurs erste Obliegenheit auf diesem Gebiet war die 
Repatriierung von Kriegsgefangenen und verschleppten An- 
gehorigen der Vereinigten Nationen. President Harry Truman 
hatte ihm mit Weisung vom 29. August 1945 die friihestmog- 
liche Riickkehr dieser Personen befohlen. Fiir die Repatriie- 
rung war die Registrierung jeder Person bei den Besatzungs- 
machten erforderlich und eine Bestatigung, daB der Betref- 
fende nicht am Krieg gegen die Vereinten Nationen teilge- 
nommen hatte. 

Am 31. Oktober 1945 umriB SCAP den Ausdruck "Vereinte 
Nationen" und fiihrte 49 Nationen als Unterzeichner der UN- 
Deklaration, 6 Lander als Neutrale und fiinf Lander (Bulgari- 
en, Deutschland, Ungarn, Japan und Rumanien) als 
"Feindstaaten" auf. 8 

Die sich daraus ergebende beschleunigte Entlassung von et- 
wa 110.000 Kriegsgefangenen ermoglichte es, die Riickfiih- 
rung der aus Asien stammenden Volksangehorigen schnell 
durchzufuhren. Diese anfangs weitgehend freiwilligen Be- 
miihungen ermoglichte einen schnellen Transport dieser 
Menschen. Die Riickfiihrung groBer Mengen japanischer 
Truppen aus Ubersee erforderte eine groBe Verschiffungska- 
pazitat, was iiberschiissigen Platz auf den aus Japan auslau- 
fenden Schiffen zur Folge hatte. Als Teil dieser Operation 
schuf SCAP Ruckfuhrungs-Zentren fur die Umladung, detail- 
lierte Weisungen fiir die japanischen Behorden und Regeln 
fiir den Transfer von Eigentum. Bis zum Dezember 1945 wa- 
ren iiber 650.000 Menschen aus Japan in ihre Heimat zu- 
riickgekehrt. 9 

Nach der Riickfiihrung der Angehorigen alliierter Nationen 
stand als nachstes der Status von Achsenangehorigen auf 
dem Programm und wie man sie loswerden konnte. Die An- 
zahl Rumanen und Bulgaren war unbedeutend, wahrend es 
463 Italiener gab. 10 Deutsche gab es ungefahr 2.800 (ein- 
schlieBlich einiger Osterreicher). Diese Zahl beinhaltete 700 
Fliichtlinge aus der hollandischen Kolonie Westindien, 400 
Personen der Kriegs- und Handelsmarine, 100 Personen, die 
versucht hatten, aus den USA nach Hause zu gelangen und 
von der deutschen Invasion RuBlands iiberrascht worden wa- 
ren, sowie 1.600 Personen, die seit langem in Japan wohn- 
ten. 11 Nach dem alliierten Sieg in Europa hatten die Japaner 
die Bewegungsfreiheit deutscher Zivilisten eingeschrankt 
und ihre offizielle Vertretung locker interniert. 12 Die Ameri- 
kaner griffen hier umgehend ein. Sie befahlen den Japanern, 
am 13. September alles deutsche Eigentum und alle Gutha- 
ben zu beschlagnahmen, konfiszierten die offiziellen deut- 
schen Lebensmittellager und losten die deutschen Hilfsorga- 
nisationen auf. Die Japaner hatten Befehl, die mittellosen 
Deutschen zu versorgen, was angesichts von Japans eigenem 
Mangel und der zerstorten Infrastruktur eine gewaltige Auf- 
gabe war. 13 Da das japanische System nicht funktionierte, 
kiimmerte man sich kaum um die Deutschen und sie rangier- 
ten an letzter Stelle. 

Diese Beschrankungen verstarkten noch ihre Probleme aus 
der Kriegszeit: Bombardierungen, enge Wohnverhaltnisse, 
Transportprobleme und Nahrungsmittel-Mangel. Viele wa- 
ren, um zu iiberleben, in japanische Sommerhauser geflohen. 
Wegen der unsoliden Bauweise und dem sozialen Stigma der 
Feigheit benutzten die Japaner ihre eigenen Hauser nicht. Die 



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Deutschen iiberlebten den Umstanden entsprechend so gut es 
ging durch Schwarzmarkt-Handel, Dosennahrung aus Wa- 
renhauslagern, den Erzeugnissen ihres eigenen Gartens, 
Diebstahl und Betteln von den Amerikanern, nachdem diese 
angekommen waren. Sie hielten aber um der Moral und der 
Einheit willen ihre Schulen, Kirchen und Klubs aufrecht. 14 
Die amerikanische Vereinigte Generalstabsfuhrung, JCS, (Jo- 
int Chiefs of Staff) in Washington D.C. hatte sie nicht ver- 
gessen. Die Potsdamer Erklarung hatte eine diffuse Weisung, 
alle diejenigen ihrer Autoritat und ihres Einflusses zu berau- 
ben, die Japan zum Angriff verleitet hatten. Obwohl die Be- 
stimmung keine Details enthielt, stellte sie eine bindende 
Weisung dar. Von Anfang an war die erste Aufgabe die Sau- 
berung der japanischen Beamten, der Leute mit EinfluB und 
aller Personen in offentlichen Stellungen. Diese systemati- 
sche Eliminierung des "Bosen" gab den Siegern Gelegenheit, 
Gefuhle abzureagieren. 15 

Das war dem fernen amerikanischen Militarkommando nicht 
genug. Dort glaubte man, daB deutsche Militarreprasentanten, 
Diplomaten und Wirtschaftsvertreter die japanische Aggres- 
sion ungebuhrlich beeinfluBt hatten. Als internationalen Pra- 
zedenzfall gegen kiinftige totalitare Rankespiele beschloB 
man, den gefahrlichen deutschen EinfluB zu beseitigen. 
Am 7. Dezember 1945 sandte die Vereinigte Generalstabs- 
fuhrung (JCS) ein langes Telegramm an MacArthur und be- 
kraftigte fruhere Anordnungen in bezug auf den Transport 
von Angehorigen der Vereinten Nationen. Es enthielt auBer- 
dem Weisungen bezuglich der Angehorigen von Feindstaa- 
ten, diese sollten sofort erfaBt und registriert werden. Alles 
diesen Menschen gehorende Eigentum, seien es Immobilien 
oder bewegliche Habe, sollte unter strikte Uberwachung ge- 
stellt werden. Wer als nationalsozialistischer Agent tatig ge- 
wesen war, sollte zwecks eventueller Aburteilung oder De- 
portation nach Deutschland interniert werden. Der Ausdruck 
"Agent" war der Arbeitsbegriff, der ein breites Spektrum be- 




General Douglas MacArthur begru&t am 21. Juni 1950 John 

Foster Dulles, den republikanischen Berater des Aulienmlni- 

stehums an der Luftwaffen-Base Haneda, Tokio, Japan. 22 



ruflicher Tatigkeiten umfaBte: Forscher, Wissenschaftler, 
Verwalter, Geschaftsleute usw. Sie alle hatten keine Wahl. 
Die Deutschen, die nicht unter diesen vagen Begriff fielen, 
konnten sich freiwillig ftir die Ruckkehr nach Deutschland 
melden. Auf jeden Fall sollten die japanischen Behorden die 
Kosten und die Durchfiihrung iibernehmen. 16 
Unmittelbar darauf, am 12. Dezember, erfolgte die Anwei- 
sung, daB die aus politischen Griinden Unerwiinschten nur 
ein Minimum an personlicher Habe, keine auslandischen Va- 
luta und nur in geringem Umfang personlichen Schmuck 
mitnehmen diirften. 17 Diese knappen direkten Anweisungen 
brachten die Deutschenfrage in den Vordergrund. 
Angesichts solch nachdriicklicher Uberlegungen aus Wa- 
shington D.C ergriff der SCAP-Stab die Gelegenheit und gab 
der Repatriierungsfrage vorrangigen Stellenwert. Unter Ver- 
wendung eines japanischen Memorandums vom 10. Januar 
1946, das die Zahl der Deutschen in Japan auf 2.700 schatzte, 
gab der Stab am 2 1 . Januar 1 946 seine eigene informelle Ge- 
samtzahl von 2.632 Deutschen an, von denen 2.409 eine Re- 
patriierung nach Deutschland wiinschten. Wahrend die Quel- 
le und VerlaBlichkeit dieser Zahlen ein Mysterium bleiben, 
war die Entschlossenheit unverkennbar, diese unerwiinschten 
Personen aus Japan zu entfernen. Das einzige Problem be- 
stand in der Notwendigkeit, daB die Behorden in Deutschland 
ihre Zustimmung erteilen muBten. 18 Am 31. Januar 1946 be- 
fahl SCAP den Japanern, detaillierte Listen iiber alle Deut- 
schen zu erstellen, mit Namen, Geschlecht, Adresse, Alter 
und Adressen deutscher Verwandter. 19 Der Bericht sollte bis 
zum 10. Marz 1946 vorliegen. 

Bei verschiedenen Erorterungen sowohl mit dem Stab und 
den Japanern entdeckten die Amerikaner eine neue Zahl 
(811) bezuglich der Deutschen, die eine Repatriierung 
wiinschten. Diese Zahl befanden sie fur unzureichend und 
nicht akzeptabel. Ihrer Meinung nach wollte die Vereinte 
Generalstabsfuhrung (JCS), daB die Mehrheit der Deutschen 
aus Japan entfernt wiirde. Der neuen Interpretation zufolge 
kamen fur einen Verbleib in Japan nur die Deutschen in Be- 
tracht, die vor dem 1. Januar 1939 dauernd in Japan ansassig 
gewesen waren und selbst fur ihren Unterhalt sorgen und 
damit dem Wohl Japans dienen konnten. Nur denjenigen, die 
schliissig nachweisen konnten, daB sie beide Voraussetzun- 
gen erfiillten, sollte der Verbleib in Japan erlaubt werden. 20 
Obwohl die Japaner die vorgeschriebene Frist einhielten, 
klagten die Amerikaner am 5. Juni 1946 iiber zahlreiche Ver- 
saumnisse. Sie fiihrten an, daB die Japaner 756 Personen 
nicht aufgefuhrt hatten, einschlieBlich vieler begeisterter Na- 
tionalsozialisten. 21 

Den verargerten Amerikaner miBfielen auch andere, teils reale 
und teils formale Fehler. Die Japaner sollten die Liste bis 20. 
Juni 1946 berichtigen, es sollte keine Verzogerung geben. 23 
Wahrend die Japaner ihre Berichtigung ausarbeiteten und der 
SCAP-Stab seine Vorbereitungen traf, stellten die JCS drei 
Kategorien zur Bestimmung der MiBliebigkeit der Deutschen 
auf: 

"A" - die Deutschen, die nach dem 1. September 1939 nach 
Deutschland oder in von Deutschland kontrollierte Gebiete 
gereist waren; 

"B" - alle Deutschen, die zu irgendeiner NS-Organisation 
gehort oder die deutschen Kriegsbemiihungen unterstiitzt hat- 
ten (dazu wurden wissenschaftliche Forscher oder Wirt- 
schaftsreprasentanten gerechnet); 

"C" - Personen, gegen die es keine Einwendungen gab und 
die nicht unter die ersten beiden Kategorien fielen. 24 



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Zwar gaben diese Instruktionen dem SCAP nur wenig konkrete 
Anleitung, aber sie beendeten den EntscheidungsprozeB zu- 
gunsten einer Repatriierung. Durch das Zusammenlaufen so 
weit auseinanderliegender Aktivitaten wurde zwar die Verant- 
wortlichkeit zwischen SCAP und JCS aufgeteilt, aber das End- 
ziel blieb bestehen. Die Deutschen sollten Japan verlassen. 
Bevor SCAP das Vorhaben durchfuhren konnte, verzogerten 
zwei zusatzliche Fragen den Ablauf. Angesichts der Tatsa- 
che, daB die Deutschen Feindstaaten angehorten und unter- 
schiedlich viel Eigentum besaBen, hatte SCAP Bedenken be- 
ziiglich der Handhabung dieses Eigentums. Einerseits hatte 
man das ernste Dilemma, fiir dieses Eigentum verantwortlich 
zu sein, andererseits gab es rechtliche Bedenken bezuglich 
dem Besitzanspruch an den Giitern, Immobilien, Patenten 
usw. Am 13. September 1945 hatte SCAP alles feindliche 
Eigentum und alle Guthaben eingezogen und zugleich ver- 
langt, alle derartigen Besitzrechte den japanischen Behorden 
zu melden. 25 Diese Aufzeichnungen ergaben deutsche Werte 
in Hohe von 1.178.900.000 Yen. 26 Nachdem SCAP das Ei- 
gentum aufgelistet und eingefroren hatte, brauchte man Hilfe, 
um schlieBlich Verfugungen iiber diese Werte zu treffen. 
Die Richtlinien kamen aus Deutschland, wo die amerikani- 
sche Besatzungsmacht im November 1945 endlich ein Uber- 
tragungsgesetz erlassen hatte, das die Beschlagnahme von 
Eigentum regelte, das den nationalsozialistischen Fuhrern 
und der NSDAP wie auch verschiedenen Regierungsabtei- 
lungen gehorte. Das Thema von Deutschlands uberseeischem 
Besitz wurde nicht vor dem 18. Mai 1946 offiziell angespro- 
chen, als das urspriingliche Gesetz erganzt wurde. Der erwei- 
terten Regelung zufolge wurde SCAP Agent fiir die Kom- 
mission fiir deutschen Besitz im Ausland (German External 
Properties Commission). Diese Stellung legalisierte die Ar- 
beit des Biiros fiir Verwahrung von Zivileigentum, das SCAP 
am 8. Marz 1946 errichtet hatte, um deutsches und japani- 
sches Eigentum zu verwalten. In diesem Rahmen schuf 
SCAP die Bilanz-Abteilung fiir feindliches Eigentum, um die 
Dispositionen bezuglich aller deutschen Guthaben, Verbind- 
lichkeiten usw. zu dokumentieren, zu kontrollieren und zu 
iiberdenken. 27 Alle diese Verwaltungstatigkeiten und Ange- 
legenheiten verzogerten die Repatriierung. 
Ein weiteres Problem war, ob die Repatriierten zu Hause 
aufgenommen wiirden. SCAP hatte einen Massentransfer An- 
fang 1946 erhofft, aber die Verhandlungen in Deutschland 
erwiesen sich als schwierig und zogen sich in die Lange. Die 
Lebensbedingungen in Deutschland waren schwer und die 
Behorden wollten keine zusatzlichen Schwierigkeiten. Der 
kritische Mangel an Heizmaterial, Lebensmitteln und Woh- 
nungen schloB eine Aufnahme weiterer Fliichtlinge vor dem 
Friihjahr 1947 aus. 28 Da viele der Ruckkehrer weder nahe 
Verwandte noch eine Wohnung in ihrer Heimat hatten und 
mit den ortlichen Verhaltnissen wenig vertraut waren, wiir- 
den sie zu Problemfallen werden. Ein zweiter, fur Juni 1946 
geplanter Abgang kam nicht zustande, weil sich die vier 
Machte in Deutschland nicht einigen konnten. Am 1 . Oktober 
1946 akzeptierten sie schlieBlich die Riickkehr der als miB- 
liebig eingestuften Deutschen. Jetzt konnte SCAP diese Per- 
sonen wegschaffen, die man als Sicherheitsrisiko fiir die ja- 
panische Besetzung ansah. Nach einer weiteren Durchsicht 
entschied SCAP, daB es 1.353 miBliebige Deutsche gab. 29 
Die Auswahlkriterien beruhten auf der zweifelhaften Be- 
griffsbestimmung der JCS-Kategorien. 

Nachdem diese Fragen im wesentlichen gelost waren, errich- 
tete SCAP am 1. Dezember 1946 eine Repatriierungs-Abtei- 



lung in der 8. Armee. Unter Oberst Ernest T. Barco sollte sie 
die Deportation planen und durchfuhren. Aufgrund der Er- 
fahrungen vom Rucktransport der asiatischen Volksangeho- 
rigen in ihre Heimat konnte sein Biiro schnell vorankommen. 
Wahrend japanische Behorden die Repatriierung durchfuhren 
sollten - Sammlung, Bearbeitung, Durchfiihrung, Transport, 
Zollkontrolle und Bewachungsaufgaben fiir das Eigentum - 
sollte das Personal der 8. Armee die Operation iiberwachen 
und kontrollieren. Sie sollte auch verantwortlich sein fiir die 
Magazine mit dem beschlagnahmten und sichergestellten Ei- 
gentum und die Aufnahmezentren fur den abschlieBenden 
Transport zu einem Schiff. Die Verfugbarkeit von Schiffska- 
pazitaten blieb ein ungewisser Faktor, sollte aber die Vorbe- 
reitungen nicht verzogern. 

Barko vergeudete keine Zeit, als er seine Aufgabe in Angriff 
nahm. Am 5. Dezember 1946 forderte er im Namen des 
kommandierenden Generals der 8. Armee, Generalleutnant 
Robert Eichelberger die zwei Armee-Korps I und IX zur Un- 
terstiitzung an. Barco ersuchte um 13 hohere Offiziere, 117 
Offiziere (Kompanie-Befehlshaber), 139 Soldaten und 110 
Dolmetscher. Er listete die Orte der iiberwachten Magazine 
auf, spezifizierte den Aufenthalt der Deutschen und veran- 
schlagte die Abreise fur Januar 1947. SchlieBlich berief er am 
18. Dezember eine zweitagige Konferenz ein. 30 
Bei dem Treffen ging er nochmals sorgfaltig den Ablauf 
durch, skizzierte die speziellen Pflichten des japanischen Per- 
sonals, die Kommandoaufgaben der hoheren amerikanischen 
Offiziere, die Zuordnung der kleinen amerikanischen Teams 
und die Weisungen an die zu Repatriierenden. 31 Es war deut- 
lich, daB er und sein kleiner Stab den Plan in samtlichen Ein- 
zelheiten ausgearbeitet hatten. 

Am 13. Januar 1947 loste die Nachricht, daB etwa am 28. Ja- 
nuar das Schiff Marine Devil in Yokohama ankommen sollte, 
noch mehr Betriebsamkeit aus. SCAP wies den zwei Korps 
fiir die Reise nach Bremerhaven Aufgaben fiir das Fiihrungs- 
personal zu, einschlieBlich Wachen und medizinischen Fach- 
leuten. AuBerdem sollte die Zivileigentums-Verwaltung sie- 
ben Beobachter ernennen, um die Eigentumslisten zu kon- 
trollieren. 32 

Das Umdirigieren der Marine Devil machte einen plotzlichen 
Wechsel auf die Marine Jumper notwendig, wodurch die er- 
wartete Abfahrt auf den 14. Februar verzogert wurde. Der 
geanderte Zeitplan lieB es zu, einen kurzen Halt in Schanghai 
in Betracht zu ziehen, von wo die Amerikaner eine weitere 
Gruppe Deutscher mitnehmen wollten. 33 Unglucklicherweise 
hatte die Marine Jumper bereits Lasten und Gepack von Pas- 
sagieren geladen, was zugunsten einer neuen Verproviantie- 
rung fiir die langere Fahrt nach Bremerhaven ausgeladen 
werden muBte. 

Wahrend dieser Verzogerung erledigte Barco die administra- 
tiven Anforderungen und am 22. Januar 1947 stellte die 8. 
Armee den Marschbefehl Nr. 12 aus, der ein UbermaB an 
Anweisungen fur jedermann enthielt. 

Den Amerikanern oblag das Kommando und die Kontrolle, 
sie formten 89 Aufsichtsgruppen zu je 3 Mann mit 6 Einhei- 
ten zu 6 Mann, die Sammel-Magazine errichten sollten (Ka- 
gohara, Kurihama, Tokio, und Kobe) und fiir die materiellen 
Bediirfnisse zu sorgen hatten. 

Die Japaner sollten fiir die Inventarlisten und die Verwah- 
rung, Bearbeitung, Verpackung und Einschiffung der Trans- 
portgiiter das notige Arbeitspersonal stellen, sie sollten alle 
Rtickkehrer und ihr personliches Gepack nach Urage trans- 
portieren und alle Rationen fiir den Transport und die Zollin- 



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spektionen abwickeln. Sie sollten auch die ganzen Kosten 
tragen. 

In dem Befehl waren auch die Anweisungen fiir die Deporta- 
tion der Deutschen zusammengestellt. Die Anweisungen wa- 
ren auf englisch, japanisch und deutsch. Die deutsche Uber- 
setzung war in Befehlston abgefaBt und enthielt einige Feh- 
ler. Sie begann mit den Worten: "Es wurde Befehl fiir Ihre 
Repatriierung erteilt." Dann gaben die Anweisungen in mili- 
tarischen Wendungen ein ungefahres Abreisedatum bekannt, 
sowie die Tatsache, daB die Japaner die Operation unter ame- 
rikanischer Aufsicht durchfiihren wiirden, sowie die Gepack- 
Menge (350 Pfund pro Person oder 1.500 Pfund pro Familie). 
Die fmanziellen Restriktionen waren ebenso bestimmt. Un- 
geachtet von Stellung, Reichtum oder Besitz durfte jeder Er- 
wachsene zwei Uhren, eine Kamera, zwei Halsbander und 
zwei Armbander mitnehmen. Andere Wertgegenstande oder 
Edelmetalle in Barren waren nicht erlaubt. Der englischen 
Version zufolge durfte jeder 50 $ mitnehmen, die deutsche 
Ubersetzung bot 750 Yen als Alternative. Auf jeden Fall 
muBte das Geld in Deutschland in Mark umgewechselt wer- 
den. Deutschen mit Eigentum sollte ein bewaffneter japani- 
scher Verwalter fiir dieses Eigentum beigeordnet werden. 
Dieser war an Ort und Stelle 
der Fuhrung des amerikani- 
schen Aufsichtsteams zuge- 
ordnet, was die Inventarauf- 
nahme erleichtern sollte. Auf 
jeden Fall sollte sich der 
Verwalter vor Ort begeben 
und dort leben, und alles Ei- 
gentum in Verwahrung neh- 
men und es bewachen. Die 
Riickkehrer konnten zwei Li- 
sten mit ihrem Besitz aufstel- 
len: 1) Kleine Gegenstande 
von hohem tatsachlichem 
Wert und 2) bewegliche Ha- 
be. Die Gruppen sollten die 
Richtigkeit aller Erklarungen 
priifen und iiber den zur La- 
gerung bestimmten Besitz 
entscheiden, und Quittungen ausstellen. 34 
Wegen der Verzogerung des Schiffes begannen am 30. Janu- 
ar 1947 die Inspektionen der Unterkiinfte, aber ohne daB ein 
Abreisedatum festgesetzt wurde. 

Am 6. Februar informierte die 8. Armee die japanischen Be- 
horden, daB der Transport zwei Tage spater anlaufen sollte. 
Diese Ankundigung gab ihnen 24 Stunden, um die Riickkeh- 
rer iiber irgendwelche noch verbliebenen Notwendigkeiten zu 
informieren und sie zu den Verladepunkten zu transportieren. 
Trotz der friiher erfolgten Team-Besuche hatten viele Deut- 
sche nicht an eine Zwangsdeportation geglaubt. Es war eine 
unliebsame Uberraschung. Die Japaner holten sie meist auf 
schmutzigen offenen Lastern mit bewaffneten Polizeiwachen 
ab und fuhren sie durch die StraBen der Stadt. Die ansonsten 
ruhigen Japaner schrieen ihnen oft "Verlierer" und "gut, daB 
wir sie los sind" nach. An den Bahnhofen bestiegen sie Ziige, 
die zu bestimmten Aufnahmelagern fuhren. Dort war Appell 
und sie wahlten Gruppenfiihrer als ihre Reprasentanten ge- 
geniiber den Behorden. Japanische Arzte kontrollierten sie 
auf ansteckende Krankheiten und den allgemeinen Gesund- 
heitszustand. Nachdem sie ein arztliches Attest erhalten hat- 
ten, durften sie sich ausruhen. Um 6.30 Uhr des nachsten Ta- 




Die Marine Jumper, die nach dem Zweiten Weltkrieg 

fur die Deportation "mililiebiger" Deutscher 
aus Japan benutzt wurde. 35 



ges stiegen sie wieder auf Laster und wurden zum Repatriie- 
rungs-Zentrum in Urage gebracht, wo eine Zollkontrolle 
stattfand, all ihr Handgepack gewogen wurde und eine Lei- 
besvisitation erfolgte, um versteckte Wertgegenstande zu fin- 
den. 36 

Nachdem diese Vorbereitungen absolviert waren, bestiegen 
die Riickkehrer Leichter, die sie zur Marine Jumper iibersetz- 
ten. An Bord des Schiffes kommandierte Oberst Charles 
Amy 13 Armeeoffiziere, fiinf Krankenschwestern und 56 
gemeine Soldaten. Diese Mannschaft war fiir Gesundheits- 
und Sicherheitsfragen verantwortlich. Die Riickkehrer sollten 
als Koche, Reinigungs- und Kuchenpersonal usw. arbeiten 
und Hilfsdienste verrichten. Sie sollten je nach ihren Kennt- 
nissen die verschiedenen anfallenden Aufgaben tibernehmen. 
Unmittelbare ernste Sorge bereitete der Schiffsladen, der die 
kleinen unentbehrlichen Dinge verkaufte, aber nur gegen US- 
Wahrung. Da die Behorden in Urage alle amerikanischen 
Devisen beschlagnahmte hatten, war es fur die Deutschen 
schwer, mit ihren Hilfsmitteln zurechtzukommen. Es war ein 
armseliges Unterfangen. Am 15. Februar stach die Marine 
Jumper mit 536 Mannern, 306 Frauen und 226 Kindern in 
See. 37 

Das Schiff steuerte von Japan 
nach Schanghai. Dort ver- 
brachte es nur kurze Zeit, of- 
fenbar um gewisse Kriegs- 
verbrecher aufzunehmen, be- 
vor sie dann nach Deutsch- 
land steuerte. 38 Mit ein paar 
zusatzlichen Deutschen aus 
China legte die Marine Jum- 
per am 20. Februar ab mit 
Kurs auf Bremerhaven. 
Die Deutschen an Bord des 
Schiffes begannen, sich fiir 
die lange Reise einzurichten. 
In Anbetracht ihres ungltick- 
lichen Schicksals ertrugen sie 
ihre Lage stoisch. Aufgeteilt 
auf neun verschiedene Le- 
bensbereiche bewaltigten sie 
ihr Schicksal. Sie organisierten Musikkonzerte, Skatspiele, 
Schachtourniere, Bildungsvortrage, Sprachkurse und eine 
Fiille von Aktivitaten. Sie waren emsig. Jeden Tag stellten 
die Amerikaner sicher, daB alles in Ordnung war (und gaben 
bestimmte Privilegien fiir Haushaltsarbeiten). Die amerikani- 
sche Besatzung lieferte auch Filmvorfiihrungen (mit Bewer- 
tung!) wie auch andere Formen von Schiffsunterhaltung. 39 
Es gab wenig Zwischenfalle, weil die Menschen, sei es durch 
Angst vor der Zukunft oder den Schock iiber ihre Abreise, 
meist still und zuriickhaltend waren. Das reichliche Essen 
iibertraf bei weitem die Erwartungen der Deutschen, die mehr 
bekamen, als sie essen konnten. 
Sie erreichten am 23. Marz 1947 Bremerhaven. 
Amerikanische Soldaten beschlagnahmten alle Geldbetrage, 
bevor die Deportierten per Zug nach Ludwigsburg geschafft 
wurden. Nachdem sie im Lager waren, durchliefen sie einen 
langwierigen PriifungsprozeB. Im wesentlichen suchten die 
Befrager iiberzeugte Nationalsozialisten. Sie konnten nicht 
immer das AusmaB des Partei-Engagements feststellen und 
neigten dazu, alle in einen Topf zu werfen. Fiir die meisten 
Riickkehrer dauerten die Befragungen und das Ausfullen von 
Formularen beziiglich politischer Mitgliedschaften, Aktivita- 



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ten usw. drei Wochen. Mit einigen Ausnahmen entlieBen 
dann die Amerikaner die Riickkehrer, die sich nun selbst 
durchschlagen muBten. Die vielfaltigen Erfahrungen bei ihrer 
Ankunft in Deutschland waren schwierig und voller 
Schmerz, Leiden und UngewiBheit. 40 

In Japan ordnete SCAP eine weitere Durchsicht der verblie- 
benen Nationalitaten an. Etwa 800 Deutsche sollten noch zu- 
riickgebracht werden. Beim fruheren Durchgang fur den er- 
sten Transport waren verschiedene Personen der Repatriie- 
rung entgangen. Es handelte sich dabei groBtenteils um Mit- 
glieder religioser Orden, seit langem in Japan wohnende Per- 
sonen (die, aus verschiedenen Grunden, die Marine Jumper 
verpaBt hatten), Personen mit komplizierter Staatsbiirger- 
schaft (doppelter, von denen eine den Vereinten Nationen 
angehorte) und Familien von Deutschen, die von den hollan- 
dischen Kolonien evakuiert worden waren. Die letzteren, die 
jetzt fast die Halfte der verbliebenen Deutschen ausmachten, 
waren 1942 41 eiligst von den fruher hollandischen Kolonien 
nach Japan evakuiert worden. Sie hatten als Bedurftige von 
japanischer Wohlfahrt gelebt. Sie stellten eine ernste humani- 
tare Herausforderung dar, da sie ohne Geldmittel, Sprach- 
kenntnisse oder gefragte Fahigkeiten waren. Sie hatten durch 
Tausch ihrer geringen Habe uberlebt bzw. durch Diebstahl 
oder indem sie ihre Kinder betteln lieBen. Fiir diese Gruppe 
blieb kaum eine andere Wahl, als nach Deutschland zuriick- 
zukehren, was mit dem Interesse von SCAP zusammenfiel, 
die Deutschen aus Japan zu entfernen. 42 
Auch die deutschen Diplomaten waren noch da. Sie besaBen 
aufgrund des internationalen Rechts gewisse Privilegien. Zu- 
dem hatten ihnen die Japaner verschiedene Vorteile einge- 
raumt, die ihnen SCAP nicht so leicht nehmen konnte. Trotz- 
dem wollten die Amerikaner, daB sie mit dem nachsten Schiff 
nach Hause fuhren. 43 Bevor jedoch irgend etwas in Gang ge- 
setzt werden konnte, brauchte SCAP die Billigung aus Euro- 
pa fur die Aufnahme der Deutschen. Die Lebensbedingungen 
waren in Deutschland weiterhin armselig, und die zuneh- 
menden Unstimmigkeiten zwischen den ehemaligen Alliier- 
ten erschwerten Transporte. 44 

Dazu kam, daB die Familien aus den hollandischen Kolonien 
ein moralisches Dilemma darstellten. Sie hatten kein Eigen- 
tum, lebten von japanischer Barmherzigkeit und die meisten 
von ihnen wollten nach Deutschland zuriickkehren (die Gra- 
tisfahrkarte war ein nicht unwesentlicher Antrieb). Der 
Schriftwechsel zwischen den amerikanischen Besatzungsbe- 
horden ging hin und her, und alle kampften mit der Bewalti- 
gung der Probleme. 45 SCAP sollte etwa 140 Diplomaten und 
198 MiBliebige transportieren. Die Anzahl der Fluchtlinge 
war ungewiB. 

Bis Juli 1947 wurde dem SCAP die Aufnahme glaubwiirdig 
zugesichert, und der Ablauf konnte weitergehen. SCAP gab 
Anweisungen an die japanischen Behorden heraus, in denen 
die fruhere Vorgehensweise wiederholt wurde. Obwohl die 
Befehle weniger nachdriicklich waren, beriicksichtigten sie 
nicht die Anderungen, die nach der fruheren Uberpriifung des 
ersten Transportes empfohlen worden waren. Die Wahrungs- 
regelung erlaubte jetzt 50 $ in jeder anderen Wahrung als Yen, 
aber alle anderen Beschrankungen blieben gleich. Die Diplo- 
maten durften 250 $ und 8.000 Pfund personliche Habe mit- 
nehmen, konnten aber beim Verlassen des Schiffes in Deutsch- 
land nur mit der Abwicklung von 500 Pfund rechnen. 46 
Alles lief entsprechend den Organisationsrichtlinien ab, und 
die Riickkehrer gingen am 19. August 1947 an Bord der Ge- 
neral Black. Der Kommandeur des Transports, Oberst 



Douglas Pamplin, hatte 18 Offiziere, 42 gemeine Soldaten 
und fiinf Krankenschwestern fiir Kontrollaufgaben sowie zur 
Aufrechterhaltung der Sicherheit und Gesundheit bereitge- 
stellt. Angesichts dieser begrenzten Anzahl sollten die Heim- 
kehrer die Arbeitskrafte stellen. Die Diplomaten erhielten die 
wenigen Kajiiten und hatten keine Dienstpflichten. Alle an- 
deren lebten in den Mannschaftsraumen 
Die General Black verlieB Yokohama am 20. August mit 
Kurs auf Schanghai. Es waren 806 Passagiere an Bord. Sie 
bleiben neun Tage in dem chinesischen Hafen, da weitere 
514 Deutsche aufgenommen und ein Taifun abgewartet wur- 
de. Am 1. September ging es dann los. Oberst Pamplin war 
antideutsch eingestellt und verbot jeglichen Austausch zwi- 
schen Amerikanern und Deutschen. Angesichts der vielen 
Kinder und der unangenehmen Hitze an Bord des Schiffes 
wurden seine Anweisungen aber wenig beachtet. Die Mann- 
schaft verkaufte oder schenkte den Deutschen Nahrungsmit- 
tel und Zigaretten, die von den Deutschen sorgfaltig in die 
Kleidung eingenaht wurden. Sie hatten von der Zigaretten- 
Wirtschaft in Deutschland gehort. Die General Black dockte 
am 1. Oktober 1947 in Bremerhaven an. 47 
Dort hatten die Aufnahmebehorden groBe Schwierigkeiten. 
Sie stellten fest, daB die "MiBliebigen" (Politischen) nicht 
von den anderen getrennt worden waren, daB das Gepack 
nicht nach Besatzungszonen getrennt worden war, und daB 
die Personalakten erst zwei Wochen nach dem Schiff anka- 
men (mit normaler Post anstatt mit direkter Luftpost). Infol- 
gedessen sandte das Empfangsburo alle Deportierten nach 
Ludwigsburg, anstatt sie auf verschiedene Orte zu verteilen. 
Das bewirkte fur alle Chaos und Unannehmlichkeiten. Es gab 
weder genug Nahrungsmittel, noch gab es genugend Decken 
und Betten. Die Verhaltnisse waren schlimm. Die Behorden 
sandten ein harsches Kommunique an SCAP, der die Pro- 
bleme beheben sollte. 48 

Aufgrund biirokratischer Gedankenlosigkeit und Fehler hatte 
SCAP immer noch 28 "beanstandete" Deutsche in Japan. 
Angesichts der kleinen Zahl und der Verschiffungsprobleme 
arrangierte SCAP, daB sie nach Deutschland geflogen wur- 
den. Da man bei einem Flug iiber die USA juristische Pro- 
bleme befiirchtete, wahlte man eine Pan-American-Route: 
Tokio - Kalkutta - Istanbul - Frankfurt. Mit Geldmitteln, die 
fruher von der deutschen Botschaft beschlagnahmt worden 
waren, wurden die Kosten fur die Deutschen und ihre Wa- 
chen gedeckt. 49 

Als diese MiBliebigen am 4. April 1948 in Deutschland lan- 
deten, war damit die Deportationsphase der Repatriierung 
abgeschlossen. SCAP ubernahm keine Verantwortung fiir die 
in Japan verbliebenen Deutschen. Jedoch verblieb die Frage 
des Transports und des in Verwahrung genommenen be- 
schlagnahmten und eingelagerten Eigentums ungelost. 
Sobald die von der Marine Jumper Deportierten einigerma- 
Ben geordnete Verhaltnisse erlangt hatten, wandten sie sich 
wegen ihres Eigentums an die amerikanischen Besatzungsbii- 
ros, stieBen aber iiberall auf eine unwissende und desinteres- 
sierte Biirokratie. Angesichts ihres geringen Status bei ihrer 
Ankunft, ihrer beschlagnahmten Geldmittel und ihrer langen 
Abwesenheit von Deutschland konnten sie zwar protestieren, 
aber ohne Erfolg. Viele von ihnen scharten sich um Johann 
Lipporte, der auch ein Riickkehrer war, vorzuglich Englisch 
sprach und in Ludwigsburg wohnte. Seine Bemuhungen, die 
General Black in Bremerhaven zu treffen, um eine Freigabe 
der eingezogenen Geldmittel und Klarheit iiber das Eigentum 
der Repatriierten zu erlangen, bewirkten nichts. 50 Die ameri- 



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kanischen Besatzungsvertreter erklarten, daB alle in Japan 
gemachten Versprechungen in Deutschland keine Geltung 
hatten. Lipporte organisierte eine Briefkampagne und unter- 
hielt Kontakt mit den militarischen Claims-Buros. Er brachte 
auch den "Ostasiatischen Verein" mit in den Streit ein. Aber 
sie erreichten nichts, auBer etwas Schuldgefiihl bei ein paar 
Offizieren wegen der juristischen und menschlichen Unzu- 
langlichkeiten. 51 

Am 14. Marz 1948 verkiindete die von den Amerikanern li- 
zenzierte Japan Times and Advertiser die bevorstehende Li- 
quidierung deutschen Eigentums. Auf der ersten Auktion in 
Tokio gab es dreiBig Klaviere, vier Automobile, Mobel, Ku- 
riositaten (Souvenirs) und Kleidung usw. Die akkreditierten 
Kaufer waren Besatzungspersonal und lizenzierte Handels- 
vertreter. 52 Die Ankundigung lieB erkennen, daB die Auktion 
die erste von vielen sein wiirde - alles verkaufliche deutsche 
Eigentum sollte liquidiert werden. 

Lipporte protestierte gegen die Aktion, wies die Eigen- 
tumsquittungen seiner Gefahrten vor und forderte, die Aktion 
zu stoppen. Aber alle Bemuhungen waren ohne Erfolg. 

Anmerkung der Redaktion 

Dies ist der erste Teil von Dr. Burdicks Beitrag. Der zweite 
Teil behandelt die diesbeziiglichen fruchtlosen Diskussionen, 
die letztendlich nur veranschaulichen, daB auch in diesem 
Falle Macht vor Recht ging, der Sieger sich alles erlauben 
konnte und der Besiegte sich fiigen muBte - wer dies nicht 
tat, durfte sich in einem Netz biirokratischer Unzustandigkeit 
und Weiterverweisung mit dem gleichen Endergebnis ab- 
strampeln: die Versteigerungen deutschen Eigentums gingen 
bis 1953 weiter. Als nichts mehr gegen Dollar an die Ameri- 
kaner verkauft werden konnte, durften die Japaner mit Yen 
mitbieten. Die Amerikaner hatten bereits entschieden, daB es 
keinen Grund gab, eine Entschadigung fur den enteigneten 
deutschen Besitz in Betracht zu ziehe, und sahen auch keine 
Veranlassung, hieriiber zu informieren. 53 
Nachdem fast alles verauBerbare Eigentum unter den Ham- 
mer gekommen war, durfte die inzwischen wiedererrichtete 
deutsche Botschaft im Mai 1954 die letzten, meist unver- 
kaufbaren Andenken - Fotoalben, Tagebiicher und personli- 
che Papiere - nach Deutschland verschicken, wo Lipportes 
Ostasiatischer Verein sich auf die Suche nach den Eigentii- 
mern machte. 

In einem Fall hatte ein Deutscher versucht, sein Eigentum 
durch einen ZivilprozeB gegen die japanische Regierung zu- 
riickzuerhalten. Auch diese Bemuhungen waren erfolglos — 
nicht zuletzt deshalb, weil sich die westdeutsche Regierung 
gegenuber den Siegermachten verpflichtet hatte, keine An- 
spriiche auf beschlagnahmtes deutsche Werte in Ubersee gel- 
tend zu machen. Der Enteignete muBte zu seinem Verlust 
auch noch die Kosten des Rechtsstreits tragen. 
Auch die Rehabilitierung der vom Begriff "miBliebig" ("ob- 
jectionable") UmfaBten beschrankte sich auf 8 Falle. Die 
diesbeziiglichen Bemuhungen des deutschen AuBenministe- 
riums waren halbherzig und zum Scheitern verurteilt. 
Die amerikanische Vorgehensweise hat sich seit 1945 offen- 
sichtlich nicht im geringsten geandert, wie das Beispiel Irak 
im Jahre 2003 zeigt: Die militarische Kriegfiihrung wird von 
einer Propagandakampagne begleitet, die das Ausschalten 
des Gegners zur "Befreiung" deklariert, die Sieger setzen un- 
ter VerstoB gegen das volkerrechtliche Verbot, in die inneren 
Angelegenheiten einer besetzten Nation einzugreifen, eine 
ihnen genehme Satrapen-Regierung ein, die dann alles ab- 



segnet, was die Sieger tun. Die legitimen bisherigen Macht- 
haber werden wie Verbrecher behandelt, obgleich sei ja nicht 
amerikanischer Gesetzgebung unterworfen waren und es 
auch unerfindlich ist, gegen welches US-Gesetz sie verstoBen 
haben sollten - ihr "Verbrechen" besteht letztlich darin, sich 
den Interessen der USA widersetzt oder auch nur im Wege 
gestanden zu haben. Auf dieser Grundlage werden dann 
Steckbriefe und "Haftbefehle" ausgestellt. 
Die Begleitumstande der US-Machtiibernahme im Irak - 
Pliinderung der Museen und des Privatbesitzes, die rechtlose 
Stellung der "Kriegsgefangenen"; obwohl der Krieg offiziell 
als beendet erklart worden ist, die Entwertung des Geldes 
und dessen Neuherausgabe - all dies bietet vielfache Paralle- 
len zur alliierten Vorgehensweise gegen Deutschland 1945 
und verdient schon aus diesem Grund eine nahere Betrach- 
tung. 

Anmerkungen 

Zuerst veroffentlicht unter "The Expulsion of Germans from Japan, 1 947- 

1948" in The Revisionist 1(2) 82003) S. 156-165; Charles Burdick war Prof. 

em. (Geschichte) an der San Joes State University in California. Er starb 

1998. Ubersetzt von Patricia Willms. 

' United States, Department of State, Foreign Relations of the United States. 
The Conference of Berlin (Potsdam Conference) 1945 (Washington, D.C: 
Government Printing Office, 1960) (im Folgenden FRUS), Bd. II 1475- 
1476. 

2 Merion und Susie Harris, Sheathing the Sword: The Demilitarization of Ja- 
pan (New York: Macmillan, 1987), S. 23. 

In Europa war General Dwight Eisenhower Kommandeur der "Supreme 
Headquarters, Allied Expeditionary Force" (SHEAF). Der abweichende Ti- 
tel war eine ernste Angelegenheit, die in Japan viel Kritik ausloste. John M. 
Allison, Ambassador from the Prairie (Tokyo: Charles Tuttle, 1973), S. 143 

4 Hugh Borton, American Presurrender Planning for Postwar Japan (New 
York,: Columbia University, 1967). Einen interessanten Bericht gibt Leon 
V. Sigal, Fighting to a Finish: The Politics of War Termination in the 
United States and Japan, 1945 (Ithaca: Cornell University, 1988). 
Die alliierten Machte schufen im Dezember 1945 zwei Regierungsgremien: 
die Fernost-Kommission und den Alliierten Rat fur Japan. Urspriinglich hat- 
ten die Diplomaten eine Art kollektive Fiihrung angestrebt, diese Einstellung 
wurde aber von General MacArthur nicht geteilt. Ein Teil der Frustration in 
diesem Gerangel um EinfluB und Macht wird beschrieben in Roger Buck- 
ley: Occupation Diplomacy: Britain, the United States and Japan, 1945- 
1952 (Cambridge University, 1982) Siehe auch George H. Blakeslee, The 
Far Eastern Commission: a Study in International Cooperation, 1945 to 
1952 (Washington, D.C. Department of State, 1953). 
Sie waren oft in einem besonderen Jargon abgefaBt, der teils aus scharfen 
militarischen Direktiven bestand und teils aus beschwichtigender ziviler 
Uberredung, was von vielen "scapanise" genannt wurde. Henry E. Wildes, 
Typhoon in Tokyo: The Occupation ant Its Aftermath (New York: Macmil- 
lan, 1954), 1. 

7 Eine Erorterang der legalen Grundlage fur diese Aktionen bei Nisuke Ando, 
Surrender, Occupation, and Private Property in International Law: an 
Evaluation of US Practice in Japan (Oxford: Clarendon Press, 1991). 
Niitzliche Studien iiber die Besetzung sind Richard B. Finn, Winners in 
Peace: MacArthur, Yoshida, and Postwar Japan (Berkeley: University of 
California, 1992); John M.Maki "United States Initial Post-surrender Policy 
for Japan," in Han-Kyo Kim, Hg.., Essays on Modern Politics and History: 
Written in Honor of Harold M. Vinacke (Athens, Ohio: Ohio University 
Press, 1969), 30-56. Das Hauptwerk iiber MacArthur ist D. Clayton James, 
The Years of MacArthur, Bd. 3, Triumph and Disaster, 1945-1964 (Boston: 
Houghton Mifflin, 1985). 

SCAP Instraktionen an die japanische Regierung (im Folgenden SCAPIN) 
217: Definition von "Vereinte Nationen," und "Feindstaaten," 3 1 . Oktober 
1945. National Archives (im Folgenden NA, Record Group (im Folgenden 
RG) 331, Box 3. 

Ein ausfuhrlicherer Bericht iiber diese Aktivitaten bei: Supreme Commander 
for the Allied Powers, General Headquarters, Statistics and Reports Section, 
"History of the Non-Military Activities of the Occupation of Japan," Bd. 17, 
"treatment of Foreign Nationals," 1-15. NA, RG 331, Box 2. Manbeachte 
auch Eric H. F. Svensson, "The Military Occupation of Japan. The First 
Years Planning, Policy Formulation, and Reforms" PhD dissertation, Uni- 
versity of Denver, 1966), 144-157. 

10 Nach einigen langwierigen Diskussionen erlaubte SCAP der italienischen 
Regierung, ein Schiff zu schicken, das im April 1947 alle Italiener mit nach 
Hause nahm. "Treatment of Foreign Nationals," 61-62. CINCAFPAC an 
WARCOS, 2. Oktober 1946. MacArthur Memorial, (im Folgenden MM). 



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Norfolk, Virginia, RG-9, Funktelegramme, WD abgehend. Edward J. Boone 
Jr. war mir mit diesen Akten sehr behilflich. 

Diese Zahlen stammen von einem spateren Bericht der deutschen Vertretung 
in Japan. Ber. Nr. 237/53, 24. Marz 1953, Politisches Archiv des Auswdrti- 
gen Amts (im Folgenden AA), Tokio, Bd. 6662. Maria Keipert war mir bei 
meiner Forschung sehr behilflich. 

Eine Beschreibung durch einen Diplomaten ist Erwin Wickert, Mut und 
Ubermut. Geschichten aus meinem Leben (Stuttgart: Deutsche Verlags An- 
stalt, 1992), 436f. Siehe auch sein Der fremde Osten: China und Japan ge- 
stern undheute (Stuttgart : Deutsche Verlags Anstalt 1968) 286=-334. Tag- 
fur-Tag-Aufzeichnungen in Paul Werner Vemehren, "Kriegstagebuch " 
Bundesarchiv Militararchiv. Das menschliche Leid war schlimm. Die Bom- 
bardierangen, engen Wohnverhaltnisse, Transportprobleme, Nahrungsmit- 
telmangel machten die Beschrankungen schwierig. Brief von Reiner Jordan, 
6. Marz 1993, Brief von Margot Lenigk, 13.4.93. Siehe auch Thomas R. H. 
Havens, Valley of Darkness: The Japanese People and World War Two 
(New York: W.W. Norton, 1978). 

Central Liaison Office an SCAP, 10. Januar 1946, NA RG, 160, Box 449. 
Briefe von Reiner Jordan, 15.3.93, 20.3.93; Brief von Margot Lenigk, 
15.4.93, Brief von Ursula Reinhard, April 1993; Jiirgen Lehmann, Zur Ge- 
schichte der deutschen Schule Kobe (Tokyo: Deutsche Gesellschaft fur Na- 
tur- und Volkerkunde Ostasiens, 1988, 4-48. Siehe auch Helmut Krajewicz 
"Das Kriegsende in Japan am FuBe des Fujuyama", Vierteljahresschrift der 
Vereinigung Deutscher Auslandsbeamten e.V. (3-4/90), 167-172. 
Hans H. Baerwald, The Purge of Japanese Leaders under the Occupation 
(Berkeley, University of California, 1959) bleibt eine gute Abhandlung. 
Harris and Harris, Sheathing the Sword, Kap. 5, gibt eine lebhafte Darstel- 
lung. 

Joint Chiefs of Staff an CINCAFOAC, WARX 875m 7. Dezember 1945, 
NA,RG319,Box507. 

Civil Affairs Divisions Operations an CINCAFPAC, WARX 88430, 12. 
Dezember 1945. NA, RG 319, Box 507. 

Memo fur die Akten (AG), 30. Januar 1946. NA, RG 260, Box 449: Wa- 
shington an USFET, 24. Januar 1946. MM, RG-9: Funktelegramme W.D. 
SCAPIN 686: Repatriation of German Nationals in Japan, 31. Januar 1947. 
NA, RG 331, Box 3. SCAP veroffentlichte im folgenden ein langes Kom- 
pendium mit iiber 800 SCAPINS. Nur zwei davon erwahnen die Deutschen. 
SCAPIN 769: Repatriation of German Nationals and Nationals who claim 
Austrian or Czechoslovakian Citizenship now in Japan, 23. Febraar 1946. 
NA, RG 260, Box 449. 

Ein GroBteil des Forschungsmaterials und des Zlindstoffes fur diese frii- 
hen Bemtihungen gehen auf die Aktivitaten des militarischen Geheim- 
dienstes in Japan zuriick. Die 44 1 CIC Abteilungen mit iiber funfzig klei- 
nen untergeordneten Einheiten hatten die Aufgabe, die Verdachtigen auf- 
zuspiiren. Die Zustandigkeit und Kompetenzen dieser Einheiten waren 
nicht deutlich umrissen und es fehlte eine sorgfaltige Kontrolle. Sie ge- 
nossen 1945-46 groBe Autoritat und Freiheit. Siehe "History of the Coun- 
ter Intelligence Corps," Vol. XXVIII, "CIC in the Occupation of Japan" 
(Baltimore: US Army Intelligence Center, 1960). Eine der Hauptquellen 
fur diese Studie "Representative History of CIC Activities in the Occupa- 
tion of Japan (Sep 1 1 945 to 1 948)" ist aus den Akten verschwunden. 
Brief von John Allshouse, Federal Records Center- Kansas City, 16.Juli 
1992. Die Abwehr-Aufzeichnungen sind fragmentarisch und schwer ver- 
wertbar. Brief von Jane B. Sealock, US Army Intelligence and Security 
Command, Fort George G. Meade, MC 30. Marz 1992. 
www.trumanlibrary.org/whistlestop/archive/photos/67_7376.htm 
SCAPIN, 1000: Repatriation of German Nationals, 5. Juni 1946. NA, RG 
33 1 , Box 3. Die Japaner listeten in der Folge 2.679 Deutsche auf, davon 
1191 Familienoberhaupter mit 1488 Familienangehorigen. Die Alliierten 
Besatzungsmachte in Deutschland hatten ausfuhrliche Listen iiber NSDAP- 
Mitglieder in Japan zur Verfugung gestellt. Diese Listen, die aufgrund der 
eroberten Parteiakten erstellt worden waren, enthielten detaillierte Personen- 
angaben wie auch die Adresse in Japan. Brief und Material von David Mar- 
well, Berlin Documents Center, 16. April 1993. 

Funkspruch WCL 25844 an SCAP, 5.Dezember 1945, MM, RG-9: Funk- 
telegramme, W.D.; 10 Information and Historical Service Headquarters 
Eighth Army, "Special Staff Study of the Repatriation of German Nationals 
from Japan"( 6. Juni 1947), Center of Military History, Department of the 
Army, Washington, D.C. Diese kurze Studie, die direkt nach AbschluB der 
Repatriierung vollendet wurde, enthalt wertvolles Material wie auch einige 
Fehler. 

SCAPIN 26: Protection of Allied and Axis Property, 13. September 1945. 
Am 2. Oktober 1945 lockerte SCAP diese Kontrollen ein biBchen und er- 
laubte Familien, fur die Lebensfiihrung und Steuerzahlungen etwas person- 
liche Geldmittel zu benutzen. SCAPIN 87: Authorization No 1, Living Ex- 
pense Allowances to Axis Nationals Domiciled in Japan, 2. Oktober 1945. 
NA,RG331,Box3. 

Supreme Commander for the Allied Powers, General Headquarters, Statis- 
tics and Reports Section, "History of the Non-Military Activities of the Oc- 
cupation of Japan," Monograph 21, "Foreign Property Administration," 106. 
NA, RG 331, Box 2. Von der Gesamtsumme gehorten Privatpersonen 
1 15.080.000 Yen; Firmen beanspruchten 286.362.000 Yen; amtliche deut- 



sche Stellen besaBen 764.482.000 Yen, und sonstige hatten 13.002.000 Yen. 
Ibid. 

Supreme Commander for the Allied Powers, Vested Assets in Japan. Final 
Report of Trusteeship 9n.p., 28. April 1952), Teil XL Library of Congress, 
Washington, D.C. Dieser Bericht ist wertvoll, weil die meisten Dokumente 
falsch abgelegt oder vernichtet wurden. Ich bin Marin T. Hanna und ihren 
Kollegen von den National Archives fur ihre ausgiebige Suche nach diesen 
Akten zu Dank verbunden. 

Telegramm der Militarregierang in Deutschland an SCAP Pacific, 1 1 . Okto- 
ber 1946. NA, RG 260, Box 141. 

SCAP "Treatment of Foreign Nationals," 52-53; Kabel von OMGUS an 
CINCAFPAC, 5. Nov 46. MM, file RG-9: Funktelegramme, State Depart- 
ment. 

Brief an die Kommandierenden Generale des I. und IX. Korps, 5. Dezember 
1 946. NA, RG 94, Box 2726. Barco hatte ein klares Bild von den Ansichten 
der Vereinigten Stabsfuhrang (JCS), da im Oktober eine ausgiebige Korre- 
spondenz zwischen SCAP und diesem Kommando stattgefunden hatte. Die- 
se Nachrichten befinden sich in MM, RG-9: Funktelegramme, WD out. 
Agenda, Reparation Konference, 18. Dezember 1946, mit Beilagen. NA, 
RG 94, Box 2726. 

SCAP an den Kom.Gen. der 8. Armee, 13. January 1947 in Administrative 
Papers of G-l Reparation Section, Center of Military History, Department of 
the Army, Washington, D.C. 

Die Repatriierung hatte in China viel friiher begonnen, war aber nur lang- 
sam vorangekommen. Berichte iiber die Deportation finden sich in Klaus 
Mehnert, Ein Deutscher in der Welt. Erinnerungen 1 906- 1 981 (Frankfurt am 
Main: Fischer, 1983), 324-336; Karl H. Abshagen, Im Lande Arimasen 
(Stuttgart: Deutscher Verlag, 1948), 347-374. 

Hauptquartier Achte Armee, Marschbefehl Nr. 12, 22. Januar 1947. NA, RG 
94, Box 2726. Es gab einige Probleme aufgrund gemischter Ehen. Wenn 
sich eine japanische Frau dafiir entschied, in Japan zu bleiben, durfte sie das, 
aber nur mit dem Eigentum, das sie schon vor der Ehe besaB. Alles nach der 
EheschlieBung erworbene Eigentum fiel unter die gleiche Regelung. 
www.veteransearch.homestead.com/files/Liberty_Ship_Marine_Jumper 
_1945.jpg 

Diese Beschreibung entstammt dem 10 lh Information and Historical Ser- 
vice, "Special Staff Study," und seinem Anhang Nr. 1, "Interrogation of Re- 
patriated German Nationals". Letztere war die freiwillige Beantwortung ei- 
nes Fragebogens, der direkt vor der Einschiffung ausgegeben worden war. 
Die verminderte Anzahl beruhte auf der Aussonderung von Kranken und 
Gebrechlichen sowie der Entscheidung, keine Diplomaten mitzunehmen, 
auBerdem auf verwaltungsmaBigem Durcheinander. Andererseits fanden 
einige Deutsche, die im Gefangnis von Sugamo eingesperrt waren, kein 
Unterkommen auf dem Schiff. Siehe auch Friedrich J. Klahn, Hg.., Kapn,. 
Kolhabach: Der Blockadebrecher mit der gliicklichen Hand (Biberach: 
Koehlers Verlag, 1958), 220-222. 

Da China ein Verbtindeter war, lag die deutsche Frage anders als in Ja- 
pan. Trotzdem waren die Chinesen aus unbekannten Griinden bei der De- 
portation der Deutschen wenig behilflich. Ihre mangelnde Kooperation 
fiihrte zu einem starken Protest seitens des US-AuBenministeriums. Das 
"Fiasko" war fur die alliierten Machte sehr storend. Washington (Ache- 
son) an SCAP, 10. Marz 1947. MM, RG-9: Funktelegramme, State Depart- 
ment. 

"Jumper Journal." Die vervielfaltigte Schiffszeitung informierte iiber 
Weltereignisse wie auch iiber Aktivitaten an Bord. Reiner Jordan teilte 
mir seine Daten iiber die Publikation mit. Brief von Heinrich Pahls, 15. 
April 1993; Brief von Wilhelm Osterfeld, 28.Febraar 1993. 
Siehe Dietrich Seckel, Schriften-Verzeichnis. Mit einem autobiographi- 
schem Essay. Mein Weg zur Kunst Ostasiens (Frankfurt.a.M.: Hang & Her- 
chen, 1981), 94-96. Die vollstandigen Formulare befinden sich in NA, RG 
338, Boxes 669-674. 

Die Hollander und die Englander verbrachten die deutschen Manner mit 
ihren Streitkraften nach Indien. Diese Aktion fiihrte am 20. Januar 1942 
zu einem groBen Ungltick, als die Japaner das hollandische Schiff van 
Imhoff'vca indischen Ozean bombardierten. Die hollandische Mannschaft 
nahm die wenigen Rettungsboote und IiberlieB die Deutschen ihrem 
Schicksal. Dann erschien ein hollandisches Rettungsschiff, Bollongan am 
Schauplatz, weigerte sich aber, irgendwelche Deutsche aufzunehmen. 
41 1 Deutsche kamen um. Diejenigen, welche die Evakuierung tiberlebt 
hatten, wurden in Internierungslager in Dehra Dun, Indien verbracht. Sie 
kehrten 1946 nach Hause zuriick. Das tragische Geschehen ist beschrie- 
ben bei C.Van Heekeren, Batavia Seint Berlyn (Den Haag: Bert Bakker, 
1967) 159-371, Erich Klappert, Erlebnisse (Klappert, 1978) 46-50. C. To- 
wen-Bouwsma und Margot Lenigk beschafften dieses Material. Brief von 
Ursula Reinhard, April 1993. 

CINCFE an MOGUS, WAR, 6.August 1947. MM, RG-9: Funktelegramme, 
abgehend. Bericht von Margot Lenigk, May 25, 1993. 
Wickert, Mut und Ubermut, 480-482: H.G. Stahmer, Japans Niederlage- 
Asiens Sieg: Aufsteig eines grofieren Ostasien (Bielefeld: Deutscher Heimat 
Verlag, 1952), 192-195. 
Wegen der Diplomaten gab es unendliche Diskussionen. Bis zu ihrer An- 



200 



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kunft auf deutschem Boden genossen sie eine Sonderstellung; sobald sie 
aber in Deutschland gelandet waren, verloren sie ihren Schutz, d.h. sie 
wurden fur ihr Gepack, ihre Wertsachen, Transport und Sicherheit usw. 
selbst verantwortlich. Die Berichte liber die Repatriierung der Diploma- 
ten befinden sich in einer verlorenen Akte, was jegliche Forschung hierzu 
unmoglich macht. Brief von Joseph Dane Hartgrove, National Archives, 
19.Marz 1992 

MM, RG-9: Funktelegramme, State Department und RG-9: Funktelegram- 
me, WD WX haben diese Korrespondenz. Ein interessanter Vorschlag kam 
von den Linienschiffen des amerikanischen Prasidenten: sie schlugen nam- 
lich einen Transport auf ihren Schiffen gegen Bezahlung vor, d.h. die Deut- 
schen, die in der Lage waren, die Uberfahrt zu bezahlen, sollten dies tun, 
wahrend die amerikanischen Behijrden fur die anderen einen verminderten 
Preis entrichten sollten. WAR an CHICFE, Berlin, 3. Mai 47; MM RG-99: 
Funktelegramme, WD WX. Da die Japaner die Kosten bezahlen sollten, 
lehnten die Amerikaner das Angebot ab. 

Bis April 1952 hatten die Japaner 19. Mio. Yen fur die Ruckfuhrang der 
Deutschen bezahlt. Sie hatten 39 Mio. Yen fur die Feststellung, Untersu- 
chung, Berechnung und Auflistung des deutschen Eigentums ausgegeben. 
Diese Berechnung war unvollstandig. SCAP, Vested Interests in Japan, Part 
XII,5. Bis April 1952 hatte SCAP 355.265.877 Yen an 13 Lander transfe- 
riert. Es war geplant, weitere 344.734.123 Yen aus deutschen Guthaben zu 
verteilen. Ibid., PartX,3. 

Telegramm von SEC STATE an SCAP, 17. Juni 1947. NA, RG 260, Box 
141; SCAPIN 1750: Repatriation of German and Austrian Nationals, 21. 
Juli 1947. NA, REG 331, Box 5; Operational Directive No. 51, 21. Juli 
1947. NA, RG 94, Box 2726. Das AuBenministerium benutzte den um- 
schreibenden Begriff "obnoxious" (untragbare) Deutsche, im Gegensatz zu 
SCAPs "objectionable" (beanstandbare) Deutsche. 
Befehl an Oberst Douglas Pamplin, n.d., Ibid: CINCFE an WAR, 10. Au- 



gust 1947. MM, RG-9: Funktelegramm, abgehend. 

"Destination and Accompanying Documentation of the Refugees aboard the 
USAT General Black," 21. Oktober 1947. NA, RG 260, Box 141; von OM- 
GUS an Department of the Army, 30.Oktober 1947. MM, RG-9: Funktele- 
gramme, Diverse. Fur einen Einblick in die korrapten Verhaltnisse in Lud- 
wigsburg siehe Wickert, Mut und Ubermut, 483-486. 
DA an OMGUS, 20. Dezember 1947, NA, RG 260, Box 141. State Depart- 
ment an SCAP, 16. Marz 1948, State Department an SCAP, 4. April 1948. 
MM, RG-9: Funktelegramme, State Department; SCAPIN 1869: Repatria- 
tion of German Nationals, 10. Marz 1948. NA, RG 331, Box 5. Eine Be- 
schreibung des Riickflugs bei Marie Balser, Ost- und westliches Gelande: 
Unser Leben in Ost und West den Enkeln erzahlt (GieBen: Munchowsche 
Universitatsdrackerei, 1958), 158-161. 

Viele der Briefe in: Bestand JL 525 12/77-2/18, Staatsarchiv Ludwigsburg 
(im Folgenden SL). 

Die 1900 gegriindete Organisation hatte die Forderung deutscher Interes- 
sen in Ostasien zum Ziel. 1911 erweiterte sie dies auch auf die Forderung 
kultureller Angelegenheiten und wurde bis 1914 eine einfluBreiche 
Macht. Nach dem Riickschlag, den die Niederlage im Ersten Weltkrieg 
bewirkt hatte, richtete die Fiihrung ihr Augenmerk auf die Forderung ge- 
meinsamer Interessen und die Representation von Firmen. Sie wurde po- 
litischer und veroffentliche eine Zeitschrift, die Ostasiatische Rundschau. 
1 945 begannen Aktivitaten, die sich auf friihere Kontakte und die Energie 
der Mitglieder stutzten. Sie konnten etwas moralische Untersriitzung geben. 
Siehe Chief Claims Division an Budget and Fiscal Director, European 
Command, "Property Claims of Japanese Repatriates," 3Juni 1948. SL 
12/77-2/18. 

Biiro der Militarregierang, Land Wurttemberg-Baden, "Property Claims of 
Japanese Repatriates," 29. Jan. 1948. NA, RG 260, Box 141: "Expellees 
from the Orient," Oktober 1947. SL JL 525 12/63-1/6. 
DEPTAR an SCAP, 4. Dezember 1951. NA,RG 331, Box 7564. 



60Jahre20. Juli 1944 

Von Per Lennart Aae 



Deutschland diirfte das einzige Land in der Welt sein, das ei- 
ne der schandlichsten Verratshandlungen seiner Geschichte 
jahrlich zum AnlaB eines feierlichen Gelobnisses seiner Sol- 
daten nimmt. 

Vor einem Jahr, am 20. Juli 2003, fand erneut im Innenhof 
des Bendlerblocks in Berlin diese ebenso abscheuliche wie 
verlogene Gelobnisveranstaltung statt, wie iiblich mit Betei- 
ligung des Bundesverteidigungsministers und anderer Inha- 
ber hochster Staatsamter. Und naturlich berichteten wieder 
alle deutschen Sender in gewohnt verlogener Art daruber. Im 
Zweiten Deutschen Fernsehen hieB es z.B. wortlich: 

"Am Ort der Kranzniederlegung im Bendlerblock war der 
Widerstandskampfer von Stauffenberg von den Nazis er- 
schossen worden. " 
In Wirklichkeit wurden Oberst Claus Schenk von Stauffenberg 
und vier weitere Putschisten, darunter der Erzverrater General- 
oberst Ludwig Beck und der General der Infanterie Friedrich 
Olbricht, auf Befehl ihres Mitverschworers, des Befehlshabers 
des Ersatzheeres, Generaloberst Fritz Fromm, eiligst erschos- 
sen, um Zeugen fur Fromms eigene Beteiligung am Putsch aus 
dem Weg zu raumen. Beck hatte zuvor zweimal vergeblich 
versucht, sich selbst zu erschieBen, bevor er auf Befehl von 
Fromm, seinem ehemaligen Untergebenen und Mitverschwo- 
rer, den GnadenschuB erhielt. Weitere fur Fromm gefahrliche 
Zeugen waren ebenfalls auf dessen Befehl verhaftet worden 
und zur ErschieBung vorgesehen. In der Nacht trafen aber SS- 
Hauptsturmfuhrer Dipl.-Ing. Otto Skorzeny mit SS-Einheiten, 
gefolgt vom Chef des SS-Sicherheitshauptamtes, Dr. Ernst 
Kaltenbrunner, am Ort des Geschehens ein, untersagten jede 
weitere ErschieBung, nahmen unverziiglich die Verhore auf 
und ordneten weitere Verhaftungen an. 



Fromm, der zum Verrater sowohl gegen das Reich als auch 
gegen seine eigenen Kumpane wurde, schaffte es aber nicht, 
seine Spur durch ErschieBen der Mitwisser zu verwischen. 
Im April 1945 wurde auch er verdientermaBen wegen Lan- 
des- und Hochverrats hingerichtet. Seine erbarmliche Feig- 
heit hatte sich nicht gelohnt. 

Die Putschisten und ihre in hochsten Staatsamtern und Ver- 
trauensstellungen befmdlichen Hintermanner, die der kamp- 
fenden Truppe in den Riicken fielen und ihr Land im schwer- 
sten Abwehrkampf gegen Stalins Vergewaltigungshorden 
verrieten, waren selbst am Ausbruch des Zweiten Weltkrie- 
ges maBgeblich beteiligt gewesen. Denn sie hatten mit dem 
verantwortungslosen Versprechen, Hitler im Falle eines 
Kriegsausbruchs binnen Stunden zu stiirzen, der von der ang- 
loamerikanischen Kriegspartei befiirworteten Kriegsstrategie 
gegen Deutschland Vorschub geleistet. Allein dies war ein 
denkbar schweres Verbrechen gegen das eigene Volk und ge- 
gen den Frieden in der Welt. 

Dieselben Kreise waren es auch, die Hitlers Friedenspolitik 
gegenuber Polen stets konterkariert und damit eine innenpoli- 
tische Situation geschaffen hatten, bei der es der Reichsregie- 
rung schlieBlich unmoglich wurde, die von der angloameri- 
kanischen Kriegspartei unterstutzten polnischen Provo- 
kationen langer zu dulden. 

Die Putschisten waren durch ihre Verbindungsmanner zu den 
Alliierten auch voll daruber informiert, daB die Westmachte 
auch nach einem erfolgreichen Putsch nur die bedingungslo- 
se Kapitulation Deutschlands akzeptiert hatten, auch gegen- 
uber den sowjetischen Mord- und Vergewaltigungshorden. 
Der schottische Geistliche Peter H. Nicoll schrieb 1963 in 
seinem Buch Englands Krieg gegen Deutschland iiber die 



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201 



Putschisten: 

"Auf der anderen Seite bedeutete es fur Deutschland eine 

gewaltige Herausforderung, zu erkennen, daft, wdhrend es 

bis zum letzten Atemzug buchstdblich um seine Existenz 

kdmpfie, zahlreiche umsturzlerische Krdfte am Werk wa- 

ren, um es von innen zu vernichten. Man kann die dufierste 

Hdrte, mit der gegen diese Umsturzler verfahren wurde, 

verstehen. Auch kann niemand daran zweifeln, dafi sie in 

England ebenso tibel gefahren wdren, wenn wir es unter 

dhnlichen extremen Verhdltnissen mit ihnen hdtten auf- 

nehmen milssen. " 

Im britischen Unterhaus kommentierte Winston Churchill am 

2. August 1944 den gescheiterten Putsch mit folgenden Wor- 

ten: 

"Nicht nur die einst stolzen Armeen werden an alien Fron- 
ten zuriickgedrdngt, sondern auch in der Heimat haben 
sich gewaltige Ereignisse zugetragen, die das Vertrauen 
des Volkes und die Treue der Truppen in ihren Grundfesten 
erschiittern mussen. Die hochsten Personlichkeiten im 
Deutschen Reich morden einander und versuchen dieses, 



wdhrend die von Rache erfiillten Armeen der Alliierten ih- 
ren Ring immer enger schliefien. Diese Vorgdnge in 
Deutschland sind Kundgebungen einer inneren Erkran- 
kung. So entscheidend sie sein mogen, wir dilrfen unser 
Vertrauen nicht in sie, sondern in unseren eigenen starken 
Arm und die Gerechtigkeit unserer Sache setzen. " 
(Beide Zitate nach Karl Balzer, Der 20. Juli und der Landes- 
verrat, Verlag K.W. Schiitz KG, 1971) 

Eine Staatsfiihrung, wie jene der BRD, welche die Streitkraf- 
te auf das Andenken und die Nachfolge derartiger verachtli- 
cher Landesverrater verpflichtet und sie dariiber hinaus von 
der Landesverteidigung abzieht, um sie statt dessen als Helo- 
tentruppe in den Dienst eines fremden, rauberischen Im- 
perialismus zu stellen, richtet sich nach meiner Uberzeugung 
selbst. 

Es wird die Zeit kommen, zu der jeder Deutsche daran ge- 
messen werden wird, ob er sich von dieser Politik der Schan- 
de rechtzeitig abgewendet oder sie geduldet oder gar unter- 
stiitzt hat. 



Von Vampirtotern und Hanswursten 

Von Israel Shamir 



Vampirtoter 

Die Volkssagen uber Vampire empfehlen dem Leser alle 
moglichen Mittel, um sich vor dem Unheil eines solch gruse- 
ligen Angriffs zu schutzen. Eine Handvoll Friedhofserde 
wird bevorzugt, Knoblauch ist brauchbar, und am wirksam- 
sten ist das Kreuz. Aber diese Gegenmittel wirken nicht im- 
mer. In Roman Polanskis ausgelassener Horrorkomodie The 
Fearless Vampire Killers (die furchtlosen Vampirtoter) ver- 
sucht der Held, einen jiidischen Vampir durch ein Kreuz- 
symbol zu verjagen. Der Jude grinst ihn - genau wie der 
Fiddler auf dem Dach - mit nettem, verstandnisvollem La- 
cheln an, und entbloBt seine Fangzahne. Das Kreuz wehrt ihn 
nicht ab. Dieses Werk von Polanski fallt mir ein, wenn ich 
die neue Welle der Holocaust-Kontroversen verfolge. 
Die revisionistischen Historiker, die von ihren Gegnern als 
"Holocaust-Leugner" bezeichnet werden, treffen sich zu 
Konferenzen, um ihre Ansichten zum Volkermord der Natio- 
nalsozialisten auszutauschen. Das amerikanisch-judische 
Establishment, einschlieBlich der Zionist Organization of 
America und der Anti-Defamation League, setzen sich fur ein 
Verbot solcher Konferenzen ein, was ihnen 2001 in Beirut 
gelang und erneut im Jahr 2004 in Sacramento. Die ZOA ist 
nicht gegen Revisionismus an sich. Diese Organisation war 
ein Vorreiter in der Kunst, die Geschichte zu leugnen, und gab 
auf Kosten des amerikanischen Steuerzahlers ein Biichlein mit 
dem Titel Deir Yassin: Geschichte einer Luge heraus. 
Deir Yassin war ein friedliches Dorf, das die jiidische Terro- 
ristenbande Etzel und Lehi am 9. April 1948 angriff. Sie 
metzelte dessen Manner, Frauen und Kinder nieder. Ich will 
nicht die bluttriefende Geschichte von abgeschnittenen Oh- 
ren, aufgeschnittenen Bauchen, vergewaltigten Frauen, ange- 
ziindeten Mannern, von Leichen, derer man sich in Steinbrii- 
chen entledigt hatte, wiederholen oder von der triumphalen 
Parade der Morder. Im Prinzip sind alle Massaker ahnlich, 
von Babi Yar bis Deir Yassin. 



Die Revisionisten der Zionistischen Organisation Amerikas 
haben alle die Methoden ihrer Gegner, der "Leugner" zur 
Anwendung gebracht: Sie ubergehen die Augenzeugenbe- 
richte der Uberlebenden, des Roten Kreuzes, der britischen 
Polizei, jiidischer Spaher und anderer Beobachter, die sich 
am Ort des Massakers befanden. Sie beriicksichtigen nicht 
einmal die Entschuldigung Ben Gurions, denn schlieBlich 
wurden die Befehlshaber dieser Banden ihrerseits Premier- 
minister des jiidischen Staates. Fur die Zionistische Organisa- 
tion Amerikas gilt nur die Aussage der Morder. Das heiBt - 
wenn die Morder Juden sind. Wenn die Juden die Opfer sind, 
scheuen die gleichen amerikanischen Zionisten-Organisatio- 
nen keine Muhen, um den Revisionismus anzugreifen. Diese 
moralisch zweifelhafte Position war sicherlich fur die Revi- 
sionisten recht bequem. Ihrer angeschlagenen Logik zufolge 
konnte es sein, wenn die Israelis ubertriebene Geschichten 
uber die Ereignisse von 1948 erzahlen, daB vielleicht auch 
die jiidischen Erinnerungen an den Holocaust fehlerhaft sind. 
Das ist ein vergeudeter Aufwand. Sicherlich, sie konnten ei- 
nige Siege fur sich verbuchen, etwa beziiglich der Geschich- 
ten von aus menschlichem Fett gemachter Seife oder Elie 
Wiesels feuerspeiende Gruben. Aber diese Revisionisten hin- 
terfragen auch die tatsachliche Zahl jiidischer Opfer. Wenn 
auch nur tausend Juden oder Zigeuner von den Nazis ermor- 
det wurden, waren es tausend zu viele. Das ist wohl kaum ei- 
ne wichtige Frage, weil schon die Definition, wer ein Opfer 
ist, verschieden aufgefaBt werden kann. 
Ein gutes Beispiel einer "Opfer-Definition" lieferte die Haa- 
retz in der Wochenendausgabe vom 10./11. Marz 2001. Als 
der Golfkrieg 1991 endete, wurde ein Israeli als Kriegsopfer 
aufgefiihrt. Heute gibt es einhundert Israelis, die offiziell als 
Opfer des Golfkriegs anerkannt werden, und ihre Angehori- 
gen erhalten auf irakische Kosten eine Rente. Einige der Op- 
fer starben an StreB, einige konnten ihre Gasmasken nicht 
abnehmen und erstickten. Der //aare/z-Artikel beteuerte, daB 



202 



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viele weitere Anspriiche von den israelischen Behorden nicht 
anerkannt wurden. Daher hat Michael Elkins, der israelische 
Burger und ehemalige Jerusalem-Korrespondent der BBC 
recht, wenn er argumentiert, daB die Zahl der Opfer kein 
Thema sei, seien es nun sechs oder drei Millionen Tote. 
Die Revisionisten riskieren ihr Leben und ihren Wohlstand 
bei dem Versuch, das zu unterminieren, was sie "den Holo- 
caust-Mythos" nennen. Man kann ihr Bemuhen verstehen. 
Heutzutage kann man offen die unbefleckte Empfangnis oder 
(vielleicht) den Griindungsmythos Israels in Frage stellen. 
Aber der Holocaust-Kult halt fest an einem einzigartigen, 
durch Gerichte sanktionierten Verbot einer jeden Hinterfra- 
gung, die einen Zweifel auf sein geheiligtes Dogma werfen 
konnte. Dogmen haben etwas, das auf kritische Gemiiter eine 
besondere Anziehung ausiibt. Aber das herausfordernde 
Stierhorn stoBt hinter dem roten Tuch auf dunne Luft. Die 
Argumente fiber Gaskammern und Seifenherstellung konnten 
ganz interessant sein, aber sie sind ziemlich bedeutungslos. 
Wo also ist der Matador? 

Norman Finkelstein hat mit seiner Bestseller-Enthullung Die 
Holocaust-Industrie einen mutigen Schritt unternommen. Es 
gibt aber einen wichtigen Unterschied zwischen Dr. Finkel- 
stein und den revisionistischen Historikern: Dr. Finkelstein, 
der Sohn eines Holocaust-Uberlebenden, befaBte sich nicht 
mit einer womoglich illegalen statistischen Kontroverse, son- 
dern konzentrierte sich statt dessen auf das ideologische 
Konstrukt des Holocaust-Kultes. 

Das hat ihm wirklich viel genutzt! Eine judische Organisati- 
on namens "Anwalte ohne Grenzen" (Lawyers without Bor- 
ders) hat ihn bereits in Frankreich verklagt. Diese Anwalte 
verhielten sich vollig ruhig, als die israelische Justizmaschi- 
nerie ein Urteil uber sechs Monate auf Bewahrung gegen den 
judischen Morder eines nichtjudischen Kindes verkiindete. 
Sie riihrten keinen Finger, als das 15-jahrige Madchen Suad 
in Einzelhaft gebracht wurde, als ihr anwaltliche Hilfe ver- 
weigert und sie psychischer Folter unterzogen wurde. Sie 
fehlen sichtlich bei israelischen Militargerichten, wo ein ein- 
zelner judischer Offizier uber einen nichtjudischen Zivilisten 
lange Gefangnisstrafen verhangen kann - anhand von gehei- 
mem Beweismaterial. Offensichtlich sind sich diese Anwalte 
gewisser Grenzen bewuBt. 

Finkelstein zog aus, um das Geheimnis unseres besonderen 
judischen Charmes zu erkunden, ein Charme, der amerikani- 
sche Herzen und Geldschranke in Schweizer Banken offnet. 
Seine SchluBfolgerung ist, daB wir Erfolg haben, weil wir an 
europaische und amerikanische Schuldgefiihle appellieren. 
"Der Holocaust-Kulf ' hat sich als unentbehrliche ideolo- 
gische Waffe erwiesen. Durch ihre Anwendung hat eine der 
beeindruckendsten Militarmachte der Welt mit einer ent- 
setzlichen Menschenrechts-Vergangenheit die Rolle als 
Opfer-Staat iibernommen, und die erfolgreichste Minder- 
heit in den USA hat einen Opfer-Status erlangt. " 
Finkelstein macht eine brillante Analyse des Holocaust- 
Kultes und kommt zu einer erstaunlichen Entdeckung: er ist 
nur eine schabige Verbindung von ein paar Klischees, die 
durch die weinerliche Stimme von Elie Wiesel in einer dik- 
ken Limousine zusammengeheftet werden. 
Finkelstein ist sich der Bedeutung seiner Entdeckung nicht 
bewuBt, da er immer noch glaubt, daB der Holocaust-Kult ein 
groBartiger Plan ist, der nur von der Erfmdung des Rades 
iibertroffen wird. Er loste das ewige Problem der Reichen 
und EinfluBreichen, indem Neid und HaB der Armen und 
Ausgebeuteten abgewehrt werden. Er ermoglichte es Mark 



Rich und anderen Schwindlern, zu betrtigen und zu stehlen, 
er erlaubte der israelischen Armee, ungestraft Kinder zu er- 
morden und Frauen auszuhungern. Seine Ansicht wird von 
vielen Israelis geteilt. Ari Shavit, ein bekannter Haaretz- 
Schreiber, driickte es 1996 am besten aus, als die israelische 
Armee in Kana im Libanon mehr als hundert zivile Fliicht- 
linge totete: 

"Wir konnen ungestraft morden, weil das Holocaust- 
Museum auf unserer Seite ist. " 
Boaz Evron, Tom Segev und andere israelische Schriftsteller 
haben die gleiche Auffassung geauBert. 
Man kann Dr. Finkelsteins These folgendermaBen zusammen- 
fassen: Den Juden gelang die Quadratur des Kreises und sie 16- 
sten das Problem, das die Aristokratie und die gewohnlichen 
Millionare benebelte. Sie entwaffneten namlich ihre Gegner, 
indem sie an deren Mitleid und Schuldgefuhl appellierten. 
Ich bewundere Dr. Finkelstein wegen seines beharrlichen 
Glaubens an das gute Herz seiner Mitmenschen. Ich bin si- 
cher, daB er auch Marchen glaubt. Nach meiner eigenen Ein- 
schatzung konnen einem Mitleid und Schuldgefiihle viel- 
leicht einen gratis Teller Suppe einbringen. Nicht unzahlige 
Milliarden Dollar. Dr. Finkelstein ist nicht blind. Er bemerk- 
te, daB die Zigeuner, die auch Opfer der Nationalsozialisten 
wurden, von einem "mitfuhlenden" Deutschland so gut wie 
nichts erhielten. In welchem Umfang die Amerikaner zu kol- 
lektivem Schuldgefuhl gegeniiber ihren vietnamesischen Op- 
fern (5 Millionen Tote, 1 Million Witwen, Vernichtung im 
Stil von Coventry mit einem SchuB Agent Orange) in der La- 
ge sind, wurde kiirzlich von Verteidigungsminister William 
Cohen zum Ausdruck gebracht: 

"Es gibt keinen Raum fur eine Entschuldigung (ganz zu 
schweigen von Entschadigung). Ein Krieg ist ein Krieg. " 
Obwohl Dr. Finkelstein alle Tatsachen bei der Hand hat, 
greift er nach seinem Kreuz und versucht, damit den Vampir 
zu verscheuchen. 

Was ist die Quelle der Macht, von der die Holocaust-Industrie 
gespeist wird? Das ist keine miiBige oder theoretische Frage. 
Die Durchfuhrung einer weiteren palastinensischen Tragodie 
lauft auf Hochtouren, ihre Stadte werden langsam abgewiirgt. 
Jeden Tag wird ein Baum entwurzelt, ein Haus demoliert, ein 
Kind ermordet. In Jerusalem feierten die Juden das Purimfest 
mit einem Pogrom gegen Nichtjuden, und das erschien auf Sei- 
te 6 der Lokalzeitung. In Hebron feierten die Kahane-Jungs das 
Purim-Fest am Grab des Massenmorders Goldstein. Es ist kei- 
ne Zeit, um auf Katzenpfoten zu schleichen. 
Im Roman The Sirens driickt Bloom die Gefiihle seines 
Schopfers James Joyce gegeniiber dem blutigen Konzept der 
irischen Befreiung aus, indem er auf das Grabmal eines iri- 
schen Freiheitskampfers furzt. Meine GroBeltern, meine Tan- 
ten und meine Onkel starben im 2. Weltkrieg. Aber ich 
schwore bei ihrem Andenken, daB ich das Holocaust-Memo- 
rial zu einer offentlichen Bediirfnisanstalt umwandeln wurde, 
wenn ich zu der Auffassung kame, daB Schuldgefiihle uber 
den Holocaust-Kult den Tod auch nur eines palastinensischen 
Kindes verursacht hatten. 

Die Schabigkeit des Holocaust-Kultes und wie leicht es ihm 
gelingt, Milliarden einzusacken, ist ein handfester Beweis der 
realen Macht hinter dieser Industrie. Diese Macht ist verbor- 
gen, ungesehen, unbeschreiblich, aber ganz real. Es ist keine 
Macht, die sich aus dem Holocaust ableitet, sondern der Ho- 
locaust-Kult ist eher ein Zur-Schau-Stellen der Muskeln de- 
rer, die die wirkliche Macht innehaben. Daher sind alle Ver- 
suche der Revisionisten zum Scheitern verurteilt. Die Leute, 



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203 



die den Kult propagieren, konnten alles propagieren, weil sie 
die offentliche Debatte beherrschen. Der Holocaust-Kult ist 
nur eine kleine Manifestation dessen, was sie konnen. Diese 
Macht wiirde angesichts von Dr. Finkelsteins Enthiillungen 
nur grinsen. 

Hanswurst 

"President Bush sollte als prominenter Zionist ausgerufen 
werden" - stichelte Tsahi HaNegbi, ein israelischer Verbre- 
cher, der zum Minister geworden war, als in der Ende-Juli- 
Hitze des Nahen Ostens das Echo der Worte des amerikani- 
schen Prasidenten verebbte. "Nein, Bush sollte in den Likud- 
ParteiausschuB gewahlt werden" - parierte der Oppositions- 
fuhrer Yossi Sarid. Der Vorsitzende der israelischen Arbei- 
ter-Partei, Shimon Peres, schaute diimmer als je, als ihm 
Bush seine Lieblingsstiitze "die Drohung einer amerikani- 
schen Intervention" wegnahm. Peres und Sarid haben pala- 
stinensische Menschenrechte nie aus Sympathie oder allge- 
meiner Menschlichkeit befiirwortet, sondern pflegen ihren 
Unterstutzern in der notorisch nationalistischen israelischen 
Wahlerschaft Sand in die Augen zu streuen: 

"Wir wiirden mit den Paldstinensern und ihren Ldndereien 
genauso brutal verfahren wie der [rechtsgerichtete] Likud, 
aber wir halten unsere besonderen Beziehungen mit den 
USA in Ehren. Amerika wiirde es nicht erlauben, darum 
sind wir gezwungen, uns wie menschliche Wesen zu be- 
nehmen. " 
Jetzt brach ihre gekunstelte Interpretation zusammen. Den 
Amerikanern machte es nichts aus. Ihnen macht iiberhaupt 
nichts etwas aus, und jetzt schliddert Israel vielleicht immer 
weiter auf einen faschistischen Albtraum zu. 
Mit einem bitteren Lacheln schaue ich Emails und Artikel 
des letzten Jahres durch, als Bush Jr. zum Prasidenten ge- 
wahlt wurde. Viele rechtsgerichtete Autoritaten druckten die 
Meinung aus, die Juden hatten die amerikanische Politik 
nicht mehr im Wurgegriff. "Juden in Bushs Kabinett? Nicht 
atemberaubend", lamentierte Phillip Weiss vom Observer. 
Justin Raimondo von Antiwar.com war mit dem, was wie ein 
jiidischer Riickschlag aussah, hamisch zufrieden. Nur ein 
paar Monate spater merkten sie: die wiedererlangte angel- 
sachsische Souveranitat in den USA war nur ein Trugbild. 
Die judische Fiihrerschaft ist in der Lage, auf die Auswahl 
des von ihnen bevorzugten Kandidaten EinfluB zu nehmen, 
indem sie geschickt Geldmittel sowohl an die Republikaner 
wie auch Demokraten gibt, fur praktisch alle Kandidaten, seien 
sie rechts oder links. Es mag sein, daB sie nicht eine bestimmte 
Person fur dieses oder jenes Amt bestimmen konnen, aber sie 
konnen beeinflussen, wer in die engere Auswahl kommt, so 
daB es auf die Endauswahl gar nicht mehr ankommt. Sie wis- 
sen, was sie wollen: sie bevorzugen Trottel, Leute mit begrenz- 
ter Intelligenz, Sachkenntnis, und Willenskraft und zweifelhaf- 
ter Moral, ob sie nun Bush oder Gore heiBen. 
"Wahle einen schwachen Herrscher" konnte man die Strate- 
gic fur die Machtiibernahme einer ethnischen oder religiosen 
Minderheit nennen, die immer dann zur Anwendung kommt, 
wenn die groBe Masse noch nicht bereit ist, die wahren Herr- 
scher zu akzeptieren. In den Babylon-5 oder anderen Science 
Fiction-Filmen bevorzugen die AuBerirdischen einen Terre- 
strischen mit weichen Knien als ihre Marionette. Sie haben es 
aus der Geschichte gelernt. 

In der ersten Halfte des ersten Jahrtausends vollzog sich in 
dem groBen eurasischen Staat der Khazaren eine Machtiiber- 



nahme auf die gleiche Art. Die einheimischen Khazaren wur- 
den von einem tiirkischen Kriegeradel regiert und beschiitzt, 
der von seinem gewahlten Khan, dem Konig, angefuhrt wur- 
de. Im 6.-8. Jahrhundert kamen ein paar Wellen jiidischer 
Fliichtlinge bei ihnen an, zuerst vom sassanidischen Persien, 
spater von abbasidischen Irak und von Byzanz. Die gutmiiti- 
gen und toleranten tiirkischen Khans glaubten, sie bekamen 
niitzliche, kluge und eifrige Untertanen, aber blitzschnell 
iibernahmen die Neuankommlinge das Khazarenreich. Eine 
Zeitlang bewahrten sie die Fassade der traditionellen aristo- 
kratischen Herrschaft und setzten einen Khan auf den Thron, 
der immer weniger zu sagen hatte. 803 wurde der Jude Oba- 
diah der wirkliche Herrscher des Khazarenreichs, wahrend 
der Goj-Khan einmal im Jahr noch den Leuten vorgefiihrt 
wurde, um die Legitimitat von Obadiahs Macht zu beweisen. 
SchlieBlich entledigte man sich des letzten nichtjiidischen 
Khans und die Fiktion der khazarischen Herrschaft kam zum 
AbschluB, als ein jiidischer Beg offen die Macht iiber das 
Khazarenreich ergriff. 

Es wird oft behauptet, die judischen Herrscher hatten einen 
Masseniibertritt der Khazaren zum judischen Glauben veran- 
laBt. Arthur Koestler, ein jiidischer Romanschreiber, dachte, 
die heutigen Juden seien Nachkommen dieser khazarischen 
Konvertiten, 2 aber zwei fiihrende russische Wissenschaftler, 
der Archaologe Artamonow und der Historiker Leon Gumi- 
lew 3 kamen zu dem SchluB, daB die normalen Khazaren nicht 
zum Judaismus bekehrt worden sind. Die Juden waren laut 
Gumilew die herrschende Klasse im Khazarenreich, sie teil- 
ten nicht mit AuBenstehenden ihren Bund oder wichtige Am- 
ter. Die Khazaren wurden einer volkisch und religios frem- 
den Herrschaft untertan. Sie muBten fur das Heer und die Po- 
lizei bezahlen, und fur eine abenteuerliche AuBenpolitik. 
SchlieBlich hatten sie ihr Land verloren. 
Die herrschenden Juden hatten es sehr gut - aber nur recht 
kurz: innerhalb von hundert Jahren nach ihrer vollstandigen 
Ubernahme zerfiel das Khazarenreich vollig. Solche Gebilde 
haben keinen Bestand, denn sie zerstoren die Grundlage ihrer 
eigenen Macht. Den Khazaren war es gleichgultig: sie hatten 
keinen Anteil an den sagenhaften Schatzen des Reiches. Sie 
wurden zu Tataren, Kasachen und andere Steppennationen. 
Die Nachbarn vermiBten das Reich nicht, da es zu Genozid 
und Sklavenhandel geneigt hatte. Die Juden wanderten aus 
dem verwiisteten Kaspischen Becken in die Tiefe Polens und 
Litauens ab und schieden wahrend einem tausendjahrigen 
Schlummer aus der Geschichte aus. 

Die Juden des Khazarenreiches brauchten einen Hanswurst 
als Khan, weil ihre Macht durchaus noch nicht vollstandig 
war, und nur ein Hanswurst wiirde ihrem Verlangen nachge- 
ben. Bushs Nah-Ost-Rede zeigte, daB sich dieser SproBling 
einer reichen und machtigen Familie wie ein Kaninchen be- 
nimmt, das vom Licht eines Autos iiberrascht wird. Der 
Countdown fur das Ableben des amerikanischen Imperiums 
hat begonnen. 

Anmerkungen 

' Dr. Finkelstein unterscheidet zwischen "Holocaust", dem historischen 
Ereignis, und dem Holocaust, dem ideologischen Konstrukt. Ich nahm 
mir die Freiheit, letzteres der Klarheit halber Holocaust-Kult zu nennen. 

2 Vgl. A. Koestler, Der Dreizehnte Stamm, Lubbe 1989. 

3 Leon Gumilev, Drevniaia Rus ' i Velikaia Step ' (Alt-RuBland und die gro- 
Be Steppe, russisch), 1989; vgl. die iippige Quellenlage in 
www.khazaria.com; Anm. des Hg. 



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VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



Anmerkungen des Herausgebers 

In meiner Rezension von Finkelsteins Buch 1 legte ich dar, 
daB entgegen Finkelsteins Ansicht der "Holocaust" nicht erst 
in den 1960ern als "Waffe" zur moralischen Erpressung der 
Welt entdeckt wurde, sondern bereits zur Zeit des ersten 
Weltkrieges, wie es neulich von Don Heddesheimer ausgie- 
big dargelegt wurde. 2 Man wird daher Israel Schamir zuzu- 
stimmen, daB Finkelsteins Ansatz, der "Holocaust" erklare 
die Macht der Juden, zu kurz greift. Es ist allerdings auch 
falsch, wenn Shamir annimmt, es sei irrelevant, wo hinsicht- 
lich des Holocaust die Wahrheit liege. Zwar stimmt, daB der 
Holocaust-Kult einen derart groBen EinfluB hat, we// jiidische 
Lobbygruppen heute so machtig sind. Allerdings darf nicht 
iibersehen werden, daB es erst die Holocaust-Behauptungen 
waren, die den Antisemitismus-Vorwurf iiberhaupt erst zu 
der todlichen Waffe werden lieBen, die er heute ist. Vor dem 
Zweiten Weltkrieg waren ideologische, religiose, ethnische 
oder gar rassische Gegnerschaft zu den Juden in westlichen 
Gesellschaften durchaus noch gesellschaftsfahig. Erst das 
moralische Totschlag-'Argument" "Holocaust" hat jeden 
Widerstand gegen jiidische Machtanspriiche unmoglich ge- 
macht. Zudem sollte klar sein, auf wen es primar moralisch 
abfarben wurde, wenn sich herausstellte, daB der "Holocaust" 
die groBte je erfundene, durchgesetzte und ausgebeutete Luge 
der Menschheitsgeschichte ist. Das wurde nicht nur die mora- 
lische Unangreifbarkeit der Juden beenden, sondern sie mo- 
ralisch vollig diskreditieren, womit die psychologische 
Grundlage ihrer Macht - moralische Unangreifbarkeit - ins 
Gegenteil umgewandelt wurde. Der Holocaust wurde vom 
HeiBluftballon, mit dem die Juden uberall hin konnen, zum 
Muhlstein um ihrem Hals. Insofern ist es eben doch von ent- 
scheidender Bedeutung, ob die "Holocausf'-Behauptungen 
wahr sind oder nicht. 

Letztlich ist in diesem Zusammenhang selbstverstandlich 
auch die Frage nach der Zahl der Opfer mit entscheidend. 
Dabei geht es nicht um moralische Aussagen wie "schon ei- 
ner ist einer zu viel" - so richtig das moralisch sein kann -, 
sondern um wissenschaftlich unausweichbare Forschungsde- 
siderate: Exakte Zahlen sind immer ein wunschenswertes 
Ziel in jeder Wissenschaft! Wenn es wirklich egal ware, ob 
es Sechs Millionen jiidische Opfer gab oder nur ein einziges, 
warum regen sich dann die meisten Menschen auf, wenn Re- 
visionisten behaupten, es habe "nur" wenige Hunderttausend 
jiidischer Opfer gegeben? Den meisten Menschen ist es eben 
nicht egal. Einige sind gar bereit, uns Revisionisten im Na- 
men dieser heilige Zahl zu toten, andere geben sich mit mil- 
deren VerfolgungsmaBnahmen zufrieden. 
Shamirs Vergleich zwischen den Holocaust-Revisionisten 
und den "Deir Yassin"-Revisionisten schlieBlich hinkt in 
mehrerer Hinsicht: 

1 . AUGENZEUGENBERICHTE DER UBERLEBENDEN 

Wahrend die Uberlebenden von Deir Yassin damit rechnen 
muBten, fiir ihre Israel belastenden Aussagen Nachteile zu er- 
leiden, war und ist es bezuglich des Holocaust umgekehrt: 
jeder, der nichts Belastendes zum Holocaust zu sagen hat 
oder gar Entlastendes vorbringt, muB mit massiven Nachtei- 
len rechnen. 



2. Das Rote Kreuz und die britische Polizei 

Wie Arthur R. Butz in seinem Buch Der Jahrhunderbetrug 
darlegt, haben eben gerade die omniprasenten unabhangigen 
Beobachter vor Ort - Rotes Kreuz, Katholische Kirche, di- 
plomatische Vertretungen, jiidische und andere Hilfsorgani- 
sationen - wahrend des Krieges nichts iiber einen "Holo- 
caust" zu berichten gewuBt, noch agierten sie, als wiirde sich 
so etwas zutragen. 

3. Judische/deutsche Spaher und andere Beobachter 
Den judischen Spahern von Deir Yassin entsprachen deut- 
sche Spaher wahrend des Zweiten Weltkrieges. Wo sind sie 
aber, die Berichte deutscher Spaher, die wahrend des Krieges 
von einem laufenden "Holocaust" berichteten? Und ich mei- 
ne hier nicht vereinzelte Berichte von Repressalexzessen hin- 
ter der Front im Osten, sondern von systematischer Vernich- 
tung in den sogenannten Vernichtungslagern. Die bei bzw. 
nach Kriegsende abgelegten Berichte lassen sich wiederum 
nicht mit judischen Berichten nach Deir Yassin vergleichen. 
Wahrend Juden, die iiber jiidische Greuel berichten, Vergel- 
tungsmaBnahmen befurchten muBten, muBten (und mussen) 
Deutsche (und mit ihnen alle anderen), die nach dem Krieg 
nicht gefugig "bezeugt", "gestanden" bzw. ihre Befehlshaber 
belasteten, mit Repressalien rechnen. 

4. Entschuldigung Ben Gurions 

Wo sind sie, die Entschuldigungen Hitlers und Himmlers? 
Die Angeklagten in Niirnberg sagten alle aus, sie hatten von 
nichts gewuBt und erst wahrend des Prozesses davon erfah- 
ren! 

5. Doumenten- und Sachbeweise 

Shamirs Argumentationsweise ist typisch fur jemanden, der 
von Geschichtsforschung wenig Ahnung hat. Wer auf Zeu- 
genaussagen angewiesen ist, um Geschichte zu schreiben, fur 
den reicht Geschichte nur wenige Generationen zuriick und 
bleibt qualitativ auf dem Niveau steinzeitlicher Marchener- 
zahler stecken. Aussagen von Zeugen mussen durch Doku- 
mente und Sachbeweise erhartet werden. Mir ist nicht im 
Einzelnen bekannt, inwiefern dies im Falle Deir Yassin ge- 
macht wurde bzw. gemacht werden kann, allerdings ist klar, 
daB ein gigantisches Unternehmen, wie es der "Holocaust" 
ware - einen ganzen Kontinent umfassend, vier Jahre dau- 
ernd, und sechs Millionen Menschen betreffend - eine gigan- 
tische Menge an Dokumenten und forensischen Spuren hin- 
terlassen haben muB. Aber diese Ansatzpunkte exakter Ge- 
schichtswissenschaft, Hauptaugenmerke revisionistischer 
Forschung, kommen dem Journalisten Shamir noch nicht 
einmal in den Sinn. Schuster, bleib bei deinem Leisten! 

Germar Rudolf 



Anmerkungen 

' Vgl. VffG 4(3&4) (2000), S. 435-438. 

D. Heddesheimer, Der Erste Holocaust. Jiidische Spendenkampagnen mit 
Holocaust-Behauptungen im Ersten Weltkriegs und danach, Castle Hill 
Publishers, Hastings 2004, im Druck. 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



205 



Uber Antisemitismus und Untermenschentum 



Von Israel Shamir 



Kinder eines unbedeutenderen Gottes 

In Berlin waren die GroBen und Machtigen, unter ihnen auch 
der amerikanische Staatssekretar Colin Powell, der deutsche 
President Johannes Rau und der Prasident Israels, Moshe 
Katzav, Ende April 2004 zu einer Konferenz der Organisati- 
on fur Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu- 
sammengekommen, die dem Kampf gegen den Antisemitis- 
mus gewidmet war. Sie verkiindeten, daB "der Konflikt zwi- 
schen Israel und Palastina als Deckmantel fur die weltweite 
antisemitische Stimmung diene" wie der Haaretz aus AnlaB 
dieser Konferenz berichtete. Ich war nicht zu dieser Zusam- 
menkunft eingeladen, doch wenn ich dort gewesen ware, 
dann hatte ich folgende Rede gehalten: 

Eure Exzellenzen, diese Konferenz ist in der Tat ein sehr 
wichtiges, ja sogar historisches Ereignis, das mit Konstantins 
Edikt von Mailand oder mit anderen bedeutenden kirchlichen 
Konzilen gleichgesetzt werden kann. Ich bin mir nicht sicher, 
ob alle von Ihnen voll und ganz das AusmaB Ihrer Taten ver- 
standen haben und was die Codeworter "Kampf gegen Anti- 
semitismus" eigentlich bedeuten. 

Lassen Sie uns zuallererst defmieren, was sie nicht bedeuten. 
"Kampf gegen Antisemitismus" bedeutet nicht, eine kleine 
verfolgte Nation zu verteidigen - wenn dem so ware, dann 
muBten Sie die belagerten Palastinenser verteidigen. Es be- 
deutet auch nicht Kampf gegen Rassismus, denn sonst miiB- 
ten Sie das rassistische Apartheidsystem in Palastina be- 
kampfen. Es bedeutet auch nicht Kampf gegen die anti- 
jiidische Diskriminierung, denn diese existiert nicht und von 
Moskau uber Paris bis nach New York besetzen Juden die 
Spitzenpositionen der Macht. Es ist auch nicht die Verteidi- 
gung jiidischen Lebens, denn der einzige Jude, der in letzter 
Zeit in Europa verwundet wurde, hat sich selbst mit seinem 
Kuchenmesser verletzt, als er versuchte, mit der Tat einen 
Moslem zu belasten. Es ist auch nicht die Verteidigung jiidi- 
schen Besitzes, da die Juden die einzigen Menschen auf der 



# $ $ # $ 

<* & $ $ *> o 
$ $ $ o $ 

******* J* J*^ 




Die neue Religion, vonjenseits des Ozeans nach Europa ge- 

bracht mittels amerikanischer Panzer, Dollars und Filme; die 

neu-judische Religion der wenigen Auserwahlten, der von 

Menschen geschaffenen Landschaften, der wirtschaftlichen 

Freiheit, der Entfremdung und Entwurzelung, der Verweige- 

rung von Solidaritat und Wurde fur Nichtauserwahlte. Die judi- 

schen Ideen und Werte sind die Grundsteine der Neuen Welt- 

ordnung. 

http://www.israelshamir.com/shamirlmages/Shamir/BerlinGR.htm 



Welt sind, denen jedes einzelne Besitztum wieder zuriicker- 
stattet wurde, das ihren Vorfahren jemals gehorte, von Berlin 
bis nach Bagdad. Es hat auch nichts mit dem lange schon 
verschwundenen historischen Antisemitismus zu tun, der ras- 
sischen antijiidischen Theorie, denn es gibt Semiten und 
Nachkommen von Juden auf beiden Seiten des Kampfes. 
Der "Kampf gegen den Antisemitismus" ist ein theologisches 
Konzept, das sich auf die jahrhundertealte Frage bezieht: 
"sind alle Menschen gleich, gleich wichtig und Gott gleich 
nahe, oder sind die Juden etwas hohergestellt, wahrend der 
Rest die Kinder eines unbedeutenderen Gottes sind?" Die er- 
ste Aussage stammt von St. Paul, das zweite Motto hatte sich 
Kaiaphas auf die Fahne geschrieben. Heute haben Sie diese 
Frage beantwortet und, wie Pontius Pilatus zu seiner Zeit, 
haben Sie Kaiaphas den Vorzug gegeben. Heute verkiindeten 
Sie, daB die jiidischen Idee- und Wertvorstellungen der 
Grundstein der Neuen Weltordnung sind, die Sie aufrechter- 
halten wollen. 

Es ist nicht wichtig, daB die Palastinenser lebendig einge- 
mauert werden hinter der 25 FuB hohen Betonmauer, daB die 
Olivenhaine ausgeloscht und die Brunnen zerstort werden. 
Wichtig ist nur, daB "Israel oder seine Anfuhrer nicht damo- 
nisiert oder zu Schurken abgestempelt werden", um in den 
Worten Ihres Kollegen Colin Powell zu sprechen. Es ist kei- 
ne Frage der Politik mehr, sondem eine theologische Frage, 
da der Glaube an die jiidische Uberlegenheit der offizielle 
Glaube der Pax Americana ist, wie es die Christenheit einst 
im Romischen Imperium war in den Tagen Konstantins des 
GroBen. Um diesen Punkt zu betonen, haben Sie verboten, 
nazistische Symbole im Zusammenhang mit der israelischen 
Politik zu verwenden, doch sie erlaubten, daB das Kreuz 
Christi von Hitlers Swastika iiberblendet wurde. 
Sie haben sich der neuen Religion unterworfen, die mittels 
amerikanischer Panzer, Dollar und Filme von jenseits des 
Ozeans nach Europa gebracht wurde, der neu-judischen Re- 
ligion der wenigen Auserwahlten, der von Menschen ge- 
schaffenen Landschaften, der wirtschaftlichen Freiheit, der 
Entfremdung und Entwurzelung, der Verweigerung von So- 
lidaritat und Wurde fur Nichtauserwahlte. Sie verkiinden 
heute, daB sie sich verpflichten, die jiidischen Ideen und 
Werte als die Grundsteine der Neuen Weltordnung aufrecht- 
zuerhalten, anstatt die christlichen Ideale von Solidaritat und 
Gleichheit. Sie haben Europa zuriick zur asiatischen Haresie 
gefiihrt, die einst in Nicaa besiegt worden war, und Sie ha- 
ben Christus erniedrigt. Ihre ubertriebene und abnormale 
Sorge fiir das Wohlergehen der Juden ist ein Symbol Ihrer 
Unterwerfung. 

Wahrscheinlich bezeichnen Sie sich selbst als "Realisten 
und Pragmatiker", die sich wenig um dieses religiose 
Geschwafel kummern. Wenn Sie wirklich Realisten und 
Pragmatiker waren, dann wiirden Sie dariiber nachdenken, 
was die Akzeptanz der jiidischen Uberlegenheit fiir SIE 
selbst bedeutet, wenn Ihnen schon die Palastinenser oder Ira- 
ker egal sind. Ich schlug die Jerusalem Post vom 22. April 
2004 auf und las die Worte unserer neuen Vorgesetzten: 
Matti Golan, der friihere Chefredakteur der fiihrenden israe- 
lischen Zeitung Haaretz und des Globes, der Zeitung fiir die 
jiidischen Wirtschaftseliten, schreibt: 



206 



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"Ich habe nicht nur ein Problem mit Deutschland. Ich ha- 
be ein Problem mit allem Deutschen, egal wo. Ich diskutie- 
re nicht dariiber und rege mich auch nicht auf. Ich habe 
ganz einfach Deutschland und sein Volk von meinem Glo- 
bus geloscht. " 
Matti Golan ist kein HeiBsporn, er ist keiner jener religiosen 
Fanatiker, die sogar behaupten, Nichtjuden stammten nicht 
von Adam ab. Tatsachlich konnte ich Hunderte von Seiten 
fiillen mit ahnlichen oder sogar noch schlimmeren Zitaten aus 
den Khabbad-Biichern oder von den Zauberem der Kabbala. 
Doch Golan ist kein Kabbalist und kein Extremist, sondern 
gehort zu den geistig gesunden, nichtreligiosen, einfluBrei- 
chenjudischen Mainstream-Intellektuellen. Als dieser Artikel 
im Internet auf IsraelForum.com diskutiert wurde, war eine 
typische jiidische Antwort zum Beispiel: 

"Matti Golan ist ein prominenter Journalist und Kolum- 
nist. Er vertritt die Meinung der Mehrheit der israelischen 
Juden zu diesem Thema. Meine Meinung inbegriffen. " 
Falls ich Deutscher ware, wurde ich zogern, Matti Golans 
Land mit atomwaffenfahigen U-Booten aufzuriisten, sonst 
"loscht er noch Deutschland und sein Volk einfach von unse- 
rem Globus." 

Meiner Meinung nach ruft Golan zu RassenhaB und Genozid 
auf. Dariiber konnten Sie diskutieren, doch Sie verdammen 
lieber Mahathir oder einen Friedensaktivist, der fur Gleich- 
heit in Palastina kampft. Ihr Kollege, der deutsche President 
Johannes Rau, sagte: 

"Jeder weifi, dafi hinter der Kritik an der Politik der israe- 
lischen Regierung in den letzten Jahrzehnten massiver An- 
tisemitismus steckt. " 
Er sagte dies eine Woche nachdem die vier Jahre alte Asma 
an israelischem Tranengas in ihrem Zimmer am 23. April 
2004 erstickte und ein Jahr nachdem Rachel Corrie von ei- 
nem israelischen Bulldozer zerquetscht wurde. Jeder, der 
"Antisemitismus" ruft, stimmt Morden wie denen an Asma 
und Rachel zu. 

Sie rufen Verachtung hervor, und das ist fur Sie gefahrlich. 
Dan Margalit, ein Superstar des israelischen Journalismus, 
berichtete in der auflagenstarken israelischen Tageszeitung 
Maariv am 24. April 2004 von dem Mann, der versucht hatte, 
Sie vor der groBen Gefahr des israelischen Nuklearpotentials 
zu warnen. 

"Vanunu stellte sich selbst als leidenden Mel Gibson dar, 
als den neuen Jesus, der im Gefdngnis fur seine Bekehrung 
zum Christentum leiden mufite. Ich mufi zugeben, dafi er 
aus religiosen Griinden diskriminiert wurde, doch war die- 




Deutsches Blut wird flielsen, sobald der Nachschub an Palasti- 
nensern fehlt! 



se Diskriminierung positiv zu werten. Vanunu blieb am Le- 

ben, trotz seines Verrats, seiner Spionage und trotz seines 

Christseins behandelte ihn Israel wie einen Juden. Jeder 

weifi, was der israelische Mossad ihm antun wurde, falls er 

ein deutscher Atomtechniker ware, der fur einen arabi- 

schen Staat arbeitet — die Namen dieser Typen stehen auf 

Grabsteinen in europdischen Friedhofen. " 

(Suchen Sie nicht nach diesem Satz in der englischen Ausga- 

be des Maariv im Internet, www.IsraelForum.com, sie ist 

entscharft worden). 

Die Botschaft ist klar: das Blut eines Nichtjuden, besonders 
eines deutschen Nichtjuden ist weniger wert, als das Blut ei- 
nes Juden. Und das haben Sie sich selbst zuzuschreiben. 
Israel briistet sich damit, daB seine Morder deutsche Techni- 
ker und Wissenschaftler ermordet haben - doch Deutschland 
beschwerte sich nie dariiber. Der mutige und noble amerika- 
nische Jude John Sack veroffentlichte ein Buch iiber jiidische 
Greueltaten begangen an unschuldigen Deutschen in den spa- 
ten 40er Jahren - doch Deutschland stellte keine Nachfor- 
schungen an iiber diese schweren Anschuldigungen, verlang- 
te nicht die Verurteilung dieser Verbrecher; das Buch von 
Sack wurde in Deutschland nicht einmal veroffentlicht. Juden 
gaben zu, massenhaft deutsche Kriegsgefangene vergiftet 
und versucht zu haben, Millionen von deutschen Zivilisten zu 
ermorden, doch Deutschland forschte nicht nach, sondern 
schickte noch mehr Geld und Militarausriistung nach Israel. 
Sie haben Ihren Status als zweitklassige Kinder eines unbe- 
deutenderen Gottes akzeptiert. Nicht heute, sondern als Sie 
Auschwitz hochhielten und den gluhenden Holocaust von 
Dresden vernachlassigten. Als Sie die Deportationen der Ju- 
den beweinten und die Deportationen der Deutschen durch 
die von Zionisten kontrollierten Regierungen Polens und der 
Tschechoslowakei ignorierten. Als Sie sich fur die Entwaff- 
nung des Iraks einsetzten und nukleare Ausriistung nach Is- 
rael sandten. Als Sie die palastinensischen Kampfer einsperr- 
ten und auslieferten und nicht die Auslieferung des israeli- 
schen Staatsbiirgers Solomon Morel verlangten, der Tausen- 
de von Deutschen folterte und totete. Als Sie den Piper- Ver- 
lag, Verleger von Norman Finkesteins Holocaust-Industrie, 
zur Vernichtung des Buches drangten und Agenten der ADL 
(Anti Defamation League) erlaubten, in den StraBen von Ber- 
lin zu marschieren ausstaffiert mit israelischen Flaggen und 
Bildern von Bomber Harris. Sie haben sich damit einverstan- 
den erklart, daB Ihr Blut billig ist. Seien Sie nicht iiberrascht, 
wenn es flieBen wird, sobald der Nachschub an Palastinen- 
sern fehlt! 

Personlich bin ich ziemlich dankbar fur das, was Sie getan 
haben. Bis jetzt wurde der Kampf um Gleichheit in Palastina 
von wohlgesinnten Frauen und Mannern behindert, die die 
jiidische Vorherrschaft in Europa und den USA nicht in Fra- 
ge stellten, doch entsetzt waren vom Genozid in Palastina. 
Wahrend sie gegen die Mauer oder gegen die Verwiistung 
Gazas kampften, waren sie dariiber besorgt, als "Antisemi- 
ten" verschrien zu werden. Sie dachten, daB es legitim sei, 
gegen die israelische Apartheid in der Neuen Weltordnung 
zu protestieren. Nun haben Sie dieses Hindernis entfernt, in- 
dem Sie bewiesen haben, daB alles, was in Palastina ge- 
schieht, keine lokal begrenzte Aberration ist, sondern das 
Fundament des Pax Americana. 

Sollen doch beide gemeinsam zugrunde gehen: das lokale 
und globale Modell der jiidischen Vorherrschaft, damit Ju- 
den und Nichtjuden endlich wieder als Gleichberechtigte in 
Palastina und anderswo miteinander leben konnen. 



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207 



Hunde und Ftichse 

Wenn die rotbejackten englischen Herren zur Fuchsjagd fiber 
die Hiigel Surreys reiten, rufen sie "yoicks!", um ihre Jagd- 
hunde anzuspornen; die Juden rufen "Antisemitismus!", um 
ihre Jagdhunde anzuspornen. "Yoicks" verschreckt die Fiich- 
se; "Antisemitismus" soil die Opposition der Neuen Welt- 
ordnung einschiichtern. Es ist der Juden Aquivalent zur 
papstlichen Bulle, die zum Kreuzzug gegen die Unglaubigen 
aufrief. 

Ihr HaB breitet sich immer weiter aus wie eine ansteckende 
Krankheit. Die Iraker unterstiitzen die Palastinenser, und als 
Folge dessen wurde ihr Land uberfallen. Der jungste Feind 
der Zionisten ist Frankreich, da die Franzosen es wagten, sich 
ihrem Plan zur Ubernahme des Iraks zu widersetzen. An der 
Allee, wo ich wohne, parkt ein groBer Chevrolet mit einem 
Aufkleber "After Iraq, Chirac" (Nach dem Irak Chirac). Is- 
raelische Zeitungen sind bis zum Rand gefiillt mit anti- 
franzosischen Berichten und Beitragen. Und wann immer die 
Juden nicht bekommen, was sie haben wollen, so bezichtigen 
sie ihre Gegner des "Antisemitismus". 

Neulich erhielten diese Jagdreiter unerwartete Unterstutzung 
durch den angesehenen kubanischen Intellektuellen Lisandro 
Otero. 1 Man wurde erwarten, daB ein Schreiber von der "In- 
sel der Freiheit" zur Solidaritat mit den Volkern Palastinas, 
des Irak und Frankreichs aufrufen wiirde; daB er versteht, daB 
jenes Gerede von franzosischem Antisemitismus von densel- 
ben Kraften dirigiert wird, die nur wenige Monate zuvor eine 
anti-kubanische Kampagne durchgefiihrt hatten. 
Aber Otero zieht es vor, sich den Jagdhunden anzuschlieBen, 
anstatt mit den Fiichsen zu rennen. In einem Beitrag, der von 
den kubanischen Medien verbreitet wurde, wiederholt dieser 
ehemalige Dissident die iiblichen, von Zionisten gegen 
Frankreich erhobenen Vorwiirfe. Nachdem er das links- 
zionistische Lippenbekenntnis zur "vom blutrunstigen Ariel 
Sharon durchgefiihrten Vernichtungspolitik gegen die Pala- 
stinenser" abgelegt hat, schreibt er: 

"In Frankreich haben die Angriffe auf Juden auf alarmie- 
rende Weise zugenommen. Viele dieser Gewaltakte werden 
von Moslems durchgefiihrt, von denen es in Frankreich 
zwischen vier und fiinf Mill ionen gibt. " 
Dies ist eine rassistische Verallgemeinerung. Noam Chomsky 
hat richtig festgestellt: 

" Antiarabischer Rassismus ist so weit verbreitet, dafi er 
kaum mehr bemerkt wird. Er ist womoglich die einzige Art 
Rassismus, die als legitim angesehen wird. " 
So legitim, daB Otero diesem Rassismus verfallt, ohne es 
auch nur zu bemerken. 

Fiir den Fall, daB der kubanische Autor ein ehrlicher Mann 
ist, der von den zionistischen Medien irregefiihrt wurde, 
mochte ich hier auf seine Anklage eingehen. In den letzten 
zehn Jahren wurde kein einziger Jude in Frankreich getotet 
oder ernsthaft verwundet, wohingegen wahrend des gleichen 
Zeitraumes Dutzende von Antizionisten und Moslems durch 
zionistische paramilitarische Gruppen der Beitar 2 in den 
StraBen von Paris und Marseille angegriffen und verwundet 
wurden. Hunderte von Moslems wurden bei verschiedenen 
Ubergriffen durch andere Gruppen verletzt und getotet. 
Im jiidischen Staat werden moslemische Palastinenser daran 
gehindert, ihre geheiligte Statte, die Al-Akscha-Moschee in 
Jerusalem, zu besuchen; christliche Palastinenser werden bis- 
weilen durch die israelische Armee daran gehindert, die ih- 
nen heilige Grabstatte zu besuchen. In Frankreich aber sind 
nicht nur die jiidischen Gottesdienste geschiitzt; die franzosi- 



schen Juden feierten sogar die blutigen "Errungenschaften" 
der israelischen Armee. 

In Frankreich und anderswo in Europa werden Moscheen 
haufig durch Polizei und Anti-Terror-Einheiten durchsucht; 
die Zionisten jedoch genieBen in den Synagogen absolute 
Immunitat. Dagegen ware nichts einzuwenden, wenn die 
Synagogen ihrem religiosen Gebot folgten und jede politi- 
sche Aktivitat vermieden. Die jiidischen Gemeindezentren 
werden jedoch von den Zionisten als Rekrutierungszentren 
benutzt. Dort sammeln sie Spenden, um in Israel eine Mauer 
zu errichten, und dort mobilisieren sie die franzosischen Ju- 
den, um fiir den jiidischen Staat zu kampfen und die US- 
Invasion des Irak zu unterstiitzen. 

Lisandro Otero sollte den augenoffnenden Artikel "A Happy 
Compromise" (Ein gliicklicher KompromiB) des jiidisch- 
kanadischen Philosophie-Professors Michael Neumann lesen, 
der die Medienberichterstattung iiber Angriffe auf jiidisches 
Eigentum mit der iiber nichtjiidisches Eigentum vergleicht: 3 
"Als jiidische Hduser mit Spriichen bespriiht wurden, fullte 
ein Bericht dariiber ein Drittel der Titelseite von Globe and 
Mail (17. Mdrz 2004) mit einem Foto, das etwa die Hdlfie 
des Platzes oberhalb der Faltung einnahm. Der Artikel 
wurde auf S. 8 fortgesetzt, wo man ihn geschmackvoll mit 
zwei Beitragen iiber moglichen Antisemitismus in einem 
Torontoer Golfverein umgab. [...] Am 25. Mdrz wurde ein 
Islamisches Zentrum in der Gegend von Toronto mit Sprii- 
chen bespriiht und in Brand gesetzt. Die Meldung dazu (26. 
Mdrz 2004) erschien am Ende von Seite 12 (Dariiber be- 
findet sich ein Bericht iiber einen Frisor, der einen Preis 
gewonnen hat). [...] Diese Geschichte wurde vollig von ei- 
ner anderen verdrangt: am 6. April um 2:30 Uhr wurde 
gegen die United Talmud Torah Grundschule ein Brand- 
anschlag veriibt, wobei deren Biicherei schwer beschadigt 
wurde. [...] Die zwei Berichte dazu sowie begleitende Bil- 
der nahmen etwa drei Viertel der Titelseite ein. Die Titel- 
zeile erstreckt sich iiber die gesamte Breite der Zeitung, 
was bei Globe and Mail nicht haufig vorkommt. Der Pre- 
mierminister verkiindete: 'Dies ist nicht unser Kanada'. 
(Falls er iiberhaupt etwas zum Brandanschlag auf das is- 
lamische Zentrum sagte, so werden wir es wohl nie erfah- 
ren.) Die Geschichte wird auf Seite 8 fortgesetzt, wo sie 
etwa die halbe Seite einnimmt. " 
Neumann schluBfolgert: die Art der Berichterstattung iiber 
HaBverbrechen gegen Juden und andere ethnische Gruppen 
impliziert, daB die Juden wichtig sind, der Rest aber unwichtig. 
Mit anderen Worten: das Geschrei um den "franzosischen 
Antisemitismus" erfolgt unter Anwendung von VergroBe- 
rungsglasern und Zerrspiegeln der massiv jiidischen Medien. 
Das ist freilich nichts Neues: Vor einhundert Jahren, mitten 
im Sturm des "russischen Antisemitismus", schrieb der russi- 
scher Schriftsteller Alexander Kuprin, Freund der Juden, in 
einem Brief an einen anderen Schriftsteller: 4 

"Ein zehntausend Mann starker Stamm von Ureinwohnern 
im Hohen Norden begeht Selbstmord, weil ihre Rentiere 
verendeten. Vor Hunger essen die Bauern von Samara Er- 
de. Polen ist verschlungen worden, die charmante Krim 
verkommt zu einem Hurenhaus, die althergebrachte Land- 
wirtschaft in Mittelasien ist riicksichtslos verwiistet, aber 
inmitten dieses Ozeans des Ubels, Unrechts, der Gewalt 
und Sorgen heulen wir russische Schriftsteller iiber die Be- 
schrdnkungen, die jiidischen Zahndrzten auferlegt sind. " 
Lisandro Otero gibt dann vor, 200 Jahre judisch-christlicher 
Beziehungen nach zionistischer Lesart wiederzugeben: 



208 



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"Mit dem Aufstreben des Christentums verbot Kaiser Kon- 
stantin jiidische Praktiken unter Androhung der Todesstra- 
fe. Kaiser Justinian verbot den Bau von Synagogen. Der 
Triumph des Christentums in Europa institutionalisierte 
die Rassentrennung der Juden. " 
Werd vernunftig, Lisandro! Die Kirche hat albigensische und 
arische Haretiker im Blut ertrankt, Druiden vernichtet, andere 
nicht-christliche Kulte in Europe ausgerottet, und die Slawen 
und Balten mit Feuer und Schwert bekehrt; meinen Sie wirk- 
lich, die Kirche ware nicht in der Lage gewesen, die Juden 
auszuloschen, wenn sie es nur gewollt hatte? Dem Christen- 
tum ist das Konzept der "Rassentrennung" vollig fremd, so 
daB viele jiidische Konvertiten Bischofe und Heilige der Kir- 
che wurden, von Torquemada bis zum heiligen Johannes. 
Andererseits ist die Rassentrennung ein Bestandteil des judi- 
schen Glaubens, der es seinen Anhanger verbietet, sich mit 
Nichtjuden zu vermischen . Wir sehen es im jiidischen Staat, 
wo Nichtjuden durch Sharons Mauer ausgesperrt werden und 
Mischehen verboten sind. 

Das zionistische Bild vom "ewig verfolgten Juden" wurde er- 
funden, um die Nachkommen der mittelalterlichen Judenka- 
ste zu unterwerfen und um sie fur die Ziele der judischen Eli- 
ten zu mobilisieren. Dies hat zu paranoiden Zugen unter den 
Juden gefiihrt. Wenn Sie ein Freund der Juden sind, dann 
sollten sie diese Paranoia nicht auch noch fordern. Es gibt 
keinen Antisemitismus, Lisandro. Die Juden sind iiberall si- 
cher, so sicher wie jedermann sonst auf dieser unsicheren 
Welt; so sicher wie Sie im boykottierten Kuba und viel siche- 
rer als die Palastinenser in Palastina, die Iraker im Irak und 
die Araber in den USA oder in Frankreich. 
Das Schicksal der Juden macht mir keine Sorgen, da sie si- 
cher sind. Kubas Zukunft macht mir weit mehr Sorgen. Ihr 
Artikel ist ein besorgniserregendes Zeichen fur die Eilfertig- 
keit der kubanischen Elite, sich der Neuen Weltordnung zu 
unterwerfen. Ich sah dies in Gorbatschows UdSSR, wo der 
Abbau des Sozialismus mit Reden uber "Antisemitismus" 
begann. Die Befiirworter dieses Paradigmas hatten Bezie- 
hungen zu Israel und zu den judischen Eliten in den USA 
aufgebaut und brachten schlieBlich Jelzin zur Macht. Westli- 
che Journalisten deckten ihre Leser von Moskau aus mit Be- 
richten uber "wachsenden Antisemitismus" und bevorstehen- 
den Pogromen ein. Die Sowjets konnten derartige Anschul- 
digungen nicht verstehen, da es in der UdSSR keinen Ras- 
sismus gab. Die Juden in der UdSSR jedoch wurden durch 
diese fortwahrenden Berichte eingeschuchtert. Uber eine Mil- 
lion von ihnen standen vor der israelischen Botschaft Schlan- 
ge; jetzt bauen sie in Israel eine Mauer, um palastinensische 
Kinder einzumauern. Ihre Flucht erleichterte den Zusammen- 
bruch der UdSSR und ubertrug das Volksvermogen der Volker 
der Sowjetunion auf eine vornehmlich jiidische Mafia, die in 
enger Verbindung mit ihren amerikanischen Brudern steht. 
Das gleiche Phanomen konnte man auch in osteuropaischen 
Landern beobachten. Medienzar Robert Maxwell, ein ein- 
fluBreicher Mossad-Agent, unterstutzte ihre kulturellen Eli- 
ten. Zuerst sprachen sie von Antisemitismus, dann uber den 
Holocaust; am Ende wurde das privatisierte Volksvermogen 
dieser Lander von Leuten wie George Soros, Marc Rich und 
Wladimir Gusinsky aufgekauft, wahrend man die jungen ost- 
europaischen Manner als Soldaten in den Irak schickte, um 
Araber zu toten. 

Beim Geschwatz um den Antisemitismus geht es iiberhaupt 
nicht um Juden: es handelt sich hier um die dominierende 
Ideologie der Pax Americana. Ein Kubaner, der vom Antise- 



mitismus spricht, bereitet den Weg vor, auf dem die Erben 
Meyer Lanskys triumphierend auf seine Insel zuriickkehren 
werden. Sie, Lisandro, hatten Kuba einst als politischer Emi- 
grant verlassen, kehrten spater aber zuriick, da Sie die irre- 
fiihrenden Seiten der westlichen Medien erkannten. Sie 
schrieben damals: 

"Aus der Weite erkennt man besser, wie es wirklich ist: die 

kleinen Dinge sind klein, die Grofien grofi. " 
Haben Sie Ihre Ansicht erneut geandert? Mochten Sie, daB 
Ihr Land ein weiteres Haiti oder Guatemala wird, eine Bor- 
dellinsel nahe der Kiiste von Miami? Besuchen Sie doch die 
friiheren sowjetischen Republiken, und sie werden das Ende 
jener Sackgasse erkennen, die mit Spriichen uber Antisemi- 
tismus beginnt. Auch wenn Ihnen das Schicksal der Arbeiter 
und Bauern egal ist und Sie nur das Schicksal der Intellektu- 
ellen kiimmert, so werden Sie erkennen, daB Schriftsteller und 
Filmemacher in jenen verarmten Landern nur uberleben kon- 
nen, wenn sie von Soros' Gesellschaft gesponsert werden. 
Das Leben der Intellektuellen in den sozialistischen Staaten 
ist (bzw. war) wesentlich besser als das ihrer Bruder in der 
"privatisierten" Dritten Welt. Ein guter Frisor, Masseur, Au- 
tomechaniker oder sogar eine Hure mogen hoffnungsvoll auf 
das Kuba nach Castro warten. Fur einen Schriftsteller, einen 
Wissenschaftler, einen Denker allerdings gibt es keine Hoff- 
nung - in der Pax Americana werden Sie fur ein amerikani- 
sches Visum Schlange stehen oder am StraBenrand Zigarren 
verkaufen. Sie werden nicht etwa "Dissident" genannt wer- 
den, sondern "Terrorist". Ihre vollig deplazierte Sorge fur die 
Meyer Lanskys und Mort Zuckermans, Bernard-Henri Levys 
und den kubanischen Zionisten Jacobo Machover, fur die 
Freunde Ariel Sharons und Shimon Peres wird Ihnen einen 
neuen Batista fur Ihre Insel einbringen, es sei denn, dieser 
wird von neuen Barbudos (Castros Rebellentruppe) aufgehal- 
ten werden. 

Eher als Sie denken wird die Zeit kommen, da das amerikani- 
sche Imperium besiegt und zerstiickelt werden wird, und mit 
seinem Verschwinden wird auch das paranoide Gerede vom 
Antisemitismus verschwinden. Dann werden die Abkomm- 
linge der Juden in Frieden und Harmonie mit den Abkomm- 
lingen der Spanier, der Amerikaner und der Palastinenser le- 
ben. Ihre Aufgabe und die der kubanischen Intelligenz ist es, 
das gute Schiff des unabhangigen sozialistischen Kuba in den 
sicheren Hafen der Zukunft zu bringen. Zu diesem Zwecke 
rate ich, sich von den zionistischen Klippen fern zu halten. 

Sonne der Hunde und Ftichse 

Mit groBen Erwartungen habe ich auf eine Antwort Lisandro 
Oteros gewartet. Ich hoffte auf klare Antworten: Warum die- 
ser kubanische Schriftsteller die Anschuldigungen gegen 
Frankreich und das franzosische Volk wiederholt, die von 
Feinden des palastinensischen und des kubanischen Volkers 
verbreitet werden, von US-Prasident Bush bis zum Chef der 
ADL, Abe Foxman. Warum stellte er sich hinter den von 
Zionisten dirigierten, pro-amerikanischen Diskurs uber 
"wachsenden Antisemitismus"? Er hat geantwortet, jedoch 
wurde Sokrates Oteros Antwort aus Mangel an Logik ver- 
werfen. 5 

1 . Ich fiihrte aus, es gebe keinen Antisemitismus und daB Ju- 
den iiberall sicher seien. Er antwortete, daB Juden in den Ta- 
gen Kaiser Caligulas gelitten hatten. Das ware, wie wenn er 
auf meine Aussage, es gebe heute keine Sklaverei in Kuba, 
antwortete, daB es vor zweihundert Jahren Tausende von 
Sklaven gab. 



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209 



2. Otero trug sodann die bekannte jiidische Martyrer-Litanei 
vom romischen Reich bis zu Isabel der Katholikin und Hitler 
vor. So wahr das ist, es ist nicht die voile Wahrheit; und die 
halbe Wahrheit ist so schlecht wie eine Luge. Juden durchlit- 
ten harte Zeiten, denn als Menschen leben die Juden auf einer 
Erde, wo sie wie alle anderen Menschen auch litten. Sicher- 
lich weniger als die Ureinwohner Kubas und der anderen ka- 
ribischen Inseln, die alle ausgerottet wurden. Wahrscheinlich 
auch weniger als ihre Nachbarn, gewohnliche Spanier oder 
Polen, denn die Juden waren immer frei, iiblicherweise 
wohlhabend und kannten niemals Sklaverei oder Leibeigen- 
schaft; aber sie litten sicherlich ebenso. Man mu(3 es im Ver- 
haltnis sehen: Juden litten nicht mehr als andere vergleichba- 
re Gruppen. 

In der Regel gehorten die Juden der ausbeutenden Klasse an; 
das ist der Grund dafiir, daB sich die judischen Viertel nahe 
den koniglichen Palasten in Sevilla und in Paris befmden. 
Von Zeit zu Zeit litten die Juden unter der Wut der ausgebeu- 
teten Klassen oder unter ihren Wettbewerbern. Das gleiche 
widerfuhr der Aristokratie. Tausende franzosischer Aristo- 
kraten wurden wahrend der Bauernkriege und wahrend des 
GroBen Terrors anno 1 793 dahingeschlachtet. Russische Ari- 
stokraten wurden wahrend der Oktoberrevolution ermordet 
oder ins Exil vertrieben. Viele von ihnen waren unschuldig, 
denn der Klassenkrieg ist so grausam wie jeder Krieg. War- 
um beklagt Otero nicht auch diese Opfer? 
Juden fuhrten Kriege wie alle anderen auch. Als Juden in 
Alexandria ermordet wurden, massakrierten sie zeitgleich 
Nichtjuden in Jaffa und Antiochia. Die Freunde der Juden 
waren oft Feinde der restlichen Bevolkerung: Cromwell 
brachte die Juden zuriick nach England, aber zur selben Zeit 
massakrierte er die irischen Bauern und versklavte Irland. 
Juden wurden 1492 aus Spanien vertrieben, aber das gleiche 
passierte den Mauren. Warum beklagt Otero nicht das 
Schicksal der Erbauer der Alhambra (Granada) und der Gi- 
ralda (Sevilla)? Den Juden erging es tatsachlich viel besser: 
diejenigen, die zuruckblieben, wurden vollig integriert, heira- 
teten in die besten spanischen Familien ein und besetzten 
machtige und angesehene Posten. 

Und nun zum groBen H. Wahrend des Zweiten Weltkrieges 
kamen Millionen Russen, Deutsche und Japaner um, um nur 
einige zu nennen. Unter ihnen befanden sich auch Juden, Zi- 
vilisten wie Soldaten. So wurde mein jiidischer Onkel Ab- 
raham neben seinem russischen Freund Iwan bei der Vertei- 
digung Leningrads von einer deutschen Bombe getotet. Au- 
schwitz war tatsachlich unmenschlich, aber Dresden und Hi- 
roshima waren auch unmenschlich. Solch ein Vergleich ist 
fur die judischen Ideologen ein Sakrileg, denn bei diesem 
Vergleich wird das gottliche Volk Israels mit den deutschen 
und japanischen Untermenschen verglichen. 

3. Der jiidische Diskurs des einzigartigen Martyriums und 
des einzigartigen Opfertums basiert auf der rassistischen 
Verweigerung, Nichtjuden als gleichberechtigte Menschen 
anzuerkennen; deshalb sind jiidische Ideologen davon beses- 
sen, jiidische Opfer zu zahlen und das Leiden von Nichtjuden 
herunterzuspielen. Das Ergebnis dieses Ansatzes sehen wir in 
Palastina, wo jedes jiidische Opfer des Krieges einen Ehren- 
platz auf den Titelseiten der Zeitungen erhalt, wahrend nicht- 
judische Opfer kaum erwahnt werden. Jeder - einschlieBlich 
Otero - kennt und bezieht sich auf jiidische Opfer; aber kaum 
jemand - und das schlieBt Otero wiederum ein - hat zum 
Beispiel von Mona und Christina gehort, zwei jiingst von is- 
raelischen Soldaten ermordeten palastinensischen Madchen. 



Dorothy Naor, eine aufgeklarte israelische Frau, schrieb: 
"Der heutige Mord an einer 34-jdhrigen israelischen 
Frau mit ihren vier Tochtern ist in der Tat tragisch. Die 
englischsprachigen Zeitungen, die ich gepruft habe, be- 
richteten darilber ausgiebig - in den USA durch die NY 
Times, die Washington Post, den San Fransisco Chro- 
nicle, die Chicago Tribune, die Herald Tribune; in Eng- 
land durch den Independent und den Guardian; in Au- 
stralien durch den Sidney Morning Herald (3.5.2004); 
und in Toronto durch den Globe and Mail. Im Gegensatz 
dazu berichtete von den obigen Zeitungen lediglich die 
heutige New York Times ilber den gestrigen Mord eines 
8-jdhringen palastinensischen Jungen durch die israeli- 
sche Armee. Jeder dieser Tode ist tragisch. Aber der 
Mord an der israelischen Frau und ihren Kindern mufi 
im Zusammenhang mit dem gestern getoteten palastinen- 
sischen Kind gesehen werden, mit der palastinensischen 
Mutter von zehn Kindern, die letzte Woche getotet wurde, 
sowie mit der von mir vor ein paar Tagen zitierten Stati- 
stik: d.h., im April wurden 59 Palastinenser getotet und 
345 verletzt. " 
Die USA haben die jiidische Sprachregelungen vollstandig 
iibernommen; deshalb explodierten die amerikanischen, jii- 
disch-dominierten Medien vor Zorn, als vier amerikanische 
Profikiller durch das irakische Volk in Falludscha getotet 
wurden, wahrend sie die Ermordung Tausender von Irakern 
schlicht ignorieren. In voller Ubereinstimmung mit der judi- 
schen Doktrin der massiven Vergeltung massakrierten die 
Amerikaner in Falludscha sechshundert Zivilisten. Jiidische 
Inspiration ist daher sehr gefahrlich fur uns. 
Andererseits schlossen christliche und moslemische Krieger 
bei Kampfpausen wahrend der Kreuzziige Freundschaften 
untereinander. Don Rodrigo wurde von den Arabern El Sid 
genannt; Torquato Tasso kiirte die schone Moslemin Clorin- 
da zur Heldin seines Gedichts Gerusalemme liberata. Bei der 
Belagerung von Kerak befahl Saladin, das Feuer wahrend ei- 
ner Hochzeit in der Burgkapelle einzustellen, wahrend die 
Konigin-Mutter ihm eine Scheibe des Hochzeitskuchens zu- 
kommen lieB. Die islamischen und christlichen Verhaltens- 
weisen sind daher vollig anders als die jiidischen: Menschen 
mogen in Kampfe verwickelt werden, das ist menschlich; 
aber sie sollten sich als menschlich und gleichberechtigt an- 
erkennen. 

Ein Problem Oteros ist, daB er den judischen Diskurs- 
Koder mitsamt Haken, Angelschnur und Angel geschluckt 
hat und dies fur eine wahre Beschreibung der Realitat halt 
anstatt fur das, was es ist: eine ideologische Propaganda- 
waffe, die darauf zielt, den normalen ProzeB jiidischer As- 
similation zu stoppen und umzukehren sowie den Ab- 
kommlingen der Juden Angst vor den Nichtjuden einzuja- 
gen und so den judischen Eliten gegeniiber unterwiirfig zu 
machen. Er iibernahm sogar den rassistisch-jiidischen 
Standpunkt, indem er Marx, Mendelsohn und Heine Juden 
nannte. (Obwohl als Kind jiidischer Eltern geboren, so 
wurden sie doch alle getauft, verstanden sich selbst nicht 
als Juden, und es ware ihnen gemaB zionistischem Recht 
auch nicht erlaubt, sich in Israel niederzulassen). Wahrlich, 
Lisandro: wenn Marx ein Jude war, wurde er dann ge- 
schrieben haben: 6 

"Welches ist der weltliche Grund des Judentums? Das 
praktische Bediirfnis, der Eigennutz. 

Welches ist der weltliche Kultus des Juden? Der Schacher. 
Welches ist sein weltlicher Gott? Das Geld. 



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Nun wohl! Die Emanzipation vom Schacher und vom Geld, 
also vom praktischen, realen Judentum ware die Selbst- 
emanzipation unsrer Zeit. 

Eine Organisation der Gesellschaft, welche die Vorausset- 
zungen des Schachers, also die Moglichkeit des Schachers 
aufhobe, hdtte den Juden unmoglich gemacht. Sein religio- 
ses Bewufitsein wurde wie ein fader Dunst in der wirkli- 
chen Lebensluft der Gesellschaft sich auflosen. Andrer- 
seits: wenn der Jude dies sein praktisches Wesen als nich- 
tig erkennt und an seiner Aufhebung arbeitet, arbeitet er 
aus seiner bisherigen Entwicklung heraus, an der mensch- 
lichen Emanzipation schlechthin und kehrt sich gegen den 
hochsten praktischen Ausdruck der menschlichen Selbst- 
entfremdung. 

Wir erkennen also im Judentum ein allgemeines gegenwar- 
tiges antisoziales Element, welches durch die geschichtli- 
che Entwicklung, an welcher die Juden in dieser schlechten 
Beziehung eifrig mitgearbeitet, auf seine jetzige Hohe ge- 
trieben wurde, auf eine Hohe, auf welcher es sich notwen- 
dig auflosen mufi. 

Die Judenemanzipation in ihrer letzten Bedeutung ist die 
Emanzipation der Menschheit vom Judentum. " 
Rosa Luxemburg haBte es ebenfalls, wenn man sie als Judin 
betrachtete. 

Dieses MiBverstandnis des kubanischen Schriftstellers wird 
durch dessen Hinweis auf die "alte Menschheitsplage des an- 
tisemitischen Rassismus" verdeutlicht. Der antisemitische 
Rassismus ist alles andere als eine alte Plage, denn er trat 
erstmals in der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts auf und 
hielt noch nicht einmal einhundert Jahre an. Paradoxerweise 
wurde dieser Rassismus durch den rassistischen innerjudi- 
schen Diskurs ausgelost. Die judische Einstellung bleibt je- 
doch auch heute rassistisch, denn die Juden glauben - wie die 
indischen Brahmanen - an ihre angeborenen hoheren Quali- 
taten. Bevor der judische EinfluB in der Mitte des 19. Jahr- 
hunderts zu einem machtvollen Faktor der Modernen wurde, 
war den Europaern der rassische Ansatz durchaus fremd. Die 
Kirche war den Juden gegeniiber niemals rassistisch; jeder 
Abkommling eines Juden konnte ein Christ und damit ein 
voiles Mitglied der Gesellschaft werden. Der christliche 
Kampf gegen die Juden war auch ein Kampf der Ideologie 
der Gleichheit gegen die Ideologie des Rassismus. Auch die 
Juden bekampften die christliche Kirche; wenn sie jedoch die 
Oberhand hatten - zum Beispiel zwischen 128 und 614 
n.Chr. in Palastina - gaben sie sich nicht mit der Vertreibung 
der Christen zufrieden, sondern sie schlachteten alle Christen 
ab, derer sie habhaft werden konnten. Aber Otero versteht 
das nicht und meint, eine antijudische Einstellung sei "rassi- 
stisch". 

Er sagt, es gebe gute und schlechte Juden; es scheint ihm 
nicht klar zu sein, dafi sogar diese triviale Aussage im ge- 
genwartigen Klima als antisemitisch gilt. Ein jiidisch- 
amerikanischer Journalist, Klinghoffer, schrieb dazu im For- 
ward: 

"Ein Alitor, der uns [Juden] aufteilen will, die einen zum 
Lobe, die anderen zur Verachtung, mag kein Antisemit sein 
- aber er ist auch nicht unser Freund. " 
PaB also auf, Lisandro! 8 

Israel Shamir, Jaffa 



Zum Autor 

Israel Shamir (50) ist ein russisch-israelischer Intellektueller, 
Schriftsteller, Ubersetzer und Journalist. 
Shamir wurde in Nowosibirsk in Sibirien geboren, er ist der 
Enkel eines Mathematikprofessors und Nachkomme eines 
Rabbi aus Tiberias in Palastina. Er studierte an der angesehe- 
nen Hochschule der Akademie fur Naturwissenschaften und 
studierte an der Universitat von Novosibirsk Mathematik und 
Jura. 1969 siedelte er nach Israel um, diente als Fallschirmja- 
ger in der israelischen Armee und kampfte im Krieg von 
1973 mit. Nach dem Militardienst nahm er sein Jura-Studium 
an der Hebraischen Universitat von Jerusalem wieder auf, 
gab aber den juristischen Beruf auf zugunsten einer Karriere 
als Journalist und Schriftsteller. 

Ersten Gefallen am Journalismus fand er beim Israelischen 
Rundfunk. Seine verschiedenen Auftrage als freiberuflicher 
Journalist umfaBten die Berichterstattung iiber Vietnam, Laos 
und Kambodscha in der letzten Phase des Siidostasien- 
Krieges. 1975 kam Shamir zum BBC und zog nach London. 
Von 1977-79 schrieb er aus Japan fur Maariv und andere 
Zeitungen. Wahrend er in Tokio war, schrieb er seinen ersten 
Roman Travels With My Son (Reisen mit meinem Sohn). Er 
fand sogar Zeit, eine Reihe japanischer Klassiker zu iiberset- 
zen. 

Nachdem er 1980 nach Israel zuriickgekehrt war, schrieb er 
fur die israelische Tageszeitung Haaretz und die Zeitung Al 
Hamishmar und wirkte in der Knesset als Sprecher fur die is- 
raelische sozialistische Partei (Mapam). Er iibersetzte die 
Werke von S.Y. Agnon, dem einzigen hebraischen Nobel- 
preistrager, aus dem Hebraischen ins Russische. Als die erste 
palastinensische Intifada begann, zog Shamir aus Israel weg 
nach RuBland, wo er iiber die ereignisreichen Jahre 1989- 
1993 Bericht erstattete. In seiner Moskauer Zeit berichtete er 
fur Haaretz, wurde aber gefeuert, weil er einen Artikel verof- 
fentlicht hatte, der zur Riickkehr der palastinensischen 
Fliichtlinge und zum Wiederaufbau ihrer in Trummer geleg- 
ten Dorfer aufrief. 1993 kehrte er nach Israel zuriick und lieB 
sich in Jaffa nieder. Als Reaktion auf den zweiten palastinen- 
sischen Aufstand in 13 Jahren gab Shamir zeitweise seine 
schriftstellerische Tatigkeit auf und nahm wieder seine Arbeit 
als Journalist auf. Inmitten der endlosen Gesprache iiber eine 
"Zwei-Staaten-Losung" wurde Shamir, zusammen mit Ed- 
ward Said, ein fiihrender Verfechter der "Ein-Mensch-eine- 
Stimme-ein-Staat"-L6sung in ganz Palastina/Israel. Uberwal- 
tigt von den unmoralischen religiosen Gesetzen und Hand- 
lungen seiner jtidischen Mitburger trat Shamir zum christli- 
chen Glauben iiber. 

Anmerkungen 

Quelle: www.israelshamir.net/shamirlmages/Shamir/BerlinGR.htm 
' Vgl. www.israelshamir.net/shamirlmages/Shamir/Lisandro.htm. 
2 Beitar wurde vom Mussolini-Verehrer Jabotinsky gegriindet. 
www.counterpunch.org/neumann04 1 52004.html 

4 www.pycckie.com/word/kuprin.htm 

5 www.rebelion.org/palestina/0405021is.htm 

6 Karl Marx, Friedrich Engels, Werke, Dietz Verlag, Berlin, 1976, Band 1, 
S. 372f.; www.mlwerke.de/me/me01/me01_347.htm 
www.forward.com/issues/2002/02.12.27/oped3.html 

8 Zwei weitere Punkte aus Shamirs Erwiderung wurden hier gestrichen, da 
sie dem Ausgefiihrten inhaltlich wenig hinzufugen. 



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Endlich: Auschwitz unwiderlegbar bewiesen!? 

Oder: Muselmanner in Auschwitz 

Von Ernst Manon 



Sind in Auschwitz etwa auch Haftlinge muslimischen Glau- 
bens der Vernichtung anheimgefallen? Mitnichten! 

"Der sogenannte 'Muselmann ', wie die Lagersprache den 

sich aufgebenden und von den Kameraden aufgegebenen 

Hdftling nannte, hatte keinen Bewufitseinsraum mehr, in 

dem Gut oder Bose, Edel oder Gemein, Geistig oder Un- 

geistig sich gegeniiberstehen konnten. Er war ein wanken- 

der Leichnam, ein Btindel physischer Funktionen in den 

letzten Zuckungen. " 

So charakterisierte Jean Amery diese Kategorie von ausge- 

mergelten Haftlingen, die das Bild vom Lageralltag in der 

Offentlichkeit seit 1945 darstellen. 1 Es gibt mehrere Erkla- 

rungen fur die lagerinterne Bezeichnung Muselmanner. Eine 

kommt von der wortlichen Bedeutung des arabischen Aus- 

drucks "Muslim". Er bezeichnet den, der sich bedingungslos 

dem Willen Gottes unterwirft. In den Lagern waren also die 

Muselmanner jene Leute von bedingungslosem Fatalismus. 2 

"So, wie autistische Kinder die Realitat vollkommen igno- 

rieren, um sich in eine Phantasiewelt zuruckzuziehen, so 

schenkten die zu Muselmdnnern gewordenen Haftlinge den 

realen Kausalzusammenhangen keine Aufmerksamkeit 

mehr und ersetzten sie durch delirante Phantasien. " 

Philosophen wie Theologen haben sich haufig mit dem Para- 

digma der "Extremsituation" oder "Grenzsituation" beschaf- 

tigt. In Kierkegaards Worten: 4 

"Die Ausnahme erklart das Allgemeine und sich selbst. Und 
wenn man das Allgemeine richtig studieren will, braucht 
man sich nur nach einer wirklichen Ausnahme umzusehen. " 
Fiir den italienischen Philosophen Giorgio Agamben ist nun 
Auschwitz: 5 

"genau der Ort, an dem der Ausnahmezustand vollkommen 

mit der Regel zusammenfallt und die Extremsituation zum 

Paradigma des Alltdglichen selbst wird. " 

Der delirierende Muselmann wird zum Zeugen. Er hat nichts 

gesehen und nichts erkannt - auBer der Unmoglichkeit, zu 

erkennen und zu sehen: 6 

"Doch dafi gerade diese nicht menschliche Unfdhigkeit zu 
sehen Anruf und Frage an den Menschen wird [...], darin 
und in nichts anderem besteht das Zeugnis. " 
Agamben nennt dies das Paradox des Primo Levi: 

"Der Muselmann ist der vollstdndige Zeuge. " 
Denn: 7 

1) "Der Muselmann ist der Nicht-Mensch, derjenige, der 
auf keinen Fall Zeugnis ablegen konnte. " 

2) "Derjenige, der nicht Zeugnis ablegen kann, ist der 
wirkliche Zeuge, der absolute Zeuge. " 

Ist doch logisch, oder etwa nicht!? 

Nun kommt Agamben zu den sogenannten Auschwitz-Leug- 

nern: 8 

"Denn angenommen, Auschwitz sei dasjenige, von dem 
nicht Zeugnis abgelegt werden kann; und zugleich ange- 
nommen, der Muselmann sei die absolute Unmoglichkeit, 
Zeugnis abzulegen. Wenn der Zeuge fur den Muselmann 
Zeugnis ablegt, wenn es ihm gelingt, die Unmoglichkeit zu 
sprechen zum Sprechen zu bringen - wenn also der Mu- 
selmann als vollstdndiger Zeuge konstituiert wird —, dann 
ist die Grundlage alles Leugnens selbst wider legt. [...] 



Wenn der Uberlebende nicht von der Gaskammer oder von 
Auschwitz Zeugnis ablegt, sondern fur den Muselmann, 
wenn er allein von einer Unmoglichkeit zu sprechen her 
spricht, dann kann sein Zeugnis nicht geleugnet werden. 
Auschwitz - das, von dem Zeugnis abzulegen nicht moglich 
ist - ist absolut und unwiderleglich bewiesen. " 
Georges-Arthur Goldschmidt meinte noch: 9 

"Bisher hat es kein historisches Ereignis gegeben, das so 
weitreichend gewesen ware und so wenig nachweisbar. 
[...] Es ist buchstdblich nicht zu fassen, dafi man unter al- 
ien historischen Ereignissen gerade die Existenz von Au- 
schwitz zu leugnen versucht - als trage Auschwitz tatsdch- 
lich seine eigene Negation in sich. " 
Nun ist also endlich dem Philosophen Agamben der "unwi- 
derlegbare" Beweis gelungen! Zwei Paradoxe aneinander 
aufzuschaukeln, um etwas angeblich wenig Nachweisbares 
doch noch zu beweisen, das durfen wir getrost dem "jiidi- 
schen Geist" zurechnen. Das ware etwa so, als wollte man 
einem Kind die "Tatsache", daB Osterhasen Eier legen, damit 
beweisen, dafi 1) noch niemand den Osterhasen beim Eierle- 
gen gesehen hat, und 2) die gefundenen Ostereier keinen 
Herkunftshinweis tragen, womit unwiderlegbar bewiesen wa- 
re, dafi die Ostereier vom Osterhasen gelegt werden. 10 
Dagegen meinte der judischstammige Philosoph Karl Rai- 
mund Popper in einem Interview einmal: 11 

"Wahrheit ist Ubereinstimmung mit den Tatsachen, Uber- 
einstimmung mit der Wirklichkeit. Wahrheit ist objektiv 
und absolut . " 
Wie laBt sich diese offenkundige Diskrepanz in der Wahr- 
nehmung der Wirklichkeit erklaren? 

Der inzwischen verstorbene jiidische Soziologe Alphons Sil- 
bermann behauptete, daB sich ein jiidischer Geist erkennen 
laBt, der nur im Kollektivgedachtnis verfestigt sein kann, 
dem ein Erfahrungsschatz im Fixpunkt "Leiden" zugrunde 
liegt. 12 Es ist: 

"ein mit dynamischer Kraft ausgestattetes System von Ide- 
en, das einer bestimmten Gruppe zu eigen ist und in letzter 
Analyse durch die zentralen Interessen dieser Gruppe be- 
stimmt wird. Das Ideensystem der Juden ist durch eine Ge- 
schichte als Leidensgeschichte geprdgt, dessen Wesenszuge 
sich seit Moses ' Gedenken auf'Uberleben ausrichtet. " 
"Nicht ein oft beschworenes Geschichtsbewufitsein fiihrt 
diese Erkenntnisse an, sondern das Kollektivgedachtnis, 
das sich die Geschichte des Leidens als Geschichte des 
Kollektivs zu eigen gemacht und in sich eingegraben hat. 
Unentwegt projiziert es die historische Vergangenheit auf 
die Gegenwart und eine hoffnungsfreudige Zukunft, immer 
wieder beriihrt es das Jude-Sein. [...] Die Geschichte des 
Leidens liegt auf den Schultern eines jeden Juden. " 
Ein Geistesverwandter von Agamben ist der franzosisch- 
judische Philosoph Jacques Derrida. Er hatte erfahren, "durch 
Weizmann sollen die Juden selber - beinahe wie ein Staat - 
im September 1939 dem Dritten Reich den Krieg erklart ha- 
ben." Fiir diese "Unterstellung" macht er "die Logik der Ob- 
jektivitat" verantwortlich, die 

"die Moglichkeit geschaffen hat, das Zeugnis und die Ver- 
antwortung fur ungultig zu erklaren, also auszuloschen, 



212 



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und die Besonderheit der Endlosung zu neutralisieren: es 

hat die Moglichkeit der historiographischen Perversion ge- 

schaffen, die ihrerseits die Logik des Revisionismus [...] 

erzeugt hat. Den Revisionismus konnen wir, um uns kurz zu 

fassen, als einen Revisionismus Faurissonschen Stils be- 

stimmen; den Objektivismus als einen, der die Existenz ei- 

nes analogen totalitdren Vorbilds und die Tatsache vor- 

gdngiger Massenvernichtung (genannt wird der Gulag) zur 

Erkldrung der Endlosung herbeizieht und diese sogar im 

Sinne einer Kriegserkldrung 'normalisiert ' ' im Sinne einer 

klassischen staatlichen Antwort, einer wdhrend des Krie- 

ges gegen die Juden dieser Welt erteilten Antwort. " 

Der Philosoph halt es also nicht fur angebracht, die verschie- 

denen Kriegserklarungen - schon ab 1933! - zur Kenntnis zu 

nehmen. 16 Bezogen auf unser Osterhasen-Beispiel ware das 

so, als wurde sich jemand dariiber beklagen, daB es objektive 

Zoologen gibt, die doch tatsachlich behaupten, der Hase sei 

em Saugetier, womit die Zeugenschaft der Ostereier geleug- 

net wurde. Und Prof. Faurisson sahe sich in der Rolle des 

Zoologen, der seine Erkenntnisse uber Hasen in der Formel 

zusammengefaBt hat: "Wer saugt, legt keine Eier!", wofiir er 

wiederholt krankenhausreif geschlagen wurde, eine hohe 

Geldstrafe und akademische Achtung in Kauf nehmen muBte. 

Wir konnen aber festhalten: Giorgio Agamben hat sich offen- 

sichtlich mit der Arbeit und den Erkenntnissen Faurissons 

beschaftigt und billigt ihnen "Objektivitat" zu. Diese aber 

will er nicht, da sie der "Dialektik" seines jiidischen Empfin- 

dens widerspricht. Objektive Geschichtsbetrachtung empfindet 

er als pervers. Eine derartige Bestatigung von der Gegenseite 

hatte sich Prof. Faurisson wohl nicht traumen lassen! Wenn 

seine Erkenntnisse objektiv sind, dann hat er eben recht! 17 

Wahrend jahrzehntelang die "UnfaBbarkeit" der Opferzahl 

von zunachst vier Millionen, spater iiber einer Million, mit 

Auschwitz assoziiert wurde, riickt mit "neuen Archivfun- 

den", wie der S/?iege/-Redakteur Fritjof Meyer in der kei- 

neswegs rechten Zeitschrift Osteuropa berichtet, 

"die Dimension des Zivilisationsbruchs endlich in den Be- 
reich des Vorstellbaren und wird so erst zum uberzeugen- 
den Menetekel fur die Nachgeborenen. [...] Eine halbe 
Million fiel dem Genozid zum Opfer. " 
Abgesehen von der Frage, ob dies die letzte offizielle Zahl 
der Todesopfer von Auschwitz bleibt, und abgesehen von der 
Frage, ob jeder, der in Auschwitz starb, auch ermordet wur- 
de, nahert sich die Zahl jener Anzahl von Menschen, die in 
Dresden in zwei Tagen bei lebendigem Leib verbrannten. Je 
weiter die Zahl der Auschwitzopfer durch Reduktion in den 
Bereich des Vorstellbaren riickt, desto schwieriger wird es 
aber auch, die Differenz zu den nicht in Frage zu stellenden 
sechs Millionen zu erklaren. Wer da etwa einen prominenten 
Juden hoflich um eine Erklarung bittet, muB schon mal mit 
einer Anzeige rechnen. Aber wir wissen ja von Martin 
Broszat, dem inzwischen verstorbenen vormaligen Direktor 
des Miinchner Instituts fur Zeitgeschichte, daB es sich um ei- 
ne "symbolische Zahl" handelt. 19 
Herbert Kempa schrieb vor Jahren: 20 

"Kein Ernstzunehmender bezweifelt, dafi Juden im Dritten 
Reich verfolgt wurden. Wer sich mit diesem Thema ausein- 
andersetzt, mufi in einem Rechtsstaat aber doch wohl unter- 
suchen diirfen, was glaubwiirdig, was unglaubwurdig und 
was technisch unmoglich ist. Wenn Gesetze die historische 
Forschung zu diesem Komplex verbieten, wenn Sachverstdn- 
dige bei Strafandrohung nicht aussagen diirfen, dann kommt 
man doch zwangslaufig zu der Vermutung, dafi an den 



Deutschland so schwer belastenden Beschuldigungen vieles 

nicht der Nachprilfung standhalten wurde. " 

Und auch Norman Finkelstein sinniert: 21 

"[...] wird nicht nur die Zahl von '6 Millionen ' immer un- 
haltbarer, sondern die Zahlen der Holocaust-Industrie nd- 
hern sich rasch denen der Holocaust-Leugner. " 

Hermann Langbein, der bekannte Erforscher des Lagerle- 

bens, bekannte: 22 

"Wer Tatsachen von Legendenbildungen trennen will, hat 
eben alle Quellen heranzuziehen, zu vergleichen, kritisch 
zu untersuchen, wenn moglich, das Urteil von Augenzeu- 
gen iiber den Wahrheitsgehalt der Publikationen einzuho- 
len und sich vor alien Vorurteilen zu hilten. [...] Selbst 
Veroffentlichungen von Institutionen, deren Seriositdt all- 
gemein anerkannt ist, konnen nicht unkritisch iibernommen 
wer den. Das gilt auch fur das Museum von Auschwitz, das 
sich mit vollem Recht Ansehen in der Fachwelt erworben 
hat. " 

Im geschichtlichen Denken Walter Benjamins, eines weiteren 

jiidischen Geistesverwandten, gibt es so etwas wie einen 

"kontrafaktischen Wahrheitsanspruch". Thomas Schwarz 

Wentzer erlautert die Theorie dazu: 23 

"Die Bewegung der Interpretation kennt einen gleichsam 
kontrafaktischen Wahrheitsanspruch, der erfullt wird in je- 
der gelingenden Interpretation, insofern in ihrem Vollzug 
im Jetzt der Erkennbarkeit Wahrheit ungebrochen erfahren 
werden kann. " 

Uber die jiidische Geschichtsschreibung klart auch das Jiidi- 

sche Lexikon auf: 

"Das Endideal der historischen Wissenschaft — die Her- 
stellung einer vollen Ubereinstimmung zwischen der Ge- 
schichtsschreibung und der Geschichte, zwischen den Vor- 
stellungen von der Vergangenheit und der historischen 
Wirklichkeit — begegnet bes. grofien Schwierigkeiten in der 
jiidischen Geschichtsschreibung. " 

Warum das so ist, erklart uns der New Yorker Historiker Yo- 

sef Hayim Yerushalmi: 5 

"Juden, die noch vom Zauber der Tradition gebannt sind 
oder dorthin zuriickgefunden haben, finden die Arbeit des 
Historikers irrelevant. Ihnen geht es nicht um die Historizi- 
tdt des Vergangenen, sondern um seine ewige Gegenwart. 
Wenn der Text unmittelbar zu ihnen spricht, mufi ihnen die 
Frage nach seiner Entwicklung zweitrangig oder vollig be- 
deutungslos vorkommen. [...] Viele Juden suchen heute 
nach einer Vergangenheit, aber diejenige, die der Histori- 
ker zu bieten hat, wollen sie ganz offensichtlich nicht. [...] 
Das gewaltige augenblickliche Interesse am Chassidismus 
kiimmert sich nicht im geringsten um die theoretischen 
Grundlagen und die reichlich anriichige Geschichte dieser 
Bewegung. Der Holocaust hat bereits mehr historische 
Forschungstdtigkeit ausgelost als jedes andere Ereignis 
der jiidischen Geschichte, doch fur mich steht vollig aufier 
Zweifel, dafi sein Bild nicht am Ambofi des Historikers, 
sondern im Schmelztiegel des Romanciers geformt wird. 
Seit dem 16. Jahrhundert hat sich viel gedndert, doch eines 
ist seltsamerweise gleich geblieben: Es sieht so aus, als 
seien die Juden damals wie heute nicht bereit, sich der Ge- 
schichte zu stellen (wenn sie sie schon nicht uberhaupt ab- 
lehnen). Sie scheinen lieber auf einen neuen, metahistori- 
schen Mythos warten zu wollen, und der Roman eignet sich 
wenigstens einstweilen als modernes Surrogat dafiir. " 

Der Begrunder des von Yerushalmi genannten Chassidismus, 

also der osteuropaisch-judischen Frommigkeitsbewegung, 



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213 



war Israel ben Elieser, genannt Ba'al Schem Tow, der "Mei- 
ster des guten Namens"; er lebte von 1700 bis 1760 in Podo- 
lien. In einem neueren Lexikon der jiidischen Religion heiBt 
es: 26 

"From its earliest period, Hasidism cultivated the oral tale 
as an important vehicle for conveying its teachings. The 
Ba 'al Shem Tov himself was a master storyteller. " 
Elie Wiesel berichtet: 27 

"Der Aufruf des Baal-Schem war ein Aufrufzur Subjektivitdt, 
zum leidenschaftlichen Engagement. " 
Er zitiert dann seinen GroBvater: 

"Man wird dir sagen, dafi diese oder jene Geschichte nicht 
wahr sein kann; na und? Ein objektiver Chassid ist kein 
Chassid. " 
Elie Wiesel selbst bestatigt: 28 

"Fiir einen Historiker gibt es nichts Verwirrenderes, Er- 
niedrigenderes. Keinen Trennungsstrich Ziehen zu konnen 
- keinen einzigen, ganz gleich welchen - zwischen Mythos 
und Realitat, zwischen Fiktion, Phantasterei und Erlebtem, 
das ist fiir einen Geschichtswissenschaftler der Gipfel der 
Verlegenheit. " 
Aber er fordert: 29 

"Macht Gebete aus meinen Geschichten "\ 
In seiner Autobiographie berichtet er iiber die kabbalistischen 
und asketischen Versuche seiner Jugend, iiber die Anzie- 
hungskraft des Leidens und seinen Neid auf das Leiden der 
Armen in seiner Umgebung: Leiden als Weg zum Heiligen. 30 
Der Nobelpreis wurde ihm 1986 unter anderem auf Antrag 
von 83 Abgeordneten des Deutschen Bundestages verlie- 
hen. 31 Diesen Abgeordneten mufi Wiesels Spruch bekannt 
gewesen sein: 32 

"Jeder Jude sollte irgendwo in seinem Inneren eine Zone 
des Hasses — des gesunden mannlichen Masses - bereithal- 
ten fur das, was der Deutsche personifiziert und was in 
dem Deutschen weiterbesteht. Etwas anderes zu tun ware 
Verrat an den Toten. " 
Entweder sahen sie sich nicht als Deutsche oder sie waren in 
vorauseilendem SelbsthaB befangen, in jedem Fall eine 
schlechte Grundlage, das deutsche Volk zu vertreten. 
Norman G. Finkelstein macht Wiesel als Strippenzieher ver- 
antwortlich, der sich das Amt eines "Hohepriesters" der Ge- 
denkkultur anmaBt und den er der Kategorie Gauner und Be- 
triiger zurechnet. 33 

Verschiedentlich werden auch die Folgen der Assimilation 
als Holocaust bezeichnet, so bei den Chassidim aus WeiBruB- 
land. Dort entstand eine religiose Bewegung, "die den ' spiri- 
tuellen Holocaust ', die Assimilation des jiidischen Volkes 
mit Fax, Fernsehen, Walkman und alien modernen Kommu- 
nikationsmitteln zu bekampfen versuchte." 34 Da das "jtidi- 
sche Leben" in Deutschland in stark zunehmendem MaBe 
durch osteuropaische Juden gepragt wird, ergeben sich da 
ganz ungeahnte Moglichkeiten des kulturellen Gedachtnisses 
und Geschichtsverstandnisses. Gershon Greenberg von der 
American University, Washington D.C., schreibt: 35 

"There is a universal spiritual community which spreads 
from the Far East to the West, with its center in Germany. " 
In Amerika ist das Zentrum der Chassidim bekanntlich im 
New Yorker Stadtteil Brooklyn angesiedelt. 
Und dann gibt es das "Wilkomirski-Syndrom". Da begann 
ein adoptierter Schweizer irgendwann "Memoiren" iiber sei- 
ne angeblich jiidische Kindheit in den Kriegsjahren zu 
schreiben, darunter seine Erlebnisse in Majdanek und Au- 
schwitz-Birkenau mit hanebiichenen Einzelheiten. 36 Trotz 



seiner Entlarvung als Betrtiger 37 erfahrt man von dem Holo- 
caust-Forscher Israel Gutman: 38 

"Das ist kein Schwindler. Das ist jemand, der diese Ge- 
schichte tief in seinem Innern durchlebt. Der Schmerz ist 
authentisch. [...] Selbst wenn er kein Jude ist, so ist doch 
die Tatsache, dafi der Holocaust ihn derart tief beeindruck- 
te, von allergrofiter Bedeutung. " 
Den "eingebildeten Erinnerungen, oder: von der Sehnsucht, 
Opfer sein zu wollen" war im April 2001 sogar eine interna- 
tionale Konferenz in Potsdam gewidmet. 39 
Bei Harold Bloom, dem amerikanisch-jiidischen Kabbala- 
Forscher, lesen win 40 

"Der Chassidismus war der letzte Abkommling der Kabba- 
la und lafit sich begreifen als die positive letzte Errungen- 
schaft einer Bewegung, die in ihren dunklen Aspekten in 
die Siimpfe der Magie und des Aberglaubens, zu falschen 
Messiassen und zu Apostaten fiihrte. " 
Wahrend die orthodoxen Juden ungefahr 12 Prozent der jiidi- 
schen Weltbevolkerung stellen, werden die darin enthaltenen 
Chassidim mit fiinf Prozent oder 550.000 angegeben. Ortho- 
doxe Fiihrer behaupten jedoch, daB ihr Anteil von liberalen, 
jiidischen Demographen standig unterschatzt wiirde, um die 
Bedeutung der Orthodoxie herunterzuspielen, vermutlich um 
dadurch dem "Antisemitismus" zu begegnen. 41 "Das religiose 
Leben der heutigen Juden wird mehrheitlich vom Chassidis- 
mus gepragt", gibt dagegen Peter Stiegnitz in einer kleinen 
Aufklarungsschrift fiber das Judentum offen zu. 42 
Es wiirde zu weit fiihren, hier die "theoretischen Grundlagen 
und die reichlich anriichige Geschichte dieser Bewegung" 
(Yerushalmi) aufzudecken. 43 Aber eine Anmerkung des Reli- 
gionsphilosophen und Kabbala-Forschers Gershom Scholem 
sollte doch zu denken geben: 44 

"Fiir die Kabbalisten war es nicht die Aufgabe Israels, den 

Volkern ein Licht zu sein, sondern, ganz im Gegenteil, aus 

ihnen die letzten Funken der Heiligkeit und des Lebens 

herauszulosen, [...] eine Wahrheit, der nur allzuviele 

Theologen des Judentums sich sehr ungern eroffhen und 

der auszuweichen eine ganze Literatur sich plagt. " 

Dr. Daniel Krochmalnik, Vorsitzender der jiidischen Ge- 

meinde Heidelbergs, bestatigt, zumindest was Deutschland 

anbetrifft, den Vernichtungswillen mit kabbalistischem Hin- 

tergrund. In einem mit "Amalek" tiberschriebenen Artikel in 

einem eigentlich nur an jiidische Leser gerichteten Verband- 

sorgan schreibt er: 45 

"Die genetische Verortung und prophetische Vorwegnah- 
me des radikalen Ubels lafit auch darauf hoffen, dafi eine 
Endlosung der Endloser vorprogrammiert ist. " 
Der verfassungswidrige 46 und doch gewollte demographische 
Niedergang des deutschen Volkes erscheint damit aus jiidi- 
scher Sicht als "gottgewollt". Am 18. November 1969 hielt 
Simon Wiesenthal vor der Jiidischen Studentenschaft Zurich 
bei starkstem Andrang einen Vortrag iiber die "Verfolgung 
von Naziverbrechern". Es gelte, potentielle Gegner auch im 
Keim, ja im embryonalen Zustand, ein fur allemal zu ver- 
nichten. 47 Nach der "Konvention iiber die Verhiitung und Be- 
strafung des Volkermordes" 48 Art. Ill (c) handelt es sich ei- 
gentlich um eine "unmittelbare und offentliche Anreizung zur 
Begehung von Volkermord". Art. IV besagt: 

"Personen, die Volkermord [...] begehen, sind zu bestra- 

fen, gleichviel ob sie regierende Personen, offentliche Be- 

amte oder private Einzelpersonen sind. " 

Nebenbei: Steven K. Langnas, der Leiter des Rabbinates der 

Israelitischen Kultusgemeinde fiir Miinchen und Oberbayern, 



214 



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behauptete in einem Vortrag vor dem Peutinger-Collegium, 
das Land Israel (!) hatte die Menschenrechte erfunden. 4 Fur 
Deutsche gelten sie aber offenbar nicht. 
Eine deutsche Regierung, ganz gleich welcher Zusammenset- 
zung, die den Anspriichen chassidisch-kabbalistischer Ge- 
denkkultur und sonstigen Vorgaben Folge leistet, lost selbst 
die letzten "Funken der Heiligkeit und des Lebens" aus dem 
deutschen Volk heraus! Symptomatisch diirfte der Fall der 
Hamburger Punkgruppe Slime sein. Wahrend der Song von 
1980 "Deutschland muB sterben, damit wir leben konnen" bis- 
her verboten war, ist er aufgrund eines Urteils des Bundesver- 
fassungsgerichts vom 23. November 2000 nunmehr erlaubt. Er 
gilt als Kunst im Sinne der grundgesetzlich garantierten Kunst- 
freiheit. 50 Dem Historiker und Diplom-Politologen Udo Wa- 
lendy wurde von der Kreisbehorde Herford die Fuhrung seines 
Verlages entzogen, weil er das Verbrechen (!) begangen hatte, 
zu versuchen, "das deutsche Volk von der ihm auferlegten Erb- 
siinde zu befreien" 51 Angela Merkel hingegen hat die Lage 
Deutschlands mit einiger Chutzpe so charakterisiert: 

"Die Anerkennung der Singularitat des Holocausts hat uns 
doch zu dem Land gemacht, das wir heute sind — frei, ver- 
eint, souverdn. " 
Zur Grundlage der CDU gehore auch "die fortwahrende An- 
erkennung des Unaussohnlichen, die Singularitat des Holo- 
caust." 52 

Den Holocaust hatte schon Dan Diner als die ungeschriebene 
Verfassung Nachkriegsdeutschlands bezeichnet. 53 Patrick 
Bahners hat das Problem anlaBlich des Deckert-Prozesses vor 
zehn Jahren unter der sinnigen Uberschrift "Objektive 
Selbstzerstorung" auf den Punkt gebracht: 54 

"Wenn Deckerts 'Auffassung zum Holocaust' richtig ware, 
ware die Bundesrepublik auf einer Lilge gegrundet. Jede 
Prdsidentenrede, jede Schweigeminute, jedes Geschichts- 
buch ware gelogen. Indem er den Judenmord leugnet, be- 
streitet er der Bundesrepublik ihre Legitimitdt. " 
Das hat, was Auschwitz anbetrifft, die Holocaust-Forscherin 
Gitta Sereny getan, indem sie in einem Interview mit Erica 
Wagner in der Times behauptete: 55 
"Auschwitz war kein 'Todeslager 
In der deutschen Ausgabe ihres Buches Das deutsche Trau- 
ma heiBt es: 56 

"dafi Auschwitz trotz seiner Symbolfunktion in erster Linie 
nicht ein Vernichtungs lager fur Juden und deshalb absolut 
nicht der Fall ist, an dem man die Vernichtungspolitik stu- 
dieren kann. " 
So also sieht Die fragile Grundlage 51 des Zusammenlebens 
von Juden und Nichtjuden aus, wie Salomon Korn es be- 
zeichnet. Er ist der Nachfolger Michel Friedmans als Vize- 
prasident des Zentralrats der Juden in Deutschland und als 
Architekt "Gedenkstattenbeauftragter". Im Gegensatz zu sei- 
nem auf ewige Zeiten unversohnlichen Vorganger halt er 
"Normalitat" zwischen Deutschen und Juden erst in weiteren 
funfzig Jahren fur moglich. Demographische Studien aber 
zeigen, dafi Deutsche dann langst zur Minderheit im eigenen 
Lande gehoren werden. 

Deutschland wird zunehmend mit einem Netz von jiidischen 
Gedenkstatten und Mahnmalen iiberzogen, wobei der Satz, 
Erinnerung sei das Geheimnis der Erlosung, Pate steht. 
Roland Kany, der Rezensent eines Lexikons Gedachtnis und 
Erinnerung,^ gibt zu bedenken: 59 

"Dabei stehen kabbalistische Traditionen hinter dem un- 
geheuren Wort des Baal Shem Tov: 'Erinnerung heifit das 
Geheimnis der Erlosung. 



Daniel Krochmalnik verrat uns, wie die Formel eigentlich 
heiBt: 60 

"Das Vergessenwollen verldngert das Exil, das Geheimnis 
der Erlosung heifit Erinnerung. " 
Das bedeutet im Geiste des Chassidismus: 

"Die Seele ist im Korper gefangen und den materiellen 
Bedurfnissen verfallen; ihre himmlische Heimat hat sie 
vergessen. Solange sie sich nicht erinnert, wer sie ist, und 
nicht begreift, dafi sie sich hier im Exil befindet, kann sie 
nicht erlost werden. [...] Wer nicht weifi, dafi er in der 
Fremde ist, dafi er sich selbst entfremdet ist, hat keine 
Sehnsucht nach seiner Heimat und lebt das dumpfe Leben 
der Kaffer. [...] Fur uns Juden bedeutet es [das Gedenken], 
soviel Geistesfunken wie nur moglich, aus jener vernichte- 
ten Welt einzusammeln, um die Flamme der Tradition zu 
entziinden. " 
Im iibrigen versteht er nicht, was das chassidische Wort den 
Nichtjuden bedeuten konne. 

Michael Brenner, der an der Universitat Miinchen "Jiidische 
Geschichte und Kultur" lehrt, stellt fest: 61 

"Je spdrlicher die Uberreste der einstigen lebendigen jiidi- 
schen Kultur Europas werden, desto starker wdchst die vir- 
tuelle jiidische Landschaft des Kontinents. Manche Telle 
Europas sind bereits heute zu einer einzigen grofien Muse- 
en- und Nostalgielandschaft geworden. " 
Wer aber wie Prof. Ernst Nolte heute noch von einer "judao- 
zentrischen" Geschichtsinterpretation und einem "negativ- 
germanozentrischen Paradigma" spreche, brauche einen Psy- 
chologen notiger als einen Lobredner, meint er. 
Nun hat es allerdings ein jiidischer Psycho loge dankenswer- 
terweise auf sich genommen, die unterschiedliche jiidische 
Mentalitat zu untersuchen: Ofer Grosbard, ein sakularer, aus 
einer deutsch-litauisch-jiidischen Familie stammender Israeli, 
geht von den verschiedenen kindlichen Entwicklungsstufen 
aus und bezieht sie auf das heutige Israel als Ganzes, das 
ebenso wie ein heranwachsendes Kind einen ReifungsprozeB 
durchmacht. Wenn er Israel "auf die Couch" legt, um Frieden 
im Nahen Osten zu stiften, rechnet er offenbar nicht mit dem 
"Therapiewiderstand" der Machtigen. Trotzdem enthalt das 
Buch eine Reihe wertvoller Einsichten, die mehr oder weni- 
ger auch fiir Diasporajuden gelten diirften, stellte doch der is- 
raelische Staatsprasident Moshe Katzav bei seinem Deutsch- 
landbesuch im Dezember 2002 an die Gemeindemitglieder 
gerichtet fest: 63 

"Ihre Heimat ist Israel. " 
Grosbard fand also: 

"Uns Juden fallt es sehr schwer, daruber nachzudenken 
und zu verstehen, welche Rolle wir bei dem alten Hafi auf 
uns gespielt haben, und welche Gefuhle wir bei anderen 
auslosen. 

"Betrachten wir nun die Beziehung zwischen den Juden 
und dem Gott, den sie geschaffen haben. Wir diirfen da- 
bei nicht vergessen, dafi die ganze schone Vorstellung nur 
in den Kopfen des jiidischen Volkes existiert. Seit diesem 
Moment im Leben des Patriarchen Abraham leben sie eine 
Geschichte, die sie selbst erzahlt haben. " 
"Aber das jiidische Volk verfugte tiber einen Ausgleich fur 
all das Leid, das Gott iiber es gebracht hatte. Es emp- 
fand die Schicksalsschlage als Zeichen der Liebe, als Zei- 
chen von Gottes Wunsch, sie zu disziplinieren. [...] Es ist 
kein Wunder, dafi eine solche innere Erfahrung zur 
selbsterfullenden Prophezeiung wird. Die anderen Volker 
brauchen nur die Rolle anzunehmen, die die Juden ihnen 



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zugewiesen haben, und versuchen, sie zu verletzen. Da- 
durch werden die Juden sich bestdtigt fiihlen, dafi sie von 
alien mifihandelt werden, well sie Gottes geliebte Kinder 
sind. [...] Aber wir dtirfen nicht vergessen, dafi alles, wor- 
iiber wir reden, nur an einem Ort stattfindet, ndmlich in 
der Vorstellung des jtidischen Volkes, das Gott mitsamt der 
ganzen Geschichte erfunden hat. Das jiidische Volk hat 
seine inner en Erfahrungen nach aufien projiziert. Alles, 
was ihm zu tun bleibt, ist die Geschichte zu leben, die es 
erzdhlt hat. So rekonstruiert es seine inneren historischen 
Erfahrungen als Volk und durchlebt sie immer wieder. " 
"Wir unterdriicken, dafi unsere gesamte Existenz nur ein 
Schwindel ist, dafi wir von geborgter Zeit leben, dafi unser 
Traum mit uns verschwinden wird, dafi unsere eigentliche 
Schwdche ans Tageslicht kommt und dafi das unser Ende 

■ i „69 

sein wird. 

"Das Problem ist unsere chronische Denkstorung, die von 
unserer Existenzangst herrilhrt, die von dem Terrorismus 
geschtirt wird. Wir nehmen eine Abwehrhaltung ein und 
verschliefien unsere Augen vor der Realitdt. [...] Wir besit- 
zen als Nation eine paranoide Personlichkeit und sind 
nicht in der Lage, zu anderen normale Beziehungen zu 
kniipfen. " 

"Ein Paranoider wird sich niemals sicher fiihlen. Er wird 
bei seiner Umgebung stets das Gegenteil provozieren. [...] 
Es gibt noch eine Sache, die einem Paranoiden schwerfdllt 
und fast unmoglich ist: dem anderen gegentiber Verstdnd- 
nis zu zeigen. " 

Antonia Grunenberg macht auf eine weitere Eigenheit judi- 

schen Denkens aufmerksam: 72 

"Im Kontext der jtidischen Exegese ist die Vorstellung, 
man konne Schuld bewaltigen, nicht vorstellbar. Schuld 
bleibt bestehen. Der schuldbeladene Mensch macht in ihr 
und mit ihr einen Neuanfang; keinesfalls jedoch kann es 
gelingen, die Schuld zu 'bewaltigen'." 

Und Gunther Gillessen gibt zu bedenken: 73 

"An der Verschiedenheit des Geschichtsverstandnisses 
zeigt sich, welche Zumutung fur die eine Seite darin be- 
steht, 'Normalisierung ' geschehen lassen zu sollen, und fur 
die andere, von Geschlecht zu Geschlecht an eine Schuld 
gekettet zu werden, die sie nicht fur die ihre halten kann. 
Keine Seite sollte an dieser Stelle die andere iiberfordern. " 

Die jiidische Philosophin Hannah Arendt meinte allerdings 

schon 1946: 74 

"Moralisch gesehen ist es ebenso falsch, sich schuldig zu 
fiihlen, ohne etwas Bestimmtes angerichtet zu haben, wie 
sich schuldlos zu fiihlen, wenn man tatsdchlich etwas be- 
gangen hat. Ich habe immer fur den Inbegriff moralischer 
Verwirrung gehalten, dafi sich im Deutschland der Nach- 
kriegszeit diejenigen, die vollig frei von Schuld waren, ge- 
genseitig und aller Welt versicherten, wie schuldig sie sich 
fiihlen. " 

Und Heinrich Bliicher, Kommunist, ihr Lebensgefahrte und 

spaterer Ehemann, schrieb ihr im selben Jahr: 75 

"Wie ich Dir schon sagte, dient die ganze Schuldfrage nur 
als christlich-scheinheiliges Gequatsche, bei den Siegern, 
um sich selbst besser zu dienen, und bei den Besiegten, um 
sich weiter ausschliefilich mit sich selbst befassen zu kon- 
nen. (Und sei es auch nur zum Zwecke der Selbsterhel- 
lung). In beiden Fallen dient die Schuld dazu, die Verant- 
wortung zu vernichten. " 

Und zu den Bildern von den Lagerhaftlingen, also den Mu- 

selmannern, gab Hannah Arendt zu bedenken: 76 



"Es ist nicht unwichtig, sich klarzumachen, dafi alle Auf 
nahmen von Konzentrationslagern insofern irrefiihrend 
sind, als sie Lager im letzten Stadium zeigen, im Moment 
des Einmarsches der alliierten Truppen. [...] was auf die 
Alliierten so emporend wirkte und das Grauen der Filme 
ausmacht, ndmlich die zu Skeletten abgemagerten Men- 
schen, ist fur die deutschen Konzentrationslager nicht ty- 
pisch gewesen; [...] Der Zustand der Lager war eine Folge 
der Kriegsereignisse in den letzten Monaten. [...]" 
In Bezug auf Auschwitz geht es, wie wir gesehen haben, um 
die Frage einer objektiven oder subjektiven Betrachtung. 
Allgemein gesprochen meinte schon vor Jahren der damalige 
Geschaftsfuhrer des Weizman-Instituts, Amos de Shalit, 
meist sei man nach Erziehung, Forschung und eigenem Den- 
ken von seiner eigenen, also subjektiven, Meinung iiber- 
zeugt. Das sei auch in den Naturwissenschaften so, nur: 77 
"Die Mathematik kann uns den absoluten und endgtiltigen 
Beweis liefern, dafi wir trotz unserer ureigensten Uberzeu- 
gung im Unrecht sind. Die Wahrnehmung der Grenzen des 
Menschen hat mich zur Bescheidenheit gezwungen. " 
SchlieBlich ist zwei mal zwei in jedem Land vier, wie Arnold 
Schonberg einmal feststellte. 78 Auch Lise Meitner, die an der 
Entdeckung der Kernspaltung beteiligte jiidische Forscherin, 
war der Uberzeugung: 79 

"Das ist in meinen Augen gerade der grofie Wert der na- 
turwissenschaftlichen Ausbildung, dafi wir lernen miissen, 
Ehrfurcht vor der Wahrheit zu haben, gleichgiiltig, ob sie 
mit unseren Wiinschen oder vorgefafiten Meinungen iiber- 
einstimmt oder nicht. " 
Objektivitat, das heiBt Sachlichkeit oder Angemessenheit ge- 
geniiber dem Gegenstand der Betrachtung, das heiBt Aner- 
kennung der auBersubjektiven Wirklichkeit, Anerkennung 
der Logik, also der Denkgesetze. Wer all dies ablehnt, han- 
delt wie ein Legastheniker, der Grammatik, Orthographie und 
Syntax ablehnt, weil er nicht damit zurechtkommt - oder wie 
ein farbenblinder Verkehrsteilnehmer, der Verkehrsampeln 
ablehnt, weil er die Signale nicht unterscheiden kann. Objek- 
tivitat, das heiBt Aufklarung! Es ist doch hochst merkwurdig, 
daB Juden, die in den verschiedensten Gebieten AuBerge- 
wohnliches geleistet haben und leisten, sich in bezug auf Au- 
schwitz, den sog. Holocaust oder der Kriegsschuldfrage Fes- 
seln anlegen lassen, deren Sprengung mit zunehmendem 
Zeitabstand immer fatalere Folgen haben mufi. 
Zu welchen Spekulationen die "Holocaust-Theologie" fiihren 
kann, mag folgendes Zitat von Gershon Greenberg zeigen: 80 
"Die jtidischen Knochen werden sogar die Grdber tiber- 
winden: Das aus jtidischen Knochen und jtidischer Haut 
erzeugte chemische Material enthdlt eine Macht, die gro- 
fier ist als die der Atombombe. In jedem kleinen Stuck Sei- 
fe befinden sich hundert Juden des Leidens. Eines Tages 
werden die Stticke explodieren und die Welt zerreifien. Ge- 
gen eine solche metaphysische Macht gibt es keinen 
Schutz. " 
Alan M. Dershowitz, der amerikanisch-jiidische Rechtsan- 
walt, Harvard-Professor und Publizist berichtet von seinem 
Freund, einem, wie er meint, brillanten und kreativen Den- 
ker: 82 

"Mein Freund Robert Novick meint, dafi der Holocaust es 
ermogliche, sich die Vernichtung der Spezies Mensch als 
'zufriedenstellendes Ende' unserer Epoche vorzustellen, 
ohne dies willkommen zu heifien. " 
Auch fur den Religionsphilosophen und ausgebildeten Rab- 
biner Jacob Taubes, der sich als "Apokalyptiker von unten 



216 



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her" verstand, war ein derartiges 'spiritual investment' in die 
bestehende Welt undenkbar, weil sein Denken von den Op- 
fern der Geschichte ausging. 83 Fur den, der das Chaos, das 
von unten drangt, niederhalt, hatte Taubes nichts iibrig: 84 
"Das ist nicht meine Weltanschauung, das ist nicht meine 
Erfahrung. Ich kann mir vorstellen als Apokalyptiker: soil 
sie zugrunde gehen. Ich habe keine spirituelle Investition in 
der Welt wie sie ist. " 
Im Talmud kommen die weisesten der Rabbiner nach andert- 
halbjahriger Beratung zu dem SchluG: 85 

"Es ist kein Zweifel moglich, dafi es besser ware, die Welt 

der uns bewufiten Wirklichkeit ware nicht vorhanden. Es 

ist kein Zweifel moglich, dafi das Ende der Menschheit, ih- 

re Wiederauflosung ins Uferlose das wiinschenswertere 

Ziel ist. " 

Nach rabbinischer Auslegung des Traktates Bereschit 86 Rab- 

ba 9,4 ist die Welt nicht auf einmal von Gotteshand erschaf- 

fen worden. Vielmehr gingen der Genesis 26 Versuche vor- 

aus, die alle gescheitert waren. Beim 27. Versuch rief Gott 

87 

aus: 

"Hoffentlich wird diese nun standhalten. " 
Wir haben hier einige judische "Philosophen" zitiert. Nach 
zweieinhalb Jahrtausenden Philosophiegeschichte scheint 
diese Disziplin an die Urspriinge in der Kindheit des Men- 
schen zuriickgekehrt zu sein, zu Magie und Aberglauben. 
Scholem schrieb: 88 

"Man kann sagen: die metaphysische Btihne der Wissen- 
schaft vom Judentum hat etwas Furchterregendes. Geister 
irren, von ihrem Korper getrennt und entblofit, in der Wti- 
ste umher. Sie hausen in der Ndhe von den Gefilden der 
Lebenden und blicken sehnsuchtsvoll auf ihre vergangene 
Welt. Wie sehr sehnen sie sich danach, dort ebenfalls zu 
wandeln, wie mtide sind sie von den Wanderungen iiber 
Generationen hinweg und verlangen danach auszuruhen. 
Viele sind des Spottes uberdrussig und trachten, von den 
Pforten des Lebens und den Toren des Todes gleicherma- 
fien zuruckgestofien, nach beiden, wenn sie nur aus dem 
Zwischenstadium befreit wtirden, aus jener besonderen 
Holle, in der sich der von Heinrich Heine beschriebene Ju- 
de befindet. Doch wohin sie sich auch wenden, ein Fluch 
lastet seit Generationen auf ihnen, wie eine Art Bann oder 
Zauber, den es zu losen gilt, um zugleich zu sterben und zu 
leben: Bruchstucke einer drilckenden und gefahrlichen 
Vergangenheit haften ihnen an. Triimmer der Vergangen- 
heit liegen verstreut umher, und selbst jene Ungeheuer be- 
sitzen eine ihnen eigene beschworende Sprache. Der Jude 
will sich von sich selbst befreien, und die Wissenschaft des 
Judentums ist die Beerdigungszeremonie fur ihn, so etwas 
wie eine Befreiung von dem Joch, das aufihm lastet. " 
Professor Konrad Low wies auf die erschutternde Fortschrei- 
bung kollektiver Feindbilder in Israel hin und sah darin einen 
atavistischen Ruckfall: 89 

"Jeder Deutsche hat [...] das Recht, sich gegen die Attak- 
ken einer archaischen Stammesmoral zur Wehr zu setzen. " 
Wenig geschmackvoll war es ubrigens, als der ungarisch- 
judische Regisseur George Tabori darauf hinwies: 90 

"Der kiirzeste deutsche Witz ist Auschwitz" 
Aber das durfte ohnehin nur er sagen. 

Anmerkungen 

1 Jenseits von Schuld und Siihne - Bewdltigungsversuche eines Uberwdl- 
tigten; (1966) Neuausgabe: Klett-Cotta 1977, S. 28 f., nach Giorgio 
Agamben, Was von Auschwitz bleibt. Das Archiv und der Zeuge; Suhr- 



kamp, Frankfurt am Main 2003 , S. 36; siehe auch Anm. 65. 
Was von Auschwitz bleibt, S. 38f. 
Ebenda, S. 40. 
Ebenda, S. 42. 
Ebenda, S. 43. 
Ebenda, S. 47. 
Ebenda, S. 131. 

Was von Auschwitz bleibt, S. 134f. Revisionisten leugnen natiirlich 
nicht Auschwitz, sondern bestreiten bestimmte Aussagen iiber Au- 
schwitz und andere Lager. Was dort tatsachlich geschehen ist, muB na- 
tiirlich riicksichtslos als geschichtliche Tatsache anerkannt werden! Im 
tibrigen bedeutet die unsinnige Rede vom "Auschwitz leugnen" eine 
MiBachtung der Geschichte dieses Ortes seit dem 13. Jahrhundert. 
Als Freud das Meer sah. Freud und die deutsche Sprache, Ammann, 
Zurich 1988; darin: "Der Diskurs iiber die Juden", S. 159, 162. 
Es kann wohl nicht verwerflich sein, auf Unterschiede zwischen Juden 
und Nichtjuden hinzuweisen, bestatigte uns doch schon Elie Wiesel: 
"Everything about us is different." (Mit uns ist alles anders.) in: 
Against Silence, Bd. I, S. 1 53 und And the Sea, S. 133, nach Norman 
Finkelstein: Die Holocaust-Industrie. Wie das Leiden der Juden aus- 
gebeutet wird; 5. Aufl., Piper, Mtinchen 2001, S. 55. Nebenbei: Wie 
der Hase in die Bibel kam und durch tjbersetzungsfehler zum Osterha- 
sen mutierte, dariiber berichtet auf amlisante Weise Walter- Jorg Lang- 
bein in seinem Lexikon der biblischen Irrtumer, Langen Mtiller, Mtin- 
chen 2003, S. 254-256. 

Ich weifi, dafi ich nichts weifi - undkaum das, Ullstein, Frankfurt 
a.M./Berlin 1991, S. 19. 

Alphons Silbermann, Was ist jiidischer Geist? Zur Identitdt der Juden, 
Interfrom, Ziirich 1984, S. 117f. 
Ebenda, S. 118f. 
Ebenda, S. 116f. 

Gesetzeskraft. Der "mystische Grund der Autoritdt" , Suhrkamp, 
Frankfurt a.M. 1991, S. 120. 

Da konnten wir ihm das Buch von Hartmut Stern "Judische Kriegser- 
klarungen an Deutschland" - Wortlaut, Vorgeschichte, Folgen, FZ- 
Verlag, 2. Aufl., Mtinchen 2000, empfehlen. "Judische Kriegserkla- 
rungen" wtirden zumindest die Internierung von Juden rechtfertigen; 
immerhin wurden weltweit 14 Millionen Juden zum Kampf aufgerufen. 
Prof. Ernst Nolte hatte auf eine AuBerung von Dr. Benjamin Halevi, 
einem der israelischen Richter im Eichmann-ProzeB, hingewiesen: "Es 
gab tatsachlich eine Erklarung von Professor Chaim Weizmann aus 
dem Jahre 1939, die man als Kriegserklarung des Judentums an 
Deutschland verstehen konnte." (Hartmut Stern: Judische Kriegserkld- 
rungen, S. 191). 

Bekanntlich war bzw. ist auch bei Kommunisten Objektivitat verpont. 
So meinte einst Ernst Bloch, Stalin sei ein bedeutender Metaphysiker 
und zwar weil er das Prinzip der Parteilichkeit in sie eingefiihrt habe. 
(zitiert in Golo Mann: "Das Opium der Intellektuellen", in: Die Welt 
vom 2. Dezember 1978). 

Fritjof Meyer: "Die Zahl der Opfer von Auschwitz - Neue Erkenntnis- 
se durch neue Archivfunde"; in: Osteuropa, 52. Jg., 5/2002, S. 631- 
641. Das ist eine Reduktion auf ein Achtel! 

Eidesstattliche Aussage vor dem Frankfurter Schoffengericht am 3. 
Mai 1979 in Sachen Erwin Schonborn, Az: 50 Js 12 828 / 79 919 Ls. 
Die Welt, 4. November 1994, S. 7. 
Die Holocaust-Industrie, aaO. (Anm. 10), S. 133. 
... nicht wie die Schafe zur Schlachtbank; Fischer, Frankfurt a.M. 
1995, S. 80-82. 

Bewahrung der Geschichte. Die hermeneutische Philosophic Walter 
Benjamins. Monographien zur philosophischen Forschung, Philo Ver- 
lag, Bodenheim 1998, nach Gustav Falke: "Benjamin Interpretieren" 
in: FAZ vom 19. Juni 1998, S. 46. 
Jiidischer Verlag, Berlin 1927, Spalte 1081. 

Zachor: erinnere Dichl Judische Geschichte und jiidisches Geddcht- 
nis, Klaus Wagenbach, Berlin 1996, S. 102-104. 

The Oxford Dictionary of the Jewish Religion, OUP, New York/Oxford 
1997, S. 306. 

Chassidische Feier, Herder, Freiburg i. Br. 1988, S. 15. 
Ebenda, S. 16. 

Essays eines Betroffenen, 3. Aufl., Herder, Freiburg u.a. 1986. 
Nach Y. Michal Bodemann: "Vom Vorspiel auf dem Theater zum oku- 
menischen Gottesdienst" in: FAZ vom 24. August 2000. 
Rudolf Czernin: Das Ende der Tabus. Aufbruch in der Zeitgeschichte, 
5. Aufl., Leopold Stacker, Graz/Stuttgart 2001, S. 16. 



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32 Legends of our Time, Avon Books, New York 1968, S. 177f. 

33 Julius H. Schoeps, "Angriff auf ein Tabu" in: FAZ vom 18. August 
2000, S. 8. 

34 Anna-Patricia Kahn, "Der Rebbe" in: Landesverband der Israeliti- 
schen Kultusgemeinden in Bayern, Nr. 62, Juni 1994, S. 33. 

5 Gershon Greenberg, "Orthodox Jewish Theology - Responses to the 
Holocaus" in: Yehuda Bauer (Hg.), Remembering for the Future, Bd. I, 
Pergamon, Oxford 1989, S. 1023. 

36 Vgl. VffG, 2/2000, S. 207. 

37 Vgl. J. Graf, "Die Wilkomirski-Pleite", VffG 3(1) (1999), S. 88-90. 

8 Avishai Margalit, Ethik der Erinnerung, Fischer, Frankfurt a.M. 2000, 
S. 80. Der israelische Philosoph Margalit war es iibrigens auch, der im 
Rahmen einer Max-Horkheimer-Vorlesung iiber die "Ethik des Ge- 
dachtnisses" an der Frankfurter Goethe-Universitat sagte, im Judentum 
werde rituell auch dann erinnert, wenn der Gegenstand des Erinnerns 
nicht nur langst vergangen ist, sondern in vielen Fallen vermutlich 
niemals existent war: die Stunde Null, der Auszugsmythos, der souve- 
rane Wille der Verfassungsgebung, das urspriingliche Opfer oder der 
Griindungsheros (nach Jiirgen Kaube: "Mit Liicken" in: FAZ vom 26. 
Mai 1999, S.N5). 

39 FAZ vom25. April 2001, S. 71. 

40 Kabbah, Poesie und Kritik. Stroemfeld, Basel 1988, S. 30. 

41 Kevin MacDonald, A People That Shall Dwell Alone. Judaism as a 
Group Evolutionary Strategy, Praeger, Westport, CT 1994, S. 259, 
Anm. 

42 Das Judentum. Fundament der westlichen Kultur, hpt, Wien 1988, S. 
90. 

43 Vgl. VffG, 4/1999, S. 417ff. 

44 Sabbatai Zwi. Der mystische Messias, 1 . Aufl., Jiidischer Vlg., Frank- 
furt a. M. 1992, S. 66f. 

45 "Amalek. Vernichtung und Gedenken in der jiidischen Tradition" in: 
Der Landesverband der israelitischen Kultusgemeinden in Bayern, 
Marz 1995, S. 5. Auf diesen Artikel hat dankenswerterweise David 
Korn in Band II seines Lexikons Wer ist wer im Judentum? Lexikon 
der jiidischen Prominenz; FZ-Verlag, Miinchen 1998, hingewiesen. 

46 Das Bundesverfassungsgericht hatte am 21. Oktober 1987 festgestellt: 
"Es besteht die Wahrungspflicht zur Erhaltung der Identitat des Deut- 
schen Volkes." 

47 "Ecrasez l'Autriche" in: Salzburger Volksblatt vom 23. Januar 1970, 
sowie NZZvova 21. November 1969, Fernausgabe 320, S. 38. 

48 Menschenrechte. Ihr internationaler Schutz, 3. Aufl., C. H. Beck, 
Miinchen 1992, S. 104ff. 

49 Bayerischer Monatsspiegel vom August 2002, S. 16. 

50 Holger Stark, "'Deutschland muB sterben' - ganz legal" in: Der Tages- 
spiegel vom 24. November 2000. Zum Vergleich: Der Texter der als 
"rechtsextrem" eingestuften Band Landser wurde wegen Volksverhet- 
zung und Verbreitung von Nazipropaganda zu drei Jahren und vier 
Monaten Haft verurteilt. ("Rechtsextreme Musiker verurteilt" in: FAZ 
vom 23. Dezember 2003, S. 2). Mitunter werden CDs mit "volksver- 
hetzendem" Inhalt aber auch schon mal von V-Leuten des sog. Verfas- 
sungsschutzes initiiert. So hatte ein 28-jahriger V-Mann aus Cottbus 
2800 CDs mit dem Titel Noten des Masses vertrieben und auch an dem 
Begleitheft mitgewirkt. (Frank Pergande, "Zwischen Polizei und Ver- 
fassungsschutz" in: FAZ vom 8. November 2002, S. 12) . 

5 Interview in Deutsche Stimme vom April 2000, S. 3. 

52 Nach Johannes Leithauser, "Wir verschlafen unsere Oppositionszeit 

nicht" in: FAZ vom 2. Dezember 2003, S. 3. 
3 Ulrich Raulff, "Aber wohin geht ihr jetzt?" in: FAZ vom 2 1 . Dezember 
1999, S. 49. 

54 "Objektive Selbstzerstorung" in: FAZ vom 15. August 1994. 

55 "Light on the other side of darkness" in: Times (London) vom 29. Au- 
gust 2001, S. 11: "Auschwitz was not a 'death camp'." 

56 C. Bertelsmann, Miinchen 2000, S. 197. 

57 Salomon Korn, Die fragile Grundlage. Auf der Suche nach der 
deutsch-jiidischen "Normalitdt", Philo, Berlin/Wien 2003. 

58 Rowohlt, Reinbek 200 1 . 

59 In: FAZ vom 6. November 2001, S. L 21. 

60 "Das Geheimnis der Erlosung heiBt Erinnerung" in: Landesverband 
der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern, Nr. 79, April 1999, S. 
12. 

61 "Das Jerusalem des Ostens" in: FAZ vom 4. Oktober 2001, S. 64. 

62 "Eine Nachbemerkung ..." in: SZ vom 8. Juni 2000. 

63 "Rau: Deutschland an der Seite Israels" in: FAZ vom 10. Dezember 
2002, S. 4. 



64 Israel auf der Couch. Zur Psychologie des Nahostkonfliktes , Patmos, 
Dusseldorf2001,S. 34. 

5 "Gewisse Stellen im Talmud lassen auch die Ansicht zu, nicht Jehova 
habe die Hebraer zum Auserwahlten Volk auserkoren, sondern die He- 
braer hatten sich Jehova als ihren Gott ausgewahlt." schrieb J. G. Burg, 
Schuld und Schicksal, 4. Aufl., Damm, Miinchen 1965, S. 188. Der is- 
raelische Philosoph Jeshajahu Leibowitz bestatigt diese Ansicht: "Uber 
den Satz des Jesaja (Jes. 43,12) 'Ihr seid meine Zeugen, spricht der 
Herr, und ich bin Gott' wagt der Midrasch [homiletische, erzahlerische 
und rechtliche Auslegung der hebraischen Bibel] zu sagen: 'Wenn ihr 
meine Zeugen seid, bin ich Gott; wenn ihr nicht meine Zeugen seid, 
bin ich sozusagen - nicht Gott'" (Gesprache iiber Gott und die Welt, 
Dvorah, Frankfurt am Main 1990, S. 133 / Insel, Frankfurt 
a.M./Leipzig 1994, S. 138) 

66 Israel auf der Couch, aaO. (Anm. 64), S. 40. 

67 Wenn die "Hebraer" ihren Gott selbst auserwahlt haben, dann ist es 
nur folgerichtig, wenn Silbermann feststellte: "Uberhaupt sollte nie 
tibersehen werden, daB die von den Juden erfahrenen Leiden, ob physi- 
scher, existentieller oder geistiger Art, oft einem Eigenverschulden 
entsprangen." (Was ist jiidischer Geist?, aaO. (Anm. 12), S. 114f.) 

68 Israel auf der Couch, aaO. (Anm. 64), S. 41/42 

69 Ebenda, S. 101 

70 Ebenda, S. 1 12 

71 Ebenda, S. 1 13. Dazu auch Wolfgang Eggert, Israels Geheim-Vatikan 
als Vollstrecker biblischer Prophetie, 3 Bande, Beim Propheten!, 
Miinchen 2001. 

2 Antonia Grunenberg, Die Lust an der Schuld. Von der Macht der Ver- 
gangenheit iiber die Gegenwart, Rowohlt, Berlin 2001, S. 57. 

73 "Steiniger Acker" in: FAZ vom 16. Mai 2000, S. 12. 

74 "Die personliche Verantwortung unter der Diktatur" in: Konkret, Heft 
6, 1991, S. 38; nach A. Grunenberg, aaO. (Anm. 72), S. 106 

75 In: Hannah Arendt - Heinrich Bliicher: Briefe 1936-1968, Mtin- 
chen/Ztirich 1996, S. 146; A. Grunenberg, ebenda. 

76 Elemente und Urspriinge totaler Herrschaft; Piper, Miinchen 1986, S. 
685, Anm. 106. 

77 Jorg Bremer in: FAZ vom 9. Dezember 1997, S. 43. 

78 Julia Spinola, "Am 13. muB man auf alles gefaBt sein" in: FAZ vom 14. 
Juli2001,S. IV. 

9 Martin Tromel, "Freunde bis in den Tod: Otto Hahn und Lise Meitner" 
in: FAZ vom 10. Oktober 2001, S. N 3. 

80 AaO., S. 1022: "Even from the graves, Jewish bones will overcome: 
The chemical material manufactured from Jewish bones and skin con- 
tains power greater than that of the atom bomb. In each little piece of 
soap there are a hundred Jews of sorrow. Someday the pieces will ex- 
plode and rip the world apart. Against such a metaphysical power there 
is no protection." 

81 Den Schwindel mit der Judenseife hat schon Yehuda Bauer, der Her- 
ausgeber eben dieses Werkes, zurtickgewiesen. Yad Vashem gibt stets 
die offizielle Antwort, daB die Nationalsozialisten aus Juden keine Sei- 
fe herstellten. (Tom Segev, Die siebte Million. Der Holocaust und Is- 
raels Politik der Erinnerung; 1. Aufl., Rowohlt, Reinbek 1995, S. 249, 
FuBnote) So entsteht also Sprengstoff aus dem Nichts! 

82 Chutzpah, Little, Brown, Boston 1991, S. 130: "My friend Robert No- 
vick argues that the Holocaust makes it possible to contemplate, with- 
out welcoming, the destruction of the human species as a 'satisfying 
close' to the history of our epoch." 

83 Martin Terpstra, Theo de Wit: "No spiritual investment in the world as 
it is. Die negative politische Theologie Jacob Taubes"; in: Etappe, 
13/September 1997, S. 98. 

84 Ebenda, S. 83: "I have no spiritual investment in the world as it is." 

85 Nach Theodor Lessing, Der jiidische Selbsthass (1930); Matthes & 
Seitz, Miinchen 1984 , S. 222. 

86 D.i. das Buch Genesis 

sl Andre Neher, Jiidische Identitat - Einfuhrung in den Judaismus; Euro- 

paische Verlagsanstalt, Hamburg 1995, S. 77. 
>8 Judaica 6, Die Wissenschaft vom Judentum, Suhrkamp, Frankfurt a. 

M.1997, S. 23. 

89 Im heiligen Jahr der Vergebung. Wider Tabu und Verteufelung der Ju- 
den, A. Fromm, Osnabrtick 1991, S. 126. 

90 FAZ vom 1. September 1998, S. 41. 



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Schonheit vor allem tat ihm in Ohren und Augen weh 

Oder: Die Diktatur des HaBlichen 

Von Ernst Manon 



"In einigen Kreisen ist Asthetik zu einem schmutzigen Wort 
geworden." klagt der amerikanische Komparatist Geoffrey H. 
Hartman und bedauert, daB die Universitaten der Neuen Welt 
nicht langer willens sind, das westliche Kulturerbe weiterzu- 
reichen. 1 Aber viel anders ist es ja in unserer Alten Welt auch 
nicht. 

Wie lebt es sich mit der HaBlichkeit? Kein Problem fur Ba- 
zon Brock, einen Theoretiker des Kulturbetriebs, 1986 jeden- 
falls: 2 

"Ich sitze jeden Tag im Ruhrgebiet. Inzwischen, entschul- 
digen Sie, fiihle ich mich in der Schonheit dieser unglaub- 
lichen Hdfilichkeit so wohl, dafi ich darin etwas Grofies 
sehen kann. [...] Wahrend die unheimlich brutalen Haupt- 
strafien im Ruhrgebiet, wo einem die Luft wegbleibt, durch 
ihre Hafilichkeit zu einer so unglaublichen Schonheit ge- 
worden sind, dafi sie die einzige zeitgemafie Form bilden, 
in der wir Schonheit uberhaupt noch erleben konnen. " 
Michael Monninger meint gleichsinnig: 3 

"Einen Ausweg, um vor dem Anblick heutiger Stadte nicht 
zu verzweifeln, konnte schlicht in der Anderung der Wert- 
mafistdbe bestehen. " 
Er bietet einen surrealistischen Ansatz zur Interpretation des 
"Gesamtkunstwerks Chaos-Stadt" an: 4 

"Man kann es auch als Trauerarbeit oder Notwehr verste- 

hen, um sich wenigstens gedanklich von den geliebten Ge- 

fiihlsvitrinen mittelalterlicher Stadtveduten. (Man mufi nur 

einmal einen Antiquariats-Katalog mit Stadtveduten zur 

Hand nehmen, um den asthetischen Blick zu erkennen, mit 

dem man friiher die Welt wahrnahm.) zu emanzipieren, zu 

denen leider kein Weg zuriickfuhrt. Erst nach der vollstan- 

digen Einfiihlung in den Sex-Appeal der anorganischen 

Stadt, erst wenn sich der Wahrnehmungsapparat auf die 

ungestaltete Rohheit und Diskontinuitat heutiger 

Stadtlandschaften eingestellt hat, kann es Hoffnung geben, 

das Geschaute wieder als Gemachtes zu sehen und viel- 

leicht sogar zu korrigieren. " 

Der Verleger Wolf Jobst Siedler hatte bereits 1964 in einem 

Bildband anhand von Photos aus Berlin zwischen 1860 und 

1960 einen wehmiitig-ironischen Blick auf den asthetischen 

Bruch in der Stadtentwicklung geworfen. 5 

Ahnliches gilt in Sachen Literatur. Der 1975 verstorbene Li- 

teraturkritiker und Essayist Lionel Trilling meinte schon in 

den 1970erJahren: 6 

"Es braucht kaum betont zu werden, dafi die visiondre 
Norm von Ordnung, Friede, Ehre und Schonheit in der Li- 
teratur unserer Tage keinen Platz mehr hat. Vielleicht ist 
ihr Vorhandensein noch an ihrer Abwesenheit zu erkennen: 
die erbitterte und verdchtliche Ablehnung dieser Vision, 
die fur die moderne Literatur kennzeichnend ist, ist mogli- 
cherweise als ein Ausdruck der Verzweiflung daruber zu 
verstehen, dafi sie sich nicht verwirklichen lafit. Doch auch 
ihre Ablehnung ist grundlos. Sie ist, wie Hegel sagen wiir- 
de, eine freie Entscheidung, die der Geist auf der Suche 
nach seiner Selbstverwirklichung getroffen hat. " 
Fur viele hat auch der Drogenkonsum eine Rolle gespielt 
beim forcierten Umschlagen der Erfahrungswelt in eine ande- 
re Wirklichkeit. Was fur breitere Kreise erst ab etwa 1970 



moglich wurde, haben wenige schon viel friiher ausprobiert 
und so den Weg gebahnt. In seiner Studie iiber Haschisch 
Myslowitz - Braunschweig - Marseille berichtete Walter 
Benjamin, wie er unter dem EinfluB der Droge zum Physio- 
gnomiker wurde und plotzlich die HaBlichkeit der ihn umge- 
benden Gesichter "als das wahre Reservoir der Schonheit, 
besser als ihr Schatzbehalter" erkannte. 7 Der obengenannte 
Trilling zitiert den Psychiater David Cooper, einen Mitarbei- 
ter des Drogenapostels R. D. Laing, der zur englischen Aus- 
gabe von Michel Foucaults Folie et deraison ein Vorwort 
beisteuerte: 8 

"Wahnsinn ist in unserer Zeit so etwas wie eine verlorene 
Wahrheit geworden. " 
Auf dem Hohepunkt des asthetischen Krieges schrieb der 
Kunsthistoriker Hans Sedlmayr, der deshalb von Linken gar 
nicht geschatzt wurde: 

"Im Grunde ist der dsthetische Anarchismus viel gefahrli- 
cher als der politische. Die Revolten des politischen Anar- 
chismus sind ephemer geblieben und haben, bis jetzt we- 
nigstens, keine Wirkungen von historischer Tragweite ge- 
habt. 'The anarchists have failed to make their revolution 
and seem even further from doing so today. ' (James Joll: 
The anarchists, 1964, Pb bei Methuen and Cie, London 
1969, S. 278). Daran hat auch das Jahr 1968, mit seinen 
Aufstanden, bei denen die schwarze Fahne des Anarchis- 
mus gezeigt wurde, nichts gedndert, auch nicht die terrori- 
stischen Attentate unserer Tage. Der dsthetische Anar- 
chismus aber hat sich, ohne als solcher erkannt worden zu 
sein, seit den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts mehr 
und mehr ausgebreitet und in den sechziger Jahren einen 
Hohepunkt der Aggressivitdt und Destruktion erreicht. [...] 
Die Absage an die Kunst, die Logik, die Ethik, die Scham; 
an die Kirche, den Staat, die Familie; an die klassische 
Tradition Europas wie an jede Religion - ist in die Tages- 
und Bildzeitungen, in Film und Ferns ehen, auf das Theater 
und in die Happenings, in die Praxis des Lebens einge- 
drungen. [...] Der Zerstorung so vieler Halte hat auch das 
'Prinzip Hoffnung' nichts Wirksames entgegenzustellen, 
denn was es zu dem Ereignis zu sagen hat, an dem sich al- 
les entscheidet, zu dem Tod des einzelnen Menschen, ist 
nur ein armseliges Zeugnis letzter Hoffnungslosigkeit. " 
Dazu die Anmerkung ebenda: 

"Ftirst Kropotkin erwahnt in seinen Memoiren, dafi er 
1872 in La-Chaux-de-Fonds, im Schweizer Jura, einer 
Gruppe politischer Anarchisten begegnete, die sich 'avant- 
garde' nannte. Dies sollte der nom-de-guerre der astheti- 
schen Revolutiondre werden. " 
Es war La Chaux-de-Fonds, an dessen Kunstschule Le Cor- 
busier lernte, daB alles Ordnung und Gesetz sei, woraus er in 
"schwindelerregendem furor geometricus" ein architektoni- 
sches MaBsystem, "Modular" genannt, entwickelte, in dem er 
einen "Schlussel zu den Gesetzen der Schopfung" sah. 10 
Auch der russische Bolschewismus ist ja, wie Alexander von 
Senger berichtet, in der Schweiz entstanden. 11 Zum verhaBten 
Feindbild fiir Linke geriet der Titel eines anderen Buches von 
Sedlmayr, namlich Verlust der Mitte, 12 dem als Motto ein 
Vers aus Majakowskis Hymne an Satan vorangestellt ist: 



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"Alle Mitten sind zerbrochen und es gibt keine Mitte 
mehr. " 
Majakowski, nach Alexander Wat "ein Ubermensch voll 
kosmischer Schwermut" wahlte in Moskau im April 1930 
den Freitod. 

Die Mitte wollte und will man nicht, denn dann hatten unsere 
Apokalyptiker und "Hof-Narren" wie Hermann Weber, der in 
seiner Jugend selbst einen Zweijahreslehrgang der SED- 
Parteihochschule "Karl Marx" absolviert hatte, 13 sie ausge- 
spielt. Der Verlust der Asthetik betrifft Ost wie West, wenn 
auch in unterschiedlichen Auspragungen. Georg Baselitz 
stellte apodiktisch fest: 14 

"Ein deutsches Bild ist dann ganz toll, wenn es hafilicher 
ist als alle anderen Bilder in der Welt. " 
Als SchloBherr verschmaht auch er nicht den Lebensstil der 
haute bourgeoisie; fur die Nobelmarke Maybach von Daim- 
ler-Chrysler stellt er seinen Namen als Kiinstler zur Verfu- 
gung unter dem Motto: 15 

"Leadership bedeutet, Regeln zu brechen. " 
Der judische Dichter aus Polen Aleksander Wat berichtete: 16 
"Die erste Kategorie, in der mich der Kommunismus ab- 
stofit, das ist die Kategorie der Hdfilichkeit. Nicht als ds- 
thetische Kategorie, aber als dsthetisch-moralische Hafi- 
lichkeit, als eine Verschandelung des Charakters, der Stdd- 
te, der Dinge. " 
Karl Schlogel meint dazu: 17 

"Es ist noch gar nicht absehbar, was eine Analyse des kul- 
turellen Formverlusts als Schliissel fur eine Geschichte des 
Kommunismus hergeben wtirde. " 
Sabine Klein laBt "die literarische Moderne als Projekt des 
HaBlichen" mit Georges Bataille beginnen: 18 

"war er es doch, der eine solche systematische Affinitdt als 
erster vermutete. [...] er war vor allem Systematiker des 
Obszonen. Eine uberragende Prominenz des Ekelhaften, 
des Schmutzigen, des niederen Leiblichen prdgt sein Werk, 
und dies hat Programmcharakter: Seit je hatte Batailles 
Denken einer Kritik am abendldndischen Primat der Ver- 
nunft gegolten. [...] Im Hdfilichen, Obszonen und niederen 
Korperlichen sollte der moderne Mensch seine ursprungli- 
che Souverdnitdt zuriickgewinnen, indem er die verfemte 
Seite seiner Existenz wiedereroberte. [...] Als Residuum 
der modernen menschlichen Souverdnitdt hatte er die ob- 
szone Tat ausgemacht und ihre irritierende Kraft in der 
Aufreizung erkannt, die aus dem blasphemischen Akt der 
Uberschreitung des mafiregelnden Vernunftigen, aus der 
Besudelung des Wahren, Guten, Schonen entstand. [...] Je 
wichtiger und achtunggebietender die Verbote, die mifiach- 
tet werden, desto grofier das Verbrechen — und desto gro- 
wer die Wollust, die hieraus entsteht. " 
Als Motto fur seine These "Ohne Wahn-Sinn keine Kultur" 
hatte Peter K. Schneider eine Erklarung von Rainer Strobl 
anlaBlich der Wiener Ausstellung Kunst und Wahn (1997) 
vorangestellt: 19 

"Schizophrene sind durch das intuitive Erfassen von Ge- 
samtzusammenhangen gesunden Menschen gegenuber da- 
hingehend ilberlegen, dafi sie durch den Sog der Details 
ihr Wahrnehmungsfeld ausweiten. Sie haben dadurch eine 
' seismographische ' Empfindlichkeit und eine nahezu pro- 
phetische Weitsicht. 

Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dafi 
Schizophrene mehr in den Bereich des Moglichen einbe- 
ziehen als Gesunde. Daraus folgt die Ndhe zu Grenzuber- 
schreitungen. Sie kann als Motor ungewohnlicher Phanta- 



sien und Denkinhalte dienen. Schizophrene wirken dadurch 
in ihrer Kreativitdt besonders eigen- und fremdartig. " 
" 'Ohne Wahnsinn kein grofier Dichter ', meinte Demokrit 
vor knapp zweieinhalb Jahrtausenden, gesunde Dichter 
taugten nicht viel. " 

Wolfgang Lange dagegen sinniert: 21 

"Die Enttauschung ilber die nicht stattgefundene Revoluti- 
on ist kein Grund, den Wahnsinn zu romantisieren. Der 
[...] glorifizierte 'Schizo' diirfte kaum in der Lage sein, 
wahrhaft revolutionar zu agieren. In der Regel ist er ein- 
fach nur ein 'armes Schwein ' - ein Opfer ungluckseliger 
Verkettungen physiologischer, familidrer und (oder) sozia- 
ler Natur. " 

"Gegenwdrtige Kultur zeichnet sich vielleicht durch nichts 
mehr aus als durch den Versuch, noch das Fremdeste und 
Widerwdrtigste zu integrieren. " (ebd., S. 256) 
"Allzu geldufig ist die Vorstellung, dafi es sich bei den 
Eruptionen dsthetischer Moderne um eine willenlose Frei- 
setzung des Unbewufiten handelt, als das sie einfach hin- 
genommen werden konnte. " (ebd., S. 257) 
"Sollte man nicht endlich — anstatt die irrwitzigen Sprach- 
und Zeichengesten dsthetischer Moderne weiterhin gesell- 
schaftskritisch zu rechtfertigen - deren trostlos funkelnden 
Wahnsinn als das anerkennen, was er ist: ein letztlich in- 
kommensurables Phdnomen, dem wir heute so fremdwieje 
gegeniiberstehen? " (ebd., S. 10) 

Der Autor zitiert dann noch einen Hegel-Schiiler, Karl Ro- 

senkranz: 22 

"Die Kunst darf dem Wahnsinn nicht das letzte Wort las- 
sen. Sie mufi in ihm den Fluch der im Dunkeln schreiten- 
den Nemesis darstellen oder sie mufi ihn in einer hoheren 
Totalitdt auflosen. " 

Langst aber ist es schon zu einer Diktatur des Hdfilichen ge- 

kommen. In einer Schrift mit diesem Titel schrieb Walter 

Marinovic: 23 

"Die Herrschaft des schlechten Geschmacks hat das Pu- 
blikum der Kunst seit langem entfremdet. Wenn Sinnloses 
und Abscheuliches staatspreisgekront wird, wachst in den 
Menschen der Widerwille gegen jede Form des zeitgenos- 
sischen Kunstschaffens. Der Kult des Hdfilichen und Abar- 
tigen in der propagierten und subventionierten Staatskunst 
totet die Lust an sinnvollen Wegen der Kunst. Vieles von 
dem, was in modernen Museen zur Schau gestellt wird, er- 
regt zwar zuerst Zorn und Verachtung, aber schliefilich, 
was weit schlimmer ist, stumpfe Gleichgilltigkeit. Die Sehn- 
sucht des Menschen nach dem Vorbildlichen in der Kunst, 
das ihn anspornt, ilber sich selbst hinauszustreben, findet 
keine Erfiillung. Im schneidenden Gegensatz zur vorgebli- 
chen Demokratisierung aller Lebensbereiche betreibt man 
Kulturpolitik gegen das Volk und errichtet damit die riick- 
sichtslose Diktatur dummlicher und gemeiner Provokati- 
on. " 

Machen wir uns klar, worin der Wille zum HaBlichen, Zerris- 

senen, Bruchstiickhaften, Unfertigen und Niedrigen seinen 

Ursprung hat. In seinem unnachahmlichen Jargon wies der 

Philosoph Ernst Bloch den Weg: 24 

"Und sucht man den ideologisch durchaus fortwirkenden 
Grund filr solch inneren Bildersturm in der grofi vollende- 
ten Kunst und gerade in ihr, so liegt er im Weg- und Pro- 
zefipathos, im eschatologischen Gewissen, das durch die 
Bibel in die Welt kam. Die Totalitdt ist in der Religion des 
Exodus und des Reichs einzig eine total verwandelnde und 
sprengende, eine utopische; und vor dieser Totalitdt er- 



220 



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scheint dann nicht nur unser Wissen, sondern auch das ge- 
samte bisherige Gewordensein, worauf unser Gewissen 
sich bezieht, als Stilckwerk. Als Stiickwerk oder objektives 
Fragment gerade auch im produktivsten Sinn, nicht nur in 
dem der kreatilrlichen Begrenztheit, gar der Resignation. 
Das 'Siehe, ich mache alles neu ', im Sinn der apokalypti- 
schen Sprengung, steht dariiber und influenziert alle grofie 
Kunst mit dem Geist, nach dem Dilrer sein gotisches Ge- 
bilde Apocalypsis cum figuris benannt hat. Der Mensch ist 
noch undicht, der Gang der Welt ist noch unbeschlossen, 
ungeschlossen, und so ist es auch die Tiefe injeder dstheti- 
schen Information: dieses Utopische ist das Paradox in der 
asthetischen Immanenz, das ihr selber am grundlichsten 
immanente. Ohne solche Potenz zum Fragment hatte die 
asthetische Phantasie zwar Anschauung in der Welt genug, 
mehr als jede andere menschliche Apperzeption, aber sie 
hatte letzthin kein Korrelat. Denn die Welt selber, wie sie 
im Argen liegt, so liegt sie in Unfertigkeit und im Experi- 
ment-Prozefi aus dem Argen heraus. " 
So wurde Bloch den Studenten von 1968 zu ihrem liebsten 
Erzahler jener Marchen, in denen sich aus jedem "Es war 
einmal" ein "So wird's kommen" heraushoren lieB. 25 Er fei- 
erte "Lenin als Casar und machte iiber Jahrzehnte jede Wen- 
dung der Moskauer Politik mit. Auch Stalin feierte er, als 
man es langst besser wissen konnte, in Hymnen und deutete, 
gleichsam den kategorischen Revolver in der Hand, die Mos- 
kauer Prozesse als Schrittmacher in eine schonere Zukunft." 
Dynamit pries er als "Himmelsschlusselblume", wie Joachim 
Fest feststellte. 26 

Uber Bloch, der ubrigens einmal vorschlug, dem Nationalso- 
zialismus eine judische Rassenideologie entgegenzusetzen, 
schrieb Spiegel-Chef Rudolf Augstein: 27 

"Messianismus war der Inhalt alien Denkens und Dich- 
tens, dessen Bloch fdhig war. Marxist war er, insofern 
auch Marx messianisch dachte, wie die Propheten des Al- 
ten Testaments. " 
Martin Hielscher schreibt in LiLi: 28 

"Seit mehr als zweihundert Jahren wird die deutsche Men- 
talitdt von der Asthetik einer gesellschaftsfeindlichen, zur 
Ironie, zum Spiel, zur Lust, zur Maskerade, zur Erotik und 
einer antihierarchischen Daseinsfreude unfahigen Weltan- 
schauung heimgesucht, und in immer neuen Schiiben ver- 
sucht sich eine andere Mentalitat dagegen durchzusetzen. " 
Gegen die Flucht ins "Labyrinth der Selbstverwirklichung" 
predigt der Medienphilosoph Norbert Bolz; Sinnfragen er- 
klart er schlicht fur uberholt. Die Authentitziatshuber halt er 
fur die Faulen: 29 

"Wer im Handgemenge mit der Welt liegt, will nicht 'er- 
lost ' werden — er hat zu tun. " 

Ethik - Logik - Asthetik 

Auf der Gratwanderung zwischen dem Bestreben, das Wesen 
des Judentums zu ergriinden und der Falle des "Antisemitis- 
mus" zu entgehen, lesen wir bei Jakob Fromer, alias Elias Ja- 
kob: 30 

"Die Grundidee oder das Wesen des Judentums besteht in 

dem Streben, die Alleinherrschaft der Ethik zu begrunden 

und die Logik und die Asthetik , sofern sie nicht ethischen 

Zwecken dienen, rucksichtslos zu bekdmpfen. " (Herv. hin- 

zugefiigt) 

Demgegenuber stellt Roger Penrose - zwischen 1967 und 

1970 hatte er zusammen mit Stephen W. Hawking die soge- 

nannten Singularitatstheoreme entwickelt, die zur Urknall- 



Theorie fiihrten - eine positive Wechselwirkung zwischen 
Asthetik und Logik her, wenn er feststellt: 31 

"dafi asthetische Kriterien beim Bilden unserer Urteile 
enorm wertvoll sind. In der Kunst stehen asthetische Krite- 
rien wohl an erster Stelle. Die Asthetik ist ein kompliziertes 
Gebiet, und manche Philosophen haben seiner Untersu- 
chung ihr Leben gewidmet. Man konnte die Meinung ver- 
treten, solche Kriterien seien fur die Mathematik und die 
Naturwissenschaften nebensdchlich, und das Kriterium der 
Wahrheit uberrage sie alle weit an Bedeutung. Doch mir 
scheint es unmoglich, das eine vom anderen zu trennen, 
wenn man die Probleme von Inspiration und Erkenntnis 
betrachtet. Ich habe den Eindruck, dafi die Starke Uber- 
zeugung von der Gultigkeit einer blitzartigen Inspiration 
(die zwar, wie ich hinzufugen sollte, nicht hundertprozentig 
zuverldssig ist, aber zumindest weitaus zuverlassiger als 
blofier Zufall) sehr eng an ihre asthetischen Eigenschaften 
gebunden ist. Eine schone Idee ist mit viel hoherer Wahr- 
scheinlichkeit korrekt als eine hafiliche. Zumindest ist dies 
meine Erfahrung, und von anderen sind die gleichen Ge- 
filhle ausgedruckt worden. " 

"Manche, wie zum Beispiel Albert Einstein, empfinden Ab- 
scheu vor Theorien, die ihren metaphysischen Uberzeu- 
gungen widersprechen. " 
Hier ist also die Logik nicht mit der Asthetik sondern mit der 
Ethik verkniipft. DaB es sich bei der judischen Ethik um et- 
was ganz anderes handelt als bei der nichtjiidischen, steht auf 
einem anderen Blatt. 

Nietzsche hatte fur die Einheit des Schonen, des Wahren und 
des Guten offenbar wenig iibrig, als er 1888 schrieb: 33 

"An einem Philosophen ist es eine Nichtswiirdigkeit zu sa- 
gen: das Gute und das Schone sind Eins: ftigt er gar noch 
hinzu 'auch das Wahre ', so soil man ihn prugeln. Die 
Wahrheit ist hafilich: wir haben die Kunst, damit wir nicht 
an der Wahrheit zu Grunde gehn. " 
Zur "Rechtfertigung des HaBlichen in urchristlicher Traditi- 
on" bezog sich der gelernte Rabbiner und Religionsphilosoph 
Jacob Taubes auf Nietzsches Anmerkungen im Antichrist, 
Kapitel45und51: 34 

"Als locus classicus bezeichnet er I. Korintherbrief l,20ff, 

ein Zeugnis allerersten Rangen fur die Psychologie jeder 

Tschandala-Moral. In diesem Text wird zum ersten Mai 

der Gegensatz einer vornehmen und einer aus ressentiment 

und ohnmachtiger Rache geborenen Tschandala-Moral 

ans Licht gestellt. Nicht nur die religiosen und ethischen 

Werte der Antike verneint Paulus, die Schonheit vor allem 

tat ihm in Ohren und Augen weh . " (Herv. hinzugefugt) 

Deutschlands beliebtester Humorist, Ephraim Kishon, eigent- 

lich Ferenc Hoffmann, 1924 in Budapest geboren, ist ein Ru- 

fer in der Wiiste, was die Asthetik anbetrifft; immerhin ist er 

gelernter Kunsthistoriker: 35 

"Die moderne Kunst ist ein Welt-Bluff, die grofite Betrilge- 
rei, die es je gab. Ein Jahrhundert lang dauert 's schon, 
und niemand sagt ein Wort — wagt ein Wort zu sagen —, 
well der ist sofort von der Kunstmafia in den Massenmedi- 
en erledigt. Ich habe den Drang gefilhlt, die Wahrheit zu 
sagen, einfach die Wahrheit: nicht beinahe die Wahrheit, 
sondern die voile Wahrheit. Und well ich selbst Kunsthi- 
storiker bin, hab ' ich es nicht nur sarkastisch gemacht, 
sondern auch als ein Fachmann. Meine Meinung ist abso- 
lut und total, wie soil ich sagen: morderisch.[...] Meine 
Generation ist aufgewachsen in einer asthetischen Welt, es 
war die schone Kunst. Deswegen konnen wir es nicht er- 



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221 



tragen, dafi die Schonheit boykottiert ist. In der heutigen 
Kunst sind Hafilichkeit und Unverstdndlichkeit und An- 
omalien geschdtzt und geduldet. Heutzutage kann - zum 
Beispiel in Dusseldorf einer der grofiten Ausstellungen der 
Welt — ein normaler Maler nicht teilnehmen, er wird hin- 
ausgeworfen und verjagt. Es gelten nur Schrott und ekel- 
hafte Schmiererei — ich mufi sagen, wenn man dort spaziert 
und es sich anschaut, hat man das Gefuhl: Entweder ich 
bin nicht normal oder die Welt. [...] Uber alles macht man 
Umfragen. Aber liber die moderne Kunst wird nie eine 
Umfrage gemacht, well sie wissen die Antwort: 99%: Es 
ekelt mich, hdfilich und so weiter. Also fragt man nicht. Al- 
le Museen, alle Galerien und Privathduser sind voll mit 
diesem modernsten Schrott - aber im Wert von Milliarden 
Dollar. Also sind sie nicht bereit zuzugeben: Ich habe mein 
Museum gefullt mit Schrott. Sie mussen sagen: Nein, das 
ist die grofite Kunst. Sie mussen kdmpfen daftir. Deswegen: 
Ich bin ein Todfeind von dieser Kunst. " 
Wenn er nur jedem Schwindel mit soviel Witz zuleibe riick- 
te! Aber da ist nichts zu machen: 36 

"Ich bin Jude, nationalistisch, extremistisch, chauvini- 
stisch, militaristisch. Und wem das nicht gefdllt, der 
braucht meine Bticher nicht zu lesen. — Unsere Frechhei- 
ten? Wir haben keine andere Wahl, denn wir sind zum To- 
de verurteilt. Wenn uns die Araber vernichtet haben, wird 
man vor ihren Botschaften demonstrieren. Das wird alles 
seinl Die Regierungen sollen uns nicht gute Ratschldge ge- 
ben, sondern Kanonenboote. Wer antiisraelisch eingestellt 
ist, ist ein Antisemit! Das ist der alte zweitausendjahrige 
Schlussel. " 
Der Maler Klaus FuBmann sinniert: 37 

"Heute ist alles verbraucht, nur noch ein Name steht zum 
Verkauf. Es zeigt sich jetzt, dafi die Kunst auch ihren eige- 
nen Untergang betreiben kann: Die Kunst verbraucht jetzt 
sogar ihre Grundlage, die Asthetik. In kalter, stiller Wut 
zerstoren die zornigen Kilnstler die Asthetik. Die Schonheit 
in der Kunst ist der einzige Widerstand, der noch tibrig ist. 
Hdfilich ist schon. Gewalt und Ekel feiern Triumphe. Zy- 
nismus gilt als geistreich. " 

"Ein jeder weifi heute, dafi es nicht lohnt, sich mit der mo- 
dernen Kunst und erst recht nicht mit der Kunstpolitik an- 
zulegen. Man begegnet sich freundlich, findet im Grunde 
alles und jedes diskutierbar und ist im iibrigen auf seinen 
eignen Vorteil bedacht. " (Ebd., S. 81) 
"[...] und wenn wir das Ganze jetzt [...] am Ende der Mo- 
derne ubersehen, so waren die hundert Jahre der Moderne 
eigentlich immer ein Kampf gegen die Realitdt . Auch diese 
Auseinandersetzung ist langst entschieden, es gibt keine 
Realitdt mehr in der Kunst. Es ist jetzt alles gleich-wertig. 
[...] Ich glaube, mehr oder weniger haben wir uns alle 
eingesehen ins nachmoderne Tohuwabohu, das wir zwar 
nicht verstehen, das wir aber doch anfangen zu tolerieren. 
Man arrangiert sich. Hin und wieder findet man etwas er- 
traglich, das meiste ist naturlich Stumpfsinn. " (Ebd., S. 
101. Herv. hinzugefugt) 
So lassen sich unsere Fachleute in Sachen Kunst und Asthetik 
nicht weiter beirren; zuviel ist schon in die falsche Sache inve- 
stiert worden, als daB man so ohne weiteres zuriick konnte. 
Dr. med. Dr. phil. Manfred in der Beeck, 1980 leitender Arzt 
im Landeskrankenhaus Schleswig, schrieb anlaBlich einer 
Wanderausstellung der Prinzhorn-Sammlung, einer Samm- 
lung von Zeichnungen, Bildern und Plastiken schizophrener 
Patienten: 



"Durch die Tendenz, Ubergdnge zu verwischen, mit dem 
nivellierenden Gleichmachereffekt, wurde Aufienseitertum 
modern, 'out ' wurde 'in ', und man konnte sich vor Anfor- 
derungen, 'Irrenkunst ' zu vermarkten, nicht retten. " 
In der Definition von Leo Navratil nennt er die Merkmale 
schizophrenen Gestaltens: 1) Physiognomisierung, d.h. den 
Gegenstanden ein Gesicht verleihen, sie vermenschlichen; 2) 
Deformierendes Gestalten; 3) Formalisierende Ordnungsten- 
denz, z.B. stereotype Wiederholung des Gleichen. 38 Inzwi- 
schen ist in Heidelberg ein Prinzhorn-Museum eroffnet wor- 
den. Karin Leydecker berichtet von der Eroffnung: 39 

"Es ist wie der Gang durch ein Spiegelkabinett der aktuel- 
len Kunststromungen - und doch: Es sind Bilder von 
Kranken, die mit ihrem Malen, Schreiben und Modellieren 
Gegenfeuer anzilndeten, um das Feuer der Seele einzu- 
dammen . [...] Da ist atemlose Not, Aggression und Flucht 
in den Wahn als Uberlebensstrategie . " (Herv. hinzugefugt) 
Bei Lange-Eichbaum lesen wir: 40 

"Der Kranke stellt nicht fur andere dar, sondern seine Ge- 
staltung ist der Abglanz eines 'grauenhaften Solipsismus. '" 
Andre Breton, der Theoretiker der Surrealisten, hatte ur- 
spriinglich Medizin studiert und wahrend des Ersten Welt- 
krieges in psychiatrischen Krankenhausern gearbeitet. Sein 
Interesse fur menschliche Grenzsituationen und das Unbe- 
wuBte gaben ihm wesentliche Impulse fur deren Erforschung 
mit kiinstlerischen Mitteln. Am nachdriicklichsten hat sich 
dann nach 1945 Jean Dubuffet (1901-1985) mit seinem Kon- 
zept der "Art brut" (brut = roh, rudimentar, unverfalscht) fur 
Patientenbilder eingesetzt. Herkommliche Kunst gait ihm als 
ein "wertloses Gesellschaftsspiel". 41 

"Der schopferische Impuls fiir alle meine Arbeiten [...] ist in 
meiner Kindheit zu suchen." bekannte Louise Josephine 
Bourgeois. Diese Kindheit aber war von Einsamkeit, Angsten 
und Depressionen gepragt. Sie schatzt die Malerei Francis 
Bacons. Diese Kunst, schreibt sie, sei eine Reise ins Innere, 
ein gemalter AdrenalinstoB im Nervensystem, der die Obses- 
sionen, Wut und Begierden freisetze: "Sein Leiden war 
kommunikativ. Das ist etwas, das ich mit ihm gemein habe." 
"Wir werden Kunstler, weil wir nicht erwachsen werden 
konnen" sagt die inzwischen Neunzigjahrige und bleibt dem 
Stil der perspektivlosen Kinderzeichnung treu. Im iibrigen 
hat Frau Bourgeois ihr eigenes Dekonstruktions-Prinzip (da- 
zu auch mein Aufsatz iiber den Dekonstruktivismus) entwik- 
kelt; es lautet: "I do, I undo, I redo", d.h. frohgemutes Begin- 
nen, depressives Zerstoren, versohnendes Wiedergestalten; 
die ewige Tretmiihle aller schopferisch Tatigen, wie sie 
meint. 42 Es ist also eine aus krankhaftem Katastrophenbe- 
wuBtsein entsprungene Kunst. 
Peter Sichrovsky klagt: 43 

"Wer sich einmal die Milhe macht, die bei den verschiede- 

nen staatlichen Stellen eingereichten kulturellen Projekte 

genauer zu betrachten, der hat Gltick, wenn ihm danach 

nicht schlecht wird. In der Hoffnung, dafi das schlechte 

Gewissen den beamteten Geldverteiler dazu zwingt, ein 

Ansuchen nicht abzulehnen, beschdftigt sich ein Grofiteil 

der eingereichten kiinstlerischen Projekte in Deutschland 

und Osterreich mit dem Zweiten Weltkrieg, dem Holocaust 

und dem Neofaschismus. " 

Wahrend man Kishon in Sachen Kunst nicht recht ernst 

nimmt, hat sich Hans Jiirgen Syberberg mit seiner Kulturkri- 

tik vollig ins Abseits manovriert: 44 

"Die Asthetik des Kleinen, Schmutzigen, Kranken [...].' 
Das auffalligste Kriterium der heutigen Kunst ist die Be- 



lli 



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vorzugung des Kleinen, Niedrigen, der Verkrtippelung, des 
Kranken, des Schmutzes vor dem Glanz; des Unten, als 
Strategie von unten mit dem Lob der Feigheit, des Verrats, 
der Verbrecher, der Huren, des Hasses, der Hdfilichkeit, 
der Luge und Verbrechen, von Unnattirlichkeit, Vulgaritdt 
usw. " 
Der bekannte Literaturwissenschaftler George Steiner berich- 
tet: 45 

"Die Gegenkultur ist sich genau darilber im klaren, wo sie 

mit ihrem Zerstorungswerk anzusetzen hat. Das grelle Illi- 

teratentum alien Mauergekritzels, das hartndckige Schwei- 

gen des Jugendlichen, das Nonsense-Geschrei der Biihnen- 

Happenings - sie alle sind Teil einer resoluten Strategie. 

Der Aufriihrer und der Freak-out haben das Gesprdch mit 

einem kulturellen System abgebrochen, das sie verachten 

als einen grausamen, antiquierten Betrug. Sie wollen kein 

Wort mehr wechseln mit dergleichen. " 

Wer heute aus dem Fenster sehe, stoBe auf "Klo-Kultur", 

meinte er auf einem kulturkritischen Vortrag in Berlin, den er 

mit der Feststellung eroffhete, daB eine Reihe der beruchtig- 

sten Sprachkritiker wie Hofmannsthal, Karl Kraus, Fritz 

Mauthner oder Ludwig Wittgenstein das kommende Zivilisa- 

tionsunheil vorausgeahnt und es zugleich mit scharfer Zunge 

selbst herbeigefiihrt hatte. 46 

Wilfried Wiegand, Kulturkorrespondent der FAZ und wie 
Kishon Kunsthistoriker, schrieb einmal: 47 

"Die grofie Konfrontation der afrikanischen und ozeani- 
schen mit der abendlandischen Kunst steht noch aus, und 
je mehr wir tiber die Stammeskunst lernen, desto ungtinsti- 
ger sieht der Vergleich filr unsere Kunst aus, zumindest fur 
die des zwanzigsten Jahrhunderts. Wird der grofie Brancu- 
si, wenn es eines Tages zum dsthetischen Showdown 
kommt, standhalten konnen neben den Schonsten afrikani- 
schen Plastiken? Afrika, vielzitierte 'Wiege der Mensch- 
heit ', ist auch die Wiege unseres Schonheitssinns. " 
Ein unbekannter Witzbold reimte dazu: 

"Wer lange Schones mufi entbehren, / Wird eine Negerpla- 
stik auch verehren. / Wurzellos und ohn ' Verstand, / Su- 
chen Heimat wir im Zululand. / Im Innersten, das weifi 
doch heute jeder, / Sind eigentlich wir alle Neger. / Diese 
Einsicht endlich bracht' uns bei, /Ein Jahrhundert 'Schrott 
und Schmiererei '. " 
Ende Juni 1907 hat Picasso im Musee d'Ethnographie du 
Trocadero eine Offenbarung erlebt. Picasso fiihlte sich durch 
das Sammelsurium fremdartiger Kulturschopfungen im Tro- 
cadero wie gebannt. Dieses Erlebnis hat er Andre Malraux 
spater geschildert: 

"Die Geister, das Unbewufite, die Ergriffenheit, das alles 
ist das gleiche. Ich habe verstanden, warum ich Maler war. 
Die Demoiselles dAvignon mtissen mir an dem Tag ge- 
kommen sein, aber tiberhaupt nicht wegen der Formen, 
sondern weil das mein erstes Beschwdrungsbild war, ja- 
wohl. " 
Zwischen der "Nichtachtung des Negers", die einem "Nicht- 
wissen auf Seiten der Europaer" entspreche, der Nichtach- 
tung der damaligen Avantgarde und der Sensibilitat der 
Kiinstler scheinen sich imaginare Verbindungsfaden gebildet 
zu haben: Was in Europa als Abstraktion erschien, war in 
Afrika Natur. Diese Ansicht hat auch Wassili Kandinsky 
wiederholt im "Blauen Reiter" vertreten. 48 In den dreiBiger 
Jahren gebiert die literarisch-politische Bewegung der 
"Negritude" eine asthetische Revolution. Surrealistische und 
dadaistische Einflusse spielen eine wichtige Rolle. "Ver- 



nunft, ich opfere Dich dem Abendwind, Du nennst Dich 
Sprache der Ordnung?" dichtet der afrikanische Intellektuelle 
Aime Cesaire in der Diaspora und fahrt programmatisch 
fort: 49 

"Wir berufen uns auf die Dementia praecox, den bltihen- 
den Unsinn, den hartndckigen Kannibalismus. " 
"Europaischen Defiziten an Sonne, Luft und Bewegung 
schien Afrika mit dem Wunschbild tanzender Halbnackter 
mit kraftigem Korperbau Abhilfe zu bieten. Auf die Kunst 
tibertragen, erstand daraus das verzerrte Bild eines Ex- 
pressionismus, der aus nie versiegenden Quellen der Vita- 
litat schopft, oder die verktirzte Vorstellung von Trommeln, 
Tanz und Maske. " 
Hilton Kramer beklagte sich einmal in der New York Times: 51 
"Dem Realismus fehlt es nicht an Anhangern, aber woran 
es ihm auffallig fehlt, ist eine einleuchtende Theorie. Und 
wie die Verhdltnisse bei unserem intellektuellen Umgang 
mit Kunstwerken nun einmal liegen, ist das Fehlen einer 
einleuchtenden Theorie ein entscheidender Mangel — er 
versagt uns die Mittel zum Brtickenschlag von dem Erleb- 
nis einzelner Werke zu unserem Verstdndnis der in ihnen 
ausgedriickten Werte. " 
Da sich Hitler, der sich vor dem Ersten Weltkrieg immerhin 
selbst als Kunstmaler bezeichnete, in seinem Kunstverstand- 
nis nie von dem an dem Aquarellisten Rudolf von Alt (1812- 
1905) geschulten Realismus entfernte, 52 gilt nun seit 1945 der 
Realismus gewissermaBen als Synonym fur Nationalsozia- 
lismus. Ludwig Pesch beklagte bereits 1962: 53 

"Da moderne Kunst im Dritten Reich bekanntlich verfolgt 
wurde, so haben gewisse Leute, tibereifrige Avantgardi- 
sten ' und 'terribles simplificateurs ', daraus den Schlufi ge- 
zogen, dafi ein Faschist sein milsse, wer gegen moderne 
Kunst etwas zu sagen wage. Da niemand mehr Faschist 
sein mochte, tatsdchlich auch niemand - oder fast niemand 
- noch einer ist, daher auch niemand in den Geruch kom- 
men mochte, er sei vielleicht einer, so hat sich in der west- 
deutschen Publizistik der Brauch ergeben, alles was sich 
als moderne Kunst bezeichnet, und sei es das Absurdeste, 
tiber den grtinen Klee zu loben. " 
"Die 'Abstraktion' bot sich als Erlosungsreligion an. Sie ver- 
sprach die Uberwindung der Wirklichkeit und die Befreiung 
von einer fatalen Geschichte." schrieb Eduard Beaucamp, 
Feuilletonredakteur und Kunstkritiker der FAZ, 1999 zum 
Tode von Werner Haftmann, dem "deutschen Evangelisten 
der modernen Kunst". "Die Realitat heute noch 'abzumalen', 
nennt Haftmann einmal eine 'geistige Gemeinheit'." Im Ge- 
gensatz zu Hans Sedlmayr kultivierte Haftmann "die moder- 
ne Kunst wie eine Religion. Er sah in ihr eine Rettung der 
Metaphysik." In der Moderne sah er "ein iiberragendes, 
menschheitserlosendes Phanomen, das 'alle oft tausendjahri- 
gen Kulturen und nationalen Ausdrucksweisen in den Vol- 
kern der Welt uberwaltigte'. Die Moderne war fur ihn 'die 
Kunst des groBten Experiments, das je in der Geschichte des 
menschlichen Geschlechts unternommen wurde'." Talmu- 
disch mutet es an, wenn "Interpretation fur ihn das 'Hervor- 
rufen antwortender Gegenbilder'" war. 54 
Die Schwierigkeiten mit dem Wirklichkeitsbegriff in der mo- 
dernen Kunst erinnern Friedmar Apel an Hans Blumenbergs 
Vermutung, "daB nur eine Welt die Seinsmoglichkeiten giil- 
tig realisiert und daB der Weg in die Unendlichkeit des Mog- 
lichen nur Ausflucht aus der Unfreiheit der Mimesis war". 55 
"Dann ware der Kampf gegen die Reprdsentation [Abbil- 
dung des Gegenstandlichen] nur Ausdruck der Furcht, alle 



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hochfahrenden dsthetischen Kiihnheiten der Moderne, die 
gegen wirkliche oder vermeintliche Wahrnehmungsgebote 
gewagt wurden, konnten vergeblich gewesen sein. " 
Eine kabbalistisch anmutende Ableitung der Abstraktion - im 
allgemeinen -, die doch fur Horkheimer und Adorno das 
"Werkzeug der Aufklarung" war, findet Bernhard Wiebel in 
dem Abenteuer des Barons Miinchhausen, der sich am eige- 
nen Zopf aus dem Morast zog. HeiBt es doch, daB er darin 
hatte umkommen miissen, "wenn nicht die Starke meines ei- 
genen Armes mich an meinem eigenen Haarzopfe [...] her- 
ausgezogen hatte." Nicht der Arm, sondern ein Abstraktum, 
"die Starke", vollbringt die Befreiung. "Insofern ubermittelt 
der Mythos eine aufklarerische Botschaft." 57 
George Grosz schrieb 1942: 58 

"Ja, so ist dies Kapitel: die Menschen heutzutage suchen 
eben etwas, was hochstwahrscheinlich jenseits des plum- 
pen Fotografischen liegt — selbst wenn sie es nicht verste- 
hen - sie brauchen fur ein bestimmtes Vakuum einen Er- 
satz, und da kommen die Picassos in Ordnung - sonst ware 
ja auch der ERFOLG nicht zu verstehen [...]. " 
Nach der sog. Machtubernahme hatte er sich uber die "mo- 
dernen" Kiinstler in Deutschland, die plotzlich nichts mehr 
mit Juden zu tun haben wollten, gewundert: 59 

"[...] dabei kaufte doch nur der Jude ihren expressionisti- 
schen Scheifidreck. " 
Da aber der Briickenschlag zur Realitat nun mal derart in 
MiBkredit geraten ist, sind Tur und Tor fiir Sinngeber ganz 
anderer Art geoffnet: 60 

"So kam vor anderthalb Jahren [1995/1996] her aus, dafi 
ein respektabler Teil der modernen Kunst seine Existenz 
der CIA verdankt. 'Wir wollten zeigen, dafi der Westen fiir 
Freiheit steht, ohne Grenzen fiir das, was man malen oder 
sagen darf, meint Tom Braden, in den fiinfziger und sech- 
ziger Jahren Chef einer CIA-Abteilung namens 'Interna- 
tional Organizations Division '. " 
Matthew Baigell, der 1997 ein Buch uber Jewish-American 
Artists and the Holocaust (Rutgers University Press) vorge- 
legt hat, sieht in der amerikanischen Kunstszene immer mehr 
Elemente der Kabbala und des jiidischen Mystizismus am 
Werk. Es sei eine Suche nach unmittelbarer Erfahrung Got- 
tes, ohne vermittelnde Synagoge. Es geht dabei um "Tikkun", 
die angebliche Heilung und Verbesserung der Welt, um "spi- 
rituelles Wachstum", "Heiligung der Erde" usw. und last but 
not least gegen "Nazi"-Symbole: 61 

"Perhaps most important for the artists, they want to de- 
fine their Judaism on their own terms. The Kabbalah is 
fluid enough for them to do so. " (Am wichtigsten ist fiir 
die Kiinstler womoglich: sie wollen ihr Judentum auf ihre 
Weise definieren. Die Kabbala ist fiir sie fliissig genug, um 
dies zu tun.) 
Deshalb naturlich kann man auf das Hakenkreuz nicht ver- 
zichten. Von einem der altesten und weltweit verbreitetsten 
Gluckssymbole wurde es zu einem Zeichen des Unheils um- 
strukturiert; dabei verwendeten Juden selbst das Hakenkreuz 
in den 1930er Jahren, ja bis vor kurzem zierte es noch den 
Aufgang zum Tempelberg in Jerusalem. Dietrich Bronder be- 
richtet von dem Kuriosum, daB der einzige Kriegsflieger des 
Ersten Weltkrieges, der bereits ein groBes Hakenkreuz als 
Siegeszeichen auf seiner Maschine fuhrte, der mehrfach hoch 
dekorierte Jude Fritz Beckhardt aus dem hessischen Wal- 
lertheim war. 62 Andererseits stand das Hexagramm, der sog. 
"Magen David", der Davidsstern oder Davidsschild keines- 
wegs ausschlieBlich fur Judentum; die Bibel weiB davon 



nichts zu berichten. So gait der Sechsstern als Symbol der 
Brau- und Schankgerechtigkeit und zierte fruher manchen 
Gasthof. 64 Auch war er iiberall im Mittelmeerraum und selbst 
im China des 6. Jahrhunderts zu linden. Mit Konig David hat 
er urspriinglich jedenfalls nichts zu tun. 65 
Nach Jahrzehnten krampfhafter Versuche, am Gegenstand 
vorbei Kunst zu produzieren, ist ein britischer Ausstellungs- 
macher, Stuart Tait, auf die wahrlich grofiartige Idee ge- 
kommen, eine Ausstellung vollig ohne Kunstwerke zu eroff- 
nen. Er mochte die Besucher dazu bringen, ihre Phantasie 
schweifen zu lassen. 66 Endlich kann sich der Kunstfreund 
vom Terror der Kiinstler emanzipieren! 

Anmerkungen 

© 23. November 2002. Aus dem in Vorbereitung befmdlichen Werk Todli- 
ches Allotria. 

1 Ingeborg Harms, "Messerscharf durchs Wahngestriipp" in: FAZ vom 18. 
Dezember 1999, S. 48. 

2 Bazon Brock und Hans Ulrich Reck, Stilwandel; DuMont, Koln 1986, S. 
258. 

"Schonheit aus Irrtum - Versuch, das Chaos der Stadte zu verstehen" in: 
Kursbuch Nr. 1 12, Juni 1993, S. 128 ff. 

4 Ebenda, S. 134. 

5 Die gemordete Stadt, Herbig, Berlin 1964. 

Lionel Trilling, Das Ende der Aufrichtigkeit, Fischer, Frankfurt/M. 1989 
S. 45. 
7 Richard Kammerlings, "Dolmetscher des Windes - Die physiognomische 
Kulturkritik der zwanziger Jahre" in: FAZ vom 25. Oktober 2000, S. N5. 
Madness and Civilisation; New York 1965, S. VII; nach Trilling, aaO. 
(Anm. 6), S. 156 

9 Epochen und Werke, Maander, Mittenwald 1982, S. 264f. 

10 Nach Wolfgang Pehnt, "Paris ist eine Messung wert" in: FAZ vom 1 1 . 
Oktober 2000, S. 72. 

' ' Mord an Apollo, Nachdruck im Kultur-Verlag, Viol 1 992. 

12 Otto Miiller, Salzburg 1948. 

13 Kommunisten verfolgen Kommunisten, Akademie, Berlin 1993. 

14 FAZMagazin vom28. Juni 1996. 

15 FAZ vom 24. September 2002, S. 23. 

16 Jenseits von Wahrheit und Luge, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2000. 

" Besprechung durch Karl Schlogel, "Nach den Schlachten" in: FAZ vom 
17. Oktober 2000, S.L26. 

18 Sabine Klein, Hafiliche Trdume - Literarische Phantastik und das anti- 
dsthetische Projekt der Moderne, 1. Aufl., Phantastische Bibliothek 
Wetzlar, Wetzlar 1997, S. 6f. 

19 Peter K. Schneider, Wahnsinn undKultur oder Die Heilige Krankheit - 
Die Entdeckung eines menschlichen Talents, Konigshausen & Neumann, 
Wiirzburg2001,S. 7. 

20 Ebenda, S. 143. 

21 Der kalkulierte Wahnsinn — Innenansichten dsthetischer Moderne; Fi- 
scher, Frankfurt am Main 1992, S. 178. 

22 Asthetik des Hafilichen, Darmstadt 1973, S. 308 f, nach Wolfgang Lan- 
ge: w., ebd., S. 108. 

3 Diktatur des Hafilichen — Kulturpolitik heute, Leopold Stacker, Graz 
1995, S. 114. 

24 Das Prinzip Hoffnung, Bd. 5, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1959, S. 254f. 

25 Jxirgen Kaube; "Sagenschatz des biirgerlichen Altertums" in: FAZ vom 
22. November 2002, S. 39. 

26 "Betort von einer Welt im Umsturz" in: FAZ vom 9. Marz 1991, hier zi- 
tiert nach Konrad Low: Terror, S. 51. 

27 Hartmut Stern, "Judische Kriegserklarungen an Deutschland" - Wort- 
laut, Vorgeschichte, Folgen, FZ, 2. Aufl., Mtinchen 2000, S. 272. 

'* Zeitschrift fur Literaturwissenschaft und Linguistik, Dezember 2001 . 

29 Universitas, August 2001 ; beide zitiert von Ingeborg Harms, "Wo sind 
sie geblieben?" in: FAZ vom 12. Januar 2001, S. 41. 

30 Das Wesen des Judentums; Hiipeden & Merzyn, Berlin u.a. 1905, S. 69. 
3 ' Computerdenken - Des Kaisers neue Kleider; Spektrum der Wissen- 

schaft, Heidelberg 1991, S. 410. 
32 Thomas Weber, "Asthetische Aspekte wissenschaftlicher Theorien - Or- 

namente der Wahrheit" in: FAZ vom 29. April 1998, S. N6. 
3 Samtliche Werke, Bd. 13, S. 500; hier nach Erwin Chargaff, Ahscheu vor 

der Weltgeschichte - Fragmente vom Menschen, 2. Aufl., Klett-Cotta, 

Stuttgart 1988, S. 14. 
34 Jacob Taubes, Vom Kult zur Kultur - Bausteine zu einer Kritik der histo- 



224 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



rischen Vernunft, gesammelte Aufsatze zur Religions- und Geistesge- 

schichte, Wilhelm Fink, Miinchen 1996 , S. 1 14. 

In der Sendung "Seniorenclub" des ORF vom 18. Januar 1987; siehe da- 

zu auch sein Stuck Zieh den Stecker raus, das Wasser kocht und sein 

Buch Picassos siifie Rache. 

In einem Interview mit Herbert D. Glattauer im Wiener Kurier vom 25. 

Oktober 1976. Im Nahen Osten pladiert er fur einen Praventivschlag und 

die Verweigerung des Dialogs, wie Dietmar Polaczek berichtet, FAZ vom 

15. Juli2002, S. 38. 

Die Schuld der Moderne, Corso, Berlin 1991, S. 41. 

"Wahn - Sinn und Kunst" in: Deutsches Arzteblatt, Heft 30 vom 24. Juli 

1980, S. 1872-1884. 

"Der Olymp derkranken Seelen" in: FAZ vom 14. September 2001, S. 

54. 

Genie, Irrsinn undRuhm (1967/79); Nachdruck: Komet, Frechen 2000, S. 

296. 

Hartmut Kraft, Grenzgdnger zwischen Kunst und Psychiatrie, DuMont, 

K61nl998, S. 11 If. 

Barbara Catoir, "Das MuB der Spinnenfrau" in: FAZ vom 24. Januar 

2002, S. 42, und "Hinterm Marchenspiegel" in: FAZ vom 24. Dezember 

2001, S. 36. 

Der Antifa-Komplex - Das korrekte Weltbild, Universitas, Miinchen 

1999, S. 72f 

Vom Ungliick und Gliick der Kunst in Deutschland nach dem letzten 

Kriege, Matthes & Seitz, Miinchen 1990, S. 38. 

In Blaubarts Burg - Anmerkungen zur Neubestimmung der Kultur, Euro- 

paverlag, Wien - Zurich 1991, S. 108. 

Nach Thomas Wirtz: "Frau Psichoannaliese" in: FAZ vom 14. September 

2000, S. 52. 

"Der unentdeckte Kontinent" in: FAZ vom 11. November 1995. 
Bettina von Lintig: "Afrika sehen lernen" in: FAZ vom 10. Januar 2001 , 
S. N5. 

Steffen Gnam, "Vernunft im Abendwind", Besprechung von Ulrich LoT- 
ke: Kritische Traditionen - Afrika. Philosophie als Ort der Dekolonisati- 



on, Frankfurt 2001, in: FAZ vom 9. Juli 2001, S. 53. 
Peter Stepan, "Der dunkle Kontinent hat viele Lichtgestalten der Kunst zu 
bieten" in: FAZ vom 18. Mai 2002, S. 50. 
Zitiert von Tom Wolfe in: Tintenfafi~Nr. 5, 1982, S. 108. 
Vgl. Billy F. Price (Hg.), Adolf Hitler als Maler und Zeichner, Gallant, 
Zug 1983. 

Die romantische Rebellion in der modernen Literatur und Kunst, C. H. 
Beck, Miinchen 1962, S. 212. 

Eduard Beaucamp, "Abstraktion als Welterlosung" in: FAZ vom 30. Juli 
1999, S. 41. 

Wirklichkeiten in denen wir leben, Stuttgart 1981 
"Die Sichtbarkeit der Welt" in: FAZ vom 2. Oktober 2001, S. N 6, eine 
Besprechung von Detlef B. Linke, Kunst und Gehirn - Die Eroberung 
des Unsichtbaren, Reinbek 2001. Linke sieht in den avantgardistischen 
asthetischen Theorien, die das Abbilden des Gegenstandlichen verbieten 
wollen, einen Restbestand des Bilderverbots und erkennt darin einen seit 
jeher der Sache unangemessenen Ubereifer. 

Bernhard Wiebel, Miinchhausens Zopf und die Dialektik der Aufkldrung; 
in: Europa in der Friihen Neuzeit - Festschrift fur Gtinter Miihlpfordt, 
hrsg. von Erich Donnert, Bd. 3, Bohlau, Koln/Weimar 1997, S. 799. 
In einem Brief an Herbert Fiedler vom 23. Januar 1942; nach Tintenfafi 
Nr. 5, 1982, S. 42. 

Briefe 1913-1959, Rowohlt, Reinbek 1979, S. 172f. 
"Sie schufen ein Monster" in: Spiegel 38/1997, S. 170. 
"Kabbalah and Jewish- American Artists" in: Tikkun vol. 14, no. 4, S. 59- 
61. 

Bevor Hitler kam, 2. Aufl., Marva, Genf 1975, S. 230. 
Jiirgen Werlitz, Das Geheimnis der heiligen Zahlen - Ein Schliissel zu 
den Ratseln der Bibel, Pattloch, Miinchen 2000, S. 274. 
Ursula Pfistermeister, Hier kehrt man ein - Wirtshausschilder cms drei 
Jahrhunderten, Hans Carl, Niirnberg 1998. 

Jorg Bremer, "Der Davidstern ist nicht nur jtidisch" in: FAZ vom 14. Ok- 
tober 1995, S. 10. 
"Stuart Tait zeigt das weiBeste WeiB" in: FAZ vom 20. Marz 2001, S. 14. 



Holocaust-Museum: Erziehung zum HaB 

Von Audrey Pinquef und Germar Rudolf 



Der "Holocaust" ist in vielen Staaten der USA ein Pflicht- 
Lehrfach an den offentlichen Schulen. Damit sollen die Kin- 
der angeblich zu Toleranz erzogen werden. Die in diesen Fa- 
chern gelehrte Standardversion dessen, was im Zweiten 
Weltkrieg mit den Juden in Hitlers Herrschaftsbereich ge- 
schah, ist hochst dubios, wie Revisionisten wissen. Genauso 
dubios sind die dabei verwandten Methoden, einschlieBlich 
"Rollenspielen" und ahnlichen psychologischen Manipulati- 
onstechniken. Aber fordert die "Holocausf'-Erziehung wirk- 
lich die Toleranz? 

Wir hatten Anfang 2001 die Moglichkeit, diese Frage selbst 
zu beantworten, als wir in Los Angeles das Museum fur To- 
leranz des dortigen Simon Wiesenthal Centers besuchten. 
Und da es nun unsere Kinder sind, die das Hauptziel dieser 
"Holocaust-Erziehung" sind, nahm ich (Audrey) meine zwei 
Sonne mit, um die Wirkung des Museums anhand deren Re- 
aktionen zu messen. 

Vor unserem Besuch sprach ich (Audrey) mit meinen beiden 
Sohnen uber jene Dinge, die das Museum fur Toleranz als 
zentral fur Schulkinder ansieht. Die Unschuld der Buben war 
augenfallig. Sie hatten keinerlei Vorstellungen iiber das Jii- 
dischsein, kannten kein Volk, das grundlegend bose ist, und 
wuBten uber Hitler und die Nazis nur, was sie aus Holly- 
wood-Filmen gelernt hatten. Sie besuchten beide damals die 
fiinfte Klasse einer mexikanischen Schule, und ihre Ansichten 
waren fur ihr Alter und ihre Lebenserfahrung absolut normal. 



Am 4. Marz 2001, einem truben Sonntag Morgen, stellten 
wir uns also in die Warteschlage vor dem Museum fiir Tole- 
ranz. Wir wurden von Germar Rudolf begleitet, der nach Los 
Angeles gekommen war, um mit David Irving uber seine 
Rolle als Sachverstandiger im damals bevorstehenden Beru- 
fungsverfahren gegen D. Lipstadt zu sprechen. Zusammen 
mit Dutzenden von Schulgruppen warteten wir darauf, einer 
Sicherheitsiiberprufung unterzogen zu werden, die damals 
(vor dem 11.9.2001) weit strenger war als jede Flughafen- 
kontrolle. 

Nach einer kurzen Erklarung iiber die Vorgehensweise der 
Besichtigung, wurden wir zu zwei Tiiren gefuhrt. Uber einer 
von ihnen stand in rotem Neonlicht geschrieben "Vorurteile", 
iiber der anderen "keine Vorurteile". Auf einem Bildschirm 
daneben forderte ein Sprecher die Besucher in einem recht 
sarkastischen Ton auf, sich selbst zu fragen, ob sie womog- 
lich Vorurteile gegeniiber anderen Menschen hatten. Jeder 
von uns wurde dann vor die Wahl gestellt, durch eine der 
beiden Tiiren zu gehen, die wir fiir angemessen erachteten. 
Wahrend die unterwiirfige Masse gehorsamst durch die Tiir 
"Vorurteile" schritt, versuchte ich jene mit der Uberschrift 
"keine Vorurteile". Sie konnte gar nicht geoffnet werden, 
denn dies war nur eine Scheintur. Dergestalt begann die Ge- 
hirnwasche einer weiteren Gruppe junger Amerikaner. 
Bevor wir die Ausstellung selbst sehen durften, durften wir 
Besucher zunachst ganz demokratisch und elektronisch per 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



225 



I 



Knopfdruck dariiber abstim- 
men, welche Art von Intole- 
ranz unserer Ansicht nach ge- 
setzlich zu verbieten sei. Die 
meisten der uns vorgelegten 
Falle waren einfach zu ent- 

scheiden, mit einer Ausnahme: Mitten zwischen unverfangli- 
chen Fragen tauchte plotzlich jene auf, ob man nicht Internet- 
Zensurgesetze einfiihren solle, um die Verbreitung von Kin- 
derpomographie zu verbieten. Das Publikum tendierte eher 
dazu, eine solche Zensur abzulehnen (schlieBlich ist Kinder- 
pornographie ja bereits verboten und strafbar, in welcher 
Form und auf welche Weise sie auch immer verbreitet wird), 
aber die StolMchtung dieser Befragung war klar: Das Volk 
soil fiir den Gedanken eines zensierten Internets empfanglich 
gemacht werden. 

Der erste Teil der uns anschlieBend zuganglich gemachten 
eigentlichen Ausstellung besteht aus einer emotionalen Breit- 
seite von Filmausschnitten und Fotos von Rassenunruhen, 
Krawallen und dem Leiden von Kindern in der Dritten Welt. 
Es konnte in dieser Ausstellung die Abbildung eines europai- 
schen Amerikaners ohne Ku-Klux-Klan-Verkleidung gege- 
ben haben, aber wenn dem so ist, so habe ich das iibersehen. 
Es tat mir weh, meine Sonne ein solches AusmaB an Gewalt 
und Gemetzel anschauen zu sehen, so daB ich sie antrieb, 
diesen Teil so schnell wie moglich hinter sich zu bringen. 
Dann kam die eigentliche Ausstellung zum Holocaust. Es 
gibt keine Fuhrung, so daB man keine Fragen stellen und ni- 
emanden Herausfordern kann. Die Besucher gehen schlicht 
von einem Exponat zum anderen. Zunachst wird die politi- 
sche Lage Deutschlands in den 1930er Jahren dargelegt, ohne 
auch nur den geringsten Versuch, Ausgewogenheit und Ge- 
nauigkeit walten zu lassen. Wie Germar trocken kommentier- 
te, als die Ursachen fiir den Zweiten Weltkrieg mittels einer 
kompakten dreiminutigen Darlegung "erklart" worden waren: 

"Die haben die russische Revolution vergessen. " 
Der letzte Teil der Ausstellung ist ein emotionaler Anschlag 
auf die Psyche. Man schreitet auf einen Eingang zu, der in 
seiner Aufmachung an einen KZ-Eingang erinnern soil. Jeder 
entnimmt einem Apparat eine Karte im Format einer Kredit- 
karte, auf der der Name eines Kindes angegeben ist, das im 
Zweiten Weltkrieg von "den Deutschen" in ein Konzentrati- 
onslager verbracht worden war. Ein jeder Besucher wird nun 
ermuntert, sich vorzustellen, dieses Kind zu sein. Am Ende 
der Ausstellung soil man dann die Karte wiederum in einen 
Apparat stecken, der einem mitteilt, ob man die deutsche 
Sonderbehandlung uberlebt oder im KZ umgekommen ist. 
Ich beobachtete meine zwei Sonne, wie sie schluckten und 
wie sich ihre Augen weiteten, als sie in der groBen "nachge- 
machten" Gaskammer (im Stile der Leichenkeller 1 der Kre- 
matorien II und III in Birkenau) einen Bericht iiber Verga- 
sungen mit Dieselmotorabgasen anhorten (frei nach Kurt 
Gerstein, auch wenn das nichts mit Birkenau zu tun hat), 
schwarz-weiB Filme sahen, in denen Menschen all ihr Hab 
und Gut mit sich schleppten, sowie Fotos von "gewohnli- 
chen" Deutschen prasentiert bekamen, von denen behauptet 
wird, sie hatten den "Nazis" geholfen, jiidische Zivilisten zu 
erschieBen, und anderes mehr. All diese Bilder zuckten stro- 
boskopartig iiber viele Bildschirme, und die Schiller sogen 
dies in sich auf wie trockene Schwamme. 
Am Ende der Ausstellung gaben wir alle unsere Karte ab, 
und es stellte sich heraus, daB nur Germar iiberlebte, wir an- 
deren aber in den Gaskammern tot zuruckgeblieben waren. 



J. museum of 

((tolerance 



A Simon Wicsemhal Center Museum 



Das groBe Finale jedoch 
schloB sich dann erst an, nam- 
lich wahrend unseres freiwil- 
ligen Besuches eines Vortra- 
ges einer "Holocaust-Uber- 
lebenden". 45 Minuten lang 
sprach Elizabeth Mann, die ihren eigenen Angaben zufolge 
Auschwitz uberlebt hat, vor einem Raum voll von traumati- 
sierten Schiilern und Lehrern. ZusammengefaBt lautete ihre 
Geschichte etwa so: 

Zuerst berichtete sie von ihrer Deportation, wahrend der die 
Gefangenen noch nicht einmal Stroh oder Decken bekamen 
und wahrend der alle Babys wegen der driickenden Hitze 
schon am zweiten Tag starben. 

Ihr Zug kam in der Nacht in Auschwitz an. Es war eine pech- 
schwarze Nacht. Im Hintergrund sah man die Flammen aus 
den Kaminen der Krematorien schlagen. Sie wurde von ei- 
nem SS-Mann mit stahlblauen Augen, der mit seiner Peitsche 
herumschlug, aus dem Waggon getrieben. An der Rampe 
fletschten deutsche Schaferhunde ihre Zahne. 
Anmerkungen: Aus Krematoriumsschornsteinen schlagen 
keine Flammen. Wie kann man in pechschwarzer Nacht 
die Augenfarbe eines Bewachers erkennen? Oder ist es die 
Assoziationskette: Hafi = SS = blaudugig = deutsch? 
Im Brauseraum konnte die SS von Wasser auf Gas umschal- 
ten. 
Anmerkung: Die etablierte Geschichtsschreibung geht da- 
von aus, dafi einige der Gaskammern von Auschwitz mit 
"falschen " Duschkopfen ausgestattet waren. Allerdings 
lafit sich dies dokumentarisch ebensowenig nachweisen wie 
eine Vorrichtung, die ein Umschalten von Wasser auf Gas 
in Duschen belegen wurde. Fiir letzteres gibt es noch nicht 
einmal bestdtigenden Zeugenberichte. Es gibt allerdings 
Dokumente, die den Einbau echter Duschen in die Keller- 
raume der Krematorien in Birkenau belegen. 
Frau Mann kann zudem kein eigenes Wissen iiber eine sol- 
che Anlage haben, weil sie ein solches Umschalten von 
Wasser auf Gas nicht uberlebt hdtte. Diese Aussage be- 
weist aber, dafi sie wahrend ihres Aufenthalts in Auschwitz 
a) duschte und b) dafi sie gemdfi umlaufenden Geruchten 
heute glaubt, das jener Duschraum, den sie benutzte, zu- 
gleich auch als Gaskammer diente. 
Sie muBte zu Zahlappellen rennen, wobei sie iiber im Lager 
herumliegende brennende Leichen stolperte. 
Anmerkung: Dazu gibt es keine stiitzende Zeugenberichte. 
Leichen brennen nicht von selbst, und schon gar nicht, 
wenn sie verstreut im Lager herumliegen. 
Sie will wahrend ihres gesamten Aufenthalts in Auschwitz 
standig den Geruch brennenden Fleisches wahrgenommen 
haben, und der Himmel iiber Auschwitz sei standig voll 
dunklem Rauch gewesen. 
Anmerkung: Obwohl koksbefeuerte Krematorien bisweilen 
rauchen, reicht dies bei weitem nicht, um den ganzen 
Himmel mit dunklem Rauch zu verhdngen. Es ist nicht 
auszuschliefien, dafi es wegen der 1942 wutenden Fleckfie- 
berepidemie in Auschwitz zu Eindscherungen unter freiem 
Himmel kam, was zu unangenehmen Geriichen gefuhrt hdt- 
te (mehr wegen der exhumierten Leichen als wegen bren- 
nenden Fleisches), jedoch war dies in der Geschichte des 
Lagers Auschwitz die Ausnahme, nicht die "standige" Regel. 
Fette Leichen wurden angeblich zu Seife verarbeitet, die 
Asche der kremierten zu Dunger und die Haare der Ermorde- 
ten zu Matratzen. 



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Anmerkung: Die Zeugin widerspricht damit dem heutigen 
Stand der Wissenschaft, der zufolge die Geschichte von 
Seife aus Judenfett nichts weiter ist als ein Geriicht. 
Finger, Arme und Beine wurden den Haftlingen nach belie- 
ben amputiert und anderen Haftlingen angenaht. Die Augen- 
farbe der Haftlinge wurde durch Farbinjektionen geandert. 
Anmerkung: Solche medizinisch unsinnigen bzw. damals in 
Auschwitz unmoglichen Operationen sind durch nichts be- 
wiesen. 
Die Zeugin erkrankte an Fleckfieber und beschwert sich, daB 
sie noch nicht einmal eine Aspirin-Tablette bekommen habe. 
Anmerkung: Gegen Fleckfieber gab es damals kein Mittel. 
Aspirin hdtte rein gar nichts geholfen. Man merke: Als 
Fleckfieberkranke war sie arbeitsunfdhig und sterbens- 
krank. Doch anstatt deshalb gemafi etablierter Geschichts- 
schreibung "selektiert" und "vergast" zu werden, wurde 
sie offenbar von den Deutschen gesund gepflegt. 
Als Kaffee gab es eine schwarze Bruhe in leeren Zyklon B- 
Dosen, und zum Friihstiick, Mittag- und Abendessen nur ein 
Stuck Brot. 
Anmerkung: Es ist kaum anzunehmen, dafi die Lagerver- 
waltung den Haftlingen Zyklon B-Dosen uberliefi. Die rei- 
che Dokumentation des Lagers sowie andere Zeugenbe- 
richte beweisen zudem, dafi die Kost in Auschwitz zwar 
nicht luxurios, aber durchaus reichhaltiger war, als was 
Frau Mann beschreibt. 
Wenn die Vorstellung der Frau Mann nicht so krankhaft ge- 
wesen ware, so wurde sich daraus eine groBartige Komodie 
machen lassen. 

Am Ende ihres Monologs frug ich (Audrey) Frau Mann, wa- 
rum sie den anwesenden, leicht zu beeindruckenden jungen 
Leuten erzahlt habe, die Deutschen hatten wahrend des Zwei- 
ten Weltkrieges Seife aus judischen Leichen gemacht, wenn 
sogar das United States Holocaust Memorial Museum fest- 
stellt, daB dem nicht so war. Es ging ein Raunen durch den 
Raum. Sie antwortete, daB sie eben anderer Meinung sei als 
das USHMM. SchlieBlich habe sie selbst gesehen, wie das 
Fett in den Baracken in Eimern gekocht worden sei. Mein 
(Audreys) Einwand, daB Meinungsverschiedenheiten eine 
Sache seien, iible Anschuldigungen aber, die niemals bewie- 
sen worden seien und von praktisch alien Historikern abge- 
lehnt werden, eine andere, ging im allgemeinen Murmeln und 
Stuhlescharren unter. 
Anmerkung: Man kann nicht mal eben schnell Seife aus 
kochendem Fett in Eimern in einer Baracke herstellen. 
Frau Mann haufte eine Luge auf die ndchste. 
Als nachstes stellte ich Frau Mann die Frage, warum sie den 
Zuhorern erzahlt habe, die "Gaskammer" in Auschwitz sei 
ein Mehrzweck-Duschraum gewesen, der schlicht durch das 
Umlegen eines Schalters in eine Gaskammer umgewandelt 
werden konnte. Sie hatte damit behauptet, daB das Gas aus 
den Duschkopfen gekommen sei. Als ich erlauterte, daB die 
gesamte "orthodoxe" Holocaust-Literatur iiber Auschwitz 
nur Raume beschreibt, in die das Gift als Granulat in die 
Raume geworfen wurde, entweder durch Fenster oder durch 
Locher im Dach, brach ein allgemeines Fauchen und Buh- 
Rufen im Raum aus. Die Veranstaltung wurde daraufhin ab- 
gebrochen. Das ersparte Frau Mann eine Antwort. 
Als wir den Vortragsraum verlieBen, stellte uns eine Hand- 
voll Schiller zur Rede und frugen mich (Audrey), wie ich es 
wagen konnte, die Aussagen dieser alten, netten Dame anzu- 
zweifeln, die so sehr gelitten habe. Sie beschuldigten mich, 
sie eine Liignerin genannt zu haben. Als Mutter zweier Kin- 



der erklarte ich ihnen, daB ich Frau Mann durchaus nicht der 
Luge bezichtigt hatte. Ich hatte lediglich einige jener Dinge 
hinterfragt, die sie berichtet hatte. Germar warf ein, daB der 
Hinweis auf einen sachlichen Fehler in einem Vortrag nicht 
unbedingt ein Lugenvorwurf sei, sondern zunachst nur der 
Hinweis auf einen Irrtum. SchlieBlich habe die Vortragende 
vielem widersprochen, was die Wissenschaft zu dem Thema 
seit Jahrzehnten herausgefunden hat, unter anderem auch das 
weltweit fiihrende Holocaust-Forschungszentrum in Yad 
Vashem, Israel. Einer der Schiller wandte daraufhin ein, war- 
um man den Wissenschaftlern mehr vertrauen solle als der 
Zeugin, die ja immerhin selbst dabei gewesen sei. Ich (Au- 
drey) schaute mir wahrend dieses erhitzten Austausches die 
Schiller an und meinte, in deren Augen so etwas wie Entset- 
zen erkennen zu konnen, als ob sie meinten, sich einem Irren 
mit einer Pistole gegeniiber zu sehen. Ich beschwor die Schil- 
ler, doch selbst die Webseiten des USHMM und von Yad 
Vashem aufzusuchen und zu lesen, was diese Autoritaten auf 
diesem Gebiet zum Seifengerucht und zu Vergasungen in 
Auschwitz zu sagen haben. Als einer der Schiiler frug, wie 
ich denn wissen konne, daB man in Auschwitz keine Seife 
aus Menschenfett herstellte, gab sich Germar als ausgebilde- 
ter Chemiker zu erkennen und versuchte, den Schulern in ru- 
higem Ton zu erklaren, daB man nicht mal eben aus einem 
Eimer Fett Seife herstellen kann. Es fehlten in Auschwitz 
schlicht die Anlagen, um so etwas zu bewerkstelligen. 
Mit jeder unserer Antworten wurde die Gruppe von inzwi- 
schen etwa einem Dutzend Schulern unruhiger, sarkastischer 
und intoleranter. Die Lehrerin, die sich bis dahin im Hinter- 
grund gehalten hatte, forderte nun ihre Schiller auf, die Dis- 
kussion abzubrechen und in den Aufzug zur Museumsgarage 
einzusteigen. Inzwischen hatten die Schiiler aufgrund Ger- 
mars Akzent bemerkt, daB er ein Deutscher war. Die Kom- 
mentare der Schiiler wurden nun unsachlich. Auf dem Weg 
zum Aufzug versuchte Germar erfolglos, die Schiiler um ei- 
nen sachlichen Ton zu bitten. Erst die Aufzugstur unterbrach 
diese Diskussion. 

Einige Minuten spater, auf dem Weg zum Auto in der Muse- 
umsgarage, trafen wir erneut auf einen Teil dieser Gruppe 
von Schulern, die bei ihrem Kleinbus standen. Wir konnten 
die Schiiler aus der Feme "Nazi" rufen horen. Germar ging 
daraufhin auf die Gruppe zu und machte sie in ruhigem Ton 
darauf aufmerksam, daB der Besuch in diesem Museum sie 
doch eigentlich Toleranz und Respekt vor Menschen mit an- 
deren Ansichten hatte lehren sollen. Er bat die Gruppe daher, 
doch in sich zu gehen und ihre eigene intolerante Verhal- 
tensweise zu uberdenken. 

Als Germar sodann dieser Schiilergruppe den Rucken zu- 
kehrte und zu unserem Autor zuriickkam, das bereits mit lau- 
fendem Motor auf ihn wartete, fingen einige der Schiiler an, 
hinter Germar herzurennen mit "Nazi"- und "Fuck Off!"- 
Schreien sowie mit drohend erhobenen Fausten. Die hilflose 
Lehrerin versuchte zwar, ihre Schiiler zuruckzuhalten, war 
jedoch vollig machtlos. 

Germar erreichte unser Auto schneller als diese Jugendli- 
chen, und unser Fahrer und Begleiter James Beardsley gab 
Vollgas, um schnell etwas Abstand zwischen uns und die au- 
Ber Kontrolle geratenen Jugendlichen zu bringen. Meinen 
Sohnen, die diese Szene vom sicheren Auto aus beobachte- 
ten, stand der Schrecken ins Gesicht geschrieben. 
Wir alle und insbesondere auch meine zwei Sonne haben im 
Museum fur Toleranz eine Lektion iiber Intoleranz gelernt: 
Amerikanische Steuerzahler bezahlen eine regierungsamtlich 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



227 



erzwungene Erziehung zur Intoleranz nicht nur gegen Deut- 
sche im besonderen und Nichtjuden wie auch europaische 
Amerikaner im allgemeinen, sondern mehr noch gegen intel- 
lektuelle Neugierde und vernunftigen Dissens an sich. 
Dieser Museumsbesuch ermoglichte es mir, meine Sonne 
durch einige sehr gesunde Diskussionen, durch Antworten auf 
ihre Fragen und durch einfache Logik zu entprogrammieren. 
Ich als Erwachsener bin seither nicht mehr gehirngewaschen. 
Wenn dieser wiitende Mob von Teenagern typisch ist fur die 
Auswirkung, die die "Holocaust-Erziehung" auf unsere Kin- 
der hat, sowie auf die Unfahigkeit so vieler Eltern, sich dieser 
Propaganda entgegenzustellen, dann mussen wir derartige 
Erziehungsprogramme und Museen so schnell wie moglich 



entfernen. Unsere junge Generation wird durch sie in die tru- 
be Dunkelheit von Ignoranz, Vorurteilen und tiefgreifendem 
Fanatismus getrieben, auf Kosten der Steuerzahler und mit 
Zustimmung unserer Regierung. 

Anmerkungen 

' Carlo Mattogno, "Flammen und Rauch aus Krematoriumskaminen", 
VffG, 7(3&4) (2003), S. 386-391. 

Carlo Mattogno, "Leichenkeller von Birkenau: Luftschutzraume oder 
Entwesungskammern?", VffG, 4(2) (2000), S. 152-158. 

3 Reuter Pressemeldung, 24.4.1990, z.B. veroffentlicht durch The Daily Te- 
legraph, 25.4.1990, "Jewish Soap Tale was 'Nazi Lie "'; vgl. Mark We- 
ber, '"Jewish soap'," Journal of Historical Review , 1 1(2) (1991), S. 217- 
227. 



BRD plant totale Internetzensur in Deutschland 

Von Online-Demonstration 



Auf den ersten Blick erscheint es als lobenswerte Aktion: die 
Bezirksregierung Dusseldorf im Kampf gegen den Rechtsex- 
tremismus. Genauer gesagt, im Kampf gegen Internet-Seiten 
mit rechtsextremistischen Inhalten. Rechte Webseiten (aus 
dem Ausland allerdings!) sollen "gesperrt" werden. Wer wa- 
re da zunachst nicht verleitet zu sagen: "Prima, endlich tut 
mal jemand was"? 

Doch wer mit etwas Kenntnis der Materie versehen genauer 
hinschaut, dem kommen rasch Zweifel. Kann das, was hier in 
Absprache mit den entsprechenden Behorden der anderen 
Bundeslander geschieht, richtig und mit demokratischen 
Grundsatzen vereinbar sein? Denn der Bezirksregierung 
Dusseldorf geht es nur vordergriindig um Rechtsextremis- 
mus. Geplant ist vor allem, ein umfangreiches "Filter- 
System" zu etablieren, das alle "nicht zulassigen" Inhalte des 
auslandischen Internets fur Deutschland "sperrt" und auch 
die in jedem Falle legale Nutzung (beispielsweise staatsbur- 
gerliche Aufklarung, Forschung, journalistische Recherche) 
unterbindet. Die gesellschaftliche Achtung des Rechtsextre- 
mismus wird dazu benutzt, um das geplante Filtersystem ein- 
facher durchsetzen zu konnen. So gestand Diisseldorfs Re- 
gierungsvizeprasident Hans-Jiirgen Riesenbeck ein, daB die 
Sperrung der zwei bisher beanstandeten Seiten relativ will- 
kiirlich sei. "Wenn ich das Milchtrinken verbieten will, mu(3 
ich erst mal ein oder zwei Flaschen beschlagnahmen." 1 Derzeit 
entwickelt die Bonner Firma Bocatel unter dem Namen "Fil- 
terpilot" ein solches Filter-System fur die Bezirksregierung. 
Doch dadurch wird keineswegs die Publikation "nicht zulas- 
siger" Inhalte im Internet verhindert. Es ist eher so, daB man 
dem Internet-Nutzer die Schwarze Brille aufsetzt: immer, 
wenn etwas unangenehmes zu lesen ist, darf er es nicht se- 
hen. Verschwunden ist es dadurch nicht. Die Meinungsfrei- 
heit von Extremisten bleibt bestehen, denn das entsprechende 
Material ist bereits publiziert. Doch die Informationsfreiheit 
jedes Einzelnen, also auch von Ihnen selbst, wird dahinge- 
hend eingeschrankt, daB man sich nicht mehr ungehindert aus 
offentlich zuganglichen Quellen informieren kann. Das ist 
verfassungswidrig und geht auch noch komplett am Problem 
vorbei: heiBt es nicht immer handeln statt wegschauen? Re- 
gierungsprasident Jiirgen Bussow schaut nicht nur selbst 
weg, 3 sondern will jeden anderen ebenso zum Wegschauen 



zwmgen. 

Alle "Sperrungen" sind zu umgehen, und die Erfahrungen 
mit dem derzeitigen Versuchballon zeigen: in der Nazi-Szene 
ist genau bekannt wie. Die Bezirksregierung gibt auch zu, 
daB sie nicht davon ausgeht, daB man durch das Lesen der in 
der Sperrverfugung genannten Webseiten 4 zum Rechtsextre- 
misten wird. Die nachste Ausrede lautet: es gehe um Opfer- 
schutz: die Opfer des NS-Regimes sollen vor Verunglimp- 
fung geschutzt werden. 



ODEM / Online-Demonstration 

ODEM / Online-Demonstration ist eine Plattform 
zur Wahrung der demokratischen Grundsatze. Mit 
der Einbeziehung des Internets in den gesellschaftli- 
chen Alltag wachst auch der Anspruch an das Inter- 
net als politisches Betatigungsfeld. Zu diesem Zweck 
stellt ODEM eine Plattform fur Aktionsgruppen und 
Projekte bereit, die Interessen biindeln soil und In- 
ternet-Benutzern ermoglicht, eigene Demonstratio- 
nen und Petitionen im Internet zu planen und 
durchzufuhren. In erster Linie engagiert sich 
ODEM fur die Bewahrung der Menschen- und 
Grundrechte in einem freien Internet. Anfragen und 
Ideen fiir weitere Projekte und Aktionen sind aus- 
drucklich erwunscht. 

Die von ODEM.org initiierte "Erklarung gegen die 
Einschrankung der Informationsfreiheit" hat in der 
Zwischenzeit rund 10000 Unterschriften, darunter 
prominente Erstunterzeichner wie die "Reporter 
ohne Grenzen", der SPD-Bundestagsabgeordnete 
Jorg Tauss, Grietje Bettin, medienpolitische Spre- 
cherin von Bundnis 90 / Die Griinen, Wolfgang 
Kleinwachter, Professor fiir internationale Kommu- 
nikationspolitik an der Universitat Aarhus (Dane- 
mark) und Andy Miiller-Maguhn, europaischer Ver- 
treter im ICANN 2 -Direktorium. 
Die Erklarung und die Unterschriftenliste befindet 
sich unter http://odem.org/informationsfreiheit 
Pressekontakt: presse@odem.org oder zensur@ 
lists.odem.org (01 79) 13 46 47 1 (Alvar Freude) 



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1st Internet wie Fernsehen oder wie ein Buchladen? 

Regierungsprasident Jurgen Bussow behauptet gerne, das In- 
ternet sei vergleichbar mit Rundfunk und Fernsehen. Dort ist 
Regulierung und Jugendschutz durchaus sinnvoll. Der Fern- 
seher wird eingeschaltet, durch alle Kanale gezappt und kon- 
sumiert, was eben ausgestrahlt wird. 
Doch das Internet ist nicht wie Fernsehen! 
Die einzige, platte Gemeinsamkeit zwischen beiden Medien 
ist ein ahnliches Gerat, namlich der Bildschirm, der die ent- 
sprechenden Informationen darstellt. Aber wie naiv muB man 
sein, um zu glauben, daB Bildschirm gleich Bildschirm sei? 5 
Das Internet ist ein Kommunikationsmedium, am ehesten 
noch vergleichbar mit Telefon oder Faxabruf. 6 Wer einen be- 
stimmten Inhalt abrufen will, muB aktiv die entsprechende 
Adresse eingeben oder zumindest einem dahingehenden 
Verweis folgen. Natiirlich kann man dabei auch Inhalte abru- 
fen, die Einzelnen nicht gefallen. Aber das ist die Wahl und 
Freiheit des Nutzers. 

Niemand bekommt gegen seinen Willen Inhalte auf den Bild- 
schirm, die er nicht sehen will; Niemand wird gezwungen, 
bestimmte Texte und Bilder zu konsumieren. Sollte man 
einmal auf Inhalte klicken, die einem nicht gefallen, so ist der 
nachste Mausklick weg davon nur Sekundebruchteile ent- 
fernt. Der miindige und ausgebildete Burger ist immer sein 
bester eigener Filter, es besteht gar keine Notwendigkeit in 
seine grundgesetzlich garantierte Informationsfreiheit einzu- 
greifen und ihn ihm seine Souveranitat absprechend vor ir- 
gendetwas "schiitzen" zu mussen. 

Die Bezirksregierung bemiiht in ihrer Kampagne auch gerne 
das Bild des Buchhandlers, den sie mit dem Internet- 
Zugangs-Provider vergleicht: so wie ein Buchhandler viele 
verschiedene Biicher von vielen verschiedenen Verlagen an- 
biete, so wiirde ein Anbieter von Internet-Zugang dem Kun- 
den praktisch die einzelnen Webseiten verkaufen. Und wenn 
diese dann "nicht zulassig" seien, konnte doch die Verwal- 
tungsbehorde eben diesen Verkauf untersagen, so wie man 
auch dem Buchhandler untersagen kann, bestimmte Bucher 
zu verkaufen. 

Doch auch das ist falsch. Selbst Kinder verstehen dank der 
"Sendung mit der Maus" 7 die simplen technischen Grundla- 
gen besser als die Bezirksregierung, die zwischen dem Urhe- 
ber der Daten, demjenigen, der die Daten lagert (dem Provi- 
der) und demjenigen, der nur die Datenleitungen betreibt, 
nicht unterscheiden kann. Wenn schon der Vergleich mit ei- 
nem Buchladen gezogen wird, dann ware es besser, wenn der 
Provider, der die Daten lagert, als ein Buchhandler von vie- 
len angesehen werden wiirde. Der Zugangs-Anbieter (Ac- 
cess-Provider) ware dann vergleichbar mit jemandem, der da- 
fur sorgt, daB die StraBe zum Buchladen immer frei ist. Neh- 
men wir an, es gibt ein verbotenes Buch, das nur in bestimm- 
ten StraBen erlaubt ist. Wenn ein Buchhandler sich nun in ei- 
nem Stadtteil befindet, in dem das entsprechende Buch er- 
laubt ist, dann kann man gegen ihn nicht vorgehen. Um aber 
trotzdem zu verhindern, daB jemand das Buch liest, wiirde 
die Bezirksregierung die StraBenbetreiber zwingen, bei jedem 
Passanten eine heimliche Taschenkontrolle durchzufiihren 
und nach "nicht zulassigen" Buchern zu suchen . . . 

Politische Entscheidungen werden auf 
Verwaltungsgerichte abgewalzt 

Verwaltungsgerichte sollen nun klaren, ob die eigenartigen 
Metaphern der Bezirksregierung sinnvoll und richtig sind. 
Doch letzten Endes bleibt die Erkenntnis, das die Bezirksre- 



gierung von dem Medium, das sie meint kontrollieren zu 
mussen, keine Ahnung hat. Damit steht sie allerdings nicht 
alleine da: die rasante Entwicklung des Internet in den letzten 
Jahren ermoglichte immer mehr Menschen einen einfachen 
Zugang zum Netz, wobei immer weniger Menschen noch In- 
teresse zeigen zu verstehen, wie das Internet eigentlich funk- 
tioniert. Oft wird es ihnen durch entsprechende Interface- 
Gestaltung auch schwer oder gar unmoglich gemacht. 8 Zwi- 
schen Internet-Nutzern und wirklichen Internet-Experten 
klafft mittlerweile eine groBe Liicke. 

Gleichwohl beruft sich die Bezirksregierung darauf, daB sie 
zum Handeln gezwungen sei. Mit den zustandigen Behorden 
der anderen Bundeslander sei wie oft in solchen Fallen ab- 
gemacht, daB eine Behorde (also hier die Bezirksregierung 
Diisseldorf) die Vorreiterposition einzunehmen hat und die 
Rechtslage durch die Verwaltungsgerichte klaren laBt, da an- 
zunehmen sei, daB Provider Widerspruch einlegen. Hier wird 
also eine politische Entscheidung auf die Verwaltungsgerich- 
te abgewalzt. 

Ein ganz normales Verwaltungsverfahren sei dies, so die Be- 
zirksregierung. Bei politisch weniger brisanten Fragestellun- 
gen mag das vermutlich richtig sein. Die betroffenen Zu- 
gangs-Anbieter sollen nun gegen die Sperrverfugung klagen, 
aber paradoxerweise haben sie doch kaum ein Interesse dar- 
an, in eine derartige Klage Zeit und Geld zu investieren. 
Denn die Webseiten, die gesperrt werden sollen, sind nicht 
sonderlich interessant fiir die Provider, handelt es sich doch 
um fremde Angebote fremder Menschen, deren Gedanken sie 
nicht teilen. Der finanzielle Aufwand der Sperrung halt sich 
zumindest derzeit in Grenzen. Sollte das geplante System 
"Filterpilot" staatlich finanziert werden, bleibt das auch in 
Zukunft so. Trotzdem: rund die Halfte der ca. 80 von der 
Sperrverfugung betroffenen Provider haben Widerspruch 
eingelegt. Ihr Interesse? Neben der Angst, in Zukunft doch 
zu kostspieligen Verftigungen gezwungen zu werden, haupt- 
sachlich Demokratie und Informationsfreiheit im Internet. 
Immerhin ein gutes Zeichen. 

Dennoch bleibt festzuhalten, daB die eigentlich von den 
Sperrverfugungen Betroffenen die Burger, also wir sind; 
nicht die Provider. Provider mussen im Geschaftsleben er- 
folgreich sein und werden im Zweifel den Weg des gering- 
sten Widerstandes gehen. Der Burger aber, dem seine Grund- 
rechte beschnitten werden, indem ihm eine virtuelle Augen- 
binde umgelegt wird, bleibt vollig auBen vor, ja erfahrt i.d.R. 
noch nicht einmal irgend etwas von seiner Zensur! Vom vol- 
ligen Fehlen der grundgesetzlich garantierten Gewaltentei- 
lung und einem ordentlichen Rechtsweg ganz abgesehen. 
DaB dies zu MiBbrauch geradezu einladt und von der gerade 
aufkeimenden Informationsgesellschaft direkt in den Uber- 
wachungsstaat fiihrt, liegt auf der Hand. 

Was soil alles "gesperrt" werden? 

Die Bezirksregierung Diisseldorf sammelt seit einiger Zeit 
schon fleiBig die Adressen von Webseiten, die einmal "ge- 
sperrt" werden sollen. In guter alter Blockwart-Manier wer- 
den die Internet-Nutzer aufgefordert, "nicht zulassige" Inter- 
net-Seiten zu melden. 9 Auch hier ist also eindeutig ersicht- 
lich, daB es der Bezirksregierung nicht nur um die "Sper- 
rung" zweier Webseiten mit rechtsextremen Inhalten geht. 
Das Interesse an einem umfangreichen "Filter"-System geht 
aber noch weiter. Vielen Interessengruppen ist die freie 
Kommunikation im Internet ein Dorn im Auge, das Internet 
wird nicht als weltweiter Kulturraum, sondern oftmals nur als 



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kurzfristige Geldvermehrungsanlage angesehen. So wird bei- 
spielsweise das Markenrecht als Kampfmittel gegen unlieb- 
same Inhalte miBbraucht. 10 Besonders Internet-feindlich hat 
sich in letzter Zeit u.a. Scientology gezeigt. So hat die Sekte 
mit Hilfe des Urheberrechts die Betreiber der Suchmaschine 
Google 11 gezwungen, Verweise zu Scientology-kritischen 
Seiten zu entfernen. 12 Ein Filtersystem, wie es die Bezirksre- 
gierung Dusseldorf stellvertretend fiir die Mediendienste- 
Uberwachungsstellen aller Bundeslander einrichten will, ka- 
me da wie gerufen, um das Lesen unliebsamer Inhalte gleich 
weitgehend zu verhindern. . . 

Das erschreckende: es gibt auBer den Providern und den In- 
ternet-Nutzern selbst kaum eine Interessengruppe, die keiner- 
lei Interesse an "Sperrungen" hat und sie daher ablehnt. Die 
starkste Waffe, die den aktiven Internet-Nutzern zur Verfii- 
gung steht, ist ihr Wissen uber das Netz. 

Die Medienkompetenz der Entscheidungstrager 

Leider ist das Wissen uber das Internet sowohl bei Entschei- 
dern aus Politik und Verwaltung als auch bei den normalen 
Nutzern vielfach getrubt durch falsche Vorstellungen, durch 
populistische Allerweltsfloskeln und technische Ahnungslo- 
sigkeit. Manchmal ist es auch schlicht Desinteresse an dem, 
was im Internet vor sich geht. DaB Manipulation im Internet 
moglich ist und wie unwichtig es manchen Menschen ist, 
wenn Inhalte verfalscht werden, zeigt eindrucksvoll die im 
Jahre 2001 mit dem Internationalen Medienkunst-Preis 2001 
ausgezeichnete Arbeit insertcoin. 13 

An Aufklarung mangelt es jedoch auch in Bezug auf Statisti- 
ken rund ums Internet. So wird oft mit entsprechenden Hin- 
tergedanken von dem "rasanten Anstieg" an rechtsextremisti- 
schen Inhalten im Internet gesprochen, der sich in wenigen 
Jahren tatsachlich vervierfacht habe. Gerne unter den Tisch 
gekehrt wird dabei jedoch, daB die Anzahl der im Netz vor- 
handenen Seiten in der gleichen Zeit je nach Zahlweise um 
Faktor zehn bis Faktor hundert gestiegen ist, woraus man 
schlieBen konnte, daB Rechtsextremisten das Internet viel 
langsamer entdecken als der Durchschnittsburger. Der Bun- 
desverfassungsschutz spricht von ca. 1300 rechtsextremisti- 
schen Webseiten, jiidische Organisationen von ca. 2000. 
Wenn wir das nun ins Verhaltnis setzen mit der Anzahl der 
Suchmaschinen bekannten Webseiten insgesamt (Google 



kennt rund zwei Milliarden Seiten, tatsachlich gibt es aber 
wahrscheinlich drei bis fiinf mal mehr), dann kommt auf eine 
Million Webseiten eine rechtsextreme. Oder anders ausge- 
driickt: wenn es im "echten" Leben so viele Nazis gabe wie 
Webseiten, gabe es in Deutschland umgerechnet auf 82 Mil- 
lionen Einwohner nur rund 82 Nazis. Laut Verfassungsschutz 
gibt es in Deutschland aber uber 50000 Rechtsextremisten, 
rund 9000 sind gewaltbereit. 14 Vielleicht trostet ja die Be- 
zirksregierung der Gedanke, daB man die im Internet wenig- 
stens wegklicken kann. Und wem das nicht ausreicht, der hat 
die Moglichkeit, sich aktiv mit dem Rechtsextremismus aus- 
einanderzusetzen, zumindest solange die Wachter uber den 
Mediendienste-Staatsvertrag sich nicht mit ihrem verfas- 
sungswidrigen Versuch durchsetzen, im Internet strengere 
Regelungen als auBerhalb zu etablieren. . . 

Anmerkungen 

Quelle: http://odem.org/informationsfreiheit/Hintergrund-Internet-Zensur.pdf 

1 Vgl. http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/12262/Lhtml 

2 Internet Corporation For Assigned Names and Numbers; www.icann.org 
Vgl. http://online.wdr.de/online/panorama/auschwitz_prozess/ 

4 http://www.nazi-lauck-nsdapao.com/ und http://www.stormfront.org/ 

5 Vgl. Terry Sullivan, "Just Like TV", 1997: 
http://www.pantos.org/atw/perspectives/0202.html 

Vgl. Jakob Nielsen, "The Telephone is the Best Metaphor for the Web", 
1997: http://www.useit.com/alertbox/9705b.htm 

7 Siehe die sehr gute Erklarung des Internets unter 
www.wdrmaus.de/sachgeschichten/internet/ oder auch als empfehlens- 
werter Film: www.wdrmaus.de/service/download/dateien/vid_www.zip 

8 Vgl. http://odem.org/insert_coin/mythen/aol.html 

Siehe "Beschwerdeformular zur Meldung von Rechtsextremismus und 

anderer unzulassiger Inhalte/Verbraucherschutz": 

www.brd.nrw.de/cat/SilverStream/Pages/themenframe?BeitragsID=2071 
10 Eine Zusammenfassung einiger Falle unter 

http://odem.org/insert_coin/kontrolle/selbstzensur.html; sehr Kreative 

Auslegungen des Markenrechts: 

http://www.heise.de/newsticker/data/axv-26.07.01-001/und 

www.heise.de/newsticker/data/chk-27.08.01-003/ 
" http://www.google.de/ 

12 Siehe beispielsweise 
http://www.heise.de/tp/deutsch/special/auf/! 2187/1 .html 

13 Siehe http://odem.org/insert_coin/ 

14 Siehe 
http://www.verfassungsschutz.de/publikationen/gesamt/page02.html 



Anmerkungen des Herausgebers 

"Auf den ersten Blick erscheint es als lobenswerte Aktion 

[...] 'Prima, endlich tut maljemand was '. " 
Der Kampf gegen Rechte, Rechtsradikale, Rechtsextremisten 
ist Mode in Deutschland. Es wird ein Prazedenzfall geschaf- 
fen: bestimmte politische Anschauungen, ja schon einfache 
politische Tendenzen diirfen als illegitim, wenn nicht gar il- 
legal angesehen werden. Es geht angeblich um die Verteidi- 
gung von Demokratie und Menschenrechte. Um die wichtig- 
sten Werte dieser Demokratie zu schutzen - das Recht auf 
freie Rede und freien Informationszugang sowie das Recht 
auf politische Mitbestimmung - werden einem erheblichen 
Teil der Bevolkerung gerade diese Rechte abgesprochen. Ist 
im Kampf gegen Rechts eben alles erlaubt? 

"Die Freiheit des [...] weltanschaulichen Bekenntnisses 

[ist] unverletzlich. " 
So lautet Artikel 4 des Grundgesetzes der Bundesrepublik 
Deutschland. Aber die vier ist ja bekanntlich eine rechtsradi- 
kale Zahl, haben doch sowohl das Hakenkreuz als auch das 
Eiserne Kreuz eine vierzahlige Symmetrie. Also zahlt man 



heute in Deutschland eben anders: 1, 2, 3, 5, 6, 7, 8, 9... Wer 
kehrt sich schon um die Freiheit der Weltanschauung, solan- 
ge sie nur nicht rechts ist. . . 

Was ist also prima daran, daB eine Landesregierung "end- 
lich"(???) einmal etwas unternimmt? In VffG wurde wieder- 
holt ausgefuhrt, was von diesem "endlich" zu halten ist. Tat- 
sachlich sollte man Lesern klar machen, daB es grundsatzlich 
von Ubel ist, gegen jemanden rechtlich vorzugehen, weil ei- 
nem dessen politische Ansichten nicht gefallen. Grundsatz- 
lich diirfen in einem Rechtsstaat nur dann strafrechtliche 
Schritte erfolgen, wenn Strafgesetze gebrochen wurden - 
nicht politisch formulierte oder interpretierte Strafgesetze, 
wohl gemerkt, sondern allgemeingultige Strafgesetze. Wer 
zum Beispiel das Stehlen von Autos verbieten will, muB den 
Diebstahl an sich unter Strafe stellen: Jeder Dieb ab ins Ge- 
fangnis. Auf den hiesigen Fall angewendet bedeutet das: Wer 
Zweifel an bestimmte geschichtliche Ereignisse unter Strafe 
stellen will, oder wer die Kritik an bestimmten Minderheiten 
verbieten will, muB dies allgemeingultig tun: Alle Zweifel an 
alien geschichtlichen Ereignissen sind verboten, alle Kritiken 



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an alien defmierbaren Gruppen sind unter Strafe gestellt. Die 
Konsequenz ware, daB wir alle, ausnahmslos alle ins Ge- 
fangnis gehoren, denn wer zweifelt nicht hier und da an be- 
stimmten geschichtlichen Behauptungen und wer meckert 
nicht mal iiber diese oder jene Gruppe? Ganz Deutschland 
ein einziges, gigantisches Gefangnis! Das ware das Ergebnis, 
wenn man Kants moralischen Imperativ auf das heutige 
Deutschland anwandte. Und das soil "prima" sein? 
Die AuBerung einer friedlichen Meinung oder einer Tatsa- 
chenbehauptung kann daher nie eine Straftat sein. Wer ande- 
rer Meinung ist, ist eben ein Gegner oder gar Feind der Rechts- 
staatlichkeit. Und daraus ergibt sich zwangslaufig: das heutige 
Deutschland ist weit davon entfernt, ein Rechtsstaat zu sein. 



"§ 90a StGB 

(1) Wer offentlich, in einer Versammlung oder durch Ver- 
breiten von Schriften (§11 Abs. 3) 

1. die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Lander 

oder ihre verfassungsmdfiige Ordnung beschimpft oder 

boswillig verdchtlich macht [...] wird mit Freiheits strafe 

bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. " 

DaB ich wegen dieser friedlichen Tatsachenbehauptung in 

Deutschland wegen Verunglimpfung des Staates heute eben- 

so verfolgt werden konnte, unterstreicht nur, daB ich recht 

habe. Denn ein Regierungssystem, das sich gegen Kritik mit 

dem Strafrecht zur Wehr setzt, ist nichts weiter als eine Ty- 

rannei. Germar Rudolf 



Nachrufe 

John Sack in Memoriam 

Von Robert H. Countess, PhD 



Als ich am 13. April 2004 durch Siidkalifornien reiste, erhielt 
ich einen Anruf meiner Frau, die mir eroffnete, ein Freund 
John Sacks habe angerufen, um uns mitzuteilen, daB John am 
27. Marz verstorben sei. Dieser Freund habe all jene Num- 
mern angerufen, die sich in Johns AdreBbuch befanden. Ob- 
wohl mich diese Nachricht traurig stimmte, so kam sie den- 
noch nicht unerwartet, zumal ich seit einigen Jahren wuBte, 
daB er an Krebs erkrankt war. 

Es war ein heifier, schwiiler Sonntag Nachmittag, als John 
uns am 16.7.1995 in unserem Landhaus in der Nahe von 
Huntsville, Alabama, fur drei Tage besuchte. Er befand sich 
damals auf einer Werbereise fiir sein Buch The Boys in Com- 
pany C, einem journalistischen Werk iiber den ersten Krieg 
gegen den Irak von 1990/91. Ich arrangierte damals einige 
Interviews mit ortlichen Rundfunksendern sowie einen Ver- 
kaufstand in einem ortlichen Buchladen. John fuhr damals in 
seinem 1980er Pontiac Sunbird Cabriolet ohne Klimaanlage, 
so daB er gnadenlos der brtitend-schwiilen Hitze dieses typi- 
schen Juli-Tages ausgesetzt war. Wie ich mich erinnere, war 
sein Glatzkopf noch nicht einmal von einem Hut bedeckt. 
Um acht Uhr abends des gleichen Tages holte ich den aus 
Kalifornien angereisten judischen Revisionisten David Cole 
und seine Freundin in Nashville vom Flughafen ab. Er kam 
extra zu uns, um etwas Zeit mit John zu verbringen und um 
mit ihm iiber dessen Buch Auge um Auge zu diskutieren. 
John hatte darin bestimmte Juden bloBgestellt, die in den Jah- 
ren 1945 und 1946 in Polen ihre eigenen kommunistisch ge- 
leiteten Konzentrationslager fiir deutsche Manner, Frauen 
und Kinder errichtet hatten. Diese ohne Gerichtsverfahren 
eingesperrten Deutschen waren von diesen Juden in jenem 
Zeitraum willkiirlich miBhandelt, gefoltert, verstummelt und 
ermordet worden. 

Als John zu uns kam, war er offensichtlich davon uberzeugt, 
daB wir ein rechtsextremes, primitive "antisemitisches" Paar 
von "Holocaust-Leugnern" waren. Aber seine journalistische 
Neugierde bewog ihn dennoch, sich selbst eine Meinung zu 
bilden. 

Drei Tage spater verlieB er uns in seinem Sunbird Cabriolet 
als ein anderer Mensch. Meine Frau beeindruckte ihn mit ih- 
rer Diskussion iiber den Holocaust, iiber Konzentrationslager 



- ich hatte sie iiber die Jahre zu 17 verschiedenen Lagern 
"geschleppt" - und iiber Juden und angeblichen "Antisemi- 
tismus" uam. Er war auch von seinen ruhigen Diskussionen 
mit David Cole sehr beeindruckt, und ich kann lediglich an- 
nehmen, daB er auch meine gelegentlichen Beitrage als wert- 
voll empfand. Als ich John mit Mark Weber vom Institute of 
Historical Review iibers Telefon sprechen lieB, beschlossen 
beide, sich nach Johns Riickkehr von seiner Buchwerbereise 
in ein paar Wochen in Kalifornien zu treffen. 
Kurz bevor John abreiste, meinte er, er wiirde einst gerne bei 
einer Konferenz des Institute of Historical Review eine Rede 
halten - in einem Versuch, uns zu widerlegen, versteht sich - 
und ich versprach, mich fiir einen solchen Auftritt einzuset- 
zen. John trat dann tatsachlich als Festredner bei David Ir- 
vings erster "Real History"-Konferenz in Cincinnati, Ohio, 
im September 1999 auf. Er wiederholte im wesentlichen die 
gleiche Rede noch einmal wahrend der 13. IHR- Konferenz 
im Juni 2000. Das inzwischen suspendierte Journal of Histo- 
rical Review fiihrte auf einer seiner Titelseiten ein Bild des 
lachelnden John Sack, Seite an Seite mit Ernst Ziindel. 
Schon friihzeitig hatte mir John mitgeteilt, daB er seine Rede 
entweder in der Zeitschrift The Village Voice oder dem Maga- 
zin Esquire veroffentlichen wolle, fiir die er iiber die Jahre eine 
Anzahl von Beitragen verfaBt hatte. Im Februar 2002 erschien 
dann tatsachlich in Esquire sein Artikel mit dem Titel "Inside 
the Bunker. The People who believe that the Holocaust did not 
happen" (Im Innern des Bunkers. Die Leute, die glauben, daB 
der Holocaust nicht stattfand, S. 98ff.) Er sagte mir am Tele- 
fon, daB er in seinem Originalmanuskript durchweg den Be- 
griff "Holocaust-Revisionist" verwendet habe, daB der Heraus- 
geber dies aber auf "Holocaust-Leugner" abgeandert habe. 
Nach seiner Rede wahrend der 13. IHR- Konferenz sandte 
John mir am 2.6.2000 eine Email folgenden Inhalts: 
"Lieber Bob und Hebe Elda: 

[...] Ich habe die Konferenz genossen, und Elda wirdfest- 
stellen, dafi ich Euch nicht verreifien werden; die Ge- 
schichte - wenn sie uberhaupt voreingenommen sein wird 
— wird zu Eurem Vorteil voreingenommen sein, obwohl ich 
sagen werde, dafi ich mit Euch nicht iibereinstimme. Ich 
werde Euch ein Exemplar schicken, falls mir Esquire das 



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erlaubt, was sie womoglich nicht tun werden. [...] 
Ich freue mich schon auf das schlupfrige Dach, mit herzli- 
chen Grufien, John Sack. " 
"Das schlupfrige Dach" bezog sich auf eine von meiner Frau 
ihm gegeniiber erwahnte Geschichte im Talmud, die berich- 
tet, daB ein Jude wahrend seines Falles von einem Dach eine 
Jiidin schwangert, mit einer sich anschlieBenden Diskussion, 
ob das dadurch geborene Kind ein Bastard ist oder nicht. Zu- 
erst weigerte sich John, dies zu glauben, aber er bezahlte ei- 
nen Forscher, der die Sache schlieBlich bestatigte, was John 
dann in seinem Esquire-Artikel erwahnte. 
Doch nun zu der Geschichte, wie ich John personlich ken- 
nenlernte, so daB ich ihn in revisionistische Kreise einfuhren 
konnte. Ich wurde zuerst auf John wahrend eines Interviews 
aufmerksam, das er 1993 wahrend der Sendung "60 Minutes" 
des US-Fernsehsenders CBS uber seine Forschungen zu sei- 
nem Buch Auge um Auge gab. Sieben Jahre lang hatte John 
unzahlige Interviews mit verschiedenen judischen Lagerauf- 
sehern gefiihrt. Der beriichtigste dieser Morder war Solomon 
Morel, der inzwischen im sicheren Exil in Israel lebt, wo sich 
kriminelle Juden den Gerichten 
anderer Lander entziehen kon- 
nen. Obwohl sich Polen 
schlieBlich entschloB, Morels 
Auslieferung zu beantragen, 
weigerte sich Israel, diesem 
Antrag nachzukommen, da die 
Morel vorgeworfenen Verbre- 
chen angeblich verjahrt seien! 
Dazu kann ich nur sagen, daB 
man dies einem John Demjan- 
juk und seinen Mitleidenden 
sagen sollte, die noch heute auf 
judischen Druck hin ausgelie- 
fert oder anderweitig durch Ge- 
richte in den USA, in Kanada 
und Europa verfolgt werden! 
Johns Buch stieB der Holocaust- 
Industrie damals sauer auf. Der 
Direktor des World Jewish 
Congress, Elan Steinberg, war 
uber diese CBS-Werbung fur 
Sacks Buch sehr aufgebracht. 

Unmittelbar nach dieser "60 Minutes"-Sendung kaufte ich 
mir Auge um Auge und las es sorgfaltig durch. Ich verfaBte 
sodann eine Rezension fur das Journal of Historical Review. 
Eine Kopie davon sandte ich an John uber seinen Verleger. 
Am 30.9.1994 schrieb er mir einen netten Brief, worin er mir 
fur meine Rezension dankte, meine Aufrichtigkeit lobte und 
anmerkte, daB "judische Professoren", die ebenfalls Rezensi- 




John Sack wahrend seiner Rede bei der 13 
Konferenz 



on des Buches fur Zeitschriften wie The Nation und The New 
Republic verfaBt hatten, mit ihrer schabigen Behandlung des 
Themas unaufrichtig gewesen waren, indem sie sich auf per- 
sonliche Angriffe auf den Autor konzentrierten. 
In einem Schreiben vom 5.5.1995 schrieb er an den "Lieben 
Dr. Countess": 

"Bitte erlauben Sie mir, Sie weiterhin Dr. Countess zu nen- 

nen, zumal Deborah Lipstadt im Fernsehen sagen wurde, 

ich sei mit Neonazis, Antisemiten, Holocaust-Leugnern und 

dem Institute for Historical Research [sic!] per Du. Das 

ware nichts Neues — sie hat mich bereits vor laufender 

Kamera einen Neonazi und Antisemiten genannt, und sie 

hat mir personlich mitgeteilt, dafi ich schlimmer sei als die 

Holocaust-Leugner, [...] Mit herzlichen Grufien, John. " 

John handelte wahrlich bis zu seinem Tode als Journalist, 

und nicht etwa als sorgfaltiger, um Exaktheit bemuhter Histo- 

riker. Er glaubte wirklich an die 6-Millionen-Holocaust- 

Geschichte, aber er sagte mir ofter, daB er weder die Zeit 

noch ein Interesse daran habe, in die von Revisionisten unter- 

suchten Details einzutauchen. John durfte bestatigt finden, 

was ich ihm versprach, als sein 
Vortrag beim US Holocaust 
Memorial Museum uber sein 
Buch Auge um Auge abgesagt 
worden war: 

"Wenn wir Dich einladen, 
beim IHR vorzutragen, so 
kannst Du sicher sein, dafi 
Dir nicht abgesagt wird. " 
John lebte in Ketcham, Idaho, 
wo Schilaufen groBgeschrieben 
wird, ein Sport, den er liebte. 
John war niemals verheiratet. 
Als er mir mitteilte, daB er an 
Krebs erkrankt sei, inmitten 
womoglich seines groBten Lei- 
dens, bot ich ihm einst am Te- 
lefon an, fiir ihn, den uberzeug- 
ten Atheisten, zu beten. Er freu- 
te sich dariiber und dankte mir. 
John Sack war eine guter und 
anstandiger Mensch, ein auBer- 
gewohnlicher Schriftsteller, der 
keinen Aufwand scheute, um zur Quelle wichtiger Informa- 
tionen zu gelangen. Zuletzt arbeitete er an einer chinesischen 
"Mafia"-Personlichkeit, aber ich weiB nicht, wie weit er da- 
mit kam. Meine Frau und ich werden uns immer an Johns 
warmes Lacheln erinnern, an seine menschliche Warme und 
seine Dankbarkeit fur jedwede Gastfreundschaft und Kon- 
versation. Ruhe in Frieden, John Sack! 



IHR- 



James J. Martin: Das Scheiden eines grofien Historikers 

Von Mark Weber 



Einer der prominentesten und einfluBreichsten amerikani- 
schen revisionistischen Historiker, James Joseph Martin, ist 
verstorben. Er war 87 Jahre alt, als er am 4. April 2004 in 
seinem Haus in Colorado Springs verstarb. 
James Martin war ein auBergewohnlich scharfsichtiger und 
produktiver Historiker mit einem eindrucksvollen Gedachtnis 



und einem skeptischen Blick. Wahrend der intellektuell kar- 
gen 1950er, 60er und 70er Jahre war er einer der wenigen 
amerikanischen Wissenschaftler, die die Flamme der authen- 
tischen, unabhangigen Geschichtsschreibung aufrecht erhiel- 
ten. Er hatte die hervorragenden revisionistischen Wissen- 
schaftler jener Epoche personlich gekannt, einschlieBlich 



232 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



Harry Elmer Barnes, Charles Tansill und 
Francis Nielson. 

Martin wurde am 18. September 1916 gebo- 
ren. Nach AbschluB eines Studienganges an 
der Universitat von New Hampshire im Jah- 
re 1942 studierte er an der Universitat von 
Michigan, wo er 1945 sein Staatsexamen 
und 1949 seine Dissertation abschloB. 
Seine 25 Jahre wahrende Lehrtatigkeit um- 
fassen Lehrstiihle an der Universitat von 
Northern Illinois (DeKalb), am San Fran- 
cisco State College, Deep Springs College 
und am Rampart College. 
Womoglich das groBartigste von Dr. Mar- 
tins wissenschaftlichen Werken ist Ameri- 
can Liberalism and World Politics, 1931- 
1941, ein 1964 von Devin Adair verlegter 
zweibandiger Klassiker, der die Wandlung 
der linken Auffassung von Frieden und 
Neutralitat hin zu Intervention und Krieg in den 1930er Jah- 
ren dokumentiert. Harry Elmer Barnes nannte dieses Werk 
"das vorziiglichste Ergebnis des Revisionismus des Zweiten 
Weltkrieges." Der Journalist und Lehrer Clyde R. Miller lob- 
te es als "womoglich der umfangreichste Beitrag zur Unter- 
suchung von Journalismus und politischer Propaganda des 
zwanzigsten Jahrhunderts" sowie "ein Meisterstiick an For- 
schung, Organisation und eindrucksvoller Darlegung." 
Martin verfaBte zudem das Buch Men Against the State: The 
Expositors of Individualist Anarchism in America (Manner 
gegen den Staat: Die Deuter des individualistischen Anar- 
chismus in Amerika), das erstmals 1953 erschien und 1957 
sowie 1970 wiederaufgelegt wurde. Sein 360 Seiten umfas- 
sendes Buch The Man Who Invented Genocide: The Public 
Career and Consequences of Raphael Lemkin (Der Mann, 
der den Volkermord erfand. Offentliche Karriere und Aus- 
wirkungen von Raphael Lemkin) wurde 1984 vom Institute 
for Historical Review verlegt. Sein letztes Werk, An Ameri- 
can Adventure in Bookburning in the Style of 1918 (Ein ame- 
rikanisches Biicherverbrennungs-Erlebnis im Stile des Jahres 
1918), erschien 1989. 
Martin war zudem der Autor verschiedener Beitrage, die in 




einem Sammelwerk zusammengefaBt wur- 
den: Revisionist Viewpoints: Essays in a 
Dissident Historical Tradition, 1971 und 
erneut 1977 verlegt; The Saga of Hog Is- 
land and Other Essays in Inconvenient Hi- 
story erschien 1977; Beyond Pearl Harbor: 
Essays on Some Consequences of the Cri- 
sis in the Pacific in 1941 wurde 1983 ver- 
legt. Martin verfaBte etwa 200 Artikel, Re- 
zensionen und Beitrage, die in Dutzenden 
von Periodika erschienen. Er trug auch zur 
Encyclopaedia Britannica bei sowie dreimal 
zum Dictionary of American Biography. 
Uber viele Jahre lektorierte er Biicher und 
Broschiiren fur den kleinen Verlag "Ralph 
Myles", der sich auf die Werke revisioni- 
stischer Historiker und libertarer Denker 
spezialisiert hatte. Sein Biicherbestand 
wurde vor einiger Zeit von Noontide Press 
erworben, einer Tochtergesellschaft des Institute for Histori- 
cal Review (IHR), das die im Myles- Verlag erschienenen 
Biicher nun vertreibt. 

James Martin war ein Freund und Unterstutzer des IHR. Er 
hielt bei der ersten Konferenz des IHR im Jahre 1 979 Vortra- 
ge sowie auch bei der 2. bis 5. und 11. Konferenz. 
Bis zu seinem Tode war er als Berater der Zeitschrift des 
IHR, Journal of Historical Review, aufgefiihrt, in dessen 
Ausgaben mehrere seiner Beitrage und Rezensionen erschie- 
nen. 

Er war verheiratet, hinterlieB aber keine Kinder. 
Ich werde mich noch lange mit Dankbarkeit an James Martin 
erinnern, nicht nur weil er einen wichtigen EinfluB auf mein 
Leben und meine Ansichten hatte, sondern auch als Freund 
und als Kollege uber 20 Jahre hinweg. Er hieB mich wieder- 
holt in seinem bescheidenen Haus willkommen, und ich bin 
froh, bis zum Ende seines Lebens mit ihm per Brief und 
Telefon in Kontakt geblieben zu sein. 

James hatte wenig Geduld fur Ignoranz oder Dummheit und 
war manchmal briisk und rauh. Aber hinter dieser briisken 
Fassade befand sich ein groBartiger Intellekt, ein mutiger 
Geist und ein groBzugige Herz. 



Aus der Forschung 

Juden im NKWD von Stalins Sowjetunion 

Von Germar Rudolf 



Da nun der Begriff "Tatervolk" in Deutschland zum Unwort 
des Jahres 2003 gewahlt wurde, 1 weil der deutsche Bundes- 
tagsabgeordnete Martin Hohmann es gewagt hatte, das von 
ihm reprasentierte Volk gegen Tatervolk-Anwiirfe zu vertei- 
digen, 2 soil dies hier zum AnlaB genommen werden, einmal 
etwas naher die Frage zu untersuchen, die von Herrn Hoh- 
mann aufgeworfen wurde und fur soviel Anfeindungen sorg- 
te: Waren Juden in der fruhen Sowjetunion uberproportional 
am Terrorapparat der Sowjetunion beteiligt? 
Nikita Petrov veroffentlichte im Jahr 2001 einen Artikel, der 
auf diese Frage etwas Licht wirft. Petrov untersuchte die 
"Veranderungstendenzen im Kaderbestand der Organe der 



sowjetischen Staatssicherheit in der Stalin-Zeit". 3 Zwar deckt 
seine Untersuchung in der uns interessierenden Frage nur den 
Zeitraum von 1934 bis 1941 ab, jedoch kann man mit den 
sowjetischen Archivunterlagen entnommenen Daten zu recht 
sicheren SchluBfolgerungen kommen. 

Tabelle 1 aus Petrovs Artikel gibt die Anzahl der leitenden 
Mitarbeiter des sowjetischen Volkskommissariat fur Innere 
Angelegenheiten (NKWD, Vorrlaufer des KGB) je nach Na- 
tionalist wieder. Man erkennt, daB Juden in den Fuhrungs- 
kadern der sowjetischen Terrormaschinerie bis ans Ende der 
groBen Sauberung von 1937/38 hinein einen ungeheuer gro- 
Ben Anteil haben. Hierzu erklart Petrov: 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



233 



Tabelle 1: Anzahl der leitenden NKWD-Mitarbeiter je nach Nationalitat 

(absolute Zahlen und Anteil am Gesamtbestand in %, nach Datum aufgeschlusselt) 


Nationalitat 


10.07.34 


1.10.36 


1.03.37 


1.07.37 


1.01.38 


1.09.38 


1.07.39 


1.01.40 


26.02.41 


Russen 


30(31,25%) 


33 (30,00%) 


35(31,53%) 


38 (33,63%) 


58(45,31%) 


85 (56,67%) 


102(56,67%) 


111(64,53%) 


118(64,84%) 


Juden 


37 (38,54%) 


43 (39,09%) 


42 (37,84%) 


36 (31,86%.) 


35 (27,34%) 


32 (21,33%) 


6 (3,92%) 


6 (3,49%) 


10 (5,49%) 


Ukrainer 


5 (5,21%) 


6 (5,45%) 


6 (5,41%) 


5 (4,42%) 


4(3,13%) 


10 (6,67%) 


19(12,42%) 


29 (16,86%) 


28(15,38%) 


Polen 


4(4,17%) 


5 (4,55%) 


5 (4,50%) 


4 (3,54%) 


1 (0,78%) 


1 (0,67%) 


- 


- 


- 


Letten 


7 (7,29%) 


9(8,18%) 


8(7,21%) 


7(6,19%) 


5 (3,91%) 


- 


- 


- 


1 (0,55%) 


Deutsche 


2 (2,08%) 


2 (1,82%) 


2 (1,80%) 


2 (1,77%) 


2(1,56%) 


1 (0,67%) 


- 


- 


- 


Georgier 


3 (3,13%) 


4 (3,64%) 


5 (4,50%) 


4 (3,54%) 


4(3,13%) 


5 (3,33%) 


12 (7,84%) 


12 (6,98%) 


12 (6,59%) 


Armenier 


1 (1,04%) 


1 (0,91%) 


1 (0,90%) 


1 (0,88%) 


1 (0,78%) 


1 (0,67%) 


2(1,31%) 


2(1,16%) 


2(1,10%) 


Aserbaidschaner 


1 (1,04%) 


1 (0,91%) 


1 (0,90%) 


1 (0,88%) 


- 


- 


- 


- 


- 


WeiBrussen 


3 (3,13%) 


2 (1,82%) 


3 (2,70%) 


3 (2,65%) 


2(1,56%) 


3 (2,00%) 


1 (0,65%) 


3 (1,74%) 


4 (2,20%) 


Sonstige 


1 (1,04%) 


1 (0,91%) 


- 


1 (0,88%) 


1 (0,78%) 


3 (2,00%) 


1 (0,65%) 


1 (0,58%) 


3 (1,65%) 


Keine Angaben 


2 (2,08%) 


2(1,82%) 


3 (2,70%) 


1 1 (9,73%) 


15(11,72%) 


9 (6,00%) 


10(6,54%) 


8 (4,65%) 


4 (2,20%) 



"Selbstverstdndlich erkldrt sich die Prdsenz von so zahl- 

reichen Letten, Polen und besonders Juden in der NKWD- 

Leitung mit dem Charakter der vor 1917 geltenden Be- 

schrdnkungen, die sie unmittelbar betroffen hatten. Das 

bolschewistische Regime mit seiner Romantik der Verwi- 

schung nationaler Grenzen eroffnete zahlreichen Vertre- 

tern dieser Nationalitdten alle Wege. Sie betrachteten die 

neue Staatsordnung zu Recht als die 'ihrige ', als eine, zu 

der sie unbedingt gehorten. Viele Vertreter der genannten 

Nationalitdten schalteten sich aktiv ins politische und so- 

ziale Leben ein und machten nach dem Oktober 1917 er- 

folgreich Karriere. Der leitende NKWD-Kader spiegelte 

diese Tendenz in konzentrierter Form wider. " 

Obwohl die Juden in der Sowjetunion zahlenmaBig keine 

groBere Minderheit darstellten als etwa Deutsche, Polen oder 

die Baltenvolker, ist ihre Dominanz im Fiihrungsapparat des 

NKWD ungeheuer: Sie stellen noch vor den etwa 30-fach 

volksstarkeren Russen die starkste Gruppe dar. Es kann wohl 

angenommen werden, daB die Uberreprasentanz der Juden in 

Fiihrungspositionen der UdSSR im allgemeinen und des 

NKWD bzw. dessen Vorlaufern in der Zeit vor Stalin noch 

groBer war; jedenfalls ist anzunehmen, daB der von Petrov 

beschriebene anfangliche Enthusiasmus der Minderheiten ftir 

das neue Sowjetregime mit der Zeit nachlieB und bis zum 

Jahr 1934, also nach 17 Jahren roten Terrors, schon aus 

rein statistischen Griinden zu einer Verringerung ihres An- 

teils gefiihrt haben diirfte. Es war wegen ihrer schieren 

Zahl schlicht wahrscheinlicher, daB ein Russe eine freige- 

wordene Stellung bezog, als daB ein Jude sie bekam. 

Man sollte aber im Auge behalten, daB sich diese Zahlen 

lediglich auf die Fiihrungspositionen des NKWD bezie- 

hen. Petrov fuhrt dazu aus: 5 

"In der Gesamtzahl der Mitarbeiter der Staatssicherheit 
war en die Juden nicht so stark vertreten. Zum 1. Mdrz 
1937 machten die Juden 7% der Gesamtzahl der Mitar- 
beiter des Staatssicherheitssystems aus, und zum 1. Ja- 
nuar 1941 ging diese Kennziffer auf 4% zuriick (siehe: 
GARF, Bestand 9401, IL. 8, Akte 43, Bl. 33 - 34; eben- 
da: Akte 64, Bl. 24). In den Vorkriegsjahren fiihrte das 
Prinzip, dem gemdfi die Nomenklaturkader fur dieses 
System ausgewdhlt wurden, zu einer erheblichen Veran- 
derung der nationalen Zusammensetzung des NKWD- 
Apparates. Zu diesem Zeitpunkt herrschte aber noch 
keine zielgerichtete Politik der Verdrdngung gerade der 
Juden aus der Staatssicherheit. Anders war es 1950- 
1953, als sich die Verfolgungen im MGB-System aus- 
schliefilich gegen die Juden richteten. Schon Ende 1950 



machten die Juden nur noch 1,5% der Gesamtstarke der 
operativen Kader aus (Central 'nyj Archiv Federal 'noj 
Sluzby Bezopasnosti Rossijskoj Federacii - CA FSB, Be- 
stand 4-os., IL. 8, Akte 11, Bl. 310 - 341). " 
Erlauternd dazu ist in Tabelle 2 die Nationalitat aller Mitar- 
beiter der Staatssicherheitsorgane angegeben, in der Juden 
zwar in den dreiBiger Jahren immer noch iiberreprasentiert 
waren, jedoch bei weitem nicht so extrem wie in den Fiih- 
rungskadern. 

Wenn also zu Zeiten des Roten Terrors 80% der Bevolkerung 
(Russen) fur 30% des Terrors verantwortlich waren, 1,5% 
der Bevolkerung (Juden) aber fur annahernd 40%, dann er- 
gibt das ein Verhaltnis von: 

also statistisch gesehen eine etwa 43-mal so hohe relative 
Schuld pro Kopf fur die jiidische Bevolkerung in der Sowjet- 
union im Vergleich zur russischen Bevolkerung. Das recht- 
fertigt zwar immer noch keine Kollektivschuld-, -haftungs 
oder -schamforderungen oder "Tatervolk"-Vorwiirfe, macht 
aber deutlich, warum Hohmann das Thema aufgriff. 
Wer angesichts dieser Zahlen weiterhin behauptet, Martin 
Hohmann sei sachlich im Unrecht gewesen, als er feststellte, 
Menschen jtidischer Herkunft seien hauptverantwortlich fur 



Tabelle 2: Nationalitat der Mitarbeiter 
der Staatssicherheitsorgane der UdSSR 4 


Nationalitat 


1.03.1937 


1.01.1941 


30.11.1950 


Russen 


65% 


66% 


77,1% 


Ukrainer 


11% 


16% 


11% 


WeiBrussen 


4% 


2,7% 


1,9% 


Georgier 


1,2% 


1,3% 


1,0% 


Armenier 


1,8% 


1,8% 


1,3% 


Aserbaidschaner 






0,4% 


Kasachen 






0,8% 


Usbeken 






0,3% 


Letten 


1% 




0,3% 


Litauer 






0,3% 


Esten 






0,2% 


Turkmenen 






0,1% 


Tadschiken 






0,1% 


Kirgisen 






0,1% 


Karelier u. Finnen 






0,1% 


Moldauer 






0,1% 


Juden 


7% 


4% 


1,5% 


Sonstige Nationalitaten 






3,3% 


"Auslandische" Nationalitaten 


1,2% 




0,1% 



234 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



den Roten Terror der friihen Sowjetunion gewesen, der kann 
sich hochstens noch auf Unwissenheit berufen, nicht aber auf 
Fakten. 

Anmerkungen 

1 Siiddeiitsche Zeitung, 20. 1 .2004. 

2 Vgl. dessen Rede, wiedergegeben in VffG, 7(3&4) (2003), S. 4 1 7-42 1 . 



Forum fur osteuropaische Ideen- und Zeitgeschichte, 5(2) (2001), 

wwwl.ku-eichstaett.de/ZIMOS/foram/docs/petrow.htm 

Petrov fuhrt dazu als Quelle an: "Die Tabelle wurde aufgrund von Archi- 

vangaben zusammengestellt: GARF, Bestand 9401, IL. 8, Akte 43, Bl. 

33-34; ebenda, Akte 64, Bl. 24; CA FSB, Bestand 4-os., IL. 8, Akte 1 1, 

Bl. 310-341." 

Ebenda, FuBnote 16. 



Antike Mumien in Europa 



Die ersten jemals in GroBbritannien ent- 

deckten Mumien wurden kiirzlich auf den 

AuBeren Hebriden gefunden. Forscher sind 

der Ansicht, daB die Inselbewohner von 

Siid-Uist das Mumifizieren Verstorbener 

zur gleichen Zeit begannen wie die antiken 

Agypter. 

Dokumentarfilmer des britischen Fernseh- 

Programms BBC's "Meet The Ancestors" 

folgten Archaologen der Universitat von 

Sheffield, die bei Cladh Hallan auf Siid-Uist arbeiten. 

Die unter dem FuBboden eines bronzezeitlichen Rundhauses 

gefundenen altertiimlichen Uberreste stammen vermutlich 

von einem dreijahrigen Madchen, einem Teenager-Madchen 

sowie einem Paar mittleren Alters. 

Analysen zeigen, daB die etwa 3.000 Jahre alten Korper mit- 

tels natiirlich vorkommender Sauren und Torfextrakten kon- 

serviert wurden. Dies ist der erste jemals entdeckte Beweis 

einer Mumifizierung in GroBbritannien. Beweis fiir die aktive 

Mumifizierung ist ebenfalls, daB die Korper ausgeweidet 




wurden. Eine Kohlenstoffdatierung hat er- 
geben, daB die Leichen bis zu 600 Jahre 
vor ihrer Beerdigung unter dem Rundhaus 
verstorben waren. 

Mike Parker-Pearson, ein Experte fiir alter- 
tiimliche Beerdigungspraktiken, meint, die- 
ser Fund untergrabe die Ansicht, Mumifi- 
zierungen seien zu jener Zeit nur in Agyp- 
ten und in Sudamerika vorgekommen. Er 
fiihrte aus: 

"Wir sprechen hier von kunstlicher Konservierung des 
Korpergewebes nach dem Tode. Dies erfolgte absichtlich. 
Nach einer bestimmten Zeit verrottet das Fleisch sogar an 
einem konservierten Korper. Wir haben sie nicht ausge- 
graben und dann ausgerufen Ah, Mumien!', sondern wir 
haben zundchst nur gedacht, da/3 hier etwas seltsam ist. Sie 
lagen sehr eng zusammengekauert und miissen seit longer 
Zeit zusammengebunden gewesen sein. " 

Quelle: BBC News, 17.3.2003 



Ubertriebene, einseitige Opferzahlen stacheln zum Hafi auf 

Von Gregory Copley 
The International Strategic Studies Association, Balkan & Eastern Mediterranean Policy Council 



Am Abend der Einweihung eines Denkmals fiir die 1995 in 
Srebrenica, Bosnien, ermordeten Moslems veroffentlichte ei- 
ne Gruppe, bestehend aus einem ehemaligen UN-Mitarbeiter, 
aus Geheimdienstexperten und einem Journalisten, einen Be- 
richt, in dem sie die behauptete Zahl von 7.000 Opfern als 
"weit iibertrieben und nicht durch Beweise abgestiitzt" an- 
greifen. 

Sie versicherten, daB eine einseitige interventionistische Poli- 
tik es Al-Kaida-Kraften und radikalen, von der iranischen 
klerikalen Regierung gestiitzten Islamisten ermoglicht habe, 
wahrend des Krieges in Bosnien FuB zu fassen, wodurch die 
Zukunft dieser Region gefahrdet sei. Sie stimmten zudem 
darin iiberein, daB die Festlegung falscher Zahlen in dem 
Denkmal darauf angelegt zu sein scheint, den gegenseitigen 
HaB und das MiBtrauen der Volker in dieser Region auf- 
rechtzuerhalten und einseitig nur eine Seite des bosnischen 
Biirgerkrieges zu bestrafen. 

Der ehemalige US-Prasident Bill Clinton wird bei der Ein- 
weihung anwesend sein und damit die Widmung des Denk- 
mals in Srebrenica legitimieren, das auf Veranlassung des 
EU-Hochkommissars Paddy Ashdown mit einer Millionen 



Dollar aus US-Mitteln errichtet wurde. Jonathan Rooper, 
ehemals Journalist fiir die BBC, hat die Ereignisse in Srebre- 
nica aus dem Jahre 1995 recherchiert und meint, daB die ge- 
samte Region eine Grabstatte sowohl fiir Serben wie auch fiir 
Moslems sei und daB das Denkmal die Opfer nur einer Seite 
iibertreibe, was "weder der Wahrheit noch dem Ziel der Ver- 
sohnung dient." 

Phillip Corwin, wahrend der 1990er Jahre Koordinator der 
UN fiir Zivilangelegenheiten in Bosnien, fiihrte aus: 

"Was in Srebrenica geschah, war nicht etwa ein einziges 

Massaker an den Moslems durch die Serben, sondern eine 

Serie sehr blutiger Angriffe und Gegenangriffe iiber einen 

Zeitraum von drei Jahren, die ihren Hohepunkt im Juli 

1995 erreichten. " 

Corwin ist der Autor des Buches Dubious Mandate, einem 

Bericht seiner Erlebnisse wahrend dieses Konflikts. Er hebt 

hervor, daB Srebrenica entgegen einer damaligen Erklarung 

nie eine demilitarisierte Zone war. Vielmehr habe der Fiihrer 

der moslemischen paramilitarischen Einheiten Nasir Oric, der 

damals Srebrenica kontrollierte, wiederholt Angriffe auf um- 

liegende serbische Ortschaften durchgefiihrt. Corwin fiihrt aus: 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



235 



"Ich war der leitende politische Offizier der UNO in Bos- 
nien an dem Tag, als Srebrenica fiel. Im Vertrauen gesagt, 
es war auch der selbe Tag, an dem die bosnische Regie- 
rung versuchte, mich zu ermorden, als ich tiber den Berg 
Igman Richtung Sarajevo fuhr. " 
Der Geheimdienstexperte und Stratege Gregory Copley, Vor- 
sitzender der Vereinigung fur Internationale Strategische 
Studien und des Politischen Rates fur den Balkan und das 
ostliche Mittelmeer innerhalb dieser Vereinigung, warf dem 
US-Botschafter David Donald Hays, der zugleich stellvertre- 
tender Hochkommissar fur Bosnien ist, vor, die Befugnisse 
des Hochkommissariats zu benutzen 

"um in Amter gewahlte bosnischen Serben zu zwingen, ein 
betrugerisches Dokument zu unterzeichnen, mit dem sie die 
offizielle Version der Ereignisse von Srebrenica akzeptier- 
ten. Die Fiihrer der Serbischen Republik Srpska [der vor- 
herrschende serbische Provinz Bosnien-Herzegowinas] lu- 
den das Hochkommissariat ein, an ihrer Untersuchung der 
Ereignisse von Srebrenica teilzunehmen. Sie wurden aber 
statt dessen aufgefordert, ein vom Hochkommissariat ent- 
worfenes Dokument zu unterzeichnen, mit dem sie die Op- 
ferzahlen sollten, von denen sie sich offiziell distanziert 
hatten. " 
Copley fiigt hinzu: 

"Dies ist insofern bedeutsam, als die vormalige US- 
Clinton-Regierung diesen Krieg ausfocht, indem sie ohne 
Hinterfragung nur die kroatische und die moslemische 
Fraktion unterstiitzte und dabei die historische Allianz zwi- 
schen dem serbischen Volk und den USA ignorierte. Nach 
dem Krieg weigerte sich die Clinton-Regierung dann, der 
US-Tradition zu folgen, die Wunden des Krieges zu heilen. 
Statt dessen wurden Spaltung und Hafi gefardert. Dies im 
krassen Gegensatz zur Rolle der USA in alien anderen 
Kriegen. 

Leider wurden das von der Clinton-Regierung eingestellte 

Personal und die eingefahrene Politik bis heute aufrecht- 

erhalten. Die jetzige Bush-Regierung hat den Balkan ver- 

nachlassigt und hat somit die Fortsetzung der Clinton- 

Politik erlaubt, was bedeutet, dafi die Spaltungspolitik 

fortgesetzt wird. Dies ist der Grund fur die Notwendigkeit, 

die Mission der US-Friedenstruppe sowohl in Bosnien wie 

auch in der serbischen Provinz Kosovo fortzusetzen. " 

Copley fiihrte zudem aus, daB Geheimdienstinformationen 

aus islamischen Quellen zufolge das Denkmal wahrschein- 

lich dazu auserkoren wurde, radikalen Moslems in Europa als 

heiliger Schrein fur jahrliche Wallfahrten zu dienen. Er mein- 

te weiterhin: 

"Der stellvertretende Hochkommissar Donald Hays zwang 
die Regierung der Republik Srpska, ein Erklarung abzuge- 
ben, mit der sie die radikal-islamistische Version der Ge- 
schichte um Srebrenica als wahr anerkannte, obwohl das 
Hochkommissariat keinerlei eigene Untersuchungsmog- 
lichkeiten besitzt, um sich in dieser Sache eine Meinung zu 
bilden. Weder das Internationale Strafgerichtshof zu Den 
Haag - bestimmt kein Freund der Serben — noch die mit 
diesem Gericht zusammenarbeitende Regierung der Repu- 
blik Srpska haben ihre Untersuchungen zu Srebrenica ab- 
geschlossen. 

US-Botschafter Hays und Hochkommissar Paddy Ashdown 
erzwangen die Erklarung der Republik Srpska nur, damit 
die Einweihung des 'Schreins ', der Clinton beigewohnte, 
als Rechtfertigung der Clintonschen Aufienpolitik der Un- 
terstutzung radikaler Islamisten dienen kann. " 



Yossef Bodansky, der mehrere Biicher iiber den Krieg in Ju- 
goslawien geschrieben hat und Stabschef des Komitees fur 
Terrorismus und Unkonventionelle Kriegfuhrung der Verei- 
nigung fur Internationale Strategische Studien ist, nennt die 
Opferzahl von 7.000 "Desinformation" und merkt an: 

"Alle unabhangigen forensischen Beweise deuten auf eine 
Gesamtopferzahl von einigen Hundert Moslems hin, wahr- 
scheinlich nur wenige Hundert. Die fortgesetzte Anfuhrung 
uberhohter angeblicher Opferzahlen von Moslems in Sre- 
brenicas verdunkeln ebenso die friiher von Moslems in die- 
ser Stadt begangenen Morde an Serben. " 
Bodansky hat in verschiedenen Artikeln, Sonderberichten 
und in drei Biichern (Offensive in the Balkans: the Potential 
for a Wider War as a Result of Foreign Intervention in Bos- 
nia-Herzegovina (1995), Some Call it Peace: Waiting far- 
War in the Balkans (1996), and Bin Laden: The Man Who 
Declared War on America (1999)) ausfuhrlich auf die Ver- 
bindung zwischen Osama bin Laden und den bosnischen Is- 
lamisten hingewiesen. 

Rooper meint, dafi mindestens eintausend Serben, zumeist 
Zivilisten, von Orics Truppen ermordet wurden, die sich gar 
nicht erst die Millie machten, ihre Verbrechen zu verbergen, 
ja westlichen Journalisten sogar Filme dahingemetzelter Ser- 
ben zeigten. 

Inzwischen hat Professor Edward S. Herman von der Univer- 
sitat Pennsylvania eine Gruppe akademischer Experten und 
Journalisten aus den USA, aus Kanada, Deutschland, Frank- 
reich, Serbien und England organisiert, um die Beweise be- 
zuglich der Ereignisse von Srebrenica von 1995 und davor zu 
analysieren und zu untersuchen, wie die Medien daruber be- 
richteten und welche politische Rolle Behauptungen iiber 
Srebrenica zukam. Es wird erwartet, daB ein Bericht dieser 
Gruppe im Juni 2004 erhaltlich sein wird. 
Rooper weist darauf hin, daB die von der UN erwahnte Ein- 
wohnerzahl von 40.000 fur die Zeit kurz vor der Einnahme 
Srebrenica im Juli 1 995 ungefahr der Einwohnerzahl aus der 
Nachkriegszeit entspricht. Ein Kommandeur der von Mos- 
lems dominierten Armee Bosnien-Herzegowinas bestatigte 
spater gegeniiber dem Parlament in Sarajevo, daB die 5.000 
bosnischen Soldaten im wesentlichen ohne Verluste nach 
Tuzla ausgewichen waren, wahrend die UN etwa 35.632 
iiberlebende Zivilisten registriert hatte. 

Wahrend iiber die sich abspielende Einnahme Srebrenicas im 
Juli 1995 berichtet wurde, erfolgte ein internationaler Auf- 
schrei erst einen Monat spater, nachdem Madeleine Albright, 
damals US-Vertreterin bei der UNO, ein Foto prasentierte 



. 






jurifc. 



Srebrenica: Ort eines Massakers 
oder Ort von Kriegspropaganda - oder beides? 



236 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



hatte, daB ihren Angaben zufolge Beweis fur den Mord an 
Tausenden von Moslems sei, die in einem Massengrab auf 
einem Feld nahe Nova Kasaba lagen, etwa 1 9 Kilometer ent- 
fernt von Srebrenica. Bei nach dem Krieg durchgefuhrten 
Ausgrabungen fand man allerdings nur 33 Leichen bei Nova 
Kasaba. Zwei Jahre nach diesem Ereignis sind in insgesamt 
20 Grabern zusammen etwa 400 Leichen nahe Srebrenica 
entdeckt worden, in einer Gegend, in der drei Jahre blutige 
Kampfe stattfanden. 

Anstatt zuzugeben, daB es fur die anfanglich angegebenen 
Zahlen keine Beweise gibt, so Rooper, wende man verschie- 
dene Methoden an, um die offizielle Geschichte zu unterstiit- 
zen. Sprecher der Clinton-Regierung schlugen vor, die Ser- 
ben konnten die Leichen woanders hingeschafft haben. Ro- 
oper stellt dagegen fest, das Ausgraben, Transportieren und 
Wiedervergraben von 7.000 Leichen habe "nicht nur jenseits 
der Moglichkeiten der ausgedunnten, treibstoffverarmten 
bosnisch-serbischen Armee gelegen, sondern ware auch ein- 
fach durch die intensive Uberwachung mittels Satelliten und 
erdgebundenen Drohnen entdeckt worden." 
Im Jahr 1998 wurden Tausende von Leichen, die in verschie- 
denen Gegenden Bosniens exhumiert worden waren, am 
Flughafen von Tuzla gelagert. Trotz modernster DNA- 
Analysenmethoden wurden nur etwa 200 davon mit Srebre- 
nica in Verbindung gebracht. 

Etwa dreitausend Namen auf einer vom Roten Kreuz erstell- 
ten Liste von Srebrenica-Opfern sind identisch mit Wahlern, 
die wahrend der Wahlen 1996 in Bosnien ihre Stimme abga- 
ben. Rooper fuhrt dazu aus: 

"Ich wies das Hochkommissariat darauf hin, dafi es ent- 
weder einen massiven Wahlbetrug gegeben hat oder dafi 
die Halfte der Leute auf der Liste des Internationalen Ro- 
ten Kreuzes noch lebendig sind. Das Hochkommissariat 
antwortete, dafi die Wdhlerlisten in einem Lagerhaus ver- 
siegelt seien und es ihnen nicht moglich sei, diese zu unter- 
suchen. " 
Die aufgeblahten Srebrenica-Statistiken sind Teil eines gro- 
Beren Bildes, das auf Geheimdienstexperten wie Bodansky 
und Copley beunruhigend wirkt. Sie fuhren aus, daB US- 
Politiker nur langsam erkannt hatten, daB Al-Kaida und His- 
bollah Bosnien als eine strategische Basis fur ihre Operatio- 
nen in Europa ansehen. 1993, als die Clinton-Regierung den 
moslemischen Prasidenten Bosniens, Alija Izetbegovic, mas- 
siv unterstutzte, war Osama Bin Laden ein regelmaBiger Be- 
sucher in dessen Biiro, so Renate Flottau vom deutschen 
Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Die bosnische Tageszei- 
tung Dani berichtete, daB die bosnische Botschaft in Wien 
Bin Laden im Jahr 1993 einen PaB ausstellte. 
In einem Sonderbericht vom 16.9.2003 teilte Copley mit, der 
damalige bosnische Botschafter in Wien, Huso Zivalj, der 
Bin Ladens PaB ausstellte, habe zur Zeit des 11.9.2001 als 
bosnischer Botschafter bei der UNO gedient: 

"Es ist zunehmend deutlich geworden, dafi die Versetzung 
Zivaljs nach New York just vor (und seine Abberufung kurz 
nach) den Angriffen vom 11. September 2001 kein Zufall 
war. Die US-Politik in Bosnien einen Erfolg zu nennen, 
hiefie, substantielle gegenldufige Beweise zu unterschla- 
gen. Anstatt deplazierten Symbolismus in Srebrenica zu 
praktizieren, sollten US-Politiker jene Annahmen, die die 



US-Politik in dieser Region geleitet haben, genauestens un- 
ter die Lupe nehmen. " 

© Washington, DC, 18. September 2003 



Anmerkungen des Herausgebers 

"[...] dafi die Festlegung falscher [Opfer-]Zahlen in dem 
Denkmal darauf angelegt zu sein scheint, ethnischen Hafi 
und Mifitrauen in dieser Region aufrechtzuerhalten und 
einseitig nur eine Seite des bosnischen Burgerkrieges zu 
bestrafen. " 
Diese Aussage verdient uneingeschrankte Zustimmung, al- 
lerdings nicht nur im Zusammenhang des oben diskutierten 
Krieges, sondern fur samtliche falschen in Verbreitung be- 
findlichen Propagandazahlen aller Opfer in jedem Konflikt - 
selbstverstandlich einschlieBlich iibertriebener Opferzahlen 
angeblicher Mordstatten des Zweiten Weltkrieges, d.h., des 
sogenannten Holocaust. Aber die Ubertreibung oder Erfin- 
dung angeblicher Ereignisse des "Holocaust" kann ja, wie 
allgemein bekannt ist, den HaB gegen Deutsche nicht verewi- 
gen. Deutsche sind gegen HaB immun ... oder sie miissen 
sich einfach nur damit abfinden, gehaBt zu werden, nach all 
dem, was sie angerichtet haben (ob nun ubertrieben und er- 
funden oder nicht) . . . 

Die Ausreden der US-Behorden fur das Fehlen der behaupte- 
ten Leichen - 

"die Serben konnten die Leichen woanders hingeschafft 
haben " — 
erinnert an Ausreden, die man jedesmal von Holocaust- 
Apologeten hort, wenn sich die Suche nach Massengrabern 
entsprechender GroBe als erfolglos erweist: wenn sie nicht da 
sind, wurde sie eben woanders vergraben oder eben spurlos 
verbrannt... 

Eine weitere Aussage des obigen Beitrags verdient ebenso 
eine nochmalige Lekture: 

"weigerte sich die Clinton-Regierung dann, der US- 
Tradition zu folgen, die Wunden des Krieges zu heilen. 
Statt dessen wurden Spaltung und Hafi gefordert. Dies im 
krassen Gegensatz zur Rolle der USA in alien anderen 
Kriegen. " 
Wahrhaftig, die Verewigung iibertriebener und erfundener 
Holocaust-Propaganda und die Nichtanerkennung des den 
Deutschen im Zweiten Weltkrieg und danach angetanen Un- 
rechts ist eine zutiefst wirksame Weise, "die Wunden des 
Krieges zu heilen"! Oder man nehme die Weigerung der 
USA, ftir die in Vietnam angerichteten verheerenden Verwu- 
stungen die Verantwortung zu ubernehmen, in einem Krieg, 
der zur Aufrechterhaltung euro-amerikanischer Kolonialherr- 
schaft ausgefochten wurde. Es wundert mich schon, wie der 
Autor dieser Zeilen auf die Idee kommen konnte, es gabe ei- 
ne Tradition solch heilsamer Unterstiitzung. 
Aber wie dem auch sei, der hier offenbarte Srebrenica- 
Revisionismus - vorausgesetzt er stellt sich als angemessen 
und richtig heraus - ist ein weiteres gutes Beispiel dafiir, wie 
die Wahrheit einer der ersten Opfer des Krieges ist, die sehr 
oft auch in der sich anschlieBenden Friedenszeit eben nicht 
wiederhergestellt wird. Der Sieger schreibt die Geschichte, 
daher: wehe den Besiegten! 



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Aus den Akten des Frankfurter Auschwitz-Prozesses, Teil 7 

Von Germar Rudolf 



Innere Widerspriiche 

Die Aussage des Zeugen Erwin Valentin wahrend der Vorun- 
tersuchungen zum Auschwitz-ProzeB weisen einige vielsa- 
gende Widerspriiche auf. Valentin fiihrt aus, er sei wegen 
seiner nichtarischen (sprich jiidischen) Abstammung 1940 in 
das jiidische Arbeitslager Neutomischel (Warthegau) einge- 
wiesen worden, wo er als Arzt die Haftlinge pflegte. Auf- 
grund seiner Strafanzeige wurde der Lagerleiter Stiilpnagel 
wegen Lebensmittelunterschlagung zu VA Jahren Zuchthaus 
verurteilt, die er im KL Stutthof absaB (S. 841). ' Dies ist ein 
gutes Beispiel fur ein zumindest teilweise funktionierendes 
deutsches Rechtssystem sogar innerhalb der Lager. 
Der Zeuge behauptet weiterhin, schlieBlich wegen seiner 
nicht enden wollenden Beschwerden nach Auschwitz versetzt 
worden zu sein, wo er an einer Lungenentziindung erkrankt 
sei (S. 842). Im dortigen Krankenrevier habe man ihn als 
Arzt und Chirurg gesundgepflegt, anstatt ihn wie die anderen 
Kranken, so behauptet er, auszusortieren und zu vergasen. Er 
berichtet ferner, daB er als Saalarzt im Block 9 des Kranken- 
reviers unter Dr. Hans Munch tatig war (S. 843, 848), wo bei 
Zeiten bis zu 1 .000 vor allem an Typhus und Ruhr erkrankte 
Haftlinge gepflegt wurden (S. 847). Das paBt freilich nicht 
zu seiner Behauptung, schwerkranke Haftlinge seien aus- 
sortiert und vergast worden. Valentin macht uber diese an- 
geblichen Selektionen und Vergasungen allerdings keine 
weiteren Angaben, so daB man vermuten muB, daB seine 
Ansichten uber Vergasungen von Nachkriegseindrucken 
herruhren. 

Valentin gibt ferner an, wahrend eines Verhors, als er der 
Verbreitung defatistischer Propaganda bezichtigt wird, dro- 
hend und schreiend auf den Vernehmer zugesprungen zu 
sein. Er sei daraufhin mit einem Revolver niedergeschlagen 
worden, wobei er 23 Zahne verloren haben will. Er wollte 
sich daraufhin auf seinen Verhorer stiirzen, wurde jedoch von 
anderen mit Gewalt daran gehindert (S. 846). Man wird aber 
wohl davon ausgehen dtirfen, daB jemand, der durch einen 
machtigen Schlag 23 Zahne auf einmal verliert, zudem einen 
zertrummerten Kiefer haben wurde und vor Schmerzen nicht 
mehr in der Lage ware, sich spontan auf irgend jemanden zu 
stiirzen. Zudem gabe es unverwischbare Spuren dieser Kie- 
ferzertrummerung, die zu erkunden der vernehmende Beamte 
aber offenbar fur nicht notwendig erachtete. Valentin hat sich 
hier zumindest einer maBlosen Ubertreibung schuldig ge- 
macht. 

Uber Bogers Untaten will Valentin "durch Lagergesprach" 
erfahren haben (S. 847), ebenso wie er Berichte uber angeb- 
liche medizinische Versuche (S. 848-850) nur "erfahren" hat 
(S. 850), also allesamt vom Horensagen sind. 2 Valentins Ge- 
riichte uber Boger stehen allerdings im Gegensatz zu einem 
einzigen Erlebnis: 

"ich wurde von Boger - zum ersten Male als Haftling in 

Auschwitz - mit 'Sie ' angeredet. " (S. 848) 
Und auch seine eigenen Erfahrungen als Mediziner sind nur 
positiv, denn uber seinen vorgesetzten SS-Arzt kann er 
"nichts nachteiliges sagen" (S. 848). 

Ein weiterer Hinweis darauf, daB Valentin nach dem Krieg 
allerlei Holocaust-Geschichten intensiv ausgesetzt war und 
wahrend seines Verhors einige davon als eigenes Erleben 
ausgab, ist seine folgende Aussage: 



"Zu diesem Sanka mochte ich erwdhnen, dafi es sich um 

einen kleinen Sanitatskraftwagen handelte, bei dem das 

Auspuffrohr nach innen geleitet wurde, so dafi die so 

transportierten Haftlinge bereits wahrend der Fahrt durch 

die Auspuffgase getotet wurden. Aufier diesem kleinen um- 

gearbeiteten Kraftwagen gab es noch zwei weitere grofie 

Fahrzeuge, in die jeweils 40 Personen hineingingen. Es 

handelte sich bei diesen ebenfalls um Fahrzeuge mit ka- 

stenfdrmigem Aufbau, in den die Ausfuffgase hineingeleitet 

wurden. " (S. 850) 

Gaswagen jedoch, so die etablierte Geschichtsschreibung, hat 

es in Auschwitz nie gegeben. Da hat Valentin Geriichte, die 

uber das Lager Chelmno sowie uber Vorkommnisse in RuB- 

land und Serbien kursierten, auf seine Erlebniswelt iibertra- 

gen. 

Valentins Aussage ist passagenweise identisch mit einer Aus- 
sage, die er am 27.2.1945, also nur drei Wochen nach der Er- 
oberung des Lagers Auschwitz, bei einer Vernehmung in der 
sowjetischen Kommandantur in Krakau ablegte (S. 853- 
859). 3 In einem Nachtrag vom 16.5.1945 erklarte Valentin 
einschrankend: 

"Alles was uber die Vorgange bei der Vergasung bezw. 
Verbrennung der unglucklichen Opfer berichtet wird, ist 
zum allergrofiten Teil auf 'Gehortes ' zuruckzufuhren. " 
Soviel zur Glaubwurdigkeit dieses Zeugen. 
In sich widerspriichlich ist auch die Aussage von Walter 
Mosbach, der dies aber erkennt und gleich eine Erklarung 
anbietet: 

"Ich mochte Dr. Fischer in zwei Personen spalten: als Arzt 

war er korrekt, auch fur die Haftlinge eingestellt, als SS- 

Angehoriger schickte er z.B. Haftlinge, die er vor 1/4 Stun- 

de gut behandelt und in Schutz genommen hatte gegenuber 

den Hdfilingsdrzten, bei den Selektionen in die Gaskam- 

mer."(S. 931) 

Die ganze Aussage verliert dann ihre Absurditat, wenn man 

nur die letzten drei Worter streicht, also davon ausgeht, daB 

Fischer iiberzeugt war, die Aussortierung wiirde den Haftling 

nicht in eine Gaskammer fiihren. 

Einen ahnlichen inneren Widerspruch baut der Zeuge Max 
Willner unbemerkt in seine Aussage ein. Zunachst berichtet 
er dariiber, wie er aus dem Lager wegen Typhusverdachts 
aussortiert und in den Krankenabschnitt des Lagers Birkenau 
verlegt wurde, wo er gesundgepflegt wurde, obwohl er doch 
ein arbeitsunfahiger Jude war (S. 934). Eine Seite spater je- 
doch berichtet er, wie Haftlinge im Lager Birkenau wegen 
Krankheiten aussortiert wurden, diesmal aber angeblich, um 
in den Gaskammern zu verenden - uber die er nichts zu be- 
richten weiB, wie er sich iiberhaupt eigentlich an gar nichts 
konkret erinnert, aber da weiB er Abhilfe: 

"[...] an konkrete Fdlle kann ich mich heute bei dem be- 

sten Willen nicht mehr erinnern. Ich will mich bemuhen, 

mit weiteren hier ansdssigen ehemaligen Auschwitz- 

Haftlingen in Kiirze zusammenzusitzen, um mit ihnen alles 

durchzusprechen und Erkenntnisse der zentralen Stelle der 

Landesjustizverwaltung in Ludwigsburg - Herrn Ober- 

staatsanwalt Schiller [sic] - ausfilhrlich mitteilen" (S. 935) 

Womit belegt ist, daB Zeugen schon Jahre vor der Eroffnung 

des Hauptverfahrens systematische Aussage-Absprachen 

durchfuhrten unter Einbeziehung der Staatsanwaltschaft. 



238 



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Propagandaquelle 

Fritz Fath saB in Auschwitz als Berufsverbrecher ein (S. 
870f.). Wie der Zeuge Fritz Hirsch, 4 so legte auch Fath in 
Auschwitz einen Schachtmeisterkurs ab. Das Fath entweder 
von Hirsch oder beide Zeugen von der gleichen Quelle beein- 
fluBt wurden, ergibt sich aus Faths Bericht tiber die angebli- 
che ErschieBung der Frauen und Kinder aus Lidice im Lager 
Auschwitz, eine Luge, die vor ihm bereits Hirsch dargelegt 
hatte: 5 

"Als ein Wagen an mir vorbeifuhr, sah ich seitlich ein Kin- 
derdrmchen und einen Teil eines Mddchenrockes heraus- 
hdngen. 

Wie ich spdter horte, und zwar kamen solche Nachrichten 
von der Gruppe der polnischen Wider standsbewegung in- 
nerhalb des Lagers Auschwitz, dass es sich um Frauen und 
Kinder aus dem tschechischen Ort Lidice gehandelt 
hat. " (S. 878f.) 
Statt Hirschs "Kinderstrumpf ' ist es bei Fath ein Madchen- 
rock. 
Wie driickte es Bruno Baum doch einst aus: 6 

"Die ganze Propaganda, die dann im Ausland um Au- 
schwitz einsetzte, war von uns, mit Hilfe unserer polni- 
schen Kameraden, entfacht. " 

"Von mir aus kam das Material zu Cyrankiewicz, der es 
weitertransportierte. Wir haben ab Mitte 1944 mindestens 
zweimal in der Woche etwas abgeschickt. Nun ging die 
Tragodie von Auschwitz durch die Welt. 
Ich glaube, es ist keine Ubertreibung, wenn ich sage, dafi 
der grofite Teil der Auschwitzpropaganda, die um diese 
Zeit in der Welt verbreitet wurde, von uns im Lager selbst 
geschrieben worden ist. " 

Der Sauerkraut-Mord 

Am 17.4.1959 wurde der Zeuge Jakob Sebastian Kronauer 
ein drittes Mai nach Kriegsende verhort. In einem friiheren 
Beitrag wies ich bereits darauf hin, daB Kronauer damals of- 
fen zugab, vom Horensagen zu berichten, daB er laut Ausfiih- 
rung des Vernehmungsbeamten geistig-nervlich instabil war, 
bei seiner ersten Vernehmung zehn Monate nach dem Kriege 
nichts uber ein Fehlverhalten der Wachmannschaften zu be- 
richten wuBte, und kurzfristig selbst in den Verdacht geraten 
war, als "Kapo" Grausamkeiten an Haftlingen begangen zu 
haben. 8 Auffallend ist, daB Kronauers "Erinnerungen" mit 
jeder Vernehmung umfangreicher und konkreter werden, 
obwohl der Zahn der Zeit das Gegenteil bewerkstelligen soll- 
te. Offenbar wurde sein Gedachtnis durch suggestive Einfliis- 
se immer lebhafter, aber wohl kaum genauer. Seine hier be- 
sprochene Aussage ist ein wildes Sammelsurium aller mogli- 
chen, mit farbigen Details ausgeschmiickten unglaubhaften 
Geschichten, von denen ich hier nur eine wiedergeben will: 
"A Is dann bei dem vorerwdhnten Vorfall die Pfarrer vor 
Moll standen, gab er mir den Auftrag, dieses Sauerkraut- 
fass aus der Htitte zu holen. Weiterhin gab er mir den Auf- 
trag aus dieser Hiltte Hammer und Ndgel mitzubringen. 
Nachdem ich diesen Auftrag ausgefuhrt hatte, befahl er ei- 
nem Geistlichen, in das Fass hineinzusteigen. Moll nagelte 
sodann Holzlatten oben darauf, stiess das Fass mit dem 
Fuss um und rollte es in das Wasser. [...] er gab dann 
mehreren Gefangenen den Auftrag, das Fass wieder hoch- 
zuholen. Als das Wasser ausgekippt war und der Geistliche 
sich ein klein wenig erholt hatte, stiess Moll das Fass er- 
neut ins Wasser. Diesen Vorgang wiederholte Moll mehr- 
mals, bis er schliesslich den fast leblosen Geistlichen aus 



dem Fass herausliess. Daran anschliessend musste dieser 

Geistliche eine Essschussel in den Mund nehmen und nach 

Aufforderung von Moll bellen. [...] Im Anschluss daran 

musste der Geistliche mit der Schussel im Mund auf alien 

Vieren zur Essensausgabe kriechen, [...]. Mol wiederholte 

nun dies[e] Tortur auch mit dem anderen Geistlichen. " (S. 

897f.) 

Die sich zahflieBend dahinwindende Erzahlung endet damit, 

daB Moll die Pfarrer schlieBlich erschossen haben soil. Man 

mag der SS ja alle moglichen Grausamkeiten zumuten, aber 

wenn sie pro Opfer viele Stunden ihrer Zeit mit solch auf- 

wendigen Spielchen vergeudeten, wie zum Teufel organisier- 

ten sie dann mit so Wenigen ein gigantisches Zwangsarbeits- 

lager? Solch ein bluhender Unsinn wirft daher weniger Licht 

auf die Zustande des Lagers Auschwitz als auf den Geistes- 

zustand des Zeugen. 

Wie der Zeuge Valentin, so tappt auch Kronau in eine Falle, 
als er berichtet, was es nach heutigem Dafiirhalten in Au- 
schwitz eben nicht gab: 

"Bereits im Verlaufe des Jahres 1941 ging im Lager das 

Gesprach um, dass es 'Gaswagen ' gdbe, und zwar handel- 

te es sich um einen LKW mit einem kastenformigen Aufbau. 

Mit diesem wurden Hdf Hinge von Block 11 nach Birkenau 

transportiert und wdhrend der Fahrt vergast. " (S. 905) 

Obwohl Kronauer anfanglich den Konjunktiv benutzt und 

darauf hinweist, daB seine Ansicht nur auf Horensagen be- 

ruht, berichtet er anschlieBend detailliert, wie er das Beladen 

dieses Gaslasters mit Opfern erlebt haben will (S. 906). Auch 

hier also die wundersame Verwandlung vom Geriicht zum 

eigenen konkreten Erleben, aber nicht etwa verstreut uber 

mehrere Vernehmungen und viele Jahre, sondern von einer 

Minute auf die andere. 

Uber seine damalige Tatigkeit als Schreiner in den Deutschen 
Ausriistungs-Werken berichtet Kronauer ferner: 

"Etwa Ende des Jahres 1942, ich arbeitete als Schreiner in 
den DAW, erhielt ich von Oschaf Wagner den Auftrag 2 
Tiiren anzufertigen. Nach der Zeichnung handelte es sich 
um sehr starke und dichte Tiiren, an die Verriegelungsbe- 
schldge angebracht wurden. Diese Tiiren habe ich nach 
Fertigstellung in ein Bauernhaus in Birkenau einmontiert. 
Spdter habe ich erfahren, dass dieses altes [sic] Bauern- 
haus zum ersten Krematorium von Birkenau umgebaut 
worden ist und diese Tiiren fur die Gaskammern dieses er- 
sten Krematoriums bestimmt waren. " (S. 908) 
Es ist durchaus wahrscheinlich, daB Kronauer als Schreiner 
in den DAW massive Holztiiren herstellte, von deren siniste- 
rer Verwendung er damals offenbar nicht wuBte, denn diese 
Tiiren waren sehr wahrscheinlich fiir Entlausungskammern 
bestimmt. Seine nachtraglich erhaltenen Informationen sind 
allerdings falsch, denn selbst wenn man der offiziellen Ge- 
schichtsversion Glauben schenkte, so waren Kronauers Tiiren 
hochstens fiir Gaskammern in den sogenannten Bunkern 
(oder Bauernhausern) bestimmt gewesen, die allerdings nie- 
mals in Krematorien umgebaut wurden - und die gegen Ende 
1942 bereits im Betrieb gewesen sein sollen, also damals be- 
reits mit gasdichten Tiiren hatten ausgeriistet gewesen sein 
miissen. Tatsachlich war die Errichtung der beiden ersten 
Krematorien in Birkenau gegen Ende des Jahres 1 942 bereits 
weit fortgeschritten, so daB Kronauer seine Tiiren dort hatte 
einbauen miissen, aber davon weiB er nichts zu berichten. 
Kronauer widerlegt seine auf Geruchten basierte MutmaBung 
also selbst: Seine Tiiren waren defmitiv nicht fur Menschen- 
Gaskammern bestellt oder eingebaut worden. 



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Paul Heinrich Maischein trat im Marz 1939 freiwillig der SS 
bei und diente im Krieg als Mitglied der Waffen-SS in der 
Wachkompanie Auschwitz. Er sei allerdings nie ins Lagerin- 
nere gekommen und habe auch keinerlei Erinnerung an ir- 
gendwelche Verbrechen bzw. wisse davon erst durch Berich- 
te nach dem krieg (S. 912): 

"Den Wachleuten war es verboten, Haftlinge zu schlagen 

oder gar zu toten. " (S. 911) 
Interessant ist zudem, dafi Maischein von Kronauer etwas aus 
Dritter Hand erfahren haben will (S. 910). Maischein war al- 
so nach dem Krieg mit ehemaligen Haftlingen in Kontakt, 
was bei ihm aber offenbar keine Gedachtnisauffrischung zur 
Folge hatte. 

Hans Stark, Kronzeuge im Auschwitz-Prozefi 

Hans Stark war von Ende 1940 bis Juni 1941 Blockfuhrer in 
Auschwitz und anschlieBend (mit einer Urlaubsunterbre- 
chung von Weihnachten 1941 bis Ende Marz 1942) bis Ende 
1 942 in der Aufnahme der Politischen Abteilung tatig, wo er 
fur die Registrierung neu angekommener Haftlinge zustandig 
gewesen sei (S. 939, 942). Hans Stark war der einzige Ange- 
klagte des Auschwitz-Prozesses, der fast alles von Anfang an 
"zugegeben" hatte. Er wird daher gerne als Kronzeuge fur die 
Greuel von Auschwitz zitiert. 

In einer Vernehmung vom 23.4.1959 gibt Stark an, neu an- 
gewiesene Haftlinge, fur die ein Befehl zur Hinrichtung vor- 
gelegen habe - Juden sowie sowjetische Kommissare 9 -, zum 
alten Krematorium gefiihrt zu haben, wo sie von Rapportfiih- 
rer SS-Oberscharfiihrer Palitsch erschossen wurden (S. 944, 
ahnlich am 28.4.59, S. 969R): 

"in einem Vorraum des Erschiefiungsraumes gebot ich ih- 

nen [den Opfern], sich auszuziehen und betrat dann mit 

dem Ersten den Erschiefiungsraum, in dem sich stets schon 

Palitsch mit dem Gewehr befand. [...] Palitsch 

hielt das Gewehr hinter dem Rticken versteckt, so dafi es 

der Haftling nicht sehen konnte. Palitsch oder ich sagten 

dann zu dem Haftling: 'Schau mal dort hin', worauf dann 

jedesmal Palitsch das Gewehr nahm und den Haftling 

durch Genickschufi totete. Das Gewehr wurde hierbei 

durch Palitsch wenige Zentimeter vom Genick weggehal- 

ten. Auf diese Weise wurden nacheinander die zur Erschie- 

fiung Bestimmten getotet. [...] Die jeweils auf dem Flur 

Wartenden konnten den Knall des Schusses meiner Mei- 

nung nach nicht horen, denn der Eingang zum Erschie- 

fiungsraum war mit einer doppelwandigen Tiir versehen. " 

Stark erinnert sich ferner, wahrend seines gesamten Aufent- 

halts stets das gleiche Haftlingspersonal im Krematorium ge- 

sehen zu haben (S. 945), womit er Behauptungen wider- 

spricht, diese Haftlinge seien als Geheimnistrager eines gi- 

gantischen Verbrechens stets nach kurzer Zeit ermordet wor- 

den. 

Starks Aussage iiber die Hinrichtungen im Krematorium des 
Stammlagers ist problematisch, zumal es in diesem Kremato- 
rium weder eine schalldichte lure gab noch einen Sonder- 
raum fur Exekutionen, und weil dieser ganze Vorgang selbst 
dann absurd ist, wenn da tatsachlich eine schalldichte Tiire 
gewesen sein sollte: 

1 . Zumindest einige der zur Hinrichtung eingewiesenen Haft- 
linge diirften per Strafurteil bzw. Strafbefehl von ihrem 
bevorstehenden Schicksal gewuBt haben, konnten also 
kaum an der Nase herumgefuhrt werden. 

2. Selbst Haftlinge, die nicht von ihrer Exekution wuBten, 
kamen wohl kaum ohne Grund ins Lager und waren somit 



zu Recht skeptisch. "Schau mal dort hin" mag einige naive 
Trottel ablenken, aber wohl kaum alle. 

3. Das von Palitsch angeblich hinter seinem Riicken ver- 
steckte Kleinkalibergewehr kann zwar derart verborgen 
werden, aber nicht die Tatsache, daB Palitsch etwas hinter 
seinem Riicken verbirgt. Das hatte das Opfer skeptisch 
gemacht. 

4. Man kann ein Kleinkalibergewehr nicht mal eben schnell 
hinter dem Riicken hervorholen und jemanden aus der 
Nahe in den Nacken schieBen. Diese mit ausholenden 
Armbewegungen verbundene Handlung ist sehr auffallig 
und dauert einige Sekunden, genug Zeit fur zumindest ei- 
nige der helleren und gewandteren Haftlinge, den Blick 
auf Paltisch zuriickzuwenden und auf unerwartete Weise 
zu reagieren. 

5. Alle nach dem ersten Opfer folgenden Delinquenten hat- 
ten wenn nicht den SchuB, so doch zumindest a) Blut se- 
hen und riechen und b) den Geruch von SchieBpulver ver- 
nehmen miissen. 

6. Zumal Stark berichtet, daB "normale" Exekutionen an der 
beriichtigten Schwarzen Wand durchgefiihrt wurden (an 
sowjetischen Kommissaren, S. 970), ist nicht einzusehen, 
warum man fur bestimmte Opfer das hier beschriebene ab- 
surde Verfahren gewahlt haben soil anstatt des sonst iibli- 
chen. 

Mit anderen Worten: Starks Geschichte von auf diese Weise 

erfolgten systematischen ErschieBungen ist absurd. 

Die Frage, warum er eine derartig absurde Geschichte auf- 

tischt, die letztlich gegen ihn als Gestandnis gewertet werden 

wird, erhellt sich etwas mehr, wenn man seine Aussage wei- 

ter unter die Lupe nimmt. 

Stark berichtet detailliert, wie er an ErschieBungen jiidischer 

Manner, Frauen und Kinder beteiligt gewesen sei, wobei er 

jedoch ein weiteres Marchen auftischt: 

"Die Berichte iiber die Erschiefiungen wurden jeweils 
nach Durchfiihrung schriftlich dem RSHA gemeldet, und 
zwar unter der Deckbezeichnung, dafi 'soundsoviele Per- 
sonen gesondert untergebracht worden seien. ' Diese ganze 
Aktion richtete sich hauptsdchlich gegen Personen der ju- 
dischen Rasse und wurde 'Sonderbehandlung' genannt. 
Hierzu war vom RSHA bereits zu Beginn des Rufilandfeld- 
zuges ein Befehl herausgegeben worden. " (S. 946) 
Hier haben wir mehrere inzwischen von der Geschichts- 
schreibung widerlegte Mythen: 

1. Hinrichtungen wurden dem RSHA tatsachlich gemeldet, 
jedoch in klarer Sprache, also unter Angabe der Hinrich- 
tungsmethode. Zahlen iiber Vergasungen oder "Sonderbe- 
handlungen" sind in den Meldungen nicht vorhanden. 10 

2. Der Begriff Sonderbehandlung stand in Auschwitz in kei- 
nem Zusammenhang mit einem Massenmord an Juden. 11 

3. Es gibt keinen Befehl des RSHA zum Rassenmord an den 
Juden. 

Stark selber will diese Meldungen gemacht haben, berichtet 
aber nicht die dokumentierte Wahrheit dessen, was in Berlin 
einging, sondern das, was der Propaganda-Mythos iiber die 
"Tarnsprache" daraus gemacht hat. 

Doch weiter: Stark berichtet auch detailliert iiber die angeb- 
lich im alten Krematorium eingerichtete Menschengaskam- 
mer: 12 

"Bereits im Herbst des Jahres 1941 wurden in einem Raum 
des kleinen Krematoriums Vergasungen vorgenommen 
[...]. Der Raum hatte ein Fassungsvermogen von ca. 200- 
250 Personen, war iiber Zimmerhohe hoch, hatte keine 



240 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



Fenster und nur eine besonders abgedichtete Tur mit einer 
Verriegelung wie eine Luftschutztiir. Rohren oder derglei- 
chen, aus denen die Hdftlinge schliefien konnten, es hande- 
le sich vielleicht um einen Duschraum, waren nicht vor- 
handen. In der Decke waren in einigem Abstand 2 Offnun- 
gen mit einem Durchmesser von etwa 35 cm angebracht. 
Dieser Raum hatte ein Flachdach, so dafi durch diese Off- 
nungen das Tageslicht einfiel. In diese Offnungen wurde 
das kornerformige Zyclon B eingeschuttet. " (S. 947) 
"Den [200-250] Juden wurde nichts gesagt, sondern man 
forderte sie lediglich auf, in den Vergasungsraum, dessen 
Tur geoffnet war, hineinzugehen. [...] Nachdem alle Juden 
im Raum waren, wurde dieser verriegelt, und die Sanitater 
haben das Zyclon B in die Offnung geschuttet. Wieviel 
Biichsen Zyclon B verwendet wurden, weifi ich nicht mehr, 
es waren aber mehrere. " (S. 948) 

"Bei diesen Vergasungen hatte ich die Aufgabe, die Perso- 
nenzahl festzustellen, die ich dann, wie bereits erwahnt, 
nach Berlin berichten mufite. Bei einer spdteren Vergasung 
- ebenfalls noch im Herbst 1941 - erhielt ich von Grabner 
den Befehl, Zyclon B in die Offnung zu schiltten, weil nur 1 
Sanitater gekommen war und bei einer Vergasung in beide 
Offnungen des Vergasungsraumes Zyclon B zu gleicher 
Zeit hineingeschuttet werden mufite. [...] Da dieses Zyclon 
B - wie bereits erwahnt - kornerformig war, rieselte dieses 
beim Hineinschiitten tiber die Menschen. Sie fingen dann 
furchtbar an zu schreien, denn sie wufiten nun, was mit ih- 
nen geschieht. In die Offnung habe ich nicht geschaut, da 
nach dem Einschiltten des Zyclon B die Offnung sofort ver- 
schlossen werden mufite. Nach wenigen Minuten war alles 
still. Nach Verlauf einer Zeit, es konnen 10-15 Minuten 
gewesen sein, wurde der Vergasungsraum geoffnet. Die 
Getoteten lagen kreuz und quer durcheinander, es war ein 
schrecklicher Anblick. Das Haftlingskommando des Kre- 
ma. hat anschliefiend die Vergasten in das Krema. ge- 
bracht. " (S. 949) 

"Richtig ist es weiter, dafi die Anzahl der vergasten Perso- 
nen durch Fernschreiben an das RSHA, Obersturmbannf. 
E I C H MAN N - Refer at Judenfragen im RSHA - ge- 
meldet werden mufite. " (S. 956) 

"In der Folgezeit habe ich noch an mehreren Vergasungen 
teilgenommen. Auch bei diesen Vergasungen bestand mei- 
ne Aufgabe darin, die Zahl der Leute, die in die Verga- 
sungsraume geschickt wurden, zu zdhlen. Diese Zahl mufite 
ich dann nach Berlin melden. " (S. 970) 
Weiterhin berichtet Stark von Vergasungen in zwei Anfang 
1942 errichteten "Holzhausern" in unmittelbarer Nahe der 
Rampe von Birkenau, die auf ahnliche Weise wie oben be- 
richtet abgelaufen sein sollen (S. 949-951). Stark bestatigt 
explizit, die ihm "vorgezeigten Lichtbilder von Selektionen 
bei Ankunft von Transporten [von Juden an der Eisenbahn- 
Rampe in Birkenau] stellen die Situationen dar, wie sie da- 
mals tatsachlich stattgefunden haben [...]" (S. 951) 
Eine Analyse von Starks Aussage ergibt: 

1. Die Birkenauer Rampe wurde erst im Fruhjahr 1944 fer- 
tiggestellt, Stark jedoch verlieB das Lager dauerhaft Ende 
1942. Die vom Vernehmungsbeamten vorgelegten Licht- 
bilder stellen die Situation des Fruhlings/Sommers 1944 
dar, die Stark eben nicht erlebt haben kann. 

2. Es gab 1942 in Birkenau keinerlei zu Vergasungszwecken 
verwendete Holzhauser, und schon gleich nicht in der Na- 
he der damals noch gar nicht vorhandenen Rampe - die 
behaupteten Birkenauer Bunker sollen gemauerte Gebaude 



gewesen sein, die weit auBerhalb der Lagergrenzen von 
1942 gelegen haben sollen. 13 

3. Starks Aussagen zur angeblichen Gaskammer im alten 
Krematorium sind unhaltbar: Die angeblich als Gaskam- 
mer verwendete Leichenhalle hatte zwei Turen, eine zum 
Ofenraum, eine zum Waschraum, aber keine einzige, die 
es den angeblichen Opfern erlaubt hatte, von auBen in den 
Raum einzutreten. 14 

4. Die etablierte Geschichtsschreibung geht davon aus, daB 
die Vergasungen im alten Krematorien erst Anfang 1942 
begannen, also zu einer Zeit, als Stark nicht im Lager war. 

5. Da die von Stark beschriebene angebliche Gaskammer 
keine "Rohren oder dergleichen" aufwies, also - in Uber- 
einstimmung mit anderen Zeugen und den Dokumenten - 
keine Luftungsanlage besaB, kann ausgeschlossen werden, 
daB man die Tur zu diesem mit Blausaure gesattigten 
Raum nach nur 10-15 Minuten hatte offnen konnen, ohne 
jeden anderen Raum des Gebaudes sowie die gesamte 
Umgebung des Gebaudes unter Giftgas zu setzen. 

6. Das Haftlingskommando muBte die Vergasten nicht ins 
Krematorium bringen, weil die angebliche Gaskammer 
Teil des Krematoriums war, und zwar mit einer direkten 
Zugangstiir zum Ofenraum. 

7. Nach etablierter Ansicht wurden die Vergasten weder je 
gezahlt noch wurde deren Zahl auf irgendeine Weise nach 
Berlin geschickt. 

Mit anderen Worten: Stark, der "vorgefiihrt" (S. 937), also 
unter Zwang zur Vernehmung gebracht worden war, liigt, 
daB sich die Balken biegen, indem er in etwa jene Geschichte 
nachplappert, die die Propaganda damals seit etwa 20 Jahren 
hinausposaunte. Der vernehmende Beamte Aedtner berichtet 
in einem Aktenvermerk: 

"Ihn haben stets die Zeitungsmeldungen interessiert, so er- 

klarte er, die sich mit dem Geschehen innerhalb des Lagers 

Auschwitz oder mit diesem in Zusammenhang standen. 

[sic] " (S. 962) 

Es muB daher angenommen werden, daB Stark seine Desin- 

formationen aus diversen seit Kriegsende verbreiteten Pres- 

semeldungen erhielt, und womoglich hat er sogar Literatur 

zum Thema konsumiert. 

Mit seinem falschen Gestandnis 15 fallt Stark sein eigenes Ur- 
teil. Da er zur Tatzeit noch keine 2 1 Jahre alt war, wurde er 
unter Jugendstrafrecht wegen Mordes zur Hochststrafe von 
10 Jahren verurteilt, 16 die er vier Jahre nach Urteilsverkiin- 
dung abgesessen hatte. 

Anmerkungen 

1 Alle Seitenangaben beziehen sich auf: Staatsanwaltschaft beim LG Frank- 
furt (Main), Strafsache beim Schwurgericht Frankfurt (Main) gegen Baer 
und Andere wegen Mordes, Az. 4 Js 444/59; Bd. VI. 
Klassisches Horensagen auch der Zeuge Walter Mosbach im gleichen 
Band, S. 902: "Man hat sich wohl erzahlt, Boger habe schon Sauglinge 
mit dem Kopf an einem Baum geschlagen oder neben auf einen Haufen 
geworfen, daB er junge jiidische Madchen vergewaltigt und nachher er- 
schossen habe." 

3 S. 862-867 umfaBt ein Vernehmungsprotokoll eines Paul Pollak vom 
gleichen Tag vor der gleichen sowjetischen Kommission. Darin berichtet 
Pollak wahrheitswidrig, daB Haftlinge mit den Armen an Baume gehangt 
wurden, daB er noch am 25.1.1945, dem Tag der Flucht der deutschen 
Besatzung, zur ErschieBung gefuhrt worden sei, und wie er sich freiwillig 
dem Dienste der heldenhaften "Erloser" der Roten Armee zur Verfiigung 
gestellt habe - ohne Zweifel also eine Gefalligkeitsaussage. 
Vgl. Staatsanwaltschaft beim LG Frankfurt (Main), Strafsache beim 
Schwurgericht Frankfurt (Main) gegen Baer und Andere wegen Mordes, 
Az. 4 Js 444/59; Bd. 4, S. 529. 



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241 



Ebenda, S. 536f.; vgl. G. Rudolf, "Aus den Akten des Frankfurter Au- 
schwitz-Prozesses, Teil 5", VffG 7(3&4) (2003), S. 468. 

6 "Wir funken aus der Holle", Deutsche Volkszeitung , 31.7.1945. 

7 B. Baum, Widerstand in Auschwitz. Bericht der internationalen antifaschi- 

stischen Lagerleitung. VVN-Verlag, Berlino-Potsdam 1949, p. 34. 

G. Rudolf, "Aus den Akten des Frankfurter Auschwitz-Prozesses, Teil 2", 

VffG 7(2) (2003), S. 224-229. 

9 S. 957; Vernehmung vom 24.4.59, S. 966R; 28.4.59, S. 970 (ErschieBung 
im Freien ohne Todesurteil). Wahrend der Hauptverhandlung behauptete 
Stark, fur die Exekutierten hatten Todesurteile vorgelegen, was ihm die 
Kammer jedoch nicht glaubte, da dann eine Tauschung der Opfer und ein 
Tarnwortgebrauch im Bericht nach Berlin unnotig gewesen ware, Ingrid 
Sagel-Grande, H. H. Fuchs, Christiaan F. Riiter (Hg.), Justiz und NS- 
Verbrechen, Bd. XXI, University Press, Amsterdam 1979, S. 498f. 

10 Vgl. dazu F. H. Hinsley, British Intelligence in the Second World War, v. 
II, Her Majesty's Stationary Office, London 1981, S. 669-673. 



C. Mattogno, Sonderhehandlung in Auschwitz, Castle Hill Publishers, 
Hastings 2003. 

12 Ahnlich in einer Vernehmung vier Tage spater, am 28.4. 1959, S. 970R. 

13 Vgl. C, Mattogno, Die Bunker von Birkenau, Castle Hill Publishers, Ha- 
stings, in Vorbereitung. 

14 Siehe den GrundriB bei J.-C. Pressac, Auschwitz: Technique and operati- 
on of the gas chambers, Beate-Klarsfeld-Foundation, New York 1989, S. 
151, 153. 

15 Bei allem, was Stark freiwillig "zugab", bestritt er interessanterweise die 
von Rogner gemachten Vorwiirfe willkurlicher ErschieBungen als "voll- 
kommen erfunden" (S. 957, 966R). Rogners Angaben waren nicht mehr 
und nicht weniger "vollkommen erfunden" als Starks Angaben, vgl. G. 
Rudolf, "Aus den Akten..., Teil 3", VffG, 7(1) (2003), S. 95-101. 

16 Ingrid Sagel-Grande u.a., aaO. (Anm. 9), S. 512. 



Leserbriefe 



AUgemeines 

AUiiertes Kriegsverbrechen 

Sehr geehrter Herr Rudolf! 

Es ist immer loblich, der Opfer von Unrecht zu gedenken. 
Dazu darf ich iiber einen Vorfall berichten, der praktisch 
zeitgleich mit der Befreiung, richtiger Ubergabe (der Vor- 
gang fand bekanntlich kampflos statt) des KL Mauthausen 
stattfand. Am 4.5.1945 gegen 9 Uhr war ich Betroffener ei- 
nes alliierten Kriegsverbrechens - Gott sei Dank habe ich es 
als einziger unverletzt iiberstanden. An diesem Tage habe ich 
als lli/i-jahriger Knabe bei Grossendorf (zwischen Sattledt 
und Ried im Traunkreis im damaligen Gau Oberdonau) 
miterlebt, wie drei anfliegende US-Jagdflugzeuge vom Typ 
P51 eine deutlich als Nichtkombattanten erkennbare Gruppe 
von Personen mit Maschinengewehren mit Explosivmunition 
aus kurzer Distanz beschossen haben. 

Ich gedenke Alfred v. Liebler-Ardelt (geb. 25.3.1919, wohn- 
haft Wien VII., Neustiftgasse 150a), Alfred Ptacek (geb. 
9.12.1899, wohnhaft Wien V., Reindorfgasse 42/2/8), Hilde- 
gard Kraus (geb. 27.4.1924, wohnhaft Wien X.,) und Alfons 
Wannginsky (geb. 27.10.1905, vermutlich aus OstpreuBen). 
Zwei Frauen wurden schwer verletzt (BauchschuB ohne Tref- 
fer auf Knochen, somit explodierte das GeschoB nicht im 
Korper, Treffer im Knochel). Ich sehe heute noch die aufge- 
platzten Schadel des Herrn Ptacek und des Fraulein Kraus 
vor mir. Das Blut des ersteren besudelte mich fontanenartig, 
so daB Heifer nicht glauben konnten, daB ich als einziger das 
abscheuliche Kriegsverbrechen unverletzt iiberstanden hatte. 
Ich kam nur deswegen unverletzt davon, weil ich erstens den 
Flugzeugtyp kannte und zweitens die alte Landserweisheit 
aufgrund meiner vormilitarischen Ausbildung: "Ein Jabo, der 
anfliegt, schieBt auch" kannte und vorsorglich sofort am Bo- 
den Deckung suchte. 

Ich frage mich seither (gelegentlich sehe ich noch die aus den 
Schadeln der Opfer quellenden Gehirne vor mir, ich muBte 
damit ohne Psychotherapie fertig werden!), wo denn das 
Niirnberg fur die anderen bleibt. Warum werden diese Pilo- 
ten nicht als Kriegsverbrecher verfolgt? Sie konnen sich so- 
gar in ihren Memoiren dieser Taten riihmen (Chuck Yeager, 
Yeager, Bantam Books, New York: "Wir haben Zivilisten 
'ausgeknipst'"), aber entschuldigend anfiihren, daB sie dies 



auf Befehl taten. Die Schreibtischtater, die Anstifter zum 
Mord an Zivilisten miiBten aber heute noch auszuforschen 
sein. 

Ubrigens, die Schreie der in Selzthal im Mai 1945 von erst 
lange nach Kriegsende in einen friedlichen Ort einfallenden 
"Rotarmisten" vergewaltigten Frauen habe ich auch noch in 
den Ohren. 

An all das muB ich jetzt denken, wenn Gedenken an Opfer 
angesagt ist, wenn ich mich an den 4.5.1945 9 Uhr erinnere, 
als nahezu zeitgleich neben erfreulichen Ereignissen wie der 
Befreiung der Insassen des KL Mauthausen noch alliierte 
Kriegsverbrechen geschahen. 

Wann gedenkt jemand des offiziellen Osterreichs auch ein- 
mal dieser Opfer? Ich bewahre jedenfalls das Andenken an 
Liebler, Ptacek, Kraus und Wannginsky. Sie ruhen meiner 
Recherche nach als Kriegsopfer auf dem Kriegerfriedhof 
Jahnsbachtal bei Freistadt. Meine rasche Reaktion hat mich 
bewahrt, als Opfer eines alliierten Kriegsverbrechens auch 
dort zu liegen. 

Wieso ist das Leid der Opfer des Zweiten Weltkrieges ei- 
gentlich teilbar? Da gibt es ja heutzutage besonders zu be- 
dauernde Opfer und solche, die offenbar auf der falschen Sei- 
te gemordet worden sind. Ist eine solche unterschiedliche Be- 
trachtung aus der Sicht der Opfer nicht ungerecht? 
Mit freundlichen GriiBen 

Dipl.-Ing. Walter Luftl 

Ltiftl iiberwindet Pawlow 

Sehr geehrter Herr Rudolf! 

Durch Zufall bin ich Ende 1997 auf das Thema Revisionis- 
mus gestoBen. Eigentlich suchte ich damals nach Artikeln 
von Walter Ltiftl, der sich in den Achtzigern mit dem Thema 
Staatsschulden auseinandersetzte und seine Erkenntnisse 
(iiber mathematische Formeln) in Biichern gemeinsam mit 
Paul C. Martin {Wann kommt der Staatsbankrott, Kapitalis- 
mus usw.) verewigte. Als ich bei dieser Suche auf technische 
Untersuchungen zu Krematoriumskapazitaten stieB, maB ich 
diesem Thema zunachst keine Bedeutung bei - es interessier- 
te mich einfach nicht. Nach einigen Monaten fand ich den 
gleichen Artikel wieder in der Suchmaschine und diesmal las 
ich ihn. 



242 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



Bis dahin war ich Anhanger der offiziellen Vernichtungsthe- 
se, zumal ich 1984 (im Rahmen eines Studentenaustausches) 
u.a. das KL Auschwitz besucht hatte und die 4 Millionenzahl 
geistig noch allgegenwartig war. Ich hatte mir damals zwei 
Biicher in Auschwitz gekauft, die Erinnerungen des Rudolf 
HoB und eine allg. Dokumentation uber das Lager. Beide 
Biicher, deren genaue Titel ich inzwischen vergessen habe 
und die auch nicht mehr in meinem Besitz sind, habe ich kurz 
nach dem Besuch (jedoch noch in Polen) formlich verschlun- 
gen. Es war alles so unwirklich, so grauenhaft und wohl den- 
noch passiert. Warum sollte ich an den Zeugenaussagen 
zweifeln? Ich hatte auch schon zuvor die abgemagerten Lei- 
chen in einem Film gesehen, welche in Bergen-Belsen per 
Raupe zusammengeschoben wurden. Es schien alles stimmig, 
und auf die Idee, "naturwissenschaftlich" nachzuhaken, bin 
ich damals nicht gekommen. Das hing/hangt vielleicht mit 
einer Art "psychologischen Blockade" zusammen. Einer hil- 
feschreienden naherkommenden Frau mit zerrissener Bluse 
wird man auch keine bohrenden Fragen stellen, ob sie dem 
Vergewaltiger vielleicht zu sehr entgegenkam oder es diesen 
gar nur in ihrer Phantasie gibt. Es verbietet einfach die Hof- 
lichkeit, einem Opfer so auf die Pelle zu riicken. 
Der Liift- Artikel schlug damals wie eine Bombe bei mir ein! 
Zwischen Staunen, Entsetzen und Fasziniertheit bewegten 
sich meine Gefiihle. Allerdings hegte ich von Beginn an kei- 
nen Zweifel an seinen Erlauterungen. Der Mann war wie viel 
zu lebenserfahren und mit einer gehorigen Reputation ausge- 
stattet, als daB er seine Existenz fur ein paar sinnlose braune 
Spielchen gefahrdete. Zumal er ja einige Parlamentsmitglie- 
der in Wien auf eben diese Gefahr hingewiesen hatte, daB 
man mit schwachsinnigen Zeugenaussagen die glatzkopfige 
Horde aus ihren Hohlen locken konnte. 
Um es kurz zu machen. Das Thema hatte mich elektrisiert 
und nun suchte ich bewuBt im Spinnennetz danach. Da stoBt 
man zwangslaufig auf Ihren Namen und Ihr Schicksal. 
Ich mochte Ihnen hiermit meinen allergroBten Respekt be- 
kunden vor Ihrem auBergewohnlichen Mut, Ihrer Zielstrebig- 
keit und dem offenbar eisernen Willen um der Wahrheit wil- 
len. 

Jahrelang habe ich Ihre und auch die vielen anderen Artikel 
von VHO aus dem Netz gesaugt. Jahrelang habe ich auch ih- 
re Appelle gelesen wegen der standigen Flucht und den dar- 
aus resultierenden fmanziellen Problemen. Jahrelang hatte 
ich ein schlechtes Gewissen deswegen, einerseits dankbar fur 
die von den Revisionisten geleistete gefahrliche Arbeit, ande- 
rerseits zu feige, erheblich weniger zu riskieren, um z.B. auf 
inoffizielle schwarze Listen wegen Buchbestellungen zu 
kommen. Ich unterstelle namlich, daB die wichtigsten Nach- 
richtendienste Ihre Internet-Aktionen zumindest iiberwachen 
und im Bilde iiber die Kontakte und Interessenten sind. 
[Anm. der Redaktion: Dafur gibt es bisher keine Anzeichen] 
Doch die traurige Mollemann-Story und letztlich die unsagli- 
che Hohmann-Affare haben jetzt den Sack zum Platzen ge- 
bracht. Dieser geistige DiinnschiB der kriecherischen deut- 
schen Politik und die speichelleckende Systempresse in Sa- 
chen Verbrechen im Dritten Reich widern mich nur noch an. 
Ich fiihle mich an die rote Propaganda in der DDR erinnert. 
In einer kurzlich gesendeten Talk-Show im Deutschen Fern- 
sehen glanzte Norman Finkelstein als heller Lichtstern zwi- 
schen all den triiben Tassen aus der deutschen Politik. 
Als ich kurzlich die Jenninger-Rede las, ich hatte das bislang 
nicht getan, war ich wie vor den Kopf gestoBen. Was da anti- 
semitisch oder wahrheitsverdrehend gewesen sein soil, hat 



sich mir in keiner Weise erschlossen. Ganz im Gegenteil, ich 
habe diese spate Anklage an die deutsche Zivilbevolkerung 
eher als Zumutung empfunden. In einer warmen Stube im 
Sessel sitzend laBt es sich gar gut uber die Furze im dunklen 
Wald in einer bitterkalten Nacht pupen! Doch die Eliten wa- 
ren damals entsetzt - so wie heute. Der pawlowsche Reflex 
funktioniert nach wie vor. 

Ubrigens, uber die tatsachlichen Ereignisse von damals 
scheinen mehr Leute im Bilde zu sein, als ich das noch vor 
einem halben Jahr glauben wollte. Das Internet scheint also 
ein sehr wichtiges Instrumentarium fur die Verbreitung histo- 
rischer Fakten geworden zu sein. Nur geht es wohl den mei- 
sten wie mir - man traut sich einfach nicht. Es wird eben der 
repressive Staatsapparat gefurchtet. Daher sollten Sie sich 
auch iiber das Marketing bzw. die Werbung weniger den 
Kopf zerbrechen (siehe Ihren Artikel Rechenschaft). Ihr Ab- 
satzproblem liegt ganz woanders und kann von Ihnen eigent- 
lich iiberhaupt nicht beeinfluBt werden. Wer namlich nach 
Ihren Informationen sucht, findet diese auch - so lange Ihre 
Website existiert. 

Es ist das allbekannte Duckmausertum von Hunderttausen- 
den von Menschen, mich eingeschlossen, die einfach nicht 
das Riickgrat haben, argumentativen Widerstand zu leisten. 
Stellen Sie sich doch einfach mal vor, wenn 25% der Mit- 
glieder die CDU wegen der Hohmann-Giinzel Affare verlas- 
sen hatten. Einfach so, kurz und biindig. Das politische Erd- 
beben ware gewaltig gewesen, und man hatte sich ganz oben 
was einfallen lassen mussen. 

Andere und leider wieder sehr viele Menschen konnen und 
wollen der Wahrheit nicht ins Auge schauen. Was gerade 
noch abgenickt wurde, wird zehn Minuten spater widerrufen 
bzw. fur Unsinn erklart. Ich habe das in vielfachen Diskus- 
sionen erlebt und war immer wieder neu ernuchtert. Da kon- 
nen sie kliigste Geister mit einfachster Mathematik konfron- 
tieren, es niitzt nichts. 

Offenbar fiirchten eine Menge Leute das Wegbrechen aller 
sie umgebenden Schutzgitter. Ein vergleichbares Phanomen 
habe ich schon Anfang der Neunziger ausmachen konnen, als 
viele DDRler in einen ideologisch luftleeren Raum sturzten. 
Trotz aller Mangel in der Diktatur und den Verlockungen des 
Westens, wollte und konnte man nicht wahrhaben, was da ei- 
gentlich passierte. Das alte System war ziemlich gerauschlos 
in einem schwarzen Loch verschwunden. Selbst mich be- 
schlich ein mulmiges Gefuhl, als ich am Brandenburger Tor 
plotzlich ziemlich abgefahrene Gestalten in friiher respek- 
teinfloBenden Offiziersmanteln einschlieBlich der geflochte- 
nen Schulterstucke bestaunen durfte. Die Insignien der Macht 
waren auf dem Trodelmarkt gelandet. Es schien alles wie ein 
boser Traum. 

Moge allzeit ein Schutzengel iiber Ihrer geistigen und korper- 
lichen Unversehrtheit schweben. Ich wunsche Ihnen und Ih- 
ren Mitstreitern alles Gute fur die Zukunft. 

Mit freundlichem GruB, HM, Sachsen 

Zu T. O'Keefe, "Simon Wiesenthals Kriegsjahre: Neues 
Licht in eine dustere Vergangenheit", VffG 7(3&4) 
(2003), S. 344-350 

Zu einem dem Artikel beigegebenem Photo: Der Film "Die 
Morder sind unter uns" (D 1946!) von Wolfgang Staudte mit 
H. Knef hat mit Wiesenthal iiberhaupt nichts zu tun. Es han- 
delt sich um den wohl bekanntesten der sog. "Trtimmerfil- 
me", die versuchten, den WK fur ein Nachkriegspublikum 
filmisch aufzuarbeiten und nebenbei auch Erziehungsarbeit 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



243 



zu leisten (der Film war die erste Produktion der DEFA, ge- 

dreht in der sowjetischen Besatzungszone). 

Der Holocaust und die Lager kommen nur sehr am Rande 

vor, eingehender werden jedoch Ostfront-Traumata und (na- 

tiirlich deutsche) Kriegsverbrechen behandelt. Der Filmtitel 

wurde hernach zum vielbemuhten Schlagwort - moglich, daB 

Wiesenthal den Titel seines Buches von 1967 daran ange- 

lehnt hat. 

Wenn wir schon bei cineastischen Fehlern sind - Abby Mann 

ist, wie auch der Internet Movie Data Base zu entnehmen ist, 

Drehbuchautor & Produzent und nicht Filmregisseur. Nicht 

zu verwechseln ist er mit Anthony Mann, dem beriihmten 

Westernregisseur. 

"Judgement at Nuremberg" ist von Stanley Kramer insze- 

niert, Drehbuch von Abby Man, wie auch "Murderers among 

us", der aber wie gesagt nichts mit dem gleichnamigen DE- 

FA-Film zu tun hat. 

bela 

Zu: G. Rudolf, "Am Rande des Dritten Weltkriegs," VffG 
7(2) (2003), S. 124-131. 

Werter Herausgeber! 

In der New York Times vom 18. April 2004 widmete der Hi- 
storiker Niall Ferguson einen Abschnitt der Beschreibung der 
Rucksichtslosigkeit, mit der die Briten den irakischen Auf- 
stand von 1920 niederschlugen ("The Last Iraqi Insurgency" 
- der letzte irakische Aufstand): 

"Es wird Harte notig sein, um die Rebellion zu unterdruk- 

ken. 1920 beendeten die Briten die Rebellion durch eine 

Kombination von Luftangriffen und Strafexpeditionen, bei 

denen ganze Dorfer niedergebrannt wurden. Das war nicht 

besonders schon. Sogar Winston Churchill, damals ver- 

antwortlicher Minister der Luftwaffe, war tiber die Hand- 

lungen einiger schiefifer tiger Piloten und rachedurstiger 

Heeressoldaten schockiert. " 

Er kann allerdings nicht allzu sehr schockiert gewesen sein, 

zumal er die Verwendung von Giftgas gegen die gleichen 

Aufstandischen und gegen die sie unterstutzenden Dorfer au- 

torisiert hatte. Als Historiker muG Ferguson das gewiG ge- 

wuGt haben, doch man kann nur spekulieren, warum er diese 

kleine Detailinformation ignorierte. Vielleicht wollte er jeden 

Vergleich mit Saddam Hussein vermeiden, iiber den uns bis 

zum Erbrechen erzahlt wurde, er habe "sein eigenes Volk 

vergast." 

Ich nehme an, daG man die moralische Luftiiberlegenheit 
nicht aufgibt, wenn man ein anderes als das eigene Volk ver- 
gast und noch dazu fur einen guten Zweck wie etwa die Nie- 
derschlagung eines Aufstandes. Es ist interessant festzustel- 
len, daG Spanien in der Zwischenkriegszeit Giftgas gegen die 
Riffs in Nordafrika verwandte und daG Italiens Anwendung 
von Giftgas gegen die Athiopier damals in der westlichen 
Welt mit allgemeinem Schweigen ubergangen wurde. Spater, 
wahrend des Zweiten Weltkrieges, schlug derselbe Churchill, 
der die Iraker vergast hatte, vor, das Ruhrgebiet als Ruckver- 
geltung dafur zu vergasen, daG Deutschland mit VI- und V2- 
Raketen Vergeltungsschlage gegen London fiihrte. Erst als 
ihm mitgeteilt wurde, daG dies nicht machbar sei, gab er sich 
mit Dresden zufrieden. Sogar die Vereinigten Staaten 
schreckten nicht vor der Vorstellung eines Giftgasangriffes 
zuriick. 1945 gab das US-Militar eine Studie in Auftrag iiber 
die Moglichkeit, Tokio und andere japanische Ballungszen- 
tren mit Phosgen (etwa funfzig tausend Tonnen\) zu erstik- 



ken, um eine kostspielige Invasion zu verhindern. Der Plan 
wurde verworfen, aber nicht etwa, weil er unmoralisch war, 
sondern weil er nicht praktikabel war. Wie wir wissen, wur- 
den statt dessen schlieGlich zwei Atombomben auf Nagasaki 
und Hiroshima abgeworfen. Diese "Massenvernichtungswaf- 
fen" wurden von den meisten Amerikanern als "gottgesandt" 
angesehen, da sie den Krieg im Pazifik zu einem schnellen 
Ende brachten, wodurch ungezahlte amerikanische Leben ge- 
schont wurden. 

Giuseppe, furioso@aol.com 

Anmerkung der Redaktion 

Die Japaner hatten bereits vor dem ersten Atombombenab- 
wurf ihren Willen zur Kapitulation erklart. Der Mythos vom 
Nutzen der Atombomben zur Schonung amerikanischer Sol- 
datenleben - auf Kosten ungezahlter japanischer Zivilisten - 
ist daher falsch. 

Zu: C. Mattogno, "Flammen und Rauch aus 
Krematoriumskaminen", VffG 7(3&4) (2003), S. 386-391. 

Verehrter Herausgeber! 

In der genannten Ausgabe von VffG diskutiert Carlo Matto- 
gno im genannten Beitrag die Funktion von Krematori- 
umsmuffeln und beigeordnetem Zubehor. 
Ich war 30 Jahre als Verbrennungsingenieur beim Einbau 
hauptsachlich von Gas- und Olbrennern fur industrielle Was- 
serboiler tatig. Manchmal ersetzen unsere Anlagen alte Koks- 
feuerungsanlagen, um die mit der Verbrennung von Kohle 
zusammenhangenden hohen Emissionen zu reduzieren. Ob- 
wohl meine Erfahrungen nicht mit Krematorien zusammen- 
hangen, so denke ich doch, daG man sie extrapolieren kann. 
Schwarzer Rauch aus Schornsteinen als Folge der Verbren- 
nung fester Brennstoffe wie Kohle besteht hauptsachlich aus 
Asche. Es ist auch moglich, daG sich dabei unverbrannte 
Kohlenwasserstoffe befmden, aber dies wird als gefahrlicher, 
da explosiver Zustand angesehen, so daG Systeme derart kon- 
struiert werden, daG eine vollstandige Verbrennung in der 
Verbrennungskammer erfolgt. 

Unverbrannte Kohlenwasserstoffe im Rauch werden haupt- 
sachlich durch ungeniigende Sauerstoffzufuhr oder ungenu- 
gende Luft-Brennstoff-Mischung hervorgerufen. Vorgeheizte 
Luft hat darauf nur einen minimalen EinfluG. Sie wird haupt- 
sachlich angewandt, um den Brennstoffverbrauch zu reduzie- 
ren, also um die Brennstoffeffizienz zu erhohen. Die Luft 
wird erhitzt, indem sie durch einen Warmetauscher geleitet 
wird, die Warme aus dem Ofen selbst entzieht. Es gibt ver- 
schiedene Techniken zur Vorheizung von Luft. 
Falls Sie jemals versuchen, im Garten Abfalle wie Gras, 
Laub oder anderen Abfall zu verbrennen, und ihr Miillhaufen 
weigert sich beharrlich zu brennen, dann blasen Sie einfach 
Luft mit einem Geblase in den Haufen. Mit der zusatzlichen 
Luft werden die Flammen schnell hoher schlagen. 
Ein Ofensystem besteht vornehmlich aus einem Brenner, ei- 
ner Verbrennungskammer, einem Fuchs und einem Kamin. 
Die Grande, warum ein Ofen bzw. ein Krematorium so aus- 
gelegt ist, daG die Verbrennung vollstandig im Verbren- 
nungsraum stattfindet, sind folgende: 

- Hochtemperatur-Schamottauskleidung ist teuer und wird 
nur im Brennraum verwendet, nicht aber im Fuchs und 
Kamin, wo die Temperaturen viel niedriger sind, so daG 
statt dessen eine Auskleidung fur niedrige Temperaturen 
verwendet wird. 



244 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



- Metallrohren und Klappen werden aus Stahl hergestellt, der 

ebenfalls leidet, wenn er Flammen (iiber 400 °C) ausge- 

setzt ist. Flammtemperaturen konnen bei LufttiberschuB bis 

zu anderthalb Tausend Grad Celsius heiB werden. 

Brennenden Gasen, die den Brennraum verlassen, ist in dem 

beengten Raum sofort der Sauerstoff entzogen. Der verblie- 

bene Sauerstoff wird so schnell verbraucht wie von einer 

Kerze in einem geschlossenen Glas. 

Die Vorstellung, daB Flammen aus Kaminen schlagen konn- 
ten, ist eine Propagandaerfindung, eine von vielen. 
Ich wiirde hier auch gerne die Funktion der VerschluBklap- 
pen beschreiben. Diese Klappen sind so ausgelegt, daB sie 
einen bestimmten Unterdruck am Boden des Kamins erzeu- 
gen. Dies wird iiblicherweise automatisch reguliert, kann 
aber auch manuell gemacht werden mittels eines Manometers 
am korrekten MeBpunkt. Die VerschluBklappe oder der Ka- 
min wissen nicht, ob sie eine oder acht Muffeln entsorgen. 
Die Klappe wird einfach so eingestellt, daB das anfallende 
Abgasvolumen entsorgt werden kann. Das verhalt sich nicht 
anders als wie bei einem einzigen Ofen, dessen Verbren- 
nungsrate je nach Bedarf steigt oder fallt. Die Stellung der 
VerschluBklappe kompensiert die unterschiedlichen Durch- 
fluBraten. 

Reinhard Tixel 

Zu: G. Rudolf, "Mondlandung: Schwindel oder 
Wahrheit?", VffG, 6(4) (2002), S. 449-455. 

An den Chefredakteur! 

Als Angehoriger der alteren Generation, der die fruhe Ent- 
wicklung der Raumfahrt mit Interesse beobachtet und doku- 
mentiert hat, hat Ihr Artikel im Kontext Ihrer Zeitschrift kei- 
nen Zweifel gelassen, daB es kaum ein Gebiet menschlicher 
Aktivitaten gibt, das frei ware von Verzerrungen, Betrug und 
Liigen durch die einfluBreichen Medien. 
Sie konnen den verborgenen Zusammenhang sehen zwischen 
der Einstellung der Mondfluge "aufgrund wachsender Kritik 
an den immensen Kosten und der schieren Nutzlosigkeit" 
und Verschworungsbehauptungen, "daB das gesamte NASA- 
Mondprojekt ein Schwindel war," und der absichtlichen 
Kampagne, das US-Raumfahrtprogramm anzuschwarzen und 
zu sabotieren. Genau das war der Punkt: Die Rolle verdeckter 
sowjetischer Propaganda in der Schaffung des Marchens vom 
"Mondlandeschwindel"! Ich weiB, daB Geriichte einer ge- 
falschten Mondlandung bereits 1970 in kommunistischen 
Kreisen kursierten. Dieser Brief erlaubt es nicht, die uberwal- 
tigenden Beweise fur die prosowjetische Voreingenommen- 
heit westlicher Medien beziiglich dessen aufzuzeigen, was in 



den friihen sechziger Jahren das "Wettrennen zum Mond" 
genannt wurde. Tatsache ist, daB die meisten "sowjetischen 
Raumfahrt-Erfolge" - mit Ausnahme Sputniks - wissen- 
schaftlich unwahrscheinlich oder zumindest nutzlos und oft 
technisch unmoglich waren, im Gegensatz zu den amerikani- 
schen. Die Sowjetunion besaB einfach weder das notwendige 
Wissen noch die menschlichen und finanziellen Mittel, um 
die USA in der Raumfahrt herauszufordern (oder auf irgend- 
einem anderen Gebiet). Sputnik eroffnete auf gerauschvolle 
Weise einen neuen Weg des menschlichen Fortschritts, der 
ohnehin anstand, wie Wernher von Brauns "Explorer 1" nur 
drei Monate nach dem sowjetischen Spektakel bewies. Wenn 
die kommunistischen Fuhrer die Konsequenzen von Sputnik 
vorausgesehen hatten, die in Apollo 1 1 kulminierten, so hat- 
ten sie alles daran gesetzt, diese zu verhindern. Dies mag 
nicht der einzige Grund sein, aber der wirtschaftliche Ein- 
bruch der sowjetischen Wirtschaft zu jener Zeit (der Sturz 
Chruschtschows, die "Reformen" Breschnews, und die Ret- 
tung durch westliche finanzielle Bluttransfusionen) anderten 
ebenfalls die sowjetische Raumfahrtpolitik von absoluter Ge- 
heimhaltung zu erbitterter Gegnerschaft gegen Raumfor- 
schungsausgaben — insbesondere angesichts des Apollo- 
Programms - und letztlich - wen wundert's? - zur Offnung 
einer Kooperation mit den USA, was der Grund dafiir ist, daB 
die NASA bis heute die Rechnungen bezahlen darf. 
Die Geschichte des angeblichen ersten Spaziergangs im All 
durch den Kosmonauten Leonov, die ich beilege, ist nur ein 
Fall unter vielen der Raumfahrt, wo ein Mangel an Techno- 
logie durch einen effizienten Betrug wettgemacht wurde. Die 
Geschichte wurde erstmals 1975 im australischen Periodikum 
Intelligence Survey veroffentlicht. 

Ihr F.G. Kausch 

Anmerkung des Herausgebers 

Wir werden diesen Beitrag iiber sowjetische astronautische 
Betriigereien in der nachsten Ausgabe von VffG veroffentli- 
chen. Und ubrigens, wenn die Sowjetunion damals wirklich 
glaubte, die USA wiirden die Welt mit gefalschten Mondlan- 
dungen iiber viele Jahre hinweg betrugen, so wiirden sie dies 
sicher enthiillt haben, wahrend es passiert: Zum Beispiel, in- 
dem sie einfach darauf hinwiesen, daB alle Funkmeldungen 
der Astronauten nicht vom Mond kamen. Aber solche Be- 
hauptungen wurden zwischen 1969 und 1975 von den So- 
wjets selbstverstandlich niemals aufgestellt, zumal man mit 
einfachen Instrumenten hatte verifizieren konnen, daB diese 
von den Astronauten abgesandten Funksendungen tatsachlich 
mit der korrekten Zeitverzogerung vom Mond kamen. 



In Ktirze 



Nietzsche starb an Krebs, nicht an Syphilis 

Dr. Leonard Sax, Direktor des Montgomery Centers fur Kin- 
derentwicklungsforschung in Maryland, USA, hat aufgezeigt, 
daB die Behauptung, Nietzsche habe sich von Prostituierten 
Syphilis zugezogen, nach dem Zweiten Weltkrieg von Wil- 
helm Lange-Eichbaum zusammengebraut wurde, einem Aka- 
demiker, der einer der argsten Kritiker Nietzsches war. Trotz 
des Fehlens von Dokumenten oder medizinischen Beweisen 



wurde diese Behauptung von Generationen von Akademikern 
wiederholt. Nietzsches eigene Aufzeichnungen ergeben al- 
lerdings keine Anzeichen fiir Syphilissymptome, wie etwa 
ein ausdrucksloses Gesicht oder eine undeutliche Sprechwei- 
se. Wahrend im spaten 19. Jahrhundert 90% aller Syphilisop- 
fer innerhalb von fiinf Jahren nach der Diagnose starben, leb- 
te Nietzsche noch weitere elf Jahre. In einem Beitrag im 
Journal of Medical Biography fiihrt Sax aus, daB ein langsam 



VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2 



245 



wachsender Hirntumor eine weit plausiblere Diagnose sei. 
Dies wiirde zudem sowohl Nietzsches Zusammenbriiche, sei- 
ne Migrane sowie die Storungen seines Gesichtsfeldes erkla- 
ren, unter denen er litt. {Daily Telegraph, 4.5.03) 

Gibson verteidigt Revisionismus seines Vaters 

Mel Gibson hat seinen Vater gegen Vorwiirfe in Schutz ge- 
nommen, ein Holocaust-Revisionist zu sein. Hutton Gibson 
hatte offentlich angezweifelt, daB sechs Millionen Juden im 
Zweiten Weltkrieg umgekommen waren (vgl. VffG 2/03, S. 
122f.). In einem Interview mit Reader's Digest sagte der 
Filmheld Mel, er wiirde keinerlei Kritik an seinem Vater hin- 
nehmen: 

"Mein Vater lehrte mich meinen Glauben, und ich glaube an 

das, was er mich lehrte. Der Mann hat mich in seinem gan- 

zen Leben nie belogen. Im Alter von zwei Jahren verlor er 

seine Mutter. Er verlor seinen Vater mit 15. Er durchlebte 

die Depression. Er meldete sich fur den Zweiten Weltkrieg, 

diente seinem Land mit seinem Kampf gegen die Krdfte des 

Faschismus. Er kam zurilck, arbeitete korperlich sehr hart, 

zog eine Familie auf, gab mir ein Dach iiber dem Kopf, gab 

mir Kleider, erndhrte mich, lehrte mich meinen Glauben, 

liebte mich. Ich entgegne seine Liebe. Ich 

werde mich also fur ihn einsetzen, bis 

mein Herz griin und blau ist, falls jemand 

versucht, ihn zu verletzen. " 
Direkt gefragt, ob er glaube, daB der Holo- 
caust geschehen sei, antwortete Gibson: 

"Ich kenne Freunde und Eltern dieser 

Freunde, die Nummern auf ihrem Arm 

haben. Der Kerl, der mir Spanisch bei- 

brachte, war ein Holocaust-Uberleben- 

der. Ja, natiirlich. Greuel passieren. 

Krieg ist schrecklich. Zig Millionen 

Menschen wurden durch den Zweiten 

Weltkrieg getotet. Einige davon waren 

Juden in Konzentrationslagern. In der 

Ukraine verhungerten einige Millionen 

zwischen 1932 und 1933." (Ananova, 

2/3/2004) 
Man beachte die Feinheiten: "einige Juden" 
- "einige Millionen Ukrainer" "Konzentrationslager", nicht 
Vernichtungslager. Juden wurden durch den Krieg getotet. 

Herero-Klage gegen Deutschland unzustellbar 

Die in Washington eingereichte Entschadigungsklage der 
Hereros iiber 2 Mrd. Dollar wegen der Niederschlagung ihres 
Aufstandes im Jahre 1904 wurde wegen Nichtzustandigkeit 
abgewiesen. Inzwischen suchen die Hereros diplomatische 
Verbiindete, um Deutschland doch noch verklagen zu konnen 
(Spiegel, 9.2.04). 

Letzter deutscher Kriegsgefangener kam nach Hause 

Im Alter von 80 Jahren ist der letzte deutsche Kriegsgefan- 
gene aus RuBland heimgekehrt. 1940 wurde der Lehrer Franz 
Steeg in die Wehrmacht eingezogen. Er diente in Frankreich 
und in RuBland, wo er 1943 in sowjetische Gefangenschaft 
geriet. Im Arbeitslager Smolensk lernte er seine zweite Frau 
kennen, die er 1950 heiratete. Nach der Entlassung des Paa- 
res im gleichen Jahr wurde Steeg jedoch eine Riickkehr in 
seine Heimat verweigert. Er erhielt statt dessen die sowjeti- 
sche Staatsbiirgerschaft. Nach dem Kollaps der Sowjetunion, 
im Alter von fast 70 Jahren, wagte Steeg nicht mehr, einen 




Ausreiseantrag zu stellen. Erst nachdem Stefan Karner vom 
Ludwig-Boltzmann-Institut den Fall in russischen Archiven 
fand, konnte unter Einschaltung der russischen und osterrei- 
chischen Behorden eine Riickfuhrung in seine Heimat be- 
werkstelligt werden. 

Im Juli 2002 kam Franz Steeg, geschwacht und an Krebs er- 
krankt, aber mit einem strahlenden Lacheln zusammen mit 
seiner Enkelin Svetlana aus zweiter Ehe in Wien an zu einer 
sehr emotionalen Wiedervereinigung mit seiner ersten Fami- 
lie. (AFP, 13.7.2002) 

Berliner Zeitung kritisiert Volksverhetzungsparagraphen 

Unter dem Titel "Deutscher Denkmalschutz" kritisierte Chri- 
stian Bommarius am 27.4.2004 in der Berliner Zeitung den 
bundesdeutschen Volksverhetzungsparagraphen 130: 

"Das Verbot der Auschwitz-Luge ist bizarr. Nicht nur wird 
damit die vermeintlich bekdmpfte Diskriminierung der Ju- 
den auf subtile Weise perpetuiert — in seiner Heimat vor 
antisemitischen Anwurfen geschiitzt werden zu miissen, ist 
nicht weniger demutigend als die Anwurfe selbst. [...] 
Geschiitzt wird durch das Verbot der so genannten Au- 
schwitz-Luge vielmehr ein Rechtsgut, das in der Rechtsge- 
schichte demokratischer Staaten bis da- 
hin aus guten Griinden unbekannt war: 
das staatlich verfugte Geschichtsbild. 

[■•■] 

Doch der Wahrheit des Holocaust ist 

nicht gedient, wenn sie im Strafgesetz- 
buch steht und nicht in den Kopfen der 
Burger. Es dient ihr nicht, wenn sie ge- 
glaubt werden muss, nicht weil sie unwi- 
derleglich, sondern weil sie befohlen ist. 
Die Staaten sind es, die Geschichte [ma- 
chen], aber wenn sich die Staaten der 
Geschichtsschreibung bemdchtigen, das 
Geschichtsbild nicht der Gesellschaft 
iiberlassen, sondern nach Fertigstellung 
im Strafgesetzbuch dekretieren, dann ist 
damit nichts iiber diese historische 
Wahrheit, aber alles iiber diese Staaten 
gesagt — jedenfalls alles iiber ihr Ver- 
trauen in die demokratische Substanz und in das rechts- 
staatliche Bewusstsein ihrer Gesellschaften. " 
Um sich das zu erlauben, verbreitet Bommarius die vom jiidi- 
sche Publizisten Peter Sichrovsky geauBerte Luge, die Revi- 
sionisten wurden behaupten, es habe Auschwitz niemals ge- 
geben: 

"Der Staat greift ein zweites Mai ein, in der selben Sache. 
Einmal, um Auschwitz aufzubauen und funktionieren zu 
lassen, und ein zweites Mai, um den zu bestrafen, der be- 
hauptet, es hatte es nie gegeben. " 
Auch das exaktere Berechnen der Opferzahlen mittels ma- 
thematischer Formeln findet er widerlich: 

"[...] die mathematischen Formeln, mit denen Alt- und 
Neo-Nazis die Zahl der Opfer 'herunterzurechnen ' versu- 
chen, mogen widerlich sein [...]" 
Es scheint, als hasse Bommarius die Mathematik, deren un- 
ausweichlicher Logik er sich durch Schmierfink-Worte wie 
"Neo-Nazi" entziehen will. Anders herum wird ein Schuh 
daraus: Die inzwischen als Propaganda entbloBten, zuvor- 
derst von Kommunisten, Polen und Juden in die Welt gesetz- 
ten uberhohten Opferzahlen von 9 Mio., 4 Mio., 1,5 Mio., 
sind widerlich. 



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Hitler-Rede in Gottingen sorgt fur Sturm im Wasserglas 

Eine bislang unbekannte 15-minutige Rede Adolf Hitlers 
wurde jiingst im Stadtarchiv Gottingen entdeckt. Hitler hielt 
diese Rede anlaBlich seines Wahlkampfbesuches im Gottin- 
ger Stadtpark anno 1932. Da das Stadtarchiv diese Rede fur 
ein zeitgeschichtliches Dokument hielt, brannte man sie auf 
CD und bot sie fur €15.- zum Kauf an. Die ortliche jiidische 
Gemeinde erfuhr flugs davon und beschuldigte die Stadt, die 
Rede des "groBten Verbrechers deutscher Geschichte" zu 
verbreiten." 



Strafverfahren wegen Tragen militarischer Auszeichnung 

Aus Protest gegen die Schleifung eines Ehrenmals des Zwei- 
ten Weltkriegs in Marienfels (vgl. VffG 1/04, S. 125) erschie- 
nen am 22.11.2003 auch einige Veteranen, darunter Otto 
Riehs, Trager des Ritterkreuzes. Deswegen wurde nun gegen 
Riehs ein Strafverfahren eroffnet und sein Haus auf Anord- 
nung des Amtsgerichts Frankfurt durchsucht zur Beweismit- 
telsicherung wegen des offentlichen Tragens "verfassungs- 
widriger Symbole", da das Ritterkreuz ein Hakenkreuz bein- 
haltete. (Deutsche Stimme, April 2004, S. 1 1) 



Kino-Werbung mit Hitler-Gemalde 

Nur wenige Tage wahrte die Werbekampagne von Toshiba in 
Japan fiir den Film "Max", der die Geschichte eines judi- 
schen Kunsthandlers erzahlt, der nach dem Ersten Weltkrieg 
eine Freundschaft mit Hitler eingeht. Als Werbemotiv wurde 
ein Gemalde Hitlers gewahlt. Judischer Protest machte dem 
schnell eine Ende (Die Gemeinde, Wien, Marz 2004). 

Gedenkveranstaltung fiir Reinhold Elstner zwangsverlegt 

Eine fur den 25.4.2004, 20:00 Uhr, geplante stille Gedenk- 
wache an der Miinchner Feldherrnhalle zum Gedenken an 
Reinhold Elstner, der sich dort wegen der stetig steigenden 
Liigenflut neun Jahre zuvor selbst verbrannt hatte (vgl. VffG 
2/2000, S. 13 If), wurde von der Stadtverwaltung Miinchen 
verboten, weil dadurch angeblich die offentliche Sicherheit 
gefahrdet werde und wegen der "Symbolhaftigkeit der Ort- 
lichkeit" das "ethische Empfinden und die ethischen An- 
schauungen der Allgemeinheit" gestort wurde. Statt dessen 
erlaubte man eine Versammlung auf dem Marienplatz. Die 7. 
Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts unter den 
Richtern Diirig-Friedl, Dr. Meermagen und Wiens bestatigte 
das Verbot des Veranstaltungsortes. 



Ausspahung von Links und Rechts 

Die linke Initiative "Burgerlnnen beobachten Neonazis" be- 
reitet die Verbreitung von Plakaten mit Portraits und Details 
rechter Personlichkeiten vor, die polizeilichen Fahndungsfo- 
tos fiir Terroristen gleichen. Die Polizei erklarte, ihr seien die 
Hande gebunden, solange die Plakate nicht verbreitet wiirden 
(Die Welt, 3.2.04). 

Bayerns Innenminister Beckmann verbot Anfang 2004 die als 
rechts eingestufte "Frankische Aktionsfront", deren Schwer- 
punkt in der Ausspahung von Antifaschisten gelegen habe 
(Neues Deutschland, 26.1.04). 

Bundeswehr darf Patrioten ausschliefJen 

Da die Bundeswehr auf loyale Soldner angewiesen sei, darf 
sie nach Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht Solda- 
ten vom Dienst ausschlieBen, die Mitglied in einer patrioti- 
schen Partei sind. AnlaB war die Weigerung der Bundeswehr, 
einen Oberleutnant der Reserve und Mitglied der patrioti- 
schen Partei Die Republikaner zu Wehriibungen einzuberu- 
fen (loyal, Sept. 2003). Die Soldaten der Bundeswehr diirfen 
also keine Patrioten sein - sie miissen Vaterlandsverrater 
sein. 



Berufsverbot fiir Mahler 

Am 8.4.04 entschied des Amtsgericht Tiergarten, daB dem 
Rechtsanwalt Horst Mahler die Ausiibung des Berufs des 
Rechtsanwalts vorlaufig verboten wird. Begriindet wurde 
dies damit, daB Mahler in Verteidigungsreden wahrend sei- 
nes laufenden Verfahrens wegen revisionistischer und anti- 
judischer AuBerungen in mehreren Fallen a) den Holocaust 
geleugnet, b) die Bundesrepublik Deutschland boswillig ver- 
achtlich gemacht und c) zum HaB aufgestachelt habe. (Az. 
351 Gs 745/04) 

Deutsche Hausdurchsuchungswelle gegen Musik 

Ende Marz 2004 wurden wahrend einer bundesweiten Aktion 
gegen als rechtsextrem eingestufte Musik und deren Verbrei- 
ter 333 Wohnungsdurchsuchungen durchgefiihrt und gegen 
342 Personen Strafverfahren wegen Volksverhetzung einge- 
leitet. (Stuttgarter Zeitung, 25.3.04) 

13 Monate Haft wegen Geistesschwache 

Roland T. erlitt 1995 durch einen Unfall schwere Hirnscha- 
den. Seither provoziert er seine Umgebung mit wilden, aber 
harmlosen Drohspriichen und rennt durch Berlin mit erhobe- 
nem rechten Arm und "Sieg Heil"- und "Heil Hitler"-Rufen. 
Auch seinem Hund Adolf brachte er das Heben der rechten 
Pfote auf das Kommando "Mach den GruB" bei. Nun wurde 
er vom Amtsgericht Tiergarten zu 13 Monaten auf Bewah- 
rung verurteilt. Geistesschwache ist eben keine Entschuldi- 
gung fiir die Verwendung Pawlowscher Symbole (Tages- 
spiegel, 6.2.04). 



Revisionist F. Toben aus Europa verbannt 

Wahrend seiner Reise durch mehre europaische Staaten im 
April 2004 wurde der australische Revisionist Fredrick To- 
ben durch fmnische Behorden darauf hingewiesen, daB 
Deutschland eine diplomatische Note an alle Mitgliedsstaaten 
der EU versandt hat, in der dazu aufgefordert wird, Toben 
wegen seiner revisionistischen Ansichten die Einreise in je- 
des Land der EU zu verweigern. 

Finkelstein wegen Kritik an Holocaust-Industrie verklagt 

Prof. Norman Finkelstein, judischer Autor des Buches Die 
Holocaust-Industrie, sowie sein Verleger wurden unter fran- 
zosischem Recht wegen Verleumdung verklagt. Dr. Shimon 
Samuels, Direktor fiir Internationale Verbindungen des Si- 
mon-Wiesenthal-Zentrums, fuhrte aus, daB Finkelsteins Buch 
voll von Holocaust-Revisionismus und Aufstachelung zum 
Antisemitismus sei: 

" 'Die Holocaust-Industrie ' stellt eine grofie Gefahr dar. 
Die These des Herrn Finkelstein ist ein extremistischer An- 
griff auf Juden im allgemeinen und amerikanische Juden 
im besonderen, denen vorgeworfen wird, das Leiden der 
Shoah auszubeuten als 'ein Vorwand fur ihre Verbrechen 
im Zusammenhang des Nahost-Konflikts. ' Diese These, die 
der von Roger Garaudy [einem franzosischen Holocaust- 
Revisionisten, vgl. VffG 1/97, S. 9-18] so nahe kommt, 
stellt heute das Hauptbekenntnis des modernen Antisemi- 
tismus dar. Mit besonders akuter intellektueller Perversion 
nutzt Finkelstein seine eigenen judischen Wurzeln aus, um 
bestimmte jiidische Fuhrer, deren Organisationen sowie 



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247 



das jiidische Volk als 'Rassisten ' anzugreifen. Ich bin da- 
von iiberzeugt, daft nur eine juristische Strafe durch diese 
Verleumdimgsklage den verursachten Schaden begrenzen 
kann, so wie im zuvor erwahnten Garaudy-Verfahren." 
(Wiesenthal Center Los Angeles, 26.3.04) 
Das Buch kann im deutschen Buchhandel erworben werden. 

Maulkorb fttr kanadische Lehrer 

Weil er in den Jahren 1997-2000 die Homosexualitat in Le- 
serbriefen an verschiedene Zeitungen kritisiert hatte, wurde 
Christ Kempling, Lehrer in Quesnel, Kanada, fur einen Mo- 
nat ohne Bezahlung zwangssuspendiert, so die Anweisung 
des Lehrerkollegs von British Columbia. Kempling wurde 
vorgeworfen, daB seine Ausubung des Rechts auf freie Mei- 
nungsauBerung auBerhalb der Schule mit seiner Lehrtatigkeit 
in Konflikt geraten konnte, obwohl es ftir einen solchen Kon- 
flikt keinen Beweis gibt. (Vancouver Sun, 4/23/2003) Die 
DisziplinierungsmaBnahme wurde am 3.2.2004 vom kanadi- 
sche Obersten Gerichtshof gutgeheiBen. Das bedeutet, daB 
sich Lehrer in Kanada nicht mehr offentlich zu brisanten 
Themen kontrovers auBern diirfen. 
(www.ccrl.ca/issue_kempling.html) 

Europaische Konferenz will mehr Holocaust-Propaganda 

Ende April 2004 fuhrte die Organisation fur Sicherheit und 
Zusammenarbeit in Europa eine Konferenz in Berlin zur Be- 
kampfung des Antisemitismus durch. Als Vertreter der USA 
nahm US-AuBenminister Colin L. Powell an der Konferenz 
teil. In Anbetracht des weltweit angeblich ansteigenden Anti- 
semitismus fuhrte der Vorsitzende der US-Helsinki-Kommis- 
sion Christopher Smith aus: 

"Das Gedenken an den Holocaust sowie die Erziehung zu 
Toleranz milssen dramatisch ausgeweitet werden, und wir 
miissen sicherstellen, dafi unsere jeweiligen Gesetze jene 
bestrafen, die zu Hafi und Gewalt gegen Juden aufsta- 
cheln. " (www.csce.gov.) 

Revisionismus zum 11.9.2001 soil HaB sein 

Der jungste Bericht des Simon-Wiesenthal-Zentrums uber 
"HaB-Webseiten" umfaBt auch Seiten, die alternative Theori- 
en zum Hintergrund der Ereignisse des 11.9.2001 diskutie- 
ren. (AP, 4/21/2004) 

Prof. Wolffsohn fiir Folter 

Folter als NotwehrmaBnahme gegen Terroristen ist nach An- 
sicht von Prof. Michael Wolffsohn, Historiker an der Bun- 
deswehrhochschule in Munchen, legitim. In der Sendung 

"Maischberger" des Senders N-TV sagte der Experte am 

5.5.04 (AP, 5.5.04, Spiegel, 11.5.04): 

"Wenn wir mit Gentleman-Methoden den Terrorismus be- 
kampfen wollen, werden wir scheitern. [...] Als eines der 
Mittel gegen Terroristen halte ich Folter oder die Andro- 
hung von Folter fiir legitim. Jawohl. " 

Dazu das Strafgesetzbuch: 

"§ 343. (1) Wer als Amtstrdger, der zur Mitwirkung an 
1. einem Strafverfahren, einem Verfahren zur Anordnung 
einer behordlichen Verwahrung, 

[...] berufen ist, einen anderen korperlich mifihandelt, ge- 
gen ihn sonst Gewalt anwendet, ihm Gewalt androht oder 
ihn seelisch qudlt, um ihn zu notigen, in dem Verfahren et- 
was auszusagen oder zu erklaren oder dies zu unterlassen, 
wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren 
bestraft. " 



"§ 26. Als Anstifter wird gleich einem Tater bestraft, wer 
vorsdtzlich einen anderen zu dessen vorsdtzlich begange- 
ner rechtswidriger Tat bestimmt hat. " 
"§ 130. (1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den bffent- 
lichen Frieden zu storen, 

1. [...] zu Gewalt- oder Willkiirmafinahmen gegen [Teile 
der Bevolkerung] auffordert [...] wird mit Freiheitsstrafe 
von drei Monaten bis zu fiinf Jahren bestraft. " 
Prof. Wolffsohn ist Jude. 

Gefalschter Antisemitismus 

Am 9.3.2004 fand Professor Kerry Dunn von der McKenna 
Fachhochschule in Claremont (USA) ihr Auto demoliert und 
mit rassistischen und antisemitischen Spruchen bespriiht. Die 
Professorin behauptete, dies sei eine Reaktion auf ihr Be- 
kenntnis gewesen, zum Judentum konvertiert zu sein. Die 
Verwaltung schloB daraufhin die Hochschule fiir mehrere 
Tage zugunsten einiger Anti-HaB-Kundgebungen, und das 
FBI wurde gebeten, die Ermittlungen zu iibernehmen. Die 
Anti-Diffamierungs-Liga veroffentlichte den Vorgang auf ih- 
rer Webseite und veranstaltete ein Treffen, wo iiber HaB und 
Antisemitismus "aufgeklart" wurde. 

Am 19.3. jedoch verkiindeten die Medien, daB Prof. Dunns 
"HaB-Verbrechen" ein Betrug war, den sie selbst inszeniert 
hatte. Zwei Zeugen identifizierten die Professorin als jene 
Person, die ihre eigenen Reifen zerschnitten und rassistische 
Spriiche auf ihr Autor gespriiht hatte. (The Mercury News, 
19.3.04) Prof. Dunn muB nun mit einem Strafverfahren rech- 
nen. 

Polen fordert Reparationen von Deutschland 

Um im Zuge des Beitritts zur EU Ersatzforderung Vertriebe- 
ner vorzubeugen, berechnet Polen die durch die deutsche Be- 
setzung hervorgerufenen Schaden. Sie sollen sich auf 31,5 
Milliarden Dollar belaufen. (Preufiische Allgemeine Zeitung, 
7.2.04) Die individuellen und staatlichen Ersatzanspriiche an 
Polen fur Ausraubung und fortgesetzte Nutzung der deut- 
schen Ostgebiete diirften sich wohl eher auf 315 Billionen 
Dollar belaufen. 

Riigen restauriert Sowjet-Denkmal 

Das Ehrenmal der Roten Armee auf Riigen wird fur 1,5 Mio. 
Euro restauriert - zur Verhohnung der ungezahlten Millionen 
Menschen, die bei der Besetzung Ost- und Mitteleuropas 
umkamen und geschandet wurden. 

John Kerry verschwort sich gegen James Moran 

Weil er die jiidische Natur des Krieges gegen den Irak bloB- 
legte, wurde US-Parlamentsmitglied James Moran Anfang 
2003 massiv kritisiert (vgl. VffG 2/2003, S. 128). Nun hat 
sich der Prasidentschaftskandidat der Demokraten John Ker- 
ry mit der regionalen jiidischen Gemeinde verschworen, um 
Moran bei seinem Versuch, ein achtes Mai in den US- 
KongreB einzuziehen, eine Niederlage zuzufiigen. Um dies 
zu erreichen, unterstutzt Kerry Morans Wettbewerber 
Andrew Rosenberg, der ebenso die Unterstiitzung von Robert 
M. Shrum, Steven A. Elmendorf und Steven Grossman hat, 
allesamt Spitzenberater von Kerry. (The Washington Times, 
26.3.2004) 

Stand: 9.6.2004 



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VffG ■ 2004 ■ 8. Jahrgang ■ Heft 2